Nordbahnhof

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Daten zum Bauwerk
Art des Bauwerks Gebäude
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Architekt
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PageID 21906
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Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 1.12.2015 durch DYN.elwu
  • 2., Nordbahnstraße 1

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Nordbahnhof (Kaiser-Ferdinands-Nordbahn; 2, Nordbahnstraße 1).

  1. Der erste Bahnhof der Nordbahn, ein Kopfbahnhof, (in Försters Bauzeitung als „Hauptstation der Nordbahn" bezeichnet) war ein zweistöckiges Gebäude, dessen Front sich der Forstmeisterallee zuwandte (einer von Joseph II. bepflanzten Straße, die den Tabor mit dem Prater verband). Der Hof des Stationsgebäudes wurde mit einer 2,5 Meter hohen Mauer umgeben und lag etwa 4,5 Meter über dem Straßenniveau, verfügte jedoch über keine Halle für die Züge. 1839 wurde zunächst nach Plänen von Anton Jüngling das „Aufnahmsgebäude" fertiggestellt. Insgesamt entstanden sechs Gebäude.(Wartesälen, Wohnungen und einem im Bahnhofsbereich innen gelegenen Magazin). Bis 1853 wurde der Bahnhof den steigenden Verkehrsanforderungen (Frachtaufkommen) angepasst werden. Als 1857 die Trasse der Verbindungsbahn zwischen Südbahn, Ostbahn und Nordbahn feststand, welche in Hochlage geführt wurde, da die Prater Hauptallee nach Auflage des Kaisers nicht niveaugleich gequert werden durfte, begann man den neuen Nordbahnhof zu bauen, der nun als Durchgangsbahnhof gestaltet war.
  2. Das neue Aufnahmsgebäude (errichtet 1859-65) wurde nach Entwürfen des Direktionspräsidenten Josef Stummer durch Theodor Hoffmann in romantisch-historisierenden Formen erbaut (wobei sowohl maurische wie toskanische Einflüsse erkennbar waren). Der Nordbahnhof galt als prunkvollster Bahnhof Wiens. Mit der Eröffnung der Personenhalle am 15. Oktober 1865 war der Bau vollendet. Die dreischiffige Halle war 137 Meter lang und über 32 Meter breit. Die Marmorstatue des Gründers der Nordbahn, Anselm Salomon Freiherr von Rothschild, stand im Vestibül. 1890 wurde für die Nordbahn ein eigener Floridsdorfer Verschubbahnhof errichtet. Das Areal des Frachtenbahnhofes Nordbahnhof, unter anderem ein zentraler Umschlagplatz für Kohle in Wien, hatte sich im Zeitraum von 1840 bis 1900 praktisch vervierzigfacht.

Mit dem Zerfall der Monarchie verlor der Bahnhof die überregionale Bedeutung. Ab 1924 übernahm der Bahnhof auch die Funktion des Nordwestbahnhofs, der für den Personenverkehr geschlossen wurde. Während des Zweiten Weltkriegs diente der Nordbahnhof ab 1943 für die Abfertigung der (bis dahin vom Aspangbahnhof abgegangenen) Deportierungstransporte der jüdischen Bürger Wiens (Platz der Opfer der Deportation), 1944/1945 wurde er durch Bomben schwer beschädigt und als einziger der im 19. Jahrhundert gebauten Großbahnhöfe Wiens nach Kriegsende nicht mehr in Betrieb genommen worden. Anfang der 1950er Jahre gab es Überlegungen, den kunsthistorischen wertvollen Bahnhof wieder aufzubauen. Die Verkehrsplanung sah ein modernes Schnellbahnnetz (Schnellbahn) vor. In diesem Netz sollte die Nordbahn und Verbindungsbahn einbezogen werden. Um ein rascheres Umsteigen in andere öffentliche Verkehrsmittel zu ermöglichen wurde die Station Praterstern in der Nähe errichtet und die Reaktivierung des alten Bahnhofs aufgegeben. Die letzten Reste des Gebäudes, das entlang der Nordbahnstraße weitgehend intakt geblieben war und wegen seiner bizarren Architektur des öfteren für Filmaufnahmen als Kulisse gedient hatte, wurden am 21. Mai 1965 gesprengt; die vier allegorischen Figuren aus dem Hofwartesalon (Wien, Brünn, Olmütz, Krakau) kamen ins Wiener Direktionsgebäude der Österreichischen Bundesbahnen (2, Nordbahnstraße 50). 1962 wurde auf der ehemalige Nordbahnstrecke der Schnellbahnbetrieb aufgenommen.
Der Güterbahnhof Nord war teilweise bis 2010 noch in Betrieb, aber bereits 1979 wurde ein 200 Meter breiter Streifen entlang der Lassallestraße von den ÖBB zur Bebauung freigegeben. Er ist mittlerweile vollständig und überwiegend mit Bürogebäuden bebaut. Ende der 1980er Jahre begannen Überlegungen, das gesamte Nordbahnhofsareal einer städtebaulichen Neustrukturierung zuzuführen. Das Leitbild Nordbahnhof wurde 1994 im Gemeinderat beschlossen und das Gebiet damit zu einer der größten innerstädtischen Entwicklungszonen Wiens. Die Bebauung des 85 Hektar großen Geländes zwischen Engerthstraße und Innstraße mit rund 10.000 Wohnungen und 20.000 Arbeitsplätzen ist in mehreren Etappen bis circa 2025 vorgesehen.


Literatur

  • Mihály Kubinszky: Bahnhöfe in Österreich. Architektur und Geschichte. 1986, S. 31 ff.
  • Die ersten 50 Jahre der Kaiser-Ferdinands-Nordbahn 1836-1886, Wien 1887
  • Die Leopoldstadt. Ein Heimatbuch. Wien: Lehrer-Arbeitsgemeinschaft 1937, S. 129, S. 148, S. 321 f.
  • Paul Kortz: Wien am Anfang des 20. Jahrhunderts. Ein Führer in technischer und künstlerischer Richtung. Hg. vom Oesterreichischen Ingenieur und Architekten-Verein. Wien: Gerlach & Wiedling 1905. Band 1, 1905, S. 86 ff.
  • Technischer Führer durch Wien. Hg. vom Österreichischen Ingenieur- und Architekten-Verein. Red. von Martin Paul. Wien: Gerlach & Wiedling 1910, S. 77 f.
  • Emil Winkler: Technischer Führer durch Wien. Wien: Lehmann & Wentzel 1873, S. 35 ff, S. 189 ff.
  • Peter Csendes [Hg.]: Österreich 1790-1848. Kriege gegen Frankreich, Wiener Kongreß, Ära Metternich, Zeit des Biedermeier, Revolution von 1848. Das Tagebuch einer Epoche. Wien: Brandstätter 1987, S. 244
  • Wilhelm Kisch: Die alten Straßen und Plätze von Wiens Vorstädten und ihre historisch interessanten Häuser. (Photomechan. Wiedergabe [d. Ausg. v. 1888]). Cosenza: Brenner 1967, Band 2, S. 188 ff.
  • Wiener Kommunal-Kalender und städtisches Jahrbuch. Wien: Gerlach & Wiedling, Jg. 5, 1867, S. 161 f.
  • Allgemeine Bauzeitung. Hg. von Ludwig, Heinrich und Emil Förster. Wien: Förster [u.a.] 1870
  • Brigittenauer Heimat. 1921, S. 51 ff., S. 143 ff
  • Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 4: Profane Topographie nach den 21 Bezirken (2.-21. Bezirk). Wien: Jugend & Volk 1958, S. 27
  • Wien aktuell, 24.10.1996, S. 3
  • Wiens Nordbahnhof einst und jetzt (Texte von Peter Wegenstein und Franz Haas, Kleine Bahnreihe, Heft 6), Wien [1988].
  • Manfred Schenekl: Versuch einer Sozialgeschichte des Wiener Nordbahnhofes in den Jahren 1838 – 1945, Univ. Dipl.Arbeit, Wien 1993
  • Wolfgang Kos / Günther Dinhobl (Hg.): Grosser Bahnhof. Wien und die weite Welt (Ausstellungskatalog des Wien Museums, in Kooperation mit dem Technischen Museum Wien), Lit Verlag 2006, S. 89 ff, 268-273
  • Georg Rigele: Das Verschwinden der Grossbahnhöfe des 19. Jahrhunderts. Abriss und Neubau nach dem Zweiten Weltkrieg, in: Kos / Dinhobl (Hg.): Grosser Bahnhof, S. 144-151.
  • Franz Haas: Der Wiener Nordbahnhof. Wien: Suttonverlag 2006. S. 8ff.
  • Dieter Klein, Martin Kupf, Robert Schediwy: Stadtbildverluste Wien. Ein Rückblick auf fünf Jahrzehnte. Bd. 1, 3. Auflage. Lit Verlag 2004, S. 85


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