Ludwig Adamovich: Unterschied zwischen den Versionen
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Ludwig Adamovich, * 30. April 1890 Esseg (Osijek, Kroatien), † 23. September 1955 Wien, Jurist, Verfassungsrechtler. | Ludwig Adamovich, * 30. April 1890 Esseg (Osijek, Kroatien), † 23. September 1955 Wien, Jurist, Verfassungsrechtler. |
Version vom 14. August 2023, 12:01 Uhr
Ludwig Adamovich, * 30. April 1890 Esseg (Osijek, Kroatien), † 23. September 1955 Wien, Jurist, Verfassungsrechtler.
Biografie
Ludwig Adamovich wurde in eine Familie von Grundbesitzern, Offizieren und Verwaltungsjuristen geboren. 1893 übersiedelten seine Eltern nach Wien. Er besuchte Gymnasium und Internat in Kalksburg. Nach dem Jus-Studium an der Universität Wien (Dr. iur. 1913) und fünf Jahren Militärdienst erlebte er den Zusammenbruch der Habsburgermonarchie so, als wäre "eine Welt in Trümmer gegangen". Er trat als Jurist in den Dienst des Landes Niederösterreich, arbeitete zuerst in einer Bezirkshauptmannschaft, dann als Verfassungsjurist im Präsidium des Amtes der Landesregierung. 1920 wechselte er in den Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes. In dieser Funktion lernte er Hans Kelsen kennen, der ihn zur Habilitation einlud. 1924 wurde er Universitätsdozent im Staats- und Verwaltungsrecht. 1927 heiratete er Emma Hofmann.
Die Universitätskarriere führte ihn 1927 als ordentlicher Professor nach Prag, 1928 nach Graz (Dekan 1931/1932), am 1. Oktober 1934 nach Wien (Dekan 1935/1936). Nach der Neugestaltung des Verfassungsgerichtshofes aufgrund der Bundesverfassungsnovelle 1929 wurde er 1930-1933 zu dessen Mitglied. Nach der Ausschaltung (1933) bemühte sich Adamovich um eine Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit des Verfassungsgerichtshofs. Er wirkte an der Formulierung der "ständisch-autoritären" Verfassung vom Mai 1934 mit. 1934-1938 war er Mitglied des Staatsrats und des Bundesrats, im Februar 1938 Justizminister im letzten Kabinett Schuschnigg. Von den Nationalsozialisten wurde er des Lehrstuhls enthoben.
Nach dem Zweiten Weltkrieg war Adamovich 1945-1947 Rektor der Universität Wien, Berater der Provisorischen Staatsregierung und 1946-1955 Präsident des Verfassungsgerichtshofs; er war Gründer des "Österreichischen Verwaltungsblattes", wirkliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften (1945) und veröffentlichte eine Reihe bedeutender Werke (darunter "Grundriß des österreichischen Verfassungsrechtes", 1947; "Grundriß des österreichischen Verwaltungsrechtes", 1948; "Die österreichischen Landesverfassungsgesetze", 1950; "Die österreichischen Bundesverfassungsgesetze", 1953; "Handbuch des österreichischen Verwaltungsrechtes", 1953). Er galt als "Konservativer demokratischer Gesinnung" (Arbeiter-Zeitung, 30. April 1950) und erfreute sich wegen seines hervorragenden Wissens allgemeiner Wertschätzung.
In Wien wohnte Adamovich am Rooseveltplatz 4 im 9. Bezirk. Die Adamovichgasse ist nach ihm benannt.
Literatur
- Robert Teichl: Österreicher der Gegenwart. Lexikon schöpferischer und schaffender Zeitgenossen. Wien: Verlag der Österreichischen Staatsdruckerei 1951
- Hermann A. Ludwig Degener: Wer ist wer. Unsere Zeitgenossen. Zeitgenossenlexikon enthaltend Biographien nebst Bibliographien. Angaben über Herkunft, Familie, Lebenslauf, Werke, Lieblingsbeschäftigungen, Parteiangehörigkeit, Mitgliedschaft bei Gesellschaften, Adresse. Andere Mitteilungen von allgemeinem Interesse. Berlin-Grunewald: Arani-Verlag 1905-1958
- Hans Pemmer / Franz Englisch: Landstraßer Häuserchronik. Manuskript in 11 Bänden (Wiener Stadt- und Landesarchiv). Band 6. Wien: 1958 ff., S. 161
- Karl F. Stock / Rudolf Heilinger / Marylène Stock: Personalbibliographien österreichischer Dichter und Schriftsteller von den Anfängen bis zur Gegenwart. Pullach bei München: Verlag Dokumentation 1972
- Walter Kleindel: Das große Buch der Österreicher. 4500 Personendarstellungen in Wort und Bild, Namen, Daten, Fakten. Unter Mitarbeit von Hans Veigl. Wien: Kremayr & Scheriau 1987
- Gertrude Enderle-Burcel: Mandatare im Ständestaat 1934-1938. Wien: Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes [u.a.] 1991
- Rathauskorrespondenz, 28.04.1950, 12.09.1980, 11.10.1982
- Thomas König/Tamara Ehs: Ludwig Adamovich. Jurist, Minister, Rektor und Verfassungsjurist. In: Friedrich Stadler [Hg.]: Universität - Politik - Gesellschaft. Göttingen: Vienna University Press 2015, S. 305ff.
- Ludwig Adamovich: Das autoritäre System 1933 - 1938 zwischen Rechtsbruch und Gewissensentscheidung. In: Journal für Rechtspolitik 23 (2015), S. 126-146
- Heinz Fischer: Der Konservative demokratischer Gesinnung. Gastbeitrag von Bundespräsident Heinz Fischer anlässlich des 60. Todestages von Ludwig Adamovich sen. In: Wiener Zeitung, 22.09.2015, S. 10
- Peter Häberle [Hrsg.]: Staatsrechtslehrer des 20. Jahrhunderts. Deutschland - Österreich - Schweiz. Berlin: de Gruyter 2015