Kartei zu den 'Gauakten'

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Letzte Änderung am 29.09.2023 durch WIEN1.lanm08gat

Im April 1945, am Ende des Zweiter Weltkriegs, wurde Wien von sowjetischen Truppen erobert. Schon kurz darauf, zwei Wochen vor Inkrafttreten des Verbotsgesetzes vom 8. Mai 1945, begann ein polizeilicher Hilfsdienst der sowjetischen Kommandantur mit der Erfassung von Nationalsozialisten. Mit Erlass des Staatsamtes für Inneres vom 9. Juni 1945 endete zwar die Tätigkeit dieses kommunistisch dominierten polizeilichen Hilfsdienstes, die Beamten wurden jedoch von der am 13. Juni 1945 gegründeten Bundespolizeidirektion Wien übernommen.

Unter Heinrich Dürmayer, dem Leiter der Staatspolizeilichen Abteilung I, begann die Behörde mit der „Sammlung und Auswertung der Originalunterlagen und Materialien über Parteizugehörigkeit, Funktionen oder sonst entfaltete Aktivität in NS-Organisationen, sowie die karteimäßige Erfassung aller staatspolizeilich interessanten Personen".

Kartei zu den Gauakten

Bei der Kartei handelt es sich um eine von der Staatspolizeilichen Abteilung der Bundespolizeidirektion Wien im Zuge der Entnazifizierungsverfahren im Zeitraum 1945 bis 1955 angelegte und durch neue Erkenntnisse der NS-Registrierung und der Volksgerichtsverfahren immer wieder ergänzte phonetische Namenskartei. Auf den Karteikarten sind Namen, Geburtsdaten, Adresse zur Zeit der Anlegung der Karteikarte, NSDAP-Funktionen und eine oder mehrere Aktenzahlen vermerkt. Die Kartei erschließt die im Wiener Stadt- und Landesarchiv verwahrten Gauakten.

Hinweise zur Benützung

Zahlen mit folgenden Bezeichnungen führen zu im Wiener Stadt- und Landesarchiv verwahrten Gauakten:

  • Urk. Zl. (= Urkundenzahl)
  • Z.Ev.-Bw. (= Zentrale Evidenz-?)
  • Stev.-Urk. Zl. (= Staatspolizei Zentrale Evidenz-Urkundenzahl)


Die G. A.-Zahl führt zu den Gauakten im Österreichischen Staatsarchiv, Archiv der Republik. Das ebenfalls gelegentlich angeführte Aktenzeichen P.A. verweist auf Akten der beim Bundesministerium für Inneres eingerichteten Beschwerdekommission (nach § 7 des Verbotsgesetzes), die ebenfalls im Archiv der Republik verwahrt werden.

Die L-Zahlen beziehen sich mitunter auf Listen im Bestand WStLA, BPD Wien: Staatspolizeiliche Abteilung, A1 - Polizeiliche Erhebung. [1]

Zahlen beginnend mit I/…/Jahr bezeichneten das Referat I (Verfolgung von Kriegsverbrechen) der Bundespolizeidirektion Wien Staatspolizei, später Staatspolizeiliches Büro der Polizeidirektion Wien. Dort wurden laut Winfried R. Garscha 3.844 Akten registriert und der Staatsanwaltschaft beim Wiener Volksgericht abgetreten.

Bestandsgeschichte

Die Kartei zu den Gauakten wurde gemeinsam mit anderen erhobenen Unterlagen der Staatspolizei anlässlich der Übersiedlung der Bundespolizeidirektion Wien am 27. Jänner 1975 aus dem Keller der Polizeidirektion (Wien 1, Parkring) dem Wiener Stadt- und Landesarchiv übergeben. Nach Wunsch des Bundesministeriums sollte der Bestand für die Benützung durch Privatpersonen gesperrt bleiben oder nur mit Genehmigung des Bundesministeriums für Inneres, Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit, benützt werden dürfen. Erst mit dem Wiener Archivgesetz aus dem Jahr 2000 fiel diese Beschränkung.

Quellen

Literatur

  • Winfried R. Garscha: Die Rolle der Sicherheitsexekutive bei der Entnazifizierung: Aktenbestände und Bestandslücken, in: Walter Schuster/Wolfgang Weber (Hrsg.): Entnazifizierung im regionalen Vergleich. Linz: Archiv der Stadt Linz 2004, S. 554.
  • Rudolf Jerabek: „In einer Demokratie höchst bedenkliche Akten“: Die Gauakten, in: Uwe Baur, Karin Gradwohl-Schlacher, Sabine Fuchs (Hg.): Macht Literatur Krieg. Österreichische Literatur im Nationalsozialismus. Wien u. a. 1998, S. 449–462
  • Heinrich Dürmayer: Bericht über die Entstehung, Entwicklung und Tätigkeit der staatspolizeilichen Abteilung vom April 1945 bis 31. Dez. 1945

Einzelnachweise

  1. Die angeführten L-Zahlen stimmen mit den aktuellen Signaturen der Konvolute, die sich aus den ehemals vorhandenen Angaben (Rückenbeschriftung) auf den Stehordnern ergaben, überein (L00715 entspricht heute Konvolut 715).