Mandolinenorchester

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Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Mandolinenorchester. Während der wechselhaften Geschichte der Mandoline (zwei Formen: die barocke und die heute übliche neapolitanische) haben sich Komponisten wie Vivaldi, Mozart und Beethoven dem Instrument gewidmet; Wien war um 1800 eines der Zentren (Handschriftensammlung der Gesellschaft der Musikfreunde). Nach einer Phase des Verfalls kam bei der Wiederentdeckung dem vom Italiener Fontana 1894 gegründeten „Circolo mandolinistico in Vienna" eine Pionierrolle zu. Weitere frühe Vereine waren „Estudianta" (1902), Mandolinenclub „Vindobona" (1903) und „Deutscher Mandolinenkreis" (1908). Gleichzeitig zeigte die Musikwissenschaft im Zuge der Wiederbelebung Alter Musik Interesse für das Instrument (wie beispielsweise auch für die Laute). Ein Novum war allerdings die damals übliche chorische Besetzung. Instrumentenmacher, Verleger und Lehrer/Dirigenten (Josef Zuth, Otto und Fanni Slezak, Karl Friedenthal, Vinzenz Hladky und andere) reagierten schnell auf den steigenden Bedarf. In der Zwischenkriegszeit kam der Mandoline eine führende Rolle im Bereich der instrumentalen Laienmusik, insbesondere innerhalb der Arbeiterbewegung, zu. Die Gründung des „Verbands der Sozialistischen Arbeitermandolinenvereine" (VAMÖ) im November 1924 reflektierte und beschleunigte die Entwicklung. „Monsterkonzerte" (Eigenbezeichnung) mit bis zu 500 Spielern sowie Radioauftritte des Verbandsorchesters (Dirigent Hans Ortmann) folgten. Die Zahl der dem VAMÖ angehörenden Vereine stieg ab dem ersten Verbandstag (Jänner 1926) bis 1930 von 25 auf 111, die der Mitglieder von 1.012 auf 2.260. Daneben bestand aber weiterhin eine Reihe von Vereinen, die nicht dem VAMÖ beitraten. Die Mandolinenorchester stellten in ihrer Zusammensetzung quasi ein Abbild des Streichorchesters durch Zupfinstrumente dar, wobei (dem an der Klassik orientierten sozialdemokratischen Bildungsanspruch entsprechend) außer Unterhaltungsmusik auch transkribierte symphonische und Opernmusik gespielt wurde. Das bestehende Spannungsverhältnis zwischen musikalischen, rein gesellschaftlichen und politisch-agitatorischen Zielsetzungen war den Mitgliedern durchaus bewusst und wurde auch in der Verbandszeitung „Die (neue) Volksmusik" diskutiert. In der gleichen Periode entwickelte sich auch ein gesteigertes Interesse der „Zweiten Wiener Schule" für das Instrument (als Beispiel ist Schönbergs Serenade op. 24 zu nennen, bei deren Uraufführung in Wien Fanni Slezak die Mandoline spielte). 1934 wurde der Verband behördlich aufgelöst; einzelne Vereine bestanden jedoch unter schwierigen Bedingungen weiter. Nach dem Zweiten Weltkrieg konstituierte sich der VAMÖ (heute „Verband der Amateurmusiker und -vereine Österreichs") neu, wenngleich aufgrund des veränderten Freizeitverhaltens von einer der Zwischenkriegszeit vergleichbaren Massenbewegung nicht mehr gesprochen werden kann. Qualitätsförderung und Information werden als Schwerpunkte erachtet (Seminare, Verbandszeitung). Im Bereich der Musikausbildung war die Mandoline ab 1955 durch Hladky an der Musikhochschule und 1946-1975 durch Maria Hinterberger im Rahmen der Musiklehranstalten der Stadt Wien vertreten. Seit 1900 ist das Fach am Konservatorium der Stadt Wien eingerichtet (Klasse Lieselotte Jancak). Ein mit internationalen Preisen ausgezeichnetes Orchester ist das 1972 von Ferdinand Zwickl gegründete „neue wiener mandolinen- und gitarrenensemble".

Literatur

  • Franz Fellner: „Verfall“ und Wiederentdeckung der Mandoline in Wien. Zur Kultur- und Sozialgeschichte eines Instruments im 19. Jahrhundert. In: Wiener Geschichtsblätter, 51 (1996), Heft 1