Ida von Fleischl-Marxow

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Betty Paoli, Marie von Ebner-Eschenbach und Ida von Fleischl-Marxow beim Tarockspielen (v.l.n.r.)
Daten zur Person

Ida von Fleischl-Marxow (auch Ida Fleischl von Marxow), * 5. September 1824 München, † 5. Juni 1899 Wien, Salonnière.

Biografie

Aus einer wohlhabenden jüdischen Münchner Familie stammend zog Ida Fleischl, geborene Marx, nach ihrer Heirat mit dem Unternehmer Karl Fleischl, dem späteren Präsidenten der Wiener Tramwaygesellschaft und Generalrat der Anglo-Österreichischen Bank, nach Wien. Als ihrem Mann 1875 vom Kaiser das Adelsprädikat "Edler von" verliehen wurde, wählte er in Anlehnung an den Geburtsnamen seiner Frau "von Marxow". Das Ehepaar hatte vier Söhne, Ernst, Otto, Paul und Richard.

Ida von Fleischl-Marxow unterhielt einen Salon, in dem KünstlerInnen, SchriftstellerInnen, Theaterleute, Intellektuelle zusammenkamen, darunter etwa Ferdinand von Saar, den sie förderte, und Franz Grillparzer. Sie war unter anderem befreundet mit der Schauspielerin Julie Rettich, der Schriftstellerin Auguste von Littrow und der Frauenrechtlerin Iduna Laube. Besonders enge Freundschaften pflegte sie mit den Schriftstellerinnen Betty Paoli und Marie von Ebner-Eschenbach.

Betty Paoli zog 1855 bei Fleischl-Marxow ein und lebte für fast 40 Jahre im Haushalt der Freundin, die dafür sorgte, dass sie nicht mehr für ihren Lebensunterhalt Prosa schreiben musste, und sie maßgeblich in ihrer lyrischen Arbeit förderte. Paoli widmete ihr den Band "Neueste Gedichte" (1870). Im Widmungssonett "An Ida" nennt sie die Freundschaft mit Fleischl-Marxow "meines Lebens höchsten Segen". Marie von Ebner-Eschenbach und Ida von Fleischl-Marxow lernten einander 1866 im Salon Auguste von Littrows kennen. Fleischl-Marxow wurde zur engen Freundin, Mentorin und unentbehrlichen literarischen Beraterin Ebner-Eschenbachs, die all ihre Texte gründlich mit ihr durchbesprach und nach ihren Vorschlägen bearbeitete. Neben der gemeinsamen literarischen Arbeit trafen sich Ida von Fleischl-Marxow, Betty Paoli und Marie von Ebner-Eschenbach regelmäßig zum Tarockspiel. Nach Betty Paolis Tod im Jahr 1894 gaben Ebner-Eschenbach und Fleischl-Marxow gemeinsam einen Band "Gedichte. Auswahl und Nachlaß" (1895) heraus.

Fleischl-Marxow beschäftigte sich neben Literatur auch intensiv mit Religion, insbesondere mit dem Buddhismus, und lernte Sanskrit. Diese Interessen teilte sie mit ihrem erstgeborenen Sohn, dem Physiologen Ernst Fleischl von Marxow (1846–1891), der nach zwanzigjähriger Krankheit vor seiner Mutter verstarb. Zwei Jahre später starb ihr Mann Karl Fleischl. Ihre drei anderen Söhne lebten in verschiedenen europäischen Ländern, Paul mit seiner Familie in London, Richard in Berlin. Otto (1849–1935), Arzt und Pianist, besuchte sie mehrmals in Rom, wo er von 1873 bis 1914 wohnte. Den letzten Winter ihres Lebens verbrachte sie dort gemeinsam mit Marie von Ebner-Eschenbach.

Wieder in Wien erlitt Ida von Fleischl-Marxow einen Oberschenkelbruch und erkrankte dann an einer Lungenentzündung, an der sie im Juni 1899 verstarb. Sie wurde in der Israelitischen Abteilung des Wiener Zentralfriedhofs beigesetzt. In Nachrufen wurde ihre zentrale Rolle in der Wiener Gesellschaft hervorgehoben. Die Erinnerungen von Fleischl-Marxows langjähriger Bediensteter Helene Gasser zeugen von großer gegenseitiger Wertschätzung.

In den an der Wienbibliothek im Rathaus befindlichen Nachlässen von Betty Paoli und Marie von Ebner-Eschenbach finden sich zahlreiche Briefe von und an Ida von Fleischl-Marxow. Die Freundschaft der drei Frauen wurde von Claudia Erdheim im Roman "Betty, Ida und die Gräfin" (2013) literarisch verarbeitet.

Quellen

Literatur

  • Petra Watzke: Friendship and Networking: The Schreibzirkel of Marie von Ebner-Eschenbach, Ida von Fleischl-Marxow, and Betty Paoli. In: Vance Byrd und Ervin Malakaj [Hg.: Market Strategies and German Literature in the Long Nineteenth Century. Berlin/Boston: De Gruyter 2020, S. 307–331]
  • Daniela Strigl: Berühmt sein ist nichts. Marie von Ebner-Eschenbach. Eine Biographie. Wien: Residenz Verlag 2016
  • Claudia Erdheim: Betty, Ida und die Gräfin. Die Geschichte einer Freundschaft. Roman. Wien: Czernin 2013
  • Andrea Althaus [Hg.]: Mit Kochlöffel und Staubwedel. Erzählungen aus dem Dienstmädchenalltag. Wien: Böhlau 2010, S. 23–124 (Kapitel über Fleischls Hausmädchen Helene Gasser)
  • Susanne Blumesberger [Red.]: Handbuch österreichischer Autorinnen und Autoren jüdischer Herkunft 18. bis 20. Jahrhundert. Band 1: A bis I. München: Saur 2002


Ida von Fleischl-Marxow im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.

Weblinks