Charlotte Joël

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Daten zur Person
Personenname Joël, Charlotte
Abweichende Namensform Joel, Charlotte
Titel
Geschlecht weiblich
PageID 368714
GND 1023793962
Wikidata Q57530458
Geburtsdatum 13. September 1887
Geburtsort Berlin 4005728-8
Sterbedatum unbekannt
Sterbeort KZ Auschwitz 4068979-7
Beruf Fotografin
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug Karl Kraus (Portal)
Quelle
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Recherche
Letzte Änderung am 21.03.2024 durch WIEN1.lanm09pra


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Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

Charlotte Joël, * 13. September 1887 Berlin, † nach dem 19. April 1943 KZ Auschwitz-Birkenau, Fotografin.

Biografie

Über Charlotte Joëls Kindheit kann nichts in Erfahrung gebracht werden, auch ein Porträt von ihr ist nicht vorhanden. Sie hatte einen Bruder, Ernst Joël, der in der studentischen Jugendbewegung und später als Arzt tätig war.

Um 1913 eröffnete sie mit Marie Heinzelmann in der Hardenbergstraße 24 in Berlin-Charlottenburg ein "Atelier für moderne Photographie" unter dem Namen Joël & Heinzelmann. Joël spezialisierte sich auf Porträtfotografie und porträtierte etwa die damals noch unbekannte 17-jährige Marlene Dietrich und Hedwig Lachmann. Bekannte Persönlichkeiten wie Gustav Landauer, Walter Benjamin und Martin Buber vermittelte wahrscheinlich ihr Bruder an das Fotoatelier.

1921 ließ sich Karl Kraus während seines Aufenthaltes für Vorlesungen in Berlin von ihr porträtieren. Zwischen 1921 und 1930 kam Kraus nachweislich neun Mal in ihr Atelier, dabei sollen fast 40 Motive entstanden sein, mehrere davon erschienen als Postkarten. Kraus wirkte auf ihren Porträts so entspannt wie sonst bei keinen anderen Aufnahmen. Die beiden blieben bis zu seinem Tod 1936 in Kontakt. In seinem Testament bedachte er sie mit einem Anteil seiner Bibliothek.

Ihre Porträts fanden mit dem handschriftlichen oder gedruckten Ateliernachweis "Joël-Heinzelmann" weite Verbreitung, etwa auf Postkarten, in Hausfrauen-Kalendern, Wochenblättern oder in Illustrierten. Die Besonderheit ihrer Porträts lag darin, dass sie das Gesicht und die Ausstrahlung der Person in den Mittelpunkt stellte. Die Aufnahmen wurden im Atelier in nüchterner Umgebung ohne künstliches Licht, Staffagen oder Hintergründe angefertigt. Besonders stachen ihre Kinderporträts hervor, die außerordentlich lebendig wirkten. Ihr Bruder verwendete einige ihrer Kinderporträts in der Ausstellung "Gesunde Nerven", die 1929 im Gesundheitshaus Kreuzberg gezeigt wurde.

Als Jüdin konnte sie ab 1933 nicht mehr ihren Beruf ausüben, das Studio existierte zwar weiterhin unter dem üblichen Namen bis 1938/1939, ihre Teilhaberschaft am Atelier musste sie aber an ihre nicht-jüdische Kollegin Heinzelmann abgeben. Mitte der 30er Jahre lernte sie die Lehrerin Clara Grunwald kennen, eine bedeutende Montessori-Pädagogin, die ebenfalls seit April 1933 wegen ihrer jüdischen Abstammung nicht mehr unterrichten durfte. Die Gründe, warum Joël Deutschland nicht verließ, offenbaren sich in einer Postkarten an Karl Kraus, in der sie beteuerte, keine Lust und nicht den Elan zu haben, sich irgendwo ein neues Leben aufzubauen, wie es viele ihrer Bekannten bereits getan hatten. Jedenfalls wohnte Joël mit Grunwald gemeinsam in der Klopstockstraße, bis sie in ein "Judenhaus" umziehen mussten. 1941 wurden beide ins ein Zwangsarbeiterlager nach Gut Neuendorf bei Fürstenwald gebracht, wo Joël in der Kantine arbeiten musste. Schließlich wurde ihr Vermögen von Nationalsozialisten beschlagnahmt, bevor sie zusammen mit Grunwald und 151 anderen Häftlingen aus Neuendorf am 19. April 1943 mit dem Transport Nr. 37 ins KZ Auschwitz deportiert, und ermordet wurde.

2013 wurde in der Klopstockstraße 19, wo eine Zeit lang ihr Wohnsitz war, ein Stolperstein verlegt.

Quellen

Literatur


Charlotte Joël im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.

Weblinks