Großjährigkeit

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Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 11.01.2019 durch WIEN1.lanm08swa

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Großjährigkeit (auch Volljährigkeit). Altersgrenze, mit deren Erreichung man die volle rechtliche Handlungsfähigkeit (auch: Geschäftsfähigkeit, das ist die Fähigkeit, rechtswirksame Rechtshandlungen zu setzen) erwirbt. Vom Mittelalter bis ins 18. Jahrhundert waren die einschlägigen Bestimmungen nach Stadt-und Landrecht und nach Zugehörigkeit zu bestimmten Gesellschaftsgruppen differenziert. Artikel 51 des Stadtrechtsprivilegs von 1340 besagt, dass man mit Vollendung des 18. Lebensjahrs „zu seinen bescheidenen Jahren gekommen ist", das heißt die Großjährigkeit erreicht hat; unverheiratete Personen weiblichen Geschlechts („Jungfrauen") erreichten die „Vogtbarkeit" durch Heirat, Eintritt in ein Kloster oder Vollendung des 50. Lebensjahrs. Im österreichischen Landrecht des 13. Jahrhunderts, das für den Landadel galt, sieht Artikel 52 vor, dass ein „Knecht" (Jungadeliger) mit dem vollendeten 14., eine „Jungfrau" mit dem vollendeten 12. Lebensjahr „zu ihren Jahren" kommen, die Jungfrau allerdings zur vollen Handlungsfähigkeit der Heirat bedarf. In der Herrscherdynastie galt man ab Vollendung des 16. Lebensjahrs als großjährig. Die Stadtordnung von 1526 setzte für Männer das Alter auf 22, für Frauen auf 20 Jahre fest; eine früher geschlossene Ehe bedeutete automatisch das Erreichen der Großjährigkeit. Eine Vereinheitlichung brachte erst das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch von 1811, das die Großjährigkeit generell mit Vollendung des 24. Lebensjahrs festlegte; diese Grenze wurde 1919 auf das vollendete 21. Lebensjahr, 1973 auf das vollendete 19. Lebensjahr herabgesetzt. Vorstufe der Großjährigkeit ist die Mündigkeit (vollendetes 14. Lebensjahr), mit deren Erreichung man beschränkt handlungsfähig wird; vorher ist man im rechtlichen Sinn handlungsunfähig (Vormundschaft). Bei Feststellung bestimmter Gebrechen (beispielsweise Geisteskrankheit) kann ein Gericht die rechtliche Handlungsfähigkeit ganz oder teilweise aberkennen (Entmündigung) und einen Kurator bestellen.

Literatur

  • Peter Csendes [Hg.]: Die Rechtsquellen der Stadt Wien. Wien [u.a.]: Böhlau 1986 (Fontes rerum Austriacarum: 3. Abt., Fontes iuris, 9), S. 118, 192, 258, 298
  • Ernst Schwind / AlfonsDopsch: Ausgewählte Urkunden zur Verfassungsgeschichte der deutsch-österreichischen Erblande im Mittelalter. Innsbruck: 1895 [Neudruck Aalen 1968], S. 67