Gedenkwald für 65.000 ermordete jüdische Bürger Wiens: Unterschied zwischen den Versionen

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Im Jahr 1987 pflanzten 400 Schülerinnen und Schüler im Auftrag der Stadt Wien in Erinnerung an die während der NS-Zeit ermordeten österreichischen Jüdinnen und Juden in Eßling 65.000 Bäume. Die Idee, in Wien einen Gedenkwald zu errichten, kam vom Bund sozialdemokratischer Juden – Avoda, insbesondere von Anne Kohn-Feuermann, der Vorsitzenden des Bundes, die auch als Kultusvorstand der IKG Wien fungierte. Der von der Stadtverwaltung ausgewählte Ort bildete eine Lücke im geplanten Grüngürtel um Wien. Der Gedenkwald stellte nicht nur eine symbolische Geste der Erinnerung dar, sondern erfüllte auch eine ökologische Funktion. Er hat ein Ausmaß von etwa sieben Hektar.  
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Im Jahr 1987 pflanzten 400 Schülerinnen und Schüler im Auftrag der Stadt Wien in Erinnerung an die während der NS-Zeit ermordeten österreichischen Jüdinnen und Juden in Eßling 65.000 Bäume. Die Idee, in Wien einen Gedenkwald zu errichten, kam vom Bund sozialdemokratischer Juden – Avoda, insbesondere von Anne Kohn-Feuermann, der Vorsitzenden des Bundes, die auch als Kultusvorstand der [[Israelitische Kultusgemeinde|IKG Wien]] fungierte. Der von der Stadtverwaltung ausgewählte Ort bildete eine Lücke im geplanten Grüngürtel um Wien. Der Gedenkwald stellt nicht nur eine symbolische Geste der Erinnerung dar, sondern erfüllt auch eine ökologische Funktion. Er hat ein Ausmaß von etwa sieben Hektar.  
  
Die Pflanzungen wurden am 9. April 1987 begonnen. Den ersten Baum setzte der damalige Bürgermeister Helmut Zilk. An der Zeremonie nahmen außerdem der Präsident der IKG, Paul Grosz, Oberrabiner Paul Chaim Eisenberg und der israelische Geschäftsträger Gideon Yarden teil.  
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Die Pflanzungen wurden am 9. April 1987 begonnen. Den ersten Baum setzte der damalige Bürgermeister [[Helmut Zilk]]. An der Zeremonie nahmen außerdem der Präsident der [[Israelitische Kultusgemeinde|Israelitischen Kultusgemeinde]] Paul Grosz, Oberrabiner [[Paul Chaim Eisenberg]] und der israelische Geschäftsträger Gideon Yarden teil.  
  
Historisch gesehen hatte das ausgewählte Areal für die Deportation und Vernichtung der jüdischen Bevölkerung keine Bedeutung, im Gegensatz zum Bahnhof Aspang im 3. Bezirk (mit dem Aspern oft verwechselt wurde), von wo aus die SS die Deportationen der jüdischen Bevölkerung insbesondere in die Vernichtungslager Auschwitz, Maly Trostinec und Sobibor durchführte. Der Gedenkwald wurde zwar auf einem Teil des ehemaligen [[Flugfeld Aspern|Flugfeldes Aspern]] errichtet, wo während des "Anschlusses" am 12. März 1938 deutsche SS-Führer eingetroffen waren, für die Auswahl des Ortes spielte dieser Aspekt aber keine nachweisbare Rolle.  
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Historisch gesehen hatte das ausgewählte Areal für die Deportation und Vernichtung der jüdischen Bevölkerung keine Bedeutung, im Gegensatz zum Bahnhof Aspang im 3. Bezirk (mit dem Aspern oft verwechselt wurde), von wo aus die [[SS]] die Deportationen der jüdischen Bevölkerung insbesondere in die Vernichtungslager Auschwitz, Maly Trostinec und Sobibor durchführte. Der Gedenkwald wurde zwar auf einem Teil des ehemaligen [[Flugfeld Aspern|Flugfeldes Aspern]] errichtet, wo während des "Anschlusses" am 12. März 1938 deutsche SS-Führer eingetroffen waren, für die Auswahl des Ortes spielte dieser Aspekt aber keine nachweisbare Rolle.  
  
 
Etwa ein Jahr nach dem Beginn der Pflanzungen, am 30. Mai 1988, eröffnete Bürgermeister Zilk den Gedenkwald mit der Enthüllung eines Gedenksteines auf einer Lichtung im Wald. Die Textierung des Gedenksteines lautet:<br>  
 
Etwa ein Jahr nach dem Beginn der Pflanzungen, am 30. Mai 1988, eröffnete Bürgermeister Zilk den Gedenkwald mit der Enthüllung eines Gedenksteines auf einer Lichtung im Wald. Die Textierung des Gedenksteines lautet:<br>  
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<blockquote>"Gedenkwald. Im Andenken an die 65.000 jüdischen Bürger Wiens, die in den Jahren 1938-1945 der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft zum Opfer fielen, pflanzten Schulkinder aller Konfessionen diesen Wald. Niemals vergessen! Der Bürgermeister der Stadt Wien Prof. Dr. Helmut Zilk"</blockquote>
 
<blockquote>"Gedenkwald. Im Andenken an die 65.000 jüdischen Bürger Wiens, die in den Jahren 1938-1945 der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft zum Opfer fielen, pflanzten Schulkinder aller Konfessionen diesen Wald. Niemals vergessen! Der Bürgermeister der Stadt Wien Prof. Dr. Helmut Zilk"</blockquote>
  
Mit diesem Gedenkstein wurde erstmals in Wien im öffentlichen Raum, an der Stadtperipherie, die Dimension der antisemitischen Gewalt in der NS-Zeit genauer benannt. Im Jahr 2017 wurde im Zuge der Entwicklung der Seestadt Aspern ein Projekt zur Aufwertung und Pflege des Gedenkwaldes durchgeführt. Dabei wurde auch ein neuer [[Steg in den Gedenkwald Aspern]] errichtet, auf dem die historischen Dimensionen des Ortes thematisiert werden.
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Mit diesem Gedenkstein wurde die Dimension der antisemitischen Gewalt in der NS-Zeit erstmals genauer im Wiener Stadtbild benannt. Im Jahr 2017 wurde im Zuge der Entwicklung der Seestadt Aspern ein Projekt zur Aufwertung und Pflege des Gedenkwaldes durchgeführt. Dabei wurde auch ein neuer [[Steg in den Gedenkwald Aspern]] errichtet, auf dem die historischen Dimensionen des Ortes thematisiert werden.
  
 
==Literatur==
 
==Literatur==

Version vom 18. Dezember 2017, 11:52 Uhr

Daten zur Erinnerung
Art des Erinnerns Denkmal
Status existiert
Gewidmet
Datum von
Datum bis
Stifter Stadt Wien
Art des Stifters Stadt Wien
Architekt
Standort Park
Ortsbezug Ohne Ortsbezug
Bezirk 22
Historischer Bezug Nationalsozialismus
Thema der Erinnerung Tod
Gruppe Jüdinnen und Juden
Geschlechtsspezifik Beide
PageID 52823
GND
WikidataID
Objektbezug
Quelle POREM
Export RDF-Export (Resource Description Framework) RDF
Recherche
Letzte Änderung am 18.12.2017 durch WIEN1.lanm07lin
  • 22., Silberergasse 20

Es wurden noch keine Bezeichnungen erfasst!

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48° 13' 17.03" N, 16° 30' 50.57" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Im Jahr 1987 pflanzten 400 Schülerinnen und Schüler im Auftrag der Stadt Wien in Erinnerung an die während der NS-Zeit ermordeten österreichischen Jüdinnen und Juden in Eßling 65.000 Bäume. Die Idee, in Wien einen Gedenkwald zu errichten, kam vom Bund sozialdemokratischer Juden – Avoda, insbesondere von Anne Kohn-Feuermann, der Vorsitzenden des Bundes, die auch als Kultusvorstand der IKG Wien fungierte. Der von der Stadtverwaltung ausgewählte Ort bildete eine Lücke im geplanten Grüngürtel um Wien. Der Gedenkwald stellt nicht nur eine symbolische Geste der Erinnerung dar, sondern erfüllt auch eine ökologische Funktion. Er hat ein Ausmaß von etwa sieben Hektar.

Die Pflanzungen wurden am 9. April 1987 begonnen. Den ersten Baum setzte der damalige Bürgermeister Helmut Zilk. An der Zeremonie nahmen außerdem der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Paul Grosz, Oberrabiner Paul Chaim Eisenberg und der israelische Geschäftsträger Gideon Yarden teil.

Historisch gesehen hatte das ausgewählte Areal für die Deportation und Vernichtung der jüdischen Bevölkerung keine Bedeutung, im Gegensatz zum Bahnhof Aspang im 3. Bezirk (mit dem Aspern oft verwechselt wurde), von wo aus die SS die Deportationen der jüdischen Bevölkerung insbesondere in die Vernichtungslager Auschwitz, Maly Trostinec und Sobibor durchführte. Der Gedenkwald wurde zwar auf einem Teil des ehemaligen Flugfeldes Aspern errichtet, wo während des "Anschlusses" am 12. März 1938 deutsche SS-Führer eingetroffen waren, für die Auswahl des Ortes spielte dieser Aspekt aber keine nachweisbare Rolle.

Etwa ein Jahr nach dem Beginn der Pflanzungen, am 30. Mai 1988, eröffnete Bürgermeister Zilk den Gedenkwald mit der Enthüllung eines Gedenksteines auf einer Lichtung im Wald. Die Textierung des Gedenksteines lautet:

"Gedenkwald. Im Andenken an die 65.000 jüdischen Bürger Wiens, die in den Jahren 1938-1945 der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft zum Opfer fielen, pflanzten Schulkinder aller Konfessionen diesen Wald. Niemals vergessen! Der Bürgermeister der Stadt Wien Prof. Dr. Helmut Zilk"

Mit diesem Gedenkstein wurde die Dimension der antisemitischen Gewalt in der NS-Zeit erstmals genauer im Wiener Stadtbild benannt. Im Jahr 2017 wurde im Zuge der Entwicklung der Seestadt Aspern ein Projekt zur Aufwertung und Pflege des Gedenkwaldes durchgeführt. Dabei wurde auch ein neuer Steg in den Gedenkwald Aspern errichtet, auf dem die historischen Dimensionen des Ortes thematisiert werden.

Literatur

  • Der Bund. Organ des Bundes werktätiger Juden. Nr. 94, Dez. 1985, S. 7.
  • Der Bund. Organ des Bundes werktätiger Juden. Nr. 108, September 1988 , S. 4.
  • Der Bund. Organ des Bundes werktätiger Juden. Nr. 101, März 1987, S. 1.
  • Die Gemeinde. Offizielles Organ der Israelitischen Kultusgemeinde, Nr. 367/368, S. 15.
  • DÖW (Hg.): Gedenken und Mahnen in Wien, 1934-1945. Gedenkstätten zu Widerstand und Verfolgung, Exil, Befreiung. Eine Dokumentation. Wien: Deuticke 1998.