Boulevardpresse

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Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 19.02.2024 durch WIEN1.lanm09lue

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Boulevardpresse. Die ersten Vorläufer der Boulevardpresse tauchten in Wien relativ spät auf, weil aufgrund der presserechtlichen Verhältnisse erst mit der Wende zum 20. Jahrhundert die Kolportage (der Straßenverkauf) möglich wurde, allerdings anfangs noch eingeschränkt. Nach dem Ersten Weltkrieg änderte sich die Situation. Die unter den Begriff der Boulevardpresse fallenden Presseerzeugnisse erschienen in den Mittags- oder Nachmittagsstunden und bedienten sich zwecks Förderung des Verkaufs marktschreierischer Aufmachung in Titelgestaltung und Umbruch. Besondere Perfektion erreichte auf diesem Gebiet der ungarische Journalist Imre Bekessy, den vor allem Karl Kraus mit seiner Forderung „Heraus aus Wien mit dem Schuft", die letztlich auch Erfolg hatte, bekämpfte. Die Boulevardpresse versinnbildlicht in gewisser Weise eine zweite Blüte des liberalen Pressewesens. Liberales Gedankengut läßt sich in der Boulevardpresse immer wieder nachweisen, wenn man von Ausnahmen absieht (linksradikal-kommunistischer „Abend", christlich-soziale „Wiener Stimmen", großdeutscher „Wiener Mittag", Heimwehrblatt „Österreichische Abendzeitung"). Der Prager Pressekonzern „Orbis" („Der Morgen", „Der Tag") war am Druckerei- und Verlagsunternehmen Vernay maßgeblich beteiligt, im Kronos-Verlag kamen die Blätter Bekessys heraus („Die Stunde", „Die Börse", „Die Bühne"). 1927 sprengte die Österreichische Regierung den Prager Konzern durch den Ankauf des Kronos-Verlags, dessen Blätter dem Leiter der Amtlichen Nachrichtenstelle unterstellt wurden. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam die Boulevardpresse in weniger sensationeller Weise heraus. Ihre Existenz verdankte sie zunächst den Besatzungsmächten: die ersten Blätter waren der „Wiener Kurier" (amerikanisch), die „Weltpresse" (britisch) und die „Welt am Abend" (französisch) sowie die „Morning News" (für die britischen Streitkräfte, aber auch der Zivilbevölkerung zugänglich). Nach dem Ende der Besatzungszeit (1955) etablierte sich neben dem „Neuen Kurier" (siehe Kurier) zunächst vorübergehend der „Bildtelegraf" (gegründet bereits 1954), der eine Modernisierungswelle in Gang setzte, dann jedoch durch den „Express" (ab 1958) und schließlich durch die „Illustrierte Kronen-Zeitung" (ab 1959; ab 1967 „Unabhängige Kronen-Zeitung", seit 1972 „Neue Kronen-Zeitung") ersetzt wurde.

Literatur

Kurt Paupié: Kurt Handbuch der Österreichischen Pressegeschichte 1848-1959. Band 1. Wien: Wilhelm Braumüller 1960, S. 179ff.