Heinrich Fischer

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Daten zur Person
Personenname Fischer, Heinrich
Abweichende Namensform
Titel
Geschlecht männlich
PageID 369031
GND 116556250
Wikidata
Geburtsdatum 22. August 1896
Geburtsort Karlsbad 4029705-6
Sterbedatum 16. März 1974
Sterbeort München 4127793-4
Beruf Schriftsteller, Regisseur, Dramaturg, Übersetzer
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug Karl Kraus (Portal)
Quelle
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Recherche
Letzte Änderung am 16.04.2024 durch WIEN1.lanm09fri
Begräbnisdatum
Friedhof
Grabstelle

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Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

Heinrich Fischer, * 22. August 1896 Karlsbad, † 16. März 1974 München, Schriftsteller, Regisseur, Dramaturg, Übersetzer.

Biografie

Heinrich Fischer wurde in Karlsbad geboren und beendete seine Studien an der Wiener Universität. Um 1920 finden sich zahlreiche Beiträge, Gedichte und Ausätze in deutschen Zeitschriften. Etwa war er Mitarbeiter der Zeitschrift "Die Aktion" und Herausgeber der Theaterzeitschrift "Das Wort".

Um 1922 lernte Fischer vermutlich durch die Vermittlung von Berthold Viertel Karl Kraus kennen. Bereits als 16-Jähriger hatte Fischer seine erste Vorlesung von Karl Kraus miterlebt, was sein Leben nachhaltig geprägt hatte. Sein Interesse zum Theater zeigte sich bald und so kam er in Kontakt mit dem Münchener Schauspielhaus, fungierte dort als Chefdramaturg bei den Kammerspielen und ab 1928 bis 1931 gleichzeitig als Co-Direktor des Theaters am Schiffbauerdamm in Berlin. Fischer war nicht nur befreundet mit Karl Kraus, sondern auch Mitarbeiter Bertolt Brechts und organisierte im August 1928, als Kraus in Berlin zu Besuch war, auf Wunsch Kraus' ein Treffen zwischen den beiden, die sich in weiterer Folge jeden Abend mit Freunden in einer Kneipe trafen. An der Uraufführung des Epilogs "Die letzte Nacht" aus Kraus' Werk "Die letzten Tage der Menschheit" am 15. Jänner 1930, die Fischer inszenierte, war Brecht aktiv beteiligt.

Als Kraus 1929 die Gründung einer Gesellschaft mit dem Namen "Theater der Dichtung" ankündigte, einer Wohltätigkeitsorganisation zur Ausbildung von Schauspielern, war Fischer einer der finanziellen Unterstützer. 1931 wurde er zudem gemeinsam mit Karl Kraus im Radio übertragen, als Kraus vorlas und Fischer die Vorrede hielt. Als Rezitator von Karl Kraus erlangte er Bekanntheit und war auch auf Schallplatten zu hören. Anfang der 1930er Jahre ging Fischer zurück nach München und emigrierte nach der nationalsozialistischen Machtergreifung gemeinsam mit seiner Frau Senta nach Karlsbad und von dort nach Prag, wo er im Herbst 1934 eine Anstellung als Produzent beim deutschen Rundfunk bekam. 1934 hielt Fischer zu Karl Kraus 60. Geburtstag am 29. April im Wiener Schwedenkino eine Rede.

Herausgeberrechte nach Kraus' Tod

Fischer gehörte 13 Jahre lang zu Kraus' engstem Freundeskreis und so verwundert es nicht, dass er auch seine Grabrede hielt. Testamentarisch ernannte Kraus Fischer, Karl Jaray, Oskar Samek und Philipp Berger zu seinen literarischen Nachlassverwaltern. Zudem ließ ihm Kraus eine finanzielle Zuwendung und einen Teil seiner Bibliothek zukommen.

Von Prag aus emigrierte Fischer 1939 nach London, wo er ab 1941 in der deutschen Abteilung der BBC arbeitete. Die ersten Nachkriegsausgaben Kraus'scher Werke erschienen in der Schweiz, die einen Rechtsstreit über die Urheberrechte auslösten. Kraus' Rechtsanwalt Oskar Samek klagte gegen den Pegasus-Verlag in Zürich wegen einer Kraus-Publikation, die von Helene Kann und Heinrich Fischer herausgegeben worden war, weil er aufgrund eines Schreibfehlers im Testament die Ansicht vertrat, dass die beiden nicht die notwendigen Rechte für die Veröffentlichung hätten. Durch den Fehler ergab sich nämlich die schwierige Situation, dass Fischer und Jaray zwar die Herausgeberrechte hatten, aber Jaray und Samek über die Autorenrechte verfügten. Nachdem Jaray 1947 verstorben war, standen sich Samek und Fischer gegenüber. Der Streit endete erst mit dem Tod Helene Kanns und einem Kompromiss zwischen Fischer und Samek, der in der Übertragung der Herausgeberfunktion für die Werke 1951 an Fischer und schließlich die durch Samek testamentarische gänzliche Übertragung der Verwaltung der Urheberrechte 1959 an Fischer bestand. Dass Samek ihm trotz des langjährigen Streits alle Rechte überließ, begründete sich wohl auch darin, dass nach seinem Tod niemand in Europa mehr so vertraut mit Kraus' Werk war wie Fischer.

1952 konnte Fischer schließlich mit der rechtmäßigen Edition von Kraus' Werken beginnen und so erschien die erste Buchausgabe der "Dritten Walpurgisnacht" im Kösel-Verlag, herausgegeben von Fischer, die Kraus bereits 1933 verfasst, aber sich damals gegen die Veröffentlichung entschieden hatte. 1956 kehrte Fischer zurück nach Deutschland und arbeitete in München beim bayrischen Rundfunk. Die Werkgesamtausgabe endete 1967 mit dem 14. Band. Sofort nach Beendigung begann im Kösel-Verlag der Reprint aller Fackel-Hefte. Diese erschienen zwischen 1968 bis 1976 und wurden zwar von Fischer herausgegeben, Friedrich Pfäfflin war allerdings als damaliger Mitarbeiter des Verlags mit der eigentlichen Arbeit daran vertraut. Fischer erlebte den Abschluss davon nicht mehr. Eigene Werke von Fischer sind keine vorhanden, vielmehr besteht sein Verdienst in der Herausgabe und Überlieferung von Kraus' Werken.

Quellen

Literatur

  • Katharina Prager / Simon Ganahl (Hg.): Karl Kraus- Handbuch. Leben – Werk – Wirkung. Berlin: Springer Verlag, 2022
  • Jens Malte Fischer: Karl Kraus. Der Widersprecher. Wien: Paul Zsolnay 2020
  • Edward Timms: Karl Kraus. Die Krise der Nachkriegszeit und der Aufstieg des Hakenkreuzes. Wien: Bibliothek der Provinz 2016
  • Friedrich Pfäfflin (Hg.): Aus großer Nähe. Karl Kraus in Berichten von Weggefährten und Widersachern. Göttingen: Wallstein 2008


Heinrich Fischer im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.

Weblinks