Wiener Schnitzel: Unterschied zwischen den Versionen

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Über die Herkunft (als jüdische Speise aus Byzanz, die mit den Mauren nach Spanien und von dort über Italien nach Österreich kam) wird in der Belletristik ohne seriöse (und auch nicht auffindbare) Quelle berichtet. Es wird behauptet, dass das Wiener Schnitzel eine Variante der "costoletta alle milanese" sei, die Feldmarschall Radetzky 1848 in Mailand kennengelernt habe. Da er dem Hof begeistert berichtete, habe er, 1849 nach Wien zurückgekehrt, dem Hofkoch das Rezept mitteilen müssen. Diese Anakdote steht im Widerspruch zum Tagebucheintrag des damals 12jährigen Erzherzog [[Maximilian I. (Mexiko)|Ferdinand Max]] vom 26. September 1844: "Auf dem Weg nach Linz hielten wir uns in Lambach auf, um Schnitzel mit Erdäpfeln und Bouillon zu uns zu nehmen", <ref>Zitiert bei Ingrid Haslinger: Entwicklungsstationen einiger typischer Gerichte der Wiener Küche. In: Julia Danielczyk / Isabella Wasner-Peter: "Heut muß der Tisch sich völlig bieg'n". Wiener Küche und ihre Kochbücher. Wien: Mandelbaum Verlag / Wienbibiothek im Rathaus 2017, S. 28</ref>
 
Über die Herkunft (als jüdische Speise aus Byzanz, die mit den Mauren nach Spanien und von dort über Italien nach Österreich kam) wird in der Belletristik ohne seriöse (und auch nicht auffindbare) Quelle berichtet. Es wird behauptet, dass das Wiener Schnitzel eine Variante der "costoletta alle milanese" sei, die Feldmarschall Radetzky 1848 in Mailand kennengelernt habe. Da er dem Hof begeistert berichtete, habe er, 1849 nach Wien zurückgekehrt, dem Hofkoch das Rezept mitteilen müssen. Diese Anakdote steht im Widerspruch zum Tagebucheintrag des damals 12jährigen Erzherzog [[Maximilian I. (Mexiko)|Ferdinand Max]] vom 26. September 1844: "Auf dem Weg nach Linz hielten wir uns in Lambach auf, um Schnitzel mit Erdäpfeln und Bouillon zu uns zu nehmen", <ref>Zitiert bei Ingrid Haslinger: Entwicklungsstationen einiger typischer Gerichte der Wiener Küche. In: Julia Danielczyk / Isabella Wasner-Peter: "Heut muß der Tisch sich völlig bieg'n". Wiener Küche und ihre Kochbücher. Wien: Mandelbaum Verlag / Wienbibiothek im Rathaus 2017, S. 28</ref>
  
Tatsache ist: Ein Kotelett ist kein Schnitzel, und das Rezept des Wiener Schnitzels findet sich als "Gebackene Kälberschnitzeln" bereits in Magdalena D. Rettig: "Die Haus-Köchin. .." (²1831, S. 88), die von einer "guten Aushilfsspeise" spricht (also einer einfachen, keineswegs "hoffähigen" Speise). Etwas Neues war das Panieren für die Wiener nicht, kannte man doch schon längst das Backhendl sowie panierte Kälberfüße und -ohren.  
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Da bereits die Araber das Panieren kannten, besteht auch kein Zusammenhang der goldgelben Panier mit der in Mode gewesenen Sitte des Vergoldens von Speisen. Auf Verbindungen zum arabisch-spanischen Raum weisen die österreichischen Bezeichnungen "Spanisches Schnitzel" und "Spanisches Schnitz" hin.
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Etwas Neues war das Panieren für die Wiener nicht, kannte man doch schon längst das Backhendl sowie panierte Kälberfüße und -ohren. Ein Rezept des Wiener Schnitzels findet sich als "Gebackene Kälberschnitzeln" bereits in Magdalena D. Rettig: "Die Haus-Köchin. .." (²1831, S. 88), die von einer "guten Aushilfsspeise" spricht (also einer einfachen, keineswegs "hoffähigen" Speise). [[Franz G. Zenker|Zenkers]] "Küche des wohlhabenden Wieners" (1846), in dem jedes Rezept deutsch und französisch überschrieben wird, erscheinen sie als "Kalbs-Schnitzel (De fausses cotelettes)". Zenker seviert sie auf Gemüse als "Zubiß", als Gabelfrühstück oder zum Nachtmahl. Auch [[Anna Dorn]] bringt in ihrem Musterkochbuch von 1849 ein Rezept für ein Kalbschnitzel, das unserem Wiener Schnitzel bereits seht ähnlich ist.
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Die Bezeichnung "Wiener Schnitzel" taucht erstmals 1831 im "Allerneuersten allgemeinen Kochbuch" von Maria Anna Neudecker auf, doch dauerte es bis zum Ende des Jahrhunderts bis dieser Name Eingang in den allgemeinen Sprachgebrauch gefunden hat.
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==Quellen==
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*[http://digital.onb.ac.at/OnbViewer/viewer.faces?doc=ABO_%2BZ35574304 Erstes bekanntes Rezept für Wiener Schnitzel. In: Maria Anna Neudecker: Allerneuerstes allgemeines Kochbuch oder gründliche Anweisung... Parg: Kronberger und Weber 1831, S. 48]
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* Marie von Rokitansky: Die österreichische Küche. Innsbruck 1897, S. 19
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Da bereits die Araber das Panieren kannten, besteht auch kein Zusammenhang der goldgelben Panier mit der in Mode gewesenen Sitte des Vergoldens von Speisen. Auf Verbindungen zum arabisch-spanischen Raum weisen die österreichischen Bezeichnungen "Spanisches Schnitzel" und "Spanisches Schnitz" hin.
 
  
 
== Literatur ==
 
== Literatur ==
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* Salcia Landmann: Bittermandel und Rosinen. Frankfurt/Main / Berlin 1988
 
* Salcia Landmann: Bittermandel und Rosinen. Frankfurt/Main / Berlin 1988
 
* Peter Heine: Kulinarische Studien, Untersuchungen zur Kochkunst im arabisch-islamischen Mittelalter. Wiesbaden 1988, S. 83
 
* Peter Heine: Kulinarische Studien, Untersuchungen zur Kochkunst im arabisch-islamischen Mittelalter. Wiesbaden 1988, S. 83
* Marie von Rokitansky: Die österreichische Küche. Innsbruck 1897, S. 19
 
 
* Julia Danielczyk, Isabella Wasner-Peter (Hg.): Heut' muß der Tisch sich völlig bieg'n. Die Wiener Küche und ihre Kochbücher. Wien: Mandelbaum Verlag 2007
 
* Julia Danielczyk, Isabella Wasner-Peter (Hg.): Heut' muß der Tisch sich völlig bieg'n. Die Wiener Küche und ihre Kochbücher. Wien: Mandelbaum Verlag 2007
  

Version vom 16. Juli 2019, 11:53 Uhr

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Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 16.07.2019 durch WIEN1.lanm09was

Es wurden noch keine Bezeichnungen erfasst!


Ein abgeschnittenes, flaches Fleischstück von der Kalbsnuss, der Kalbsschulter oder dem Fricandeau wird geklopft, gesalzen, auf beiden Seiten in Mehl, verklopftem Ei und Semmelbröseln gewälzt und in heißem Fett gebacken (meist mit Kartoffelsalat serviert).

Über die Herkunft (als jüdische Speise aus Byzanz, die mit den Mauren nach Spanien und von dort über Italien nach Österreich kam) wird in der Belletristik ohne seriöse (und auch nicht auffindbare) Quelle berichtet. Es wird behauptet, dass das Wiener Schnitzel eine Variante der "costoletta alle milanese" sei, die Feldmarschall Radetzky 1848 in Mailand kennengelernt habe. Da er dem Hof begeistert berichtete, habe er, 1849 nach Wien zurückgekehrt, dem Hofkoch das Rezept mitteilen müssen. Diese Anakdote steht im Widerspruch zum Tagebucheintrag des damals 12jährigen Erzherzog Ferdinand Max vom 26. September 1844: "Auf dem Weg nach Linz hielten wir uns in Lambach auf, um Schnitzel mit Erdäpfeln und Bouillon zu uns zu nehmen", [1]

Da bereits die Araber das Panieren kannten, besteht auch kein Zusammenhang der goldgelben Panier mit der in Mode gewesenen Sitte des Vergoldens von Speisen. Auf Verbindungen zum arabisch-spanischen Raum weisen die österreichischen Bezeichnungen "Spanisches Schnitzel" und "Spanisches Schnitz" hin.

Etwas Neues war das Panieren für die Wiener nicht, kannte man doch schon längst das Backhendl sowie panierte Kälberfüße und -ohren. Ein Rezept des Wiener Schnitzels findet sich als "Gebackene Kälberschnitzeln" bereits in Magdalena D. Rettig: "Die Haus-Köchin. .." (²1831, S. 88), die von einer "guten Aushilfsspeise" spricht (also einer einfachen, keineswegs "hoffähigen" Speise). Zenkers "Küche des wohlhabenden Wieners" (1846), in dem jedes Rezept deutsch und französisch überschrieben wird, erscheinen sie als "Kalbs-Schnitzel (De fausses cotelettes)". Zenker seviert sie auf Gemüse als "Zubiß", als Gabelfrühstück oder zum Nachtmahl. Auch Anna Dorn bringt in ihrem Musterkochbuch von 1849 ein Rezept für ein Kalbschnitzel, das unserem Wiener Schnitzel bereits seht ähnlich ist.

Die Bezeichnung "Wiener Schnitzel" taucht erstmals 1831 im "Allerneuersten allgemeinen Kochbuch" von Maria Anna Neudecker auf, doch dauerte es bis zum Ende des Jahrhunderts bis dieser Name Eingang in den allgemeinen Sprachgebrauch gefunden hat.


Quellen


Literatur

  • Felice Cunsolo: Italien tafelt. München 1971, S. 46
  • Salcia Landmann: Bittermandel und Rosinen. Frankfurt/Main / Berlin 1988
  • Peter Heine: Kulinarische Studien, Untersuchungen zur Kochkunst im arabisch-islamischen Mittelalter. Wiesbaden 1988, S. 83
  • Julia Danielczyk, Isabella Wasner-Peter (Hg.): Heut' muß der Tisch sich völlig bieg'n. Die Wiener Küche und ihre Kochbücher. Wien: Mandelbaum Verlag 2007

Einzelnachweise

  1. Zitiert bei Ingrid Haslinger: Entwicklungsstationen einiger typischer Gerichte der Wiener Küche. In: Julia Danielczyk / Isabella Wasner-Peter: "Heut muß der Tisch sich völlig bieg'n". Wiener Küche und ihre Kochbücher. Wien: Mandelbaum Verlag / Wienbibiothek im Rathaus 2017, S. 28