Marie-Thérèse Kerschbaumer

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Daten zur Person
Personenname Kerschbaumer, Marie-Thérèse
Abweichende Namensform Kerschbaumer, Marie-Therese; Kurz, Marie-Thérèse; Kerschbaumer, Marie-Thérèse Angèle Raymonde
Titel Dr. phil.
Geschlecht weiblich
PageID 37631
GND 118747010
Wikidata Q1522505
Geburtsdatum 31. August 1936
Geburtsort Garches (Frankreich)
Sterbedatum
Sterbeort
Beruf Schriftstellerin, Übersetzerin, Literaturkritikerin
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass Wienbibliothek im Rathaus
Objektbezug
Quelle Gedenktage, Gedenktage-GW
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Letzte Änderung am 23.10.2023 durch WIEN1.lanm09lue


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Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft
  • Vizepräsidenten der IG Autoren Autorinnen (1989 bis 1995)

  • Preis der Stadt Wien für Literatur (Verleihung: 1995)
  • Förderungspreis für Literatur des Theodor-Körner-Stiftungsfonds zur Förderung von Wissenschaft und Kunst (Verleihung: 1978)
  • Österreichischer Würdigungspreis für Literatur (Verleihung: 1986)
  • Roseggerpreis des Landes Steiermark für österreichische Literatur (Verleihung: 1995)


Marie-Thérèse Kerschbaumer, * 31. August 1936 Garches (Frankreich), Schriftstellerin, Übersetzerin, Literaturkritikerin.

Biografie

Marie-Thérèse Angèle Raymonde Kerschbaumer, die mit bürgerlichem Namen Marie-Thérèse Kurz heißt, kam als Tochter einer Österreicherin und eines auf Kuba geborenen Spaniers auf die Welt. Wenige Wochen nach ihrer Geburt in Frankreich, wohin ihre bis dahin in Barcelona lebenden Eltern vor dem Spanischen Bürgerkrieg geflüchtet waren, ging die Familie nach Costa Rica. Dort verbrachte Marie-Thérèse Kerschbaumer ihre ersten Lebensjahre.

Im Frühling 1939 reiste sie mit ihrer Mutter in deren Heimat Tirol. Was als Besuch gedacht war, wurde zum Daueraufenthalt, da aufgrund des Ausbruchs des Zweiten Weltkriegs die Rückkehr nach Costa Rica nicht mehr möglich war. Getrennt von ihrer Mutter, wuchs das Kind beim Großvater Leo Maria Kerschbaumer in Kitzbühel auf. Aufgrund fehlender Papiere war Marie-Thérèse Kerschbaumer jahrelang staatenlos; erst 1948 erhielt sie die österreichische Staatsbürgerschaft.

Kerschbaumer besuchte die Volks- und Hauptschule in St. Johann und Kitzbühel und absolvierte eine kaufmännische Lehre, die sie 1953 abschloss. Danach arbeitete sie einige Jahre als Kindermädchen in England und Italien. 1957 zog sie nach Wien und verdiente ihren Lebensunterhalt als Angestellte in einem Reisebüro. Die an Sprachen Interessierte reiste viel und hielt sich längere Zeit in Genf und in der Provence auf, um ihr Französisch zu schulen. 1963 legte sie die Externistenmatura ab und immatrikulierte noch im selben Jahr Romanistik und Germanistik an der Universität Wien. Während ihres Studiums in den 1960er Jahren absolvierte sie zahlreiche Studienaufenthalte in Italien und Rumänien.

1971 heiratete Kerschbaumer den bildenden Künstler Helmut Kurz-Goldenstein, der gemeinsame Sohn Maximilian Heinrich Michael wurde 1973 geboren. Ebenfalls 1973 schloss sie ihr Doktoratsstudium mit einer Arbeit über "Die syntaktische Hervorhebung im modernen Rumänisch" ab. Seit 1971 ist sie als Schriftstellerin, Literaturkritikerin und Übersetzerin literarischer Werke, vornehmlich aus dem Rumänischen, Spanischen und Italienischen, tätig.

Werk

Marie-Thérèse Kerschbaumer verfasste ab den 1960er Jahren Gedichte; ihr erster Lyrikband erschien 1970 im Bukarester Kriterion Verlag. 1976 folgte ihr erstes größeres Prosawerk "Der Schwimmer". Der literarische Durchbruch gelang der Autorin mit "Der weibliche Name des Widerstands" (1980). Darin erinnert sie in "sieben Berichten" an österreichische Frauen unterschiedlicher sozialer Milieus, die unter der NS-Herrschaft ermordet wurden, darunter die Wissenschaftlerinnen Helene und Elise Richter, die Schriftstellerin Alma Johanna Koenig, die Hilfslehrerin Stefanie Kunke, die Fabriksarbeiterin Antonie Mück oder die Ordens- und Krankenschwester Maria Restituta Kafka. Nur ein Jahr nach Erscheinen wurde das Buch von Susanne Zanke für den ORF verfilmt.

Um Formen des Widerstands geht es auch in ihre Romanen "Schwestern" (1982) und "Versuchung" (1990). Letzterer handelt von einer österreichischen Frau, die sich auf die Spuren österreichischer Interbrigaden im Spanischen Bürgerkrieg macht, und ist genauso autobiografisch geprägt wie die aus den Bänden "Die Fremde" (1992), "Ausfahrt" (1994), "Fern" (2000) und "Gespräche in Tuskulum" (2009) bestehende literarische Tetralogie, in der sich die Autorin mit Erfahrungen von Ausgesetztheit, Einsamkeit und Identitätssuche beschäftigt. Die Lyrik ist neben Prosa, Essay und Hörspiel eine weitere Konstante in Kerschbaumers Schaffen, der 1989 publizierte Lyrikband "Neun Canti auf die irdische Liebe" ist mit Illustrationen ihres Ehemannes Helmut Kurz-Goldenstein versehen.

Anlässlich ihres 70. Geburtstages gab der Wieser Verlag 2007 eine 13-bändige Werkausgabe heraus, die von einem Essayband des Salzburger Germanisten Hans Höller über das Werk der Autorin begleitet wird. Marie-Thérèse Kerschbaumer gehört der Grazer Autorinnen Autorenversammlung an und fungierte von 1989 bis 1995 als Vizepräsidenten der IG Autoren Autorinnen. In der Diskussion um den "Austrokoffer" setzte sie sich für das umstrittene und von zahlreichen namhaften Autorinnen und Autoren boykottierte Literaturprojekt anlässlich des Gedenkjahres 2005 ein. Unter ihrer Mitherausgeberschaft konnte dieses Sammelwerk österreichischer Nachkriegsliteratur in 21 Bänden unter dem Namen "Landvermessung" schließlich doch lanciert werden.

Seit 2002 befindet sich ein erster, umfassender Teil des Vorlasses der Schriftstellerin in der Wienbibliothek im Rathaus, 2023 wurde der Bestand mit dem zweiten Vorlassteil ergänzt.

Werke

  • Marie-Thérèse Kerschbaumer: Gedichte. Bukarest: Kriterion Verlag 1970
  • Paul Goma: Ostinato. Übers. v. Marie-Thérèse Kerschbaumer. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1971
  • Marie-Thérèse Kerschbaumer: Der Schwimmer. Roman. Salzburg: Winter 1976
  • Marie-Thérèse Kerschbaumer: Der weibliche Name des Widerstands. Sieben Berichte. Olten: Walter 1980
  • Marie-Thérèse Kerschbaumer: Schwestern. Roman. Solothurn: Walter 1982
  • Marie-Thérèse Kerschbaumer: Neun Canti auf die irdische Liebe. Klagenfurt/Salzburg: Wieser 1989
  • Marie-Thérèse Kerschbaumer: Versuchung. Berlin: Aufbau 1990
  • Marie-Thérèse Kerschbaumer: Die Fremde. Erstes Buch. Klagenfurt/Salzburg: Wieser 1992
  • Marie-Thérèse Kerschbaumer: Ausfahrt. Zweites Buch. Klagenfurt/Salzburg: Wieser 1994
  • Marie-Thérèse Kerschbaumer: bilder immermehr. gedichte 1964–1987. Salzburg/Wien: Otto Müller Verlag 1997
  • Marie-Thérèse Kerschbaumer u. Gerhard Kofler (Hg.): Once poetas Austríacos. LaHabana: Ed. Unión 1998
  • Marie-Thérèse Kerschbaumer: Fern. Drittes Buch. Klagenfurt/Salzburg: Wieser 2000
  • Marie-Thérèse Kerschbaumer (Hg.): Arkadien / Apologie. Wien: Sonderzahl 2003
  • Marie-Thérèse Kerschbaumer: Calypso. Über Welt, Kunst, Literatur. Klagenfurt: Wieser 2005
  • Marie-Thérèse Kerschbaumer: Neun Elegien / Nueve elegías. Übers. v. María Elena Blanco. Klagenfurt: Wieser 2006
  • Marie-Thérèse Kerschbaumer: Wasser und Wind. Gedichte 1988-2005. Klagenfurt: Wieser 2006
  • María Elena Blanco: Wilde Lohe. Gedichte 1985-2005. Übers. v. Marie-Thérèse Kerschbaumer. Klagenfurt: Wieser 2007
  • Marie-Thérèse Kerschbaumer: Werkausgabe. 13 Bde. Klagenfurt: Wieser 2007
  • Marie-Thérèse Kerschbaumer: Gespräche in Tuskulum. Ein Fragment. Viertes Buch. Klagenfurt: Wieser 2009
  • Marie-Thérèse Kerschbaumer: Chaos und Anfang. Ein Poem. Klagenfurt: Wieser 2016
  • Marie-Thérèse Kerschbaumer: epiphanie. Gedichte 1988 bis 2021. Klagenfurt: Wieser 2021

Quellen

Literatur


Marie-Thérèse Kerschbaumer im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.

Weblinks