Kärntnertortheater

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Daten zum Eintrag
Datum von 1708
Datum bis 1870
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 25.07.2013 durch WIEN1.lanm08w04

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48° 12' 14.00" N, 16° 22' 11.21" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Kärntnertortheater (l, Philharmonikerstraße, heute Hotel Sacher; ursprünglich am Spitalsplatz zwischen Komödien- und Sattlergasse, Conskriptionsnummer 1036). 1) Hanswurst, der Liebling nicht nur des „ge- meinen Mannes", sondern auch der vornehmen Stände, hatte sein Domizil ursprünglich in hölzernen Hütten, die auf verschiedenen Plätzen der Stadt (beispielsweise Freyung, Neuer Markt [vor dem Haus Zum roten Dachel, Judenplatz) aufge- stellt waren. Joseph Anton Stranitzky schuf die neue Rolle, die die Narrenmasken früherer Zeit verdrängte, und agierte in der Holzhütte auf dem Neuen Markt, die er 1708 bereits als dirigierender Prinzipal sein eigen nannte. Als sich der Magistrat entschloß, aus feuerpolizeilichen Erwä- gungen die Komödienhütten abzuschaffen, bat er Jo- seph I. um die Erlaubnis, ein „steinernes Theater" in der Nähe des Kärntnertors erbauen zu dürfen, was ihm unter Zusi- cherung eines kaiserlichen Privilegiums auch gestattet wurde. Das nach Plänen von Antonio Beduzzi 1708 nächst der Stadtmauern errichtete Theater wurde am 23. November 1709 von „wäl- lischen Komödianten" eröffnet, die jedoch bereits 1711 Abschied nehmen mußten, weil sie von der Bürgerschaft boykottiert wurden, worauf der von den Wienern favori- sierte Stranitzky mit seiner deutschsprachigen Komödiantentruppe, der inzwischen im „Ballhaus" in der Teinfaltstraße Vorstellungen gege- ben hatte, von dem verwaisten Haus Besitz ergriff und damit eine feste Heimstätte fand. Er blieb bis zu seinem Tod (1726) unumschränkter Besitzer des Theaters, das danach auf seine Witwe Monika, genannt „die Hanswurschtin", überging, von ihr jedoch bereits 1728 an die „Hofmusici" Francesco Borosini (Hofsänger) und Joseph Carl Selliers (Hoftänzer) abgetreten wurde. Diese erhielten ein 20jähriges Privilegium für die Schauspieldirektion und widmeten das Haus dem deutschen und dem italienischen Lustspiel; sie versuchten, auch die Be- willigung für die italienischen Oper und das Ballett zu erhalten, die bis dahin nur dem Hof und dem Adel zugänglich waren, muß- ten sich aber auf Intermezzi mit Gesang und Tanz beschrän- ken, da bereits Francesco Ballerini ein Privileg für Opern- aufführungen besaß; nach dem Erlöschen dieses Privilegs fand die Oper Ende der 30er Jahre des 18. Jahrhunderts im Kärntnertortheater Ein- gang. Ab 1742 war Selliers allein. Pächter des Kärntnertortheaters, 1751 übernahm Rochus (Rocco) Freiherr de Lopresti ([[Kärntner Straße]], sub Nr. 49) die Leitung (nachdem er von Selliers be- reits 1747 das Hofburgtheater übernommen hatte, legte diese aber schon im nächsten Jahr zurück; er sorgte für gute Übersetzungen italienischer und französischer Schauspiele, für das re- gelmäßige Stück und für ein Theaterzensurgesetz (das über die Anständigkeit der Stücke zu wachen hatte) und kam so den Ansichten Maria Theresias entgegen, die die Auswüchse des Stegreifstücks und der Hanswurstkomödien Gottfried Prehauser (der dem Hanswurst Stranitzkys neue Züge verlieh) bekämpfte. Das Kärntnertortheater fiel, als Maria Theresia nach Loprestis Abgang das Privilegium aufhob, 1752 wieder an den Magistrat zurück, der es Leopold von Ghelen zur Verwaltung übergab. Am 3. November 1761 wurde das Theater das Opfer einer entsetzlichen Katastrophe: man gab die Burleske „Don Juan oder Der steinerne Gast, mit Hans Wursts Lustbar- keit", als kurz vor Schluß der Vorstellung ein Feuer aus- brach, welches das ganze Gebäude vernichtete. - 2) Der Hof kaufte die Brandstätte und ließ (nachdem das Projekt, das neue Theater auf dem Neuen Markt zu errichten, fallengelassen worden war) an derselben Stelle nach Plänen von [[Niko- laus Pacassi]] einen Neubau errichten, der am 9. Juli 1763 mit einer Farce von Friedrich Wilhelm Weiskern und dem aus dem Spanischen übersetzten Schauspiel „Der betrogene Be- trug" eröffnet wurde. Von da an wurde das Theater, das über dem Haupteingang mit einem kaiserlichen Adler aus Stein und einer Bildsäule des Apollo geziert war, wieder als „Kaiserliches Hoftheater" bezeichnet. Da der neue Bau einen größeren Raum als das abgebrannte Haus beanspruchte, mußten die alte Chaossche Stiftskapelle in der Kärntner Straße und ein Stöckel des Bürgerspitals abgebrochen werden, um dem weiter gegen den Spitalplatz vorrückenden Theater Platz zu machen. Nach dem Tod Franz' I. (1765) wurden die Büh- nen sechs Monate geschlossen; bei der Wiedereröffnung (1766) wurde das Kärntnertortheater dem Ballettkompositeur Franz Hilverding übergeben, mit dem durch die Pflege des Rokokoballetts und der getanzten Schauspiele eine neue Ära begann und Jean Jacques Noverre 1767-1774 Triumphe fei- erte. Joseph II. nahm 1780 das Kärntnertortheater unter seinen persönlichen Schutz; der ab 1775 hier als Kapellmeister engagierte [[An- tonio Salieri]] wurde zum „artistischen" Leiter ernannt. Eine ruhm- reiche Entwicklung nahm das Kärntnertortheater unter der Leitung von Fürst Lobkowitz, der sich weiterhin der deutschen und italienischen Oper ver- schrieb (Eerstaufführung von Beethovens „Fidelio" am 23. Mai 1814; Uraufführung von Webers „Freischütz" am 3. Oktober 1821; Eerstaufführung von Rossinis „Othello" am 29. April 1819 und seines „Barbier von Sevilla" am 16. Dezember 1820). Mit dem italienischen Impresario Barbaja, dem das Kärntnertortheater zwölf Jahre in Pacht gegeben wurde, begann der Sie- geszug der italienischen Oper (1818 gastierte erstmalig Angelica Cata- lani) über jene der deutschen Romantiker, doch engagierte Bar- baja aus Gründen der Objektivität 1822 Konradin Kreut- zer als Kapellmeister, der sogleich Weber einen Auftrag erteilte (Uraufführung von „Euryanthe" am 25. Oktober 1823); 1828 übernahm Barbajas Kompagnon, der Tänzer Lois An- toine, das Kärntnertortheater und erregte 1833 mit dem Engagement von Fanny Elßler und Maria Taglioni Aufsehen. 1849 kam das Kärntnertortheater wieder in die unmittelbare Verwaltung des Hofs. Am 8. Februar 1870 fand die letzte Vorstellung statt, anschließend wurde es demoliert (die neue Hofoper, 1861-1869 erbaut, war am 25. Mai 1869 eröffnet worden). Staatsoper.

Literatur

  • Hadamowsky, 169ff, 214ff, 274ff., 342ff., 415ff.;
  • Keil-Budischowsky, 81fT.;
  • Max Pirker, Das Repertoire des K.s im 18. Jh., in: Burgtheater-Almanach (1925), 91 ff.;
  • Gustav Zechmeister, Die Wr. Theater nächst der Burg u. nächst dem Kärntnerthor von 1747-76 (1971);
  • Riki Raab, Grabstätten von Ballettmitgl.ern des K.s, der k. k. Hofoper u. der Staatsoper W., in: Jb. 28 (1972),

173ff.;

  • Prawy, Oper, 17ff; 150 J. Wr. Kongreß (Kat. 1965), 290;
  • Bibl. l, 412ff.