Hubert Gessner: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 18. Juni 2020, 13:35 Uhr

Daten zur Person
Personenname Gessner, Hubert
Abweichende Namensform Gessner, Hubert Johann Karl; Geßner
Titel
Geschlecht männlich
PageID 20962
GND 120488566
Wikidata
Geburtsdatum 20. Oktober 1871
Geburtsort Wallachisch-Klobouk, Mähren
Sterbedatum 29. Jänner 1943
Sterbeort Wien
Beruf Architekt
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass Albertina
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage
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Recherche
Letzte Änderung am 18.06.2020 durch WIEN1.lanm09mur
Begräbnisdatum 5. Februar 1943
Friedhof Friedhof Neustift am Walde
Grabstelle L/1/33
  • 18., Gersthofer Straße 147 (Sterbeadresse)
  • 6., Linke Wienzeile 38 (Wirkungsadresse)
  • 6., Linke Wienzeile 40 (Wirkungsadresse)
  • 4., Floragasse 6 (Wirkungsadresse)
  • 18., Sternwartestraße 70 (Wohnadresse)
  • 18., Gersthofer Straße 147 (Wohnadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

Lebenslauf und Werkübersicht Hubert Gessners, verfasst von Hans Ankwicz-Kleehoven in der Wienbibliothek im Rathaus, 1941
Ansicht des von Hubert Gessner entworfenen Reumannhofes

Hubert Johann Karl Gessner, * 20. Oktober 1871 Wallachisch-Klobouk, Mähren (Valašské Klobouky, Tschechische Republik), † 29. Jänner 1943 (nach anderen Angaben: 24. April 1943), Architekt.

Biographie

Gessner besuchte ab 1885 die Abteilung Baufach der Staatsgewerbeschule in Brünn (1888/1889 Klassenkollege von Leopold Bauer, Josef Hoffmann und Adolf Loos; 4. Juli 1889 Matura), arbeitete dann als Bauzeichner bei verschiedenen Baumeistern, studierte 1894-1898 an der Wiener Akademie (Schüler in der Spezialschule für Architektur Otto Wagners) gemeinsam mit Josef Plečnik sowie Jan Kotera und arbeitete 1898/1899 in Wagners Atelier (Mitarbeit an den Häusern 6, Linke Wienzeile 38 und 40 (Wagnerhäuser), an der Stadtbahn und am Nußdorfer Wehr).

Gessner beschäftigte sich zeit seines Lebens mit den unterschiedlichsten Bauaufgaben und realisierte Villenbauten, Industriegebäude, sozialen Wohnbau, Fabriken, Unterkünfte für ArbeiterInnen, Banken, Hotels, Kinos und Brückenbauten.

Ab 1900 war Gessner durch Vermittlung Otto Wagners im mährischen Landesbauamt beschäftigt und beteiligte sich an etlichen Wettbewerben und errichtete 1902 das Sparkassengebäude in Czernowitz und 1903 das Krankenkassengebäude in Brünn sowie der Landesnervenheilanstalt in Kremsier. Für den Entwurf des Arbeiterheims Favoriten erhielt er den 1. Preis und wurde mit der Ausführung beauftragt (1901). In der Folge pendelte Gessner zwischen Wien und Brünn, wo er 1905 auch die Prüfung zur Baumeister-Berechtigung ablegte. Seit dieser Zeit war Gessner mit Viktor Adler, dem Gründer der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SDAP) befreundet und entwarf 1926 auch dessen Grabmal auf dem Wiener Zentralfriedhof. Gessner avancierte ab den 1920er Jahren zu einem der bedeutensten Architekten des "Roten Wien" und der aufstrebenden SDAP. 1907-1912 arbeitete er mit seinem Bruder Franz Gessner zusammen und realisierte in Wien unter anderem das Arbeiterheim Favoriten (10, Laxenburger Straße 8-10, 1901/1902), das Lagerhaus österreichischer Konsumvereine (10, Sonnwendgasse 15, 1905), die Bezirkskrankenkasse Floridsdorf (21, Holzmeistergasse 9, 1905-1907), das Vorwärts Druck- und Verlagshaus (5, Rechte Wienzeile 97, 1909; darin Redaktion und Druckerei der Arbeiterzeitung [heute Sitz des Vereins und Archivs für Geschichte der Arbeiterbewegung und der Bruno-Kreisky-Stiftung]), die Bäckereien des ersten niederösterreichischen Arbeiter-Konsum-Vereins (12, Wolfganggasse 58-60) und des ersten Wiener Konsum-Vereins (16, Hasnerstraße 123; beide 1908/1909), die Hammerbrotwerke (21, Schwaigergasse 19, 1909), das Geschäftsportal Friedmann (1, Weihburggasse 26, um 1911), die Unfallversicherungsanstalt (6, Linke Wienzeile 48-52, 1912), die Wohnkolonie Liesing (23, Elisenstraße 32-42; 1912), das Wohnhaus 4, Kettenbrückengasse 20 (1912), das Eisenbahnerheim (5, Margaretenstraße 166; 1912/1913) und die Maschinen-, Kisten- und Holzwarenfabrik Koffmahn (23, Breitenfurter Straße 176; 1913-16); 1907 bauten sich die beiden Brüder das "Haus Gessner" (18, Sternwartestraße 70).

Nach dem Ersten Weltkrieg plante Gessner eine Reihe von bedeutenden städtischen Wohnhausanlagen: 1919 den Metzleinstalerhof (5, Margaretengürtel 90-98, mit Architekt Robert Kalesa), 1924 den Reumannhof (5, Margaretengürtel 100-110), 1924/1925 den Lassallehof (2, Lasallestraße 40, mit den Architekten Friedrich Schlossberg, Hans Paar und Fritz Waage, die schon 1907 in seinem Atelier gearbeitet hatten), 1925 den Heizmannhof (2, Radingerstraße 9), 1926 den Karl-Seitz-Hof (21, Jedleseer Straße 66-94). 1929 entwarf er die Augartenbrücke (1929) und baute einige Privatvillen. Für Karl Renner realisierte Gessner 1922 im Haus Praterstraße 8 die Inneneinrichtung der Privatwohnung sowie der im Erdgeschoß gelegenen Arbeiterbank. 1930 übernahm Gessner einen Umbau (Aufstockung) des späthistoristischen Landhauses von Karl Renner in Gloggnitz. Heute beherbergt das Gebäude das Renner-Museum für Zeitgeschichte (REMU). Ab 1923 war Gessner ordentliches Mitglied der Architektenkammer, des Künstlerhauses, Vizepräsident der Zentralvereinigung der Architekten Österreichs und Mitglied des Niederösterreichischen Gewerbevereins; sein Atelier befand sich in den Jahren 1904-1908 in der Floragasse 6, danach im Erdgeschoß der 1907 errichteten Familienvilla in der Sternwartestraße 70 und nach dem Verkauf dieses Gebäudes übersiedelte Gessner in das 1934 errichtete Wohnhaus in der Gersthofer Straße 147 ("Haus Gessner-Slupetzky").

In seinen Gebäuden der Frühzeit zeigt sich die Formsprache des Jugendstils und der Einfluß der Wagner-Schule, während Gessner bis in die 1930er Jahre, entsprechend des allgemeinen Trends, kontinuierlich eine "Versachlichung" seiner Gestaltungen entwickelte. Gessner ist der Initiator des Volkswohnungspalastes und realisiert nach dem Ersten Weltkrieg berühmte Wohnpaläste, die sogenannten "Superblocks" des Roten Wien - immer mit dem Ziel neue Lösungen für die ärmsten Teile der Bevölkerung zu entwickeln. Für die künftigen BewohnerInnen entwarf Gessner funktionale aber auch hinsichtlich eines neuen Selbstbewußtseins, repräsentative und ästhetisch ansprechende Architekturen. Nach 1934 erhielt Gessner keine größeren Aufträge mehr und wurde nach dem "Anschluss" 1938 mit einem Berufsverbot belegt. Gessner starb noch während des Zweiten Weltkrieges mit 72 Jahren am 29. Januar 1943.

Hubert Gessner war ab 1907 mit der Norwegerin Margit Schyelderup, verwitwete Liederhans, verheiratet, mit der er eine gemeinsame Tochter hatte.

In der Architektursammlung der Albertina in Wien wird das Werkarchiv Gessners aufbewahrt. Von 13. Oktober 2011 bis 29. April widmete die Dauerausstellung "Das Rote Wien im Waschsalon Karl-Marx-Hof" Hubert Gessner eine Sonderausstellung mit dem Titel: "Hubert Gessner. Architekt der Arbeiterbewegung", die sein umfangreiches architektonisches Schaffen zeigte.

Quellen

Literatur

  • Kristina Meret Juen: Hubert Gessner als Erfinder des Wiener Gemeindebaustils der Zwischenkriegszeit und Initiator des Volkswohnungspalasts, seine Gemeindebauten im Roten Wien und seine und Relation zur Schule Otto Wagner. Diplomarbeit Univ. Wien. Wien 2012
  • Markus Kristan: Hubert Gessner. Architekt zwischen Kaiserreich und Sozialdemokratie 1871–1943. Wien: Passagen Verlag 2011
  • Walter Zednicek: Architektur des Roten Wien. Verlag Walter Zednicek, Wien 2009
  • Isabella Ackerl / Friedrich Weissensteiner: Österreichisches Personenlexikon der Ersten und Zweiten Republik, Wien: Ueberreuter 1992
  • Sylvia Mattl-Wurm [Red.]: Interieurs. Wiener Künstlerwohnungen 1830 - 1930. Wien: Eigenverlag 1990 (Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, 138), S.124
  • Friedrich Achleitner: Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert. Ein Führer. Band 3/1: Wien. 1.-12. Bezirk. Salzburg: Residenz-Verlag 1990, Register (Bautenverzeichnis)
  • Helmut Weihsmann: Das Rote Wien. Sozialdemokratische Architektur und Kommunalpolitik 1919-1934. Wien: Promedia 1985, S. 373 f.
  • Wien aktuell. Revue einer europäischen Metropole, 6/1983
  • Die Vertreibung des Geistigen aus Österreich. Zur Kulturpolitik des Nationalsozialismus. [Zusammenstellung der Ausstellung: Hochschule für Angewandte Kunst in Wien. Katalog: Gabriele Koller ... Für den Inhalt verantwortlich: Oswald Oberhuber]. Wien: Zentralsparkasse 1982
  • Hans Hautmann / Rudolf Hautmann: Die Gemeindebauten des Roten Wien 1919-1934. Wien: Schönbrunn-Verlag 1980, S. 489 f.
  • Marco Pozzetto: Die Schule Otto Wagners. 1894-1912. Wien [u.a.]: Schroll 1980, S. 224
  • Heribert Sturm: Biographisches Lexikon zur Geschichte der böhmischen Länder. München: Oldenbourg 1974 - lfd.
  • Brigitte Fiala: Der Wiener Gemeinderat in den Jahren 1879 bis 1883 mit besonderer Berücksichtigung der in diesen Jahren neu eingetretenen Gemeinderäte. Diss. Univ. Wien. Wien 1974, S. 349 ff.
  • Geschichte der bildenden Kunst in Wien. Band 3: Geschichte der Architektur in Wien. Wien: Verein für Geschichte der Stadt 1973 (Geschichte der Stadt Wien, Neue Reihe 7/3), Register
  • Renate Wagner-Rieger: Wiens Architektur im 19. Jahrhundert. Wien: Österreichischer Bundesverlag 1970, S. 275, 278 (Anmerkung 71)
  • Ottokar Uhl: Moderne Architektur in Wien von Otto Wagner bis heute. Wien [u.a.]: Schroll 1966, S. 110 f. und Register
  • Justus Schmidt / Hans Tietze: Dehio Wien. Wien: A. Schroll 1954 (Bundesdenkmalamt: Die Kunstdenkmäler Österreichs), S. 122, 129, 191
  • Österreichisches biographisches Lexikon 1815–1950. Hg. von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften / Wien/Graz: Böhlau 1954-lfd.
  • Hubert Gessner: Zivilarchitekt, Bauten und Entwürfe. Wien 1932
  • Hubert Gessner: Die Wohnhausanlage der Gemeinde Wien im II. Bezirk : Vorgartenstraße, Lassallestraße, Radingerstraße, Ofnergasse. Wien 1926
  • Hubert Gessner: Metzleinstalerhof : erbaut von der Gemeinde Wien in den Jahren 1923 - 1924. Wien 1924
  • Paul Kortz: Wien am Anfang des 20. Jahrhunderts. Ein Führer in technischer und künstlerischer Richtung. Hg. vom Oesterreichischen Ingenieur und Architekten-Verein. Band 2. Wien: Gerlach & Wiedling 1906, S. 322
  • Ulrich Thieme / Felix Becker [Hg.]: Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. 37 Bände. Leipzig: Engelmann 1907-1950
  • Wienbibliothek im Rathaus/Handschriftensammlung: Nachlass Ankwicz-Kleehoven: Kurzer Lebenslauf von Hubert Gessner
  • Wienbibliothek im Rathaus/Tagblattarchiv: Gessner, Hubert [Sign.: TP-015166]

Links