Landesgerichtsgebäude I

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Landesgerichtsstraße 11, Gerichtsgebäude, um 1905
Daten zum Bauwerk
Art des Bauwerks Gebäude
Datum von 1831
Datum bis
Andere Bezeichnung
Frühere Bezeichnung
Benannt nach
Einlagezahl
Architekt Johann Fischer
Prominente Bewohner
PageID 27798
GND
WikidataID
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 3.11.2023 durch WIEN1.lanm09fri
Bildname HMW 029975.jpg
Bildunterschrift Landesgerichtsstraße 11, Gerichtsgebäude, um 1905
  • 8., Landesgerichtsstraße 9A-11

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Landesgerichtsgebäude I (8., Landesgerichtsstraße 9A-11, im Volksmund wegen der Färbelung seiner Fassade "Graues Haus" genannt). Es wurde auf den Gründen der bürgerlichen Schießstätte, die auf die Schöl'schen Ziegelofengründe auf der Wieden übersiedelte, und des 1784 aufgelassenen sogenannten neuen Stephansfreithofs aufgrund des allerhöchsten Entschlusses vom 26. Juni 1828 von Johann Fischer, wahrscheinlich beeinflusst durch Entwürfe Peter Nobiles (der ebenfalls einen Bauplan eingereicht hatte), vom 2. September 1831 bis zum 13. Mai 1839 erbaut (Benützungsbeginn durch die hierher übersiedelte Schranne).

Die Finanzierung übernahm die Stadt Wien; bis 1850 judizierten kommunale Richter. Seit 1850 hat hier das Landesgericht seinen Sitz. Die ersten Häftlinge des Landesgerichtsgebäudes sollen der Bauführer und der Dachdecker gewesen sein, die das Ärar durch betrügerische Abrechnungen geschädigt hatten. Als 1850 der Kriminaljustizsenat des Wiener Magistrats aufgelöst wurde und seine Zuständigkeit für Verbrechen an die neugeschaffenen staatlichen Gerichte abtreten musste, gingen zahllose Akten, größtenteils wertvolle Kulturdokumente, mit Wissen des Präsidenten des städtischen Kriminaljustizsenats durch Skartierung verloren. 1872 wurde anstelle des Hauses "Zum Schützen" in der Alser Straße ein Trakt mit Schwurgerichtssaal angebaut, 1895 fand der Neubau des Backhauses, 1900 der der neuen Wirtschaftsgebäude statt. 1905/1906 erhielten die Gassentrakte ein drittes Stockwerk. Das große Gebäude umfasst unter anderem einen Inquisitentrakt mit Kapelle, einen Spitaltrakt, die Armesünderzelle und so weiter. Ab 16. Dezember 1876 (Raubmörder Enrico von Francesconi) fanden in einem der Höfe die Hinrichtungen statt ("Galgenhof"), weil die Strafrechtsreform 1873 öffentliche Hinrichtungen untersagte. In der Kapelle befinden sich einige von inhaftierten Malern gewidmete Gemälde, auf dem Altar ein Armesünderkruzifix, das seit dem 18. Jahrhundert die Hinzurichtenden auf ihrem letzten Gang begleitete. In der Sakristei ein altes Porträt des ersten Wiener Gefangenenhausseelsorgers, des später heiliggesprochenen Petrus Canisius.

Im Gefangenenhaus geborene Kinder wurden im Taufbuch der Pfarre Alservorstadt zeitweise eigens angeführt.[1]

In der Zeit der nationalsozialistischen Besetzung Österreichs fanden im Hof des Landesgerichtsgebäudes über 1.000 Hinrichtungen österreichischer Widerstandskämpfer statt (Gedächtnisstätte; Gedenktafel für die 1938-1945 hingerichteten Widerstandskämpfer [enthüllt 1988]).

Das Gefangenenhausmuseum wurde von Heinrich Geißler eingerichtet.

Quellen

Literatur

  • Heinrich Geißler: Die Geschichte des "Grauen Hauses" 1833-1933. Als Einführung zu dem Katalog über die Sammlungen im Gefangenhaus-Museum des Landesgerichtes für Strafsachen Wien I. Wien: Verlag des Landesgerichtsgefangenenhauses 1933
  • Heinrich Geißler: Die Geschichte des "Grauen Hauses". Kriminalgeschichte und Katalog zu den Sammlungen im Gefangenhaus-Museum des Landesgerichtes für Strafsachen Wien. Wien: [o.V.] 1950
  • Bundesdenkmalamt [Hg.]: Dehio-Handbuch. Die Kunstdenkmäler Österreichs. Wien. II. bis IX. und XX. Bezirk. Wien 1993, S. 354
  • 200 Jahre Rechtsleben in Wien. Advokaten, Richter, Rechtsgelehrte. 21. November 1985 bis 9. Februar 1986. Historisches Museum der Stadt Wien. [Zsstellung u. Text: Wilhelm Deutschmann ...]. Wien : Eigenverl. d. Museen d. Stadt Wien 1985 (Historischen Museums der Stadt Wien: Sonderausstellung, 96), S. 43 f., S. 127 f.
  • Carl Hofbauer: Die Alservorstadt mit den ursprünglichen Besitzungen der Benediktinerabtei Michelbeuern am Wildbach Als. Wien: Sommer 1861, S. 26 ff.
  • Hans Rotter: Die Josefstadt. Geschichte des 8. Wiener Gemeindebezirkes. Wien: Selbstverlag 1918, S. 264 ff.
  • Technischer Führer durch Wien. Hg. vom Österreichischen Ingenieur- und Architekten-Verein. Red. von Martin Paul. Wien: Gerlach & Wiedling 1910, S. 311
  • Gerhard Robert Walter von Coeckelberghe-Dützele: Curiositäten- und Memorabilien-Lexicon von Wien. Ein belehrendes und unterhaltendes Nachschlag- und Lesebuch in anekdotischer, artistischer, biographischer, geschichtlicher, legendarischer, pittoresker, romantischer und topographischer Beziehung. Wien: [o. V.] 1846, S. 351 f.
  • Wilhelm Kisch: Die alten Straßen und Plätze von Wiens Vorstädten und ihre historisch interessanten Häuser. (Photomechan. Wiedergabe [d. Ausg. v. 1895]). Cosenza: Brenner 1967, Band 3, S. 526 ff.
  • Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 4: Profane Topographie nach den 21 Bezirken (2.-21. Bezirk). Wien: Jugend & Volk 1958, S. 251
  • Forschungsstelle Nachkriegsjustiz: Weihestätte (ehemaliger Hinrichtungsraum). URL: http://www.nachkriegsjustiz.at/vgew/1080_landesgerichtweihestaette.php [Stand: 02.03.2016]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Siehe dazu beispielsweise Matricula online: Taufbuch der Alservorstadtpfarre, Sig.: 01–41 für das Jahr 1884 sowie 1885 und 1886.