Glacis: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Wien Geschichte Wiki
Wechseln zu:Navigation, Suche
(Die Seite wurde neu angelegt: „{{Topografisches Objekt |Art des Objekts=Sonstiges |Jahr von=1529 |Jahr bis=1857 |Quelle=Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien }} Glacis, außerhalb des die …“)
 
Zeile 11: Zeile 11:
 
Am 17. Jänner 1770 ordnete Joseph II. die Regulierung des Glacis an (Anlage von Fußgeher- und Fahrstraßen, Pflanzung von rund 3.000 Alleebäumen [ab 1781]). Die neuentstandenen Grünflächen wurden dem Magistrat zur Nutzung übergeben. Von der Bevölkerung wurde das Glacis sehr bald als Erholungsgebiet akzeptiert; das beliebteste Glacis war das [[Wasserglacis]], wo Mineralwässer ausgeschenkt wurden. Zur Verbesserung der Sicherheit wurden deshalb 1776 Laternen zur Beleuchtung aufgestellt (1786 wurden auch die Vorstädte mit öffentlichen Beleuchtungsanlagen ausgestattet). Auf dem Glacis verrichteten auch Gewerbetreibende Arbeiten, die innerhalb des dicht verbauten Stadtgebiets nicht ausgeführt werden konnten; so pflegten Buchdrucker ihre Farbe und Firnissieder ihre Erzeugnisse hier zu bereiten. Außerdem arbeiteten hier Zimmerleute und Steinmetze teils im Freien, teils in provisorischen Scheunen. Zahllose Obst- und Fischweiber, Trödler, Käsestecher und so weiter hatten auf dem Glacis ihre „Standeln" aufgeschlagen. Im [[Verbrennhäusel]] (etwa l, Beethovenplatz) wurden außer Kurs gesetzte Banknoten verbrannt. Nach und nach entwickelte sich das Glacis zum beliebten Aufenthaltsort der Wiener, die die schattenspendenden Alleen zum Promenieren aufsuchten; die Bezeichnung Glacis wurde allmählich durch „Esplanade" verdrängt.  
 
Am 17. Jänner 1770 ordnete Joseph II. die Regulierung des Glacis an (Anlage von Fußgeher- und Fahrstraßen, Pflanzung von rund 3.000 Alleebäumen [ab 1781]). Die neuentstandenen Grünflächen wurden dem Magistrat zur Nutzung übergeben. Von der Bevölkerung wurde das Glacis sehr bald als Erholungsgebiet akzeptiert; das beliebteste Glacis war das [[Wasserglacis]], wo Mineralwässer ausgeschenkt wurden. Zur Verbesserung der Sicherheit wurden deshalb 1776 Laternen zur Beleuchtung aufgestellt (1786 wurden auch die Vorstädte mit öffentlichen Beleuchtungsanlagen ausgestattet). Auf dem Glacis verrichteten auch Gewerbetreibende Arbeiten, die innerhalb des dicht verbauten Stadtgebiets nicht ausgeführt werden konnten; so pflegten Buchdrucker ihre Farbe und Firnissieder ihre Erzeugnisse hier zu bereiten. Außerdem arbeiteten hier Zimmerleute und Steinmetze teils im Freien, teils in provisorischen Scheunen. Zahllose Obst- und Fischweiber, Trödler, Käsestecher und so weiter hatten auf dem Glacis ihre „Standeln" aufgeschlagen. Im [[Verbrennhäusel]] (etwa l, Beethovenplatz) wurden außer Kurs gesetzte Banknoten verbrannt. Nach und nach entwickelte sich das Glacis zum beliebten Aufenthaltsort der Wiener, die die schattenspendenden Alleen zum Promenieren aufsuchten; die Bezeichnung Glacis wurde allmählich durch „Esplanade" verdrängt.  
  
Mit der 1857 von Franz Joseph I. angeordneten Stadterweiterung verschwanden die Glacis rasch und wurden verbaut (Ringstraßenzone); lediglich das Glacis zwischen dem Burg- und Schottentor ([[Josefstädter Glacis]]) diente noch über ein Jahrzehnt als [[Exerzier- und Paradeplatz]], bis es 1870 zur Verbauung freigegeben wurde. Am äußeren Rand des Glacis entstand 1862-1864 die „Lastenstraße" (Äußere Ringstraße), im Volksmund (nach den hier verkehrenden Straßenbahnlinien E<sub>2</sub>, G<sub>2</sub> und H<sub>2</sub>) auch „Zweierlinie" genannt (die Kombination ergibt sich daraus, daß Radiallinien, die zusätzlich auch die Ringstraße befuhren, Buchstaben als Signal führen, Rundlinien hingegen Ziffern von 1-9; um eine Unterscheidung zwischen Ringstraße und Lastenstraße vorzunehmen, setzte man die tiefgesetzte <sub>2</sub> hinter den Buchstaben {[[Straßenbahn-signale]]}).
+
Mit der 1857 von Franz Joseph I. angeordneten Stadterweiterung verschwanden die Glacis rasch und wurden verbaut (Ringstraßenzone); lediglich das Glacis zwischen dem Burg- und Schottentor ([[Josefstädter Glacis]]) diente noch über ein Jahrzehnt als [[Exerzier- und Paradeplatz]], bis es 1870 zur Verbauung freigegeben wurde. Am äußeren Rand des Glacis entstand 1862-1864 die „Lastenstraße" (Äußere Ringstraße), im Volksmund (nach den hier verkehrenden Straßenbahnlinien E<sub>2</sub>, G<sub>2</sub> und H<sub>2</sub>) auch „Zweierlinie" genannt (die Kombination ergibt sich daraus, daß Radiallinien, die zusätzlich auch die Ringstraße befuhren, Buchstaben als Signal führen, Rundlinien hingegen Ziffern von 1-9; um eine Unterscheidung zwischen Ringstraße und Lastenstraße vorzunehmen, setzte man die tiefgesetzte <sub>2</sub> hinter den Buchstaben {[[Straßenbahnsignale]]}).
  
 
==Literatur==
 
==Literatur==

Version vom 20. September 2013, 22:15 Uhr

Daten zum Objekt
Art des Objekts Sonstiges„Sonstiges“ befindet sich nicht in der Liste (Bezirk, Grätzel, Verkehrsfläche, Friedhof, Gewässer, Berg, Vorort, Ort, Herrschaft, Vorstadt, ...) zulässiger Werte für das Attribut „Art des Objekts“.
Datum von
Datum bis
Name seit
Andere Bezeichnung
Frühere Bezeichnung
Benannt nach
Bezirk
Prominente Bewohner
Besondere Bauwerke
PageID 23655
GND
WikidataID
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
Export RDF-Export (Resource Description Framework) RDF
Recherche
Letzte Änderung am 20.09.2013 durch WIEN1.lanm08w10


Glacis, außerhalb des die mittelalterliche Ringmauer umgebenden Stadtgrabens gelegene Wiesenflächen, die infolge der Zerstörung der Lücken vor und während der ersten Türkenbelagerung (1529) entstanden und danach mit Bauverbot belegt worden waren. Die Lücken konnten daher nachdem Abzug der Türken nur teilweise und in größerer Entfernung als zuvor wieder aufgebaut werden. Infolge kaiserlichen Befehls vom 15. März 1588 betrug der Bauverbotsrayon vor der Stadtbefestigung zunächst 50 Klafter (das sind 95 m), wurde aber im Lauf der Zeit immer weiter ausgedehnt: am 8. Juli 1632 auf 200 Schritt (150 m), am 21. November 1662 auf 200 Klafter (380 m) und 1683 auf 600 Schritt (450 m); damals mußten auch Weingärten gerodet werden.

Seither verlief der äußere Glacisrand (von Donaukanal zu Donaukanal) entlang der heutigen Straßenzüge Hintere Zollamtsstraße, Invalidenstraße und Am Heumarkt (3), Brucknerstraße, Karlsplatz und Treitlstraße (4), Getreidemarkt (6), Messeplatz und Museumstraße (7), Auerspergstraße, Friedrich-Schmidt-Platz und Landesgerichtsstraße (8) sowie Garnisongasse, Schwarzspanierstraße und Berggasse (9); stadtauswärts entwickelten sich die Vorstädte neu.

Am 17. Jänner 1770 ordnete Joseph II. die Regulierung des Glacis an (Anlage von Fußgeher- und Fahrstraßen, Pflanzung von rund 3.000 Alleebäumen [ab 1781]). Die neuentstandenen Grünflächen wurden dem Magistrat zur Nutzung übergeben. Von der Bevölkerung wurde das Glacis sehr bald als Erholungsgebiet akzeptiert; das beliebteste Glacis war das Wasserglacis, wo Mineralwässer ausgeschenkt wurden. Zur Verbesserung der Sicherheit wurden deshalb 1776 Laternen zur Beleuchtung aufgestellt (1786 wurden auch die Vorstädte mit öffentlichen Beleuchtungsanlagen ausgestattet). Auf dem Glacis verrichteten auch Gewerbetreibende Arbeiten, die innerhalb des dicht verbauten Stadtgebiets nicht ausgeführt werden konnten; so pflegten Buchdrucker ihre Farbe und Firnissieder ihre Erzeugnisse hier zu bereiten. Außerdem arbeiteten hier Zimmerleute und Steinmetze teils im Freien, teils in provisorischen Scheunen. Zahllose Obst- und Fischweiber, Trödler, Käsestecher und so weiter hatten auf dem Glacis ihre „Standeln" aufgeschlagen. Im Verbrennhäusel (etwa l, Beethovenplatz) wurden außer Kurs gesetzte Banknoten verbrannt. Nach und nach entwickelte sich das Glacis zum beliebten Aufenthaltsort der Wiener, die die schattenspendenden Alleen zum Promenieren aufsuchten; die Bezeichnung Glacis wurde allmählich durch „Esplanade" verdrängt.

Mit der 1857 von Franz Joseph I. angeordneten Stadterweiterung verschwanden die Glacis rasch und wurden verbaut (Ringstraßenzone); lediglich das Glacis zwischen dem Burg- und Schottentor (Josefstädter Glacis) diente noch über ein Jahrzehnt als Exerzier- und Paradeplatz, bis es 1870 zur Verbauung freigegeben wurde. Am äußeren Rand des Glacis entstand 1862-1864 die „Lastenstraße" (Äußere Ringstraße), im Volksmund (nach den hier verkehrenden Straßenbahnlinien E2, G2 und H2) auch „Zweierlinie" genannt (die Kombination ergibt sich daraus, daß Radiallinien, die zusätzlich auch die Ringstraße befuhren, Buchstaben als Signal führen, Rundlinien hingegen Ziffern von 1-9; um eine Unterscheidung zwischen Ringstraße und Lastenstraße vorzunehmen, setzte man die tiefgesetzte 2 hinter den Buchstaben {Straßenbahnsignale}).

Literatur

  • Richard Perger: Straßen, Türme und Basteien. Das Straßennetz der Wiener City in seiner Entwicklung und seinen Namen. Wien: Deuticke 1991 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 22)
  • Walter Hummelberger: Die Befestigungen Wiens. Wien [u.a.]: Zsolnay 1974 (Wiener Geschichtsbücher, 14), S. 47
  • Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, S. 31