Niederösterreichisches Landhaus: Unterschied zwischen den Versionen

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Niederösterreichisches Landhaus (1, Herrengasse 13, Minoritenplatz 7). Die Besitzer des Grundstücks sind bis ins 15. Jahrhundert zurückzuverfolgen. Am 25. April 1513 verkauften Wolfgang, Erasmus und Hartmann von Liechtenstein ihr Freihaus samt Garten den drei Ständen der Landschaft (Prälaten-, Herren- und Ritterstand) unter dem Landmarschall Wilhelm von Puchheim. Der Bau des Hauses der niederösterreichischen Stände begann kurz danach. Da die Landstände bis dahin kein eigenes Gebäude besessen hatten, mußten sie ihre Landtage in verschiedenen Orten Niederösterreichs oder in Wien (zumeist im Haus des jeweiligen Landmarschalls) abhalten.  
 
Niederösterreichisches Landhaus (1, Herrengasse 13, Minoritenplatz 7). Die Besitzer des Grundstücks sind bis ins 15. Jahrhundert zurückzuverfolgen. Am 25. April 1513 verkauften Wolfgang, Erasmus und Hartmann von Liechtenstein ihr Freihaus samt Garten den drei Ständen der Landschaft (Prälaten-, Herren- und Ritterstand) unter dem Landmarschall Wilhelm von Puchheim. Der Bau des Hauses der niederösterreichischen Stände begann kurz danach. Da die Landstände bis dahin kein eigenes Gebäude besessen hatten, mußten sie ihre Landtage in verschiedenen Orten Niederösterreichs oder in Wien (zumeist im Haus des jeweiligen Landmarschalls) abhalten.  
 
==== 1) Gotik ====  
 
==== 1) Gotik ====  
Aus der ältesten Zeit stammt der Quertrakt zum Minoritenplatz, der an das ehemalige Liechtensteinsche Freihaus angefügt wurde, wogegen der Hof Richtung Herrengasse offen blieb; die gotische Torhalle beweist die Ausrichtung des Gebäudes auf den Minoritenplatz. Die Jahreszahl 1516, die man später im ersten Stock fand, beweist, daß der Bau zu diesem Zeitpunkt bereits so weit gediehen war. Aus Steinmetzzeichen und stilistischen Vergleichen kann man entnehmen, daß die Arbeiten von Steinmetzen der Wiener Dombauhütte durchgeführt wurden; offen bleibt die Frage, ob [[Anton Pilgram]] die Leitung innehatte (eine ihm zugeschriebene und den verschlungenen Gewölben der Torhalle entsprechende Visierung, die sich in der Biblischen der Akademie der bildenden Künste erhalten hat, wird als Beweis herangezogen). Außer der Torhalle (heute [[Landhauskapelle]], sub 3), die zu den bedeutenden Gewölbekonzeptionen der Spätgotik zählt, entstammen dieser Bauperiode die anschließende Pförtnerstube (heute Sakristei) und das gotische Zimmer im linken Trakt des ersten Stocks (zu dem einst eine gotische Schneckenstiege als Zugang zum Obergeschoß führte). Die Errichtung des ersten Geschosses im frühen 16. Jahrhundert ist damit auch vom Baubestand abzulesen. Der Ausbau geriet im zweiten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts ins Stocken. Cuspinian lobt 1528 den Ausbau, nennt das Haus der Stände königlich und bezeichnet es im Hinblick auf seine Kunst als das bedeutendste Gebäude Wiens neben der Hofburg, fügt aber hinzu, daß es infolge kriegerischen Ereignisse nicht vollendet werden konnte. 1539 kauften die Stände von ihrem Nachbarn Hans von Fünfkirchen einen Gartengrund.
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Aus der ältesten Zeit stammt der Quertrakt zum Minoritenplatz, der an das ehemalige Liechtensteinsche Freihaus angefügt wurde, wogegen der Hof Richtung Herrengasse offen blieb; die gotische Torhalle beweist die Ausrichtung des Gebäudes auf den Minoritenplatz. Die Jahreszahl 1516, die man später im ersten Stock fand, beweist, daß der Bau zu diesem Zeitpunkt bereits so weit gediehen war. Aus Steinmetzzeichen und stilistischen Vergleichen kann man entnehmen, daß die Arbeiten von Steinmetzen der Wiener Dombauhütte durchgeführt wurden; offen bleibt die Frage, ob [[Anton Pilgram]] die Leitung innehatte (eine ihm zugeschriebene und den verschlungenen Gewölben der Torhalle entsprechende Visierung, die sich im Kupferstichkabinett der Akademie der bildenden Künste erhalten hat, wird als Beweis herangezogen). Außer der Torhalle (heute [[Landhauskapelle]], sub 3), die zu den bedeutenden Gewölbekonzeptionen der Spätgotik zählt, entstammen dieser Bauperiode die anschließende Pförtnerstube (heute Sakristei) und das gotische Zimmer im linken Trakt des ersten Stocks (zu dem einst eine gotische Schneckenstiege als Zugang zum Obergeschoß führte). Die Errichtung des ersten Geschosses im frühen 16. Jahrhundert ist damit auch vom Baubestand abzulesen. Der Ausbau geriet im zweiten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts ins Stocken. Cuspinian lobt 1528 den Ausbau, nennt das Haus der Stände königlich und bezeichnet es im Hinblick auf seine Kunst als das bedeutendste Gebäude Wiens neben der Hofburg, fügt aber hinzu, daß es infolge kriegerischen Ereignisse nicht vollendet werden konnte. 1539 kauften die Stände von ihrem Nachbarn Hans von Fünfkirchen einen Gartengrund.
 
==== 2) Renaissance ====
 
==== 2) Renaissance ====
 
Am 20. April 1551 begann mit dem Beschluß der Stände, den großen Saal mit einem Gewölbe zu versehen, die zweite Bauperiode, in der der Trakt der Verordneten renoviert und teilweise neu gestaltet wurde. Damals entstanden die Vorhalle (1571), an die sich die (nicht erhaltene) Bürgerstube anschloß (von der man einst direkt ins gotische Zimmer gelangte), das Portal im Landhaushof mit den beiden Freizeichen (1571), die (noch erhaltene) Verordnetenratsstube (1572) mit kunstvoller Kassettendecke, selbstbewußtem heraldischem Programm und reichgeschnitzter Tür des Hoftischlers Georg Haas (mit Karyatiden, im Aufsatz der von Symbolen weltlichen Tugenden umgebene Kaiseradler) sowie der Gitterbrunnen im Hof ([[Landhausbrunnen]], sub 7). Nach dem Ausbau des Verordnetentrakts begann man mit der Fertigstellung des Quertrakts; die Arbeiten wurden [[Hans Saphoy]] (Festungsbaumeister in Überlingen und Wien, ab 1556 Dombaumeister) übertragen, der deshalb als Leiter des Saalbaus u. der anschließend Stuben der Herrenstände bezeichnet werden kann. 1578 war der Quertrakt mit dem Uhrturm abgeschlossen, 1586 war der Landhausbau mit dem rechten Seitentrakt im wesentlichen vollendet; 1593 endete die Bauperiode.
 
Am 20. April 1551 begann mit dem Beschluß der Stände, den großen Saal mit einem Gewölbe zu versehen, die zweite Bauperiode, in der der Trakt der Verordneten renoviert und teilweise neu gestaltet wurde. Damals entstanden die Vorhalle (1571), an die sich die (nicht erhaltene) Bürgerstube anschloß (von der man einst direkt ins gotische Zimmer gelangte), das Portal im Landhaushof mit den beiden Freizeichen (1571), die (noch erhaltene) Verordnetenratsstube (1572) mit kunstvoller Kassettendecke, selbstbewußtem heraldischem Programm und reichgeschnitzter Tür des Hoftischlers Georg Haas (mit Karyatiden, im Aufsatz der von Symbolen weltlichen Tugenden umgebene Kaiseradler) sowie der Gitterbrunnen im Hof ([[Landhausbrunnen]], sub 7). Nach dem Ausbau des Verordnetentrakts begann man mit der Fertigstellung des Quertrakts; die Arbeiten wurden [[Hans Saphoy]] (Festungsbaumeister in Überlingen und Wien, ab 1556 Dombaumeister) übertragen, der deshalb als Leiter des Saalbaus u. der anschließend Stuben der Herrenstände bezeichnet werden kann. 1578 war der Quertrakt mit dem Uhrturm abgeschlossen, 1586 war der Landhausbau mit dem rechten Seitentrakt im wesentlichen vollendet; 1593 endete die Bauperiode.
 
==== 3) Barock ====
 
==== 3) Barock ====
In der Barockzeit begnügte man sich damit, die Räume reicher auszustatten. Neben dem Prälatensaal wurde 1668 in einem Übergang zum Nachbarhaus eine Kapelle eingerichtet ([[Landhauskapelle]], sub 2). Den bedeutendsten Schmuck erhielt der Große Sitzungssaal durch die Gewölbefresken des Bologners [[Antonio Maria Niccoló Beduzzi|Antonio Beduzzi]], der zuvor im Stift Melk gearbeitet hatte (1710; Programm von Giovanni Comazzi mit politischen Inhalten); den Stuckmarmordekor des Saals schuf [[Balthasar Haggenmüller]]. Barock ist auch noch der Justizthron im Rittersaal (ein Prunkmöbel jener Zeit), vermutlich ein Werk von Claude Le Fort du Plessy. 1723-25 erhielten die anderen stand. Säle, die noch Holzdecken hatten, Stuckplafonds und wurden barock ausgestattet.
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In der Barockzeit begnügte man sich damit, die Räume reicher auszustatten. Neben dem Prälatensaal wurde 1668 in einem Übergang zum Nachbarhaus eine Kapelle eingerichtet ([[Landhauskapelle]], sub 2). Den bedeutendsten Schmuck erhielt der Große Sitzungssaal durch die Gewölbefresken des Bologners [[Antonio Maria Niccoló Beduzzi|Antonio Beduzzi]], der zuvor im Stift Melk gearbeitet hatte (1710; Programm von Giovanni Comazzi mit politischen Inhalten); den Stuckmarmordekor des Saals schuf [[Balthasar Haggenmüller]]. Barock ist auch noch der Justizthron im Rittersaal (ein Prunkmöbel jener Zeit), vermutlich ein Werk von Claude Le Fort du Plessy. 1723-25 erhielten die anderen ständischen Säle, die noch Holzdecken hatten, Stuckplafonds und wurden barock ausgestattet.
 
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Da das Niederösterreichische Landhaus zu klein geworden war, begannen bereits im 18. Jahrhundert Planungen für Erweiterungen (erstmals 1712), die allerdings nicht realisiert wurden. 1827 griffen die Stände den Plan wieder auf u. beschlossen, ihr Haus durch einen Neubau zu erweitern. [[Josef  Kornhäusel]] lieferte die ersten Pläne, die jedoch einen gänzlichen Neubau vorsahen. Da die Stände aber energisch für die Erhaltung der historischen Räume eintraten, schrieben sie einen Wettbewerb aus, durch den sie mit [[Alois Pichl]] in Verbindung kamen, der sich beim benachbarten  Modenapalais bewährt hatte und 1833 Pläne vorlegte, die denkmalpflegerische Akzente aufwiesen. Nach dem 1834 bewilligten Abbruch jener Trakte, die keiner Schonung bedurften, und schwierigen Verhandlungen mit dem Hofbauamt unter seinem Direktor Schemerl von Leithenbach konnte Ende 1837 mit dem Bau des Trakts an der Herrengasse begonnen werden (er war im September 1839 vollendet). Da Pichl nach Ansicht der Stände zu prunkvoll gebaut hatte, übertrug man daraufhin die alleinige Bauleitung dem Mitarbeiter Pichls, Baumeister Leopold Mayr, der Pichls Pläne ausführte. 1843 waren die Fassaden zur Landhausgasse und zum Minoritenplatz und im Sommer 1848 auch die kaum gegliederte Fassade zur Regierungsgasse vollendet. In der gotischen Torhalle wurde eine neue Kapelle eingerichtet, an der Front zum Minoritenplatz das rudolfinischen Fünf-
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Da das Niederösterreichische Landhaus zu klein geworden war, begannen bereits im 18. Jahrhundert Planungen für Erweiterungen (erstmals 1712), die allerdings nicht realisiert wurden. 1827 griffen die Stände den Plan wieder auf und beschlossen, ihr Haus durch einen Neubau zu erweitern. [[Josef  Kornhäusel]] lieferte die ersten Pläne, die jedoch einen gänzlichen Neubau vorsahen. Da die Stände aber energisch für die Erhaltung der historischen Räume eintraten, schrieben sie einen Wettbewerb aus, durch den sie mit [[Alois Pichl]] in Verbindung kamen, der sich beim benachbarten  [[Modenapalais (1, Herrengasse 7)|Modenapalais]] bewährt hatte und 1833 Pläne vorlegte, die denkmalpflegerische Akzente aufwiesen. Nach dem 1834 bewilligten Abbruch jener Trakte, die keiner Schonung bedurften, und schwierigen Verhandlungen mit dem Hofbauamt unter seinem Direktor Schemerl von Leithenbach konnte Ende 1837 mit dem Bau des Trakts an der Herrengasse begonnen werden (er war im September 1839 vollendet). Da Pichl nach Ansicht der Stände zu prunkvoll gebaut hatte, übertrug man daraufhin die alleinige Bauleitung dem Mitarbeiter Pichls, Baumeister Leopold Mayr, der Pichls Pläne ausführte. 1843 waren die Fassaden zur Landhausgasse und zum Minoritenplatz und im Sommer 1848 auch die kaum gegliederte Fassade zur Regierungsgasse vollendet. In der gotischen Torhalle wurde eine neue Kapelle eingerichtet, an der Front zum Minoritenplatz das rudolfinischen Fünf-Adler-Wappen angebracht, die Fassade in der Herrengasse war durch eine plastische Gruppe von Joseph Klieber geschmückt, die allerdings 1905 wegen des starken Verkehrs aus Sicherheitsgründen abgetragen wurde. Die Ausgestaltung des Herren-, Prälaten- und Rittersaals wurde Dombaumeister [[Leopold Ernst]] übertragen (1845/1846). 1936 schuf Leopold Schmid das Mosaik „Heiliger Leopold", das in einer Nische Ecke Regierungsgasse-Landhausgasse angebracht ist.
Adler-Wappen angebracht, die Fassade in der Herrengasse war durch eine plastische Gruppe von Joseph Klieber geschmückt, die allerdings 1905 wegen des starken Verkehrs aus Sicherheitsgründen abgetragen wurde. Die Ausgestaltung des Herren-, Prälaten- und Rittersaals wurde Dombaumeister [[Leopold Ernst]] übertragen (1845/1846). 1936 schuf Leopold Schmid das Mosaik „Heiliger Leopold", das in einer Nische Ecke Regierungsgasse-Landhausgasse angebracht ist.
 
 
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Die Säle des Niederösterreichischen Landhauses waren ab dem 16. Jahrhundert nicht nur Schauplatz politischer Beratungen, sondern dienten auch der Abhaltung von höfischen und adeligen Festlichkeiten. Der Große Sitzungssaal spielte im musikalischen Leben Wiens eine wesentliche Rolle und steht mit Händel (Aufführung des Oratoriums „Timotheus"), Schubert (Uraufführung von „Geist der Liebe"), Liszt (Auftreten im Alter von elf Jahren) und Beethoven in Zusammenhang; schon früh fanden hier musikalische Akademien und symphonische Konzerte statt, 1797 hat sich hier das  ständische Freikorps formiert. 1809 diente der Landhaussaal als Waffen- und Lebensmitteldepot; unter [[Erzherzog Johann von Österreich|Erzherzog Johann]] tagte hier die Landwirtschaftsgesellschaft. Die Erbhuldigung für Ferdinand I. (14. Juni 1835) war das letzte Fest im traditionellen Rahmen ständischen Prunks, Die Revolutionsereignisse 1848 nahmen Niederösterreichischen Landhaus ihren Ausgang; am 13, März 1848 wurde im Hof eine Rede von [[Lajos Kossuth]] verlesen, in der er eine parlamentarische Verfassung forderte. Im Hof des Niederösterreichischen Landhauses befindet sich eine Gednktafel für [[Hans Kudlich]], der am 13. März 1848 vor dem Niederösterreichischen Landhaus durch einen Bajonettstich verletzt worden war.  Aufgrund des „Trennungsgesetzes" zwischen Wien und Niederösterreich (29. Dezember 1921) kam das Niederösterreichische Landhaus je zur Hälfte in den Besitz der Bundesländer Wien und Niederösterreich; als Niederösterreich 1986 nach einer Volksabstimmung beschloß, St. Pölten zur Hauptstadt von Niederösterreich zu erheben, begannen Überlegungen über das weitere Schicksal des Niederösterreichischen Landhauses (bis 1994 fiel keine Entscheidung). [[Landhausbrunnen]], [[Landhausgasse]], [[Landhauskapelle]], [[Raiffeisendenkmal|Raiffeisenbüste]].
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Die Säle des Niederösterreichischen Landhauses waren ab dem 16. Jahrhundert nicht nur Schauplatz politischer Beratungen, sondern dienten auch der Abhaltung von höfischen und adeligen Festlichkeiten. Der Große Sitzungssaal spielte im musikalischen Leben Wiens eine wesentliche Rolle und steht mit Händel (Aufführung des Oratoriums „Timotheus"), Schubert (Uraufführung von „Geist der Liebe"), Liszt (Auftreten im Alter von elf Jahren) und Beethoven in Zusammenhang; schon früh fanden hier musikalische Akademien und symphonische Konzerte statt, 1797 hat sich hier das  ständische Freikorps formiert. 1809 diente der Landhaussaal als Waffen- und Lebensmitteldepot; unter [[Erzherzog Johann von Österreich|Erzherzog Johann]] tagte hier die Landwirtschaftsgesellschaft. Die Erbhuldigung für Ferdinand I. (14. Juni 1835) war das letzte Fest im traditionellen Rahmen ständischen Prunks. Die Revolutionsereignisse 1848 nahmen im Niederösterreichischen Landhaus ihren Ausgang: Am 13. März 1848 wurde im Hof eine Rede von [[Lajos Kossuth]] verlesen, in der er eine parlamentarische Verfassung forderte. Im Hof des Niederösterreichischen Landhauses befindet sich eine Gedenktafel für [[Hans Kudlich]], der am 13. März 1848 vor dem Niederösterreichischen Landhaus durch einen Bajonettstich verletzt worden war.  Aufgrund des „Trennungsgesetzes" zwischen Wien und Niederösterreich (29. Dezember 1921) kam das Niederösterreichische Landhaus je zur Hälfte in den Besitz der Bundesländer Wien und Niederösterreich; als Niederösterreich 1986 nach einer Volksabstimmung beschloß, St. Pölten zur Hauptstadt von Niederösterreich zu erheben, begannen Überlegungen über das weitere Schicksal des Niederösterreichischen Landhauses (bis 1994 fiel keine Entscheidung). [[Landhausbrunnen]], [[Landhausgasse]], [[Landhauskapelle]], [[Raiffeisendenkmal|Raiffeisenbüste]].
  
 
== Literatur ==
 
== Literatur ==

Version vom 3. Juli 2014, 11:29 Uhr

Niederösterreichisches Landhaus
Daten zum Bauwerk
Art des Bauwerks Gebäude
Datum von
Datum bis
Andere Bezeichnung
Frühere Bezeichnung
Benannt nach
Einlagezahl
Architekt
Prominente Bewohner
PageID 20480
GND
WikidataID
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 3.07.2014 durch WIEN1.lanm08swa
Bildname Niederösterreichisches Landhaus.jpg
Bildunterschrift Niederösterreichisches Landhaus
  • 1., Herrengasse 13
  • 1., Minoritenplatz 7

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48° 12' 35.84" N, 16° 21' 53.30" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Niederösterreichisches Landhaus (1, Herrengasse 13, Minoritenplatz 7). Die Besitzer des Grundstücks sind bis ins 15. Jahrhundert zurückzuverfolgen. Am 25. April 1513 verkauften Wolfgang, Erasmus und Hartmann von Liechtenstein ihr Freihaus samt Garten den drei Ständen der Landschaft (Prälaten-, Herren- und Ritterstand) unter dem Landmarschall Wilhelm von Puchheim. Der Bau des Hauses der niederösterreichischen Stände begann kurz danach. Da die Landstände bis dahin kein eigenes Gebäude besessen hatten, mußten sie ihre Landtage in verschiedenen Orten Niederösterreichs oder in Wien (zumeist im Haus des jeweiligen Landmarschalls) abhalten.

1) Gotik

Aus der ältesten Zeit stammt der Quertrakt zum Minoritenplatz, der an das ehemalige Liechtensteinsche Freihaus angefügt wurde, wogegen der Hof Richtung Herrengasse offen blieb; die gotische Torhalle beweist die Ausrichtung des Gebäudes auf den Minoritenplatz. Die Jahreszahl 1516, die man später im ersten Stock fand, beweist, daß der Bau zu diesem Zeitpunkt bereits so weit gediehen war. Aus Steinmetzzeichen und stilistischen Vergleichen kann man entnehmen, daß die Arbeiten von Steinmetzen der Wiener Dombauhütte durchgeführt wurden; offen bleibt die Frage, ob Anton Pilgram die Leitung innehatte (eine ihm zugeschriebene und den verschlungenen Gewölben der Torhalle entsprechende Visierung, die sich im Kupferstichkabinett der Akademie der bildenden Künste erhalten hat, wird als Beweis herangezogen). Außer der Torhalle (heute Landhauskapelle, sub 3), die zu den bedeutenden Gewölbekonzeptionen der Spätgotik zählt, entstammen dieser Bauperiode die anschließende Pförtnerstube (heute Sakristei) und das gotische Zimmer im linken Trakt des ersten Stocks (zu dem einst eine gotische Schneckenstiege als Zugang zum Obergeschoß führte). Die Errichtung des ersten Geschosses im frühen 16. Jahrhundert ist damit auch vom Baubestand abzulesen. Der Ausbau geriet im zweiten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts ins Stocken. Cuspinian lobt 1528 den Ausbau, nennt das Haus der Stände königlich und bezeichnet es im Hinblick auf seine Kunst als das bedeutendste Gebäude Wiens neben der Hofburg, fügt aber hinzu, daß es infolge kriegerischen Ereignisse nicht vollendet werden konnte. 1539 kauften die Stände von ihrem Nachbarn Hans von Fünfkirchen einen Gartengrund.

2) Renaissance

Am 20. April 1551 begann mit dem Beschluß der Stände, den großen Saal mit einem Gewölbe zu versehen, die zweite Bauperiode, in der der Trakt der Verordneten renoviert und teilweise neu gestaltet wurde. Damals entstanden die Vorhalle (1571), an die sich die (nicht erhaltene) Bürgerstube anschloß (von der man einst direkt ins gotische Zimmer gelangte), das Portal im Landhaushof mit den beiden Freizeichen (1571), die (noch erhaltene) Verordnetenratsstube (1572) mit kunstvoller Kassettendecke, selbstbewußtem heraldischem Programm und reichgeschnitzter Tür des Hoftischlers Georg Haas (mit Karyatiden, im Aufsatz der von Symbolen weltlichen Tugenden umgebene Kaiseradler) sowie der Gitterbrunnen im Hof (Landhausbrunnen, sub 7). Nach dem Ausbau des Verordnetentrakts begann man mit der Fertigstellung des Quertrakts; die Arbeiten wurden Hans Saphoy (Festungsbaumeister in Überlingen und Wien, ab 1556 Dombaumeister) übertragen, der deshalb als Leiter des Saalbaus u. der anschließend Stuben der Herrenstände bezeichnet werden kann. 1578 war der Quertrakt mit dem Uhrturm abgeschlossen, 1586 war der Landhausbau mit dem rechten Seitentrakt im wesentlichen vollendet; 1593 endete die Bauperiode.

3) Barock

In der Barockzeit begnügte man sich damit, die Räume reicher auszustatten. Neben dem Prälatensaal wurde 1668 in einem Übergang zum Nachbarhaus eine Kapelle eingerichtet (Landhauskapelle, sub 2). Den bedeutendsten Schmuck erhielt der Große Sitzungssaal durch die Gewölbefresken des Bologners Antonio Beduzzi, der zuvor im Stift Melk gearbeitet hatte (1710; Programm von Giovanni Comazzi mit politischen Inhalten); den Stuckmarmordekor des Saals schuf Balthasar Haggenmüller. Barock ist auch noch der Justizthron im Rittersaal (ein Prunkmöbel jener Zeit), vermutlich ein Werk von Claude Le Fort du Plessy. 1723-25 erhielten die anderen ständischen Säle, die noch Holzdecken hatten, Stuckplafonds und wurden barock ausgestattet.

4)

Da das Niederösterreichische Landhaus zu klein geworden war, begannen bereits im 18. Jahrhundert Planungen für Erweiterungen (erstmals 1712), die allerdings nicht realisiert wurden. 1827 griffen die Stände den Plan wieder auf und beschlossen, ihr Haus durch einen Neubau zu erweitern. Josef Kornhäusel lieferte die ersten Pläne, die jedoch einen gänzlichen Neubau vorsahen. Da die Stände aber energisch für die Erhaltung der historischen Räume eintraten, schrieben sie einen Wettbewerb aus, durch den sie mit Alois Pichl in Verbindung kamen, der sich beim benachbarten Modenapalais bewährt hatte und 1833 Pläne vorlegte, die denkmalpflegerische Akzente aufwiesen. Nach dem 1834 bewilligten Abbruch jener Trakte, die keiner Schonung bedurften, und schwierigen Verhandlungen mit dem Hofbauamt unter seinem Direktor Schemerl von Leithenbach konnte Ende 1837 mit dem Bau des Trakts an der Herrengasse begonnen werden (er war im September 1839 vollendet). Da Pichl nach Ansicht der Stände zu prunkvoll gebaut hatte, übertrug man daraufhin die alleinige Bauleitung dem Mitarbeiter Pichls, Baumeister Leopold Mayr, der Pichls Pläne ausführte. 1843 waren die Fassaden zur Landhausgasse und zum Minoritenplatz und im Sommer 1848 auch die kaum gegliederte Fassade zur Regierungsgasse vollendet. In der gotischen Torhalle wurde eine neue Kapelle eingerichtet, an der Front zum Minoritenplatz das rudolfinischen Fünf-Adler-Wappen angebracht, die Fassade in der Herrengasse war durch eine plastische Gruppe von Joseph Klieber geschmückt, die allerdings 1905 wegen des starken Verkehrs aus Sicherheitsgründen abgetragen wurde. Die Ausgestaltung des Herren-, Prälaten- und Rittersaals wurde Dombaumeister Leopold Ernst übertragen (1845/1846). 1936 schuf Leopold Schmid das Mosaik „Heiliger Leopold", das in einer Nische Ecke Regierungsgasse-Landhausgasse angebracht ist.

5)

Die Säle des Niederösterreichischen Landhauses waren ab dem 16. Jahrhundert nicht nur Schauplatz politischer Beratungen, sondern dienten auch der Abhaltung von höfischen und adeligen Festlichkeiten. Der Große Sitzungssaal spielte im musikalischen Leben Wiens eine wesentliche Rolle und steht mit Händel (Aufführung des Oratoriums „Timotheus"), Schubert (Uraufführung von „Geist der Liebe"), Liszt (Auftreten im Alter von elf Jahren) und Beethoven in Zusammenhang; schon früh fanden hier musikalische Akademien und symphonische Konzerte statt, 1797 hat sich hier das ständische Freikorps formiert. 1809 diente der Landhaussaal als Waffen- und Lebensmitteldepot; unter Erzherzog Johann tagte hier die Landwirtschaftsgesellschaft. Die Erbhuldigung für Ferdinand I. (14. Juni 1835) war das letzte Fest im traditionellen Rahmen ständischen Prunks. Die Revolutionsereignisse 1848 nahmen im Niederösterreichischen Landhaus ihren Ausgang: Am 13. März 1848 wurde im Hof eine Rede von Lajos Kossuth verlesen, in der er eine parlamentarische Verfassung forderte. Im Hof des Niederösterreichischen Landhauses befindet sich eine Gedenktafel für Hans Kudlich, der am 13. März 1848 vor dem Niederösterreichischen Landhaus durch einen Bajonettstich verletzt worden war. Aufgrund des „Trennungsgesetzes" zwischen Wien und Niederösterreich (29. Dezember 1921) kam das Niederösterreichische Landhaus je zur Hälfte in den Besitz der Bundesländer Wien und Niederösterreich; als Niederösterreich 1986 nach einer Volksabstimmung beschloß, St. Pölten zur Hauptstadt von Niederösterreich zu erheben, begannen Überlegungen über das weitere Schicksal des Niederösterreichischen Landhauses (bis 1994 fiel keine Entscheidung). Landhausbrunnen, Landhausgasse, Landhauskapelle, Raiffeisenbüste.

Literatur

  • Rupert Feuchtmüller: Das Niederösterreichische Landhaus. Ein kunsthistorisches Denkmal, 1513-1850. 1949
  • Rupert Feuchtmüller: Die Herrengasse. Wien [u.a.]: Zsolnay 1982 (Wiener Geschichtsbücher, 28), S. 74 ff. (Das niederösterreichische Landständehaus)
  • Gerhard Winner: Das „Alte Landhaus" am Graben in Wien, in: Jahrbuch für Landeskunde Niederösterreich. Band 33, 1957, S. 96 ff.
  • Anton Mayer: Das niederösterreichische Landhaus in Wien (1512-1848), in: Berichte und Mitteilungen des Altertums-Vereines zu Wien. Band 38. Wien: Gerold 1904, 1 ff.
  • Max Vancsa: Ein Alt-Wiener Konzertsaal - Der Sitzungssaal des Niederösterreichischen Landhauses, in: Musikbuch aus Österreich (Redaktion Richard Heuberger) 1904, S. 33 ff.
  • Josef Schwerdfeger: Das Landhaus in der Herrengasse, in: Alt-Wiener Kalender, 1922, S. 46 ff.
  • Josef Schwerdfeger: Vienna gloriosa. 1923, S. 287 ff.
  • Felix Czeike: Wien. Kunst und Kultur-Lexikon. Stadtführer und Handbuch. München: Süddeutscher Verlag 1976, S. 79 f.
  • Felix Czeike: Wien. Innere Stadt. Kunst- und Kulturführer. Wien: Jugend und Volk, Ed. Wien, Dachs-Verlag 1993, S. 81 f.
  • Justus Schmidt / Hans Tietze: Dehio Wien. Wien: A. Schroll 1954 (Bundesdenkmalamt: Die Kunstdenkmäler Österreichs), S. 73
  • Wilhelm Kisch: Die alten Straßen und Plätze von Wiens Vorstädten und ihre historisch interessanten Häuser. (Photomechan. Wiedergabe [d. Ausg. v. 1883]). Cosenza: Brenner 1967, Band 1, S. 468 ff.
  • Emmerich Siegris: Alte Wiener Hauszeichen und Ladenschilder. Wien: Burgverlag 1924, S. 77
  • Hans Markl: Kennst du alle berühmten Gedenkstätten Wiens? Wien [u.a.]: Pechan 1959 (Perlenreihe, 1008), S. 34 ff.
  • Hans Markl: Die Gedenktafeln Wiens. Wien: ABZ-Verlag 1949, S. 19 f.
  • Josef Bergauer: Das klingende Wien. Erinnerungsstätten berühmter Tondichter. Wien: Günther 1946, S. 55
  • Dagobert Frey: Der Landhaussaal in Wien, in: Mitteilungen des Vereines für Geschichte der Stadt Wien. Wien: Verlag des Vereines 1920 - 1938. Jg. 1.1919, S. 67 ff.
  • Donin: Bürgerhaus. S. 78 ff.
  • Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, S. 382