Erwin Ringel
Ringel Erwin, * 27. April 1921 Temesvar, Rumänien, † 28. Juli 1994 Bad Kleinkirchheim, Kärnten (Zentralfriedhof, Ehrengrab), Psychiater, Individualpsychologe. Kam 1922 nach Wien, besuchte hier das Gymnasium und schloß sich als aktives Mitglied der katholischen Jugend an, weshalb er 1938 von der Gestapo verhaftet wurde. Später wurde Ringel zum Kriegsdienst eingezogen (er entging mit Mühe einem Militärgerichtsverfahren wegen Verweigerung des Schießbefehls), Studierte schließlich an der Universität Wien Medizin (Dr. med. univ. 1946) und beendete bei dem aus den USA zurückgekehrten Hans Hoff seine Ausbildung zum Facharzt für Psychiatrie. 1948 begann er mit dem Aufbau des Wiener Kriseninterventionszentrums für Gefährdete; zu seinen wichtigsten wissenschaftlichen Arbeiten gehört jene über Selbstmordverhütung (Erarbeitung des sogenannten präsuizidalen Syndroms, unter dem er die Summe von Erscheinungen verstand, die einen Suizidgefährdeten beherrschen). Nach Habilitierung wurde er 1973 ao. und 1981 o. Prof. für medizinische Psychologie an der Universität Wien; er gehörte zu den Psychoanalytikern nach der Schule Alfred Adlers, beschäftigte sich unter anderem mit Neurosenbildung im Kindesalter und der Kunst als lebensgestaltendes Prinzip. Er meldete sich immer wieder auch zu alltagspolitischen Problemen zu Wort, galt als entschiedener Verfechter einer demokratischen Gesellschaft sowie als Kämpfer gegen Faschismus und Neofaschismus und engagierte sich für Minderheiten. Zu seinen Veröffentlichungen gehören: Neue Untersuchungen zum Selbstmordproblem (1961), Selbstbeschädigung durch Neurose (1973), Die österreichische Seele (1984), Die Kärntner Seele (1988), Medizinische Psychologie (1990), Unbewußt – höchste Lust. Die Oper als Spiegelbild des Lebens (1990); mit Alfred Kirchmayr publizierte er „Religionsverlust durch religiöse Erziehung"; Aufsehen erregte er mit seiner Studie „Der fehlgeleitete Patient". Karl-Renner-Preis (1961); Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst (1986); Goldenes Ehrenzeichen (1986); Bürger der Stadt Wien (19. April 1991); Preis der Stadt Wien (1994).
Literatur
- Isabella Ackerl / Friedrich Weissensteiner: Österreichisches Personenlexikon der Ersten und Zweiten Republik, Wien: Ueberreuter 1992
- [Joseph] Kürschners deutscher Gelehrtenkalender. Bio-bibliographisches Verzeichnis deutschsprachiger Wissenschaftler der Gegenwart. Berlin: de Gruyter / München: Saur 1987
- Studienjahr Universität Wien 1980/1981, S. 123 f.
- L. Kropiunigg (Hg.): Erwin Ringel. Die wichtigsten Schriften. 1991
- Salzburger Nachrichten, Österreich Ausgabe, 29.07.1994, S. 3
- Hanns Jäger-Sunstenau: Die Ehrenbürger und Bürger ehrenhalber der Stadt Wien. Wien: Deuticke 1992 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 23), S. 87
- Handschriften-Sammlung Institut für Geschichte der Medizin Universität Wien (Lebenslauf, Werkverzeichnis)