Handelslehranstalten

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Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 7.08.2014 durch WIEN1.lanm09bar

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Handelslehranstalten können bis zum Gewerbepatent vom 10. Jänner 1751 zurückverfolgt werden, in dem bereits ein Lehrplan für eigens für Handel und Gewerbe bestimmte Schulen genehmigt und angeordnet wurde. Allerdings wurde dieser Plan erst durch die Errichtung der „Real-Handlungs-Akademie" in Wien 1770 verwirklicht (zweijähriger Kurs im Dienste der höheren gewerblich-kaufmännischen Ausbildung, Aufnahme mit dem 15. Lebensjahr nach Ablegung einer Prüfung, Gegenstände Rechnen, Schreiben, Deutsch, Französisch, Italienisch, Geometrie, Physik, Zeichnen, praktisches Handlungswissen). Die vom Gremialvorstand Angelo Bearzi gegründete „Gremialhandelsschule" des k. k. bürgerlichen Handelsstands der Stadt Wien wurde am 18. März 1849 eröffnet (zunächst dreistündiger Unterricht am Sonntagnachmittag, später sechs- oder achtstündiger Unterricht auch wochentags an Abenden [Vorläuferin der Berufsschulen]). 1857 begründete der Verein der Wiener Handels-Akademie eine Lehranstalt in Wien, die allgemeine wirtschaftliche Kenntnisse vermitteln sollte (Bankhandels- und Verkehrswesen); sie erlangte unter Leitung des Freiherren von Czedik 1873 Hochschul-Status, wurde jedoch 1877 infolge pädagogischer und organisatorischer Schwierigkeiten wieder aufgelassen. Unter den privaten Handelslehranstalten gelten in Wien als die wichtigsten:

  • Privat-Handelslehr- und Erziehungsanstalt Johann Geyer (1840, später Ignatz Patzelt, nachmalig F. Glasser's Privat-Handelsschule)
  • Karl Mühlbauer (1848, später Handelsschule Allina)
  • Privathandelsschule Karl Porges (1865)
  • Handelsschule des Frauen-Erwerb-Vereins (1868)
  • Privatschule für kaufmännische Lehrfächer des Karl Strell (1868)
  • Privathandelsschule Alois Weiß, vormals Pöschl (1878, nachmals Alois Weiß Nachfolger Rudolf Krickl).

1873 wurde die Gewährung des Öffentlichkeitsrechts für diese Schulen an die Erfüllung zahlreicher Bedingungen geknüpft. Da die privaten Handelslehranstalten das kaufmännische Wissen nicht ausreichend vermittelten, veranlasste das Unterrichtsministerium 1896 die Schulerhalter, den Unterricht aufgrund der Normallehrpläne zu erteilen.

Um die Jahrhundertwende sind bereits drei Typen von Handelslehranstalten zu unterscheiden: die kaufmännische Fortbildungsschule (später Berufsschule), die kaufmännische Wirtschaftsschule (später Handelsschule) und die Handelsakademie (drei- und vierjährige Formen mit integrierter Vorbereitungsklasse). Das Gremium der Wiener Kaufmannschaft führte in der Ersten Republik stark frequentierte Schulen (l, Akademiestraße 12 [ Handelsakademie ], 3, Esteplatz und 8, Hamerlingplatz beziehungsweise Schönborngasse 3-5 [ Neue Handelsakademie ]); auch andere private Körperschaften (wie beispielsweise der Wiener Frauen-Erwerb-Verein, der Verein Hietzinger Mädchen-Mittelschule und der Wiener Kaufmännische Verein unterhielten Handelsschulen. Die Einführung einer fakultativen Reifeprüfung an Handelsakademieen erfolgte 1920; damit verbunden waren die Hebung des Ansehens dieser Schulen und die Auslese für die unmittelbar anschließenden Handelshochschule.

Die Fortbildungsschulen für kaufmännische Lehrlinge wurden ebenfalls vom Gremium der Wiener Kaufmannschaft erhalten und waren den Handelsakademieen angeglichen. Während der nationalsozialistischen Ära wurden die vierjährigen Handelsakademien zu „Wirtschaftsoberschulen", die zweijährigen Handelsschulen zu „Kaufmännischen Wirtschaftsschulen". Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Lehrpläne der Handelsakademieen und der Handelsschulen der Vorkriegszeit unverändert wieder in Kraft gesetzt. Die ehemaligen Schulen des Gremiums der Wiener Kaufmannschaft gingen an den „Fonds der Wiener Kaufmannschaft" als Rechtsnachfolger über.

Seit 1951 kam es zur Gründung weiterer privater kaufmännischer Schulen (Privatschulen mit Öffentlichkeitsrecht; Gründung neuer kaufmännischer Schultypen in den 80er Jahren, beispielsweise Büroschulen, zweijährige Büro- und Verwaltungsschulen und Schulen für EDV).


Literatur

  • Mosser-Reitterer (Hgg.): Die Mittelschulen in Österreich. Ein Handbuch für Schule und Schulverwaltung, Wien 1930
  • Hermann Schnell: 50 Jahre Stadtschulrat für Wien, Wien 1972
  • Fischl: Sieben Jahre Schulreform in Österreich, Wien 1926
  • 100 Jahre Unterrichtsministerium 1848-1948, Wien 1948, S. 247 ff.