Verlassenschaftsabhandlung
Verlassenschaftsabhandlung, gerichtliches Verfahren zur Feststellung des von einem Verstorbenen hinterlassenen Vermögens und zur Ermittlung der Erben. Bis 1849 war zur Durchführung der Verlassenschaftsabhandlung die Grundherrschaft zuständig, in deren Sprengel der Verstorbene gewohnt hatte, im Wiener Burgfrieden demnach alternativ die Stadtgemeinde. (Magistrat) sowie beispielsweise das Schottenstift, das landesfürstliche Vizedomamt und das Bürgerspital. Das Verfahren begann mit der "Sperre" (amtlich Sicherstellung), Inventarisierung (der wir beispielsweise im Vormärz wegen der Zensur komplette Bücherlisten zu verdanken haben) und Schätzung des Nachlasses durch Beamte des grundherrschaftlichen Gerichts, worüber ein Protokoll (die "Sperr-Relation") aufgenommen wurde. Dann erfolgte die Ermittlung der Erben, entweder anhand eines (mündlich bezeugten oder schriftlichen) Testaments, eines Erbvertrags oder (wenn solche Dokumente nicht vorlagen) durch Feststellung des nächsten Blutsverwandten. Mit der Einantwortung (das heißt der Aufhebung der Sperre und Ausfolgung des Nachlasses an die Erben) war das Verfahren abgeschlossen. An den Grundherrn waren bestimmte Abgaben (Mortuarium oder Todfallsaufnahme, Laudemium oder Anleit) und Taxen (Verwaltungsgebühren) zu entrichten.
Seit der Aufhebung der Grundherrschaften (1848) werden die Verlassenschaftsabhandlungen durch das zuständige staatliche Bezirksgericht abgewickelt.
Literatur
- Hellmuth Feigl: Die niederösterreichische Grundherrschaft. In: Forschungen Landeskunde von Niederösterreich 16 (1964) (Register)
- Walter Sauer: Grund-Herrschaft in Wien 1700-1848. In: Kommentare zum Historischen Atlas von Wien 5 (1993), S. 32