Mechtilde Lichnowsky

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Halbporträt von Mechtilde von Lichnowsky
Daten zur Person
Personenname Lichnowsky, Mechtilde
Abweichende Namensform Lichnowsky von, Mechtilde; Arco-Zinneberg, Mechtilde
Titel
Geschlecht weiblich
PageID 367994
GND 118572601
Wikidata Q95272
Geburtsdatum 8. März 1879
Geburtsort Schönburg
Sterbedatum 4. Juni 1958
Sterbeort London 4074335-4
Beruf Schriftstellerin
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug Karl Kraus (Portal)
Quelle
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Recherche
Letzte Änderung am 26.03.2024 durch WIEN1.lanm09lue
Begräbnisdatum
Friedhof
Grabstelle
Bildname MechtildeLichnowsky.jpg
Bildunterschrift Halbporträt von Mechtilde von Lichnowsky

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Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

Mechtilde Lichnowsky, * 8. März 1879 Schönburg (Deutschland), † 4. Juni 1958 London, Schriftstellerin.

Biografie

Herkunft und Leben

Mechtilde Lichnowsky wurde 1879 in Schönburg, Bayern, als Gräfin Arco-Zinneberg geboren. Ihre Jugend verbrachte sie in der Sacré-Coeur-Klosterschule Riedenburg. Zunächst verlobte sie sich mit dem Militärattaché Ralph Harding Peto, jedoch musste sie die Verlobung später auflösen und heiratete 1904 den Gutsbesitzer Karl Max von Lichnowsky. Das Paar hatte drei Kinder und lebte auf den Schlössern Grätz und Kuchelna. Während ihres Lebens pflegte Lichnowsky vielfältige Kontakte zu Schriftstellern und Künstlern in München, Berlin, Wien und London, wo ihr Mann als Diplomat tätig war. Dort lernte sie unter anderem den Schriftsteller Bernard Shaw kennen.

Fotografie von Karl Kraus und Mechtilde Lichnowsky in Kuchelna

Werk

Ihre erste Publikation, das Märchen "Nordische Zauberringe", erschien 1901. Im Jahr 1912 veröffentlichte sie ihr erstes großes Werk, ein Reisetagebuch über Ägypten. Weitere Veröffentlichungen folgten, und in den 1920er Jahren wurde Lichnowsky eine bekannte Schriftstellerin. Wie eine 1931 in der Zeitschrift "Mein Film" abgedruckte Biographie mitteilte, zählte Marlene Dietrich Lichnowsky sogar zu ihren Lieblingsschriftstellerinnen.

In Wien las Lichnowsky regelmäßig aus ihren Werken vor. Ähnlich wie bei Karl Kraus fanden die Veranstaltungen im Kleinen Konzerthaussaal statt und die Karten waren in Richard Lányis Buchhandlung erhältlich. Und ebenso wie Kraus spendete Lichnowsky die Erträge ihrer Lesungen an wohltätige Vereine.

Beziehung zu Kraus

Lichnowsky und Kraus teilten nicht nur ihre Affinität zur Schriftstellerei, sondern auch ihre kritische Haltung zur Sprache im Allgemeinen. Beide betrieben mit ihren Texten Sprachkritik. In einer Festschrift zum 60. Geburtstag von Karl Kraus schrieb Mechtilde Lichnowsky, dass Kraus eine Akademie der Sprache gründen solle, ein Vorhaben, das sie auch schon seit Längerem umsetzen wolle. Wie Kraus in der "Dritten Walpurgisnacht" die Sprache der Nationalsozialisten analysierte und auslegte, betrachtete auch Lichnowsky Hitlers "Mein Kampf" unter sprachkritischen Gesichtspunkten. Die Materialien zu dieser sprachkritischen Untersuchung werden im Deutschen Literaturarchiv Marbach aufbewahrt.

Die beiden verband jedoch nicht nur die gemeinsame Arbeit, sondern auch eine enge Freundschaft. Diese intensivierte sich besonders nach einem Ereignis: Beim Schwimmen in der Moldau geriet Mechtilde Lichnowsky in einen Strudel und wäre beinahe ertrunken, wenn Kraus sie nicht gerettet hätte. Ein Zeugnis ihrer engen Freundschaft ist das von Kraus für Lichnowsky verfasste Gedicht "Auf die wunderbare Rettung der Wunderbaren". Kraus besuchte Lichnowsky zudem regelmäßig auf ihrem Gut, und Lichnowsky begleitete Kraus’ Vorlesungen mit dem Klavier. Sie komponierte sogar Klavierstücke für seine Nestroy-Texte.

1937 heiratete Lichnowsky ihren Jugendfreund, den britischen Major Harding Peto. Während der NS-Zeit publizierte sie vorübergehend nicht mehr, da sie sich weigerte, der Reichsschrifttumskammer beizutreten, und da ihr Verlag, der Fischer-Verlag, 1936 zwangsenteignet wurde. Da sie sich zu Kriegsbeginn in Deutschland aufhielt, durfte sie trotz britischer Staatsbürgerschaft nicht nach England zurückkehren und war somit gezwungen, in Deutschland bis 1945 zu bleiben. Ihr Mann verstarb noch vor Kriegsende, sodass sie diesen nicht mehr wiedersah.

Nach dem Krieg zog Lichnowsky nach London, wo sie sich vollständig der Schriftstellerei widmete . Auch über Kraus’ Tod hinaus blieb sie ihrem guten Freund verbunden. So korrespondierte sie etwa mit dem Kraus-Archivar Paul Schick in Wien und half diesem bei der Suche nach weiterem Kraus-Material für das Kraus-Archiv in der Wienbibliothek im Rathaus. Zu Kraus’ 75. Geburtstag trat sie zudem gemeinsam mit Heinrich Fischer in der BBC bei einer Jubiläumsfeier auf.

Quellen

  • Wienbibliothek, ZPH 943, Nachlass Paul und Sophie Schick

Literatur

  • Jens Malte Fischer: Karl Kraus. Der Widersprecher. Wien: Zsolnay 2020
  • Anne Martina Emonts: Mechtilde Lichnowsky. Sprachlust und Sprachkritik (Würzburg 2009)
  • "Verehrte Fürstin!". Karl Kraus und Mechtilde Lichnowsky: Briefe und Dokumente. 1916-1958, hrsg. v. Eva Dambacher und Friedrich Pfäfflin. Göttingen: Wallstein 2001
  • BBC feiert Karl Kraus, in: Neues Österreich (16.4.1949), 4
  • Stimmen über Karl Kraus zum 60. Geburtstag, hrsg. v. einem Kreis dankbarer Freunde (Wien 1934)
  • Marlene Dietrich. Eine Eroberung der Welt in sechs Monaten, in: Mein Film 285 (1931), 3-4
  • Wiener Salonblatt 7 (1927), 2


Mechtilde Lichnowsky im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.