Verfassungsgerichtshof

Aus Wien Geschichte Wiki
Wechseln zu:Navigation, Suche

Vorlage:Organisationen Verfassungsgerichtshof. Im heutigen Österreich einer der beiden „Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts", die in der Bundesverfassung vorgesehen sind (vergleiche Verwaltungsgerichtshof) und in Wien ihren Sitz haben.

Der Verfassungsgerichtshof hat auf Antrag („Beschwerde") festzustellen, ob durch ein von den gesetzgebenden Körperschaften (Nationalrat, Landtag) beschlossenes Gesetz die Bundes- oder Landesverfassung verletzt wurde; weiters obliegt ihm die Entscheidung über Zuständigkeitskonflikte zwischen Bund und Ländern, über Anklagen gegen den Bundespräsidenten und Mitglieder der Bundesregierung beziehungsweise der Landesregierungen sowie über die Anfechtung von Nationalrats- und Landtagswahlen.

Der Verfassungsgerichtshof besteht aus dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten, zwölf weiteren Mitgliedern und sechs Ersatzmitgliedern, die alle vom Bundespräsidenten ernannt werden (teils auf Vorschlag der Bundesregierung beziehungsweise des Nationalrats und des Bundesrats) und unabsetzbar sind; sie üben ihr Amt neben ihrem Beruf aus.

Vorläufer des Verfassungsgerichtshofs waren das am 18. April 1869 geschaffene Reichsgericht und das am 28. Juli 1867 geschaffene Staatsgericht (letzteres nur für Anklagen gegen Minister zuständig); die Kompetenzen beider gingen auf den am 25. Jänner 1919 beziehungsweise 1. Oktober 1920 geschaffenen Verfassungsgerichtshof über. Von 24. April 1935 bis 13. März 1938 übte ein Bundesgerichtshof die Agenden des Verfassungsgerichtshofs und des Verwaltungsgerichtshofs aus.

Am 12. Oktober 1945 wurde der Verfassungsgerichtshof in seinem früheren Wirkungskreis wiederhergestellt.

Sitz

Der Verfassungsgerichtshof befand sich 1867-1925 in 1, Schillerplatz 4, 1925-1934 im Parlament; der Bundesgerichtshof amtierte zunächst ebendort, 1936-1938 in der Böhmischen Hofkanzlei (1, Wipplingerstraße 7, Judenplatz 11), wo der Verfassungsgerichtshof auch von 1946-2012 seinen Sitz hatte. Seit August 2012 ist der Verfassungsgerichtshof auf Freyung 8 (vormals Renngasse 2) untergebracht. Es ist das Gebäude, in dem auch das Kunstforum Wien untergebracht ist.

Präsidenten

  • Paul Vittorelli (1919–1930)
  • Ernst Durig (1930–1934, 1934–1938 Präsident des BGH)
  • Ernst Durig (1945–1946)
  • Ludwig Adamovich sen. (1946–1955)
  • Gustav Zigeuner (1956–1957)
  • Walter Antoniolli (1958–1977)
  • Erwin Melichar (1977–1983)
  • Ludwig Adamovich jun. (1984–2002)
  • Karl Korinek (2003–2008)
  • Gerhart Holzinger (2008-)

Literatur

  • Richard Bamberger [Hg.]: Österreich-Lexikon in zwei Bänden. Wien: Verlags-Gemeinschaft Österreich-Lexikon 1995
  • Ernst C. Hellbling: Österreichische Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte. Ein Lehrbuch für Studierende. Wien: Springer 1956 (Rechts- und Staatswissenschaften, 13) (Register)
  • Nikolaus Schwärzler [red.] / Erwin Melichar / Walter Rath [Hg.]: Die Gerichtsbarkeit des öffentlichen Rechts. Informationsschrift über den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof. Wien: Eigenverlag 1983 (enthält auch: Das Palais der österreichischen und böhmischen Hofkanzlei)
  • Felix Ermacora: Der Verfassungsgerichtshof. Graz / Wien: Styria 1956
  • Wilhelm Deutschmann / Herbert Spehar / Peter Wrabetz: 200 Jahre Rechtsleben in Wien. Advokaten, Richter, Rechtsgelehrte. Wien: Eigenverlag 1985 (Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, 96)
  • Gerhart Holzinger/Martin Hiesel [Hg.]: Verfassungsgerichtsbarkeit. Die Bestimmungen des B-VG und anderer Bundesverfassungsgesetze über den VfGH, das VfGG und die Geschäftsordnung des VfGH. 3., völlig überarb. Aufl., Wien 2009
  • Kurt Heller: Der Verfassungsgerichtshof. Die Entwicklung der Verfassungsgerichtsbarkeit in Österreich von den Anfängen bis zur Gegenwart. Wien 2010