Marie-Thérèse Kerschbaumer

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Daten zur Person
Personenname Kerschbaumer, Marie-Thérèse
Abweichende Namensform Kerschbaumer, Marie-Therese; Kurz, Marie-Thérèse; Kerschbaumer, Marie-Thérèse Angèle Raymonde
Titel Dr. phil.
Geschlecht weiblich
PageID 37631
GND 118747010
Wikidata
Geburtsdatum 31. August 1936
Geburtsort Garches (Frankreich)
Sterbedatum
Sterbeort
Beruf Schriftstellerin, Übersetzerin, Literaturkritikerin
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass Wienbibliothek im Rathaus / Handschriftensammlung
Objektbezug
Quelle Gedenktage, Gedenktage-GW
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Recherche
Letzte Änderung am 28.07.2020 durch DYN.rabus


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Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft
  • Preis der Stadt Wien für Literatur (Verleihung: 1995)
  • Förderungspreis für Literatur des Theodor-Körner-Stiftungsfonds zur Förderung von Wissenschaft und Kunst (Verleihung: 1978)
  • Österreichischer Würdigungspreis für Literatur (Verleihung: 1986)
  • Roseggerpreis des Landes Steiermark für österreichische Literatur (Verleihung: 1995)


Marie-Thérèse Kerschbaumer, * 31. August 1936 Garches (Frankreich), Schriftstellerin, Übersetzerin, Literaturkritikerin.

Biografie

Marie-Thérèse Angèle Raymonde Kerschbaumer, die mit bürgerlichem Namen Marie-Thérèse Kurz heißt, kam als Tochter einer Österreicherin und eines auf Kuba geborenen Spaniers auf die Welt. Wenige Wochen nach ihrer Geburt in Frankreich, wohin ihre bis dahin in Barcelona lebenden Eltern vor dem Spanischen Bürgerkrieg geflüchtet waren, ging die Familie nach Costa Rica. Dort verbrachte Marie-Thérèse Kerschbaumer ihre ersten Lebensjahre.

Im Frühling 1939 reiste sie mit ihrer Mutter in deren Heimat Tirol. Was als Besuch gedacht war, wurde zum Daueraufenthalt, da aufgrund des Ausbruchs des Zweiten Weltkriegs die Rückkehr nach Costa Rica nicht mehr möglich war. Getrennt von ihrer Mutter, die hospitalisiert werden musste, wuchs das Kind beim Großvater Leo Maria Kerschbaumer in Kitzbühel auf. Aufgrund fehlender Papiere war Marie-Thérèse Kerschbaumer jahrelang staatenlos; erst 1948 erhielt sie die österreichische Staatsbürgerschaft.

Sie besuchte die Volks- und Hauptschule in St. Johann und Kitzbühel und absolvierte eine kaufmännische Lehre, die sie 1953 abschloss. Danach arbeitete sie einige Jahre als Kindermädchen in England und Italien. 1957 zog Marie-Thérèse Kerschbaumer nach Wien und verdiente ihren Lebensunterhalt als Angestellte in einem Reisebüro. Die an Sprachen Interessierte reiste viel und hielt sich längere Zeit in Genf und in der Provence auf, um ihr Französisch zu schulen. 1963 legte sie die Externistenmatura ab und immatrikulierte noch im selben Jahr Romanistik und Germanistik an der Universität Wien. Während ihres Studiums in den 1960er Jahren absolvierte sie zahlreiche Studienaufenthalte in Italien und Rumänien.

Ab 1971 bis zu seinem Tod 2004 war sie mit dem bildenden Künstler Helmut Kurz-Goldenstein verheiratet. Der gemeinsame Sohn Maximilian Heinrich Michael wurde 1973 geboren. Ebenfalls 1973 schloss sie ihr Doktoratsstudium mit einer Arbeit über "Die syntaktische Hervorhebung im modernen Rumänisch" ab. Seit 1971 ist sie als Schriftstellerin, Literaturkritikerin und Übersetzerin literarischer Werke, vornehmlich aus dem Rumänischen, Spanischen und Italienischen, tätig.

Werk

Marie-Thérèse Kerschbaumer verfasste ab den 1960er Jahren Gedichte; ihr erster Lyrikband erschien 1970 im Bukarester Kriterion Verlag. 1976 folgte ihr erstes größeres Prosawerk "Der Schwimmer", das in der Öffentlichkeit jedoch kaum wahrgenommen wurde. Der literarische Durchbruch gelang der Autorin mit "Der weibliche Name des Widerstandes" (1980). Darin erinnert sie in "sieben Berichten" – so der Untertitel des Werks – an Lebensgeschichten von österreichischen Frauen unterschiedlicher sozialer Milieus, die unter der NS-Herrschaft ermordet wurden. Nur ein Jahr nach seinem Erscheinen wurde das Buch von Susanne Zanke für den ORF verfilmt.

Um Formen des Widerstandes geht es auch in ihre Romanen "Schwestern" (1982) und "Versuchung" (1990). Letzterer handelt von einer österreichischen Frau, die sich auf die Spuren österreichischer Interbrigaden im Spanischen Bürgerkrieg macht. Autobiografisch geprägt ist auch die aus den Bänden "Die Fremde" (1992), "Ausfahrt" (1994), "Fern" (2000) und "Gespräche in Tusculum" (2009) bestehende literarische Tetralogie, in der sich die Autorin mit Erfahrungen von Ausgesetztheit, Einsamkeit und Identitätssuche beschäftigt. Weiterhin verfasst Kerschbaumer aber auch Lyrik, die regelmäßig in Sammelbänden beim Wieser Verlag veröffentlicht wird. Der 1989 publizierte Lyrikband "Neun Canti auf die irdische Liebe" ist mit Illustrationen ihres Ehemannes Helmut Kurz-Goldenstein versehen. Das literarische Schaffen der Schriftstellerin umfasst neben Prosa und Lyrik auch Essays und Hörspiele. In ihrem Schreiben bedient sie sich unkonventioneller Erzählformen und eines experimentellen Schreibstils, was ihre Texte mitunter schwer erschließbar macht.

Anlässlich ihres 70. Geburtstages gab der Wieser Verlag 2007 eine 13-bändige Werkausgabe heraus, die von einem Essayband des Salzburger Germanisten Hans Höller über das Werk der Autorin begleitet wird.

Von 1989 bis 1995 fungierte Marie-Thérèse Kerschbaumer als Vizepräsidenten der IG Autoren Autorinnen. In der Diskussion um den "Austrokoffer" setzte sie sich für das umstrittene und von zahlreichen namhaften Autorinnen und Autoren boykottierte Literaturprojekt anlässlich des Gedenkjahres 2005 ein. Unter ihrer Mitherausgeberschaft konnte dieses Sammelwerk österreichischer Nachkriegsliteratur in 21 Bänden unter dem Namen "Landvermessung" schließlich doch lanciert werden.

Ein 37 Archivboxen umfassender Vorlass der Schriftstellerin befindet sich seit 2002 in der Wienbibliothek im Rathaus.


Literatur

Links

Personenlexikon: Marie-Thérèse Kerschbaumer]