Adolf Fischhof: Unterschied zwischen den Versionen

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Adolf (Ephraim) Fischhof, * 18. (nach NDB: 8.) Dezember 1816 Ofen, Ungarn, † 23. März 1893 Emmersdorf bei Klagenfurt (Wiener Zentralfriedhof, Israelitische Abteilung, erstes Tor, Gruppe 5b/1/3; Grabmal mit obeliskartigem Aufbau auf hohem Sockel [von Max Fleischer]), Politiker, Arzt, Schriftsteller. Besuchte das Piaristengymnasium (1829-1834) und die philosophischen Klassen in Wien, studierte dann an der Universität Wien Medizin (1836-1846, Dr. med. 1845, Magister der Geburtshilfe 1846) und wurde Sekundararzt im Allgemeinen Krankenhaus Wien (1848). Am 13. März 1848 trat Fischhof mit einer berühmt gewordenen Rede im Hof des Landhauses (1, Herrengasse 13) erstmals politisch hervor, wurde Mitglied der Akademischen Legion und Kommandant des Medizinerkorps, schließlich bis 17. Juli 1848 Obmann des Sicherheitsausschusses. Zu diesem Zeitpunkt leitete Fischhof bereits als k. k. Ministerialrat das Sanitätsreferat des Ministeriums des Innern (2. Juli-20. Dezember 1848). Im Kremsierer Reichstag gehörte er dem Verfassungsausschuß an, nach Aufhebung des Reichstags wurde er in Untersuchungshaft genommen, jedoch freigesprochen. Er ließ sich als praktischer Arzt in Wien nieder. Nach Überwindung einer schweren Krankheit und anschließender Erholungsreise wandte sich Fischhof publizistischen Tätigkeiten zu, wobei er sich hauptsächlich mit Fragen der Nationalitätenpolitik befaßte; einen ihm von Alfred Potocki offerierten Ministerposten lehnte er ab. 1875 übersiedelte Fischhof nach Kärnten (1878 „Emmersdorfer Konferenzen" mit dem Ziel, einen Ausgleich zwischen Deutschen und Tschechen herbeizuführen). 1882 trat Fischhof ein letztes Mal öffentlich in Wien in Erscheinung (Versammlung der „Deutschen Volkspartei"). Er sah, wie seinen Schriften zu entnehmen ist, die Lösung des Nationalitätenproblems in einem föderalistischen Umbau der Monarchie, wollte zwar an der historisch gewachsenen Provinzeinteilung festhalten, aber durch Dezentralisierung den Landtagen und „Bezirksgemeinden" größere Autonomie einräumen. [[Fischhofgasse]].
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Adolf (Ephraim) Fischhof, * 18. (nach NDB: 8.) Dezember 1816 Ofen, Ungarn, † 23. März 1893 Emmersdorf bei Klagenfurt (Wiener Zentralfriedhof, Israelitische Abteilung, erstes Tor, Gruppe 5b/1/3; Grabmal mit obeliskartigem Aufbau auf hohem Sockel [von Max Fleischer]), Politiker, Arzt, Schriftsteller.  
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==Biographie==
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Adolf Fischhof wurde als Sohn jüdischer Eltern 1816 in Ofen geboren. Sein Vater Joseph stammte aus der mährischen Judengemeinde Eibenschitz, seine Mutter Rosalie, Mädchenname Löwy, aus Budapest. Von 1829 bis 1834 besuchte Adolf Fischhof das Piaristengymnasium in Pest, ab 1836 studierte er an der [[Universität Wien (Institution)|Universität Wien]] Medizin, promovierte 1845 und wurde 1846 Magister der Geburtshilfe. 1848 erhielt er eine Anstellung als Sekundararzt im [[Allgemeines Krankenhaus|Allgemeinen Krankenhaus]] in Wien.
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Politisch trat er erstmals am 13. März 1848 durch seine berühmt gewordenen Rede im Hof des [[Niederösterreichisches Landhaus|Landhauses der niederösterreichischen Stände]] in Erscheinung, in der er liberale Forderungen wie Volksvertretung, Gewissens-, Lehr- und vor allem Pressefreiheit stellte, aber auch schon das später seine politischen Schriften bestimmende Thema der Nationalitätenfrage in der Habsburgermonarchie umriss. Während des [[Revolution (1848)|Revolutionsjahres 1848/49]] übernahm Fischhof mehrere wichtige politische Funktionen und stand damit an der Spitze der Revolution: Kommandant im Medizinerbataillon der Studentenlegion, bis 17. Juli 1848 Präsident des Sicherheitsausschusses, ab dann Abgeordneter des Bezirks Wieden-Matzleinsdorf im Wiener und in der Folge im Kremsierer [[Reichstag]] sowie als k. k. Ministerialrat mit der Leitung des Sanitätsreferats des Ministeriums des Innern vom 2. Juli bis 20. Dezember 1848 beauftragt.
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Nach der Aufhebung des Reichstages im März 1849 wurde Fischhof verhaftet, des Hochverrats und der Beteiligung an der Ermordung des Außenministers [[Theodor von Latour|Theodor Baillet von Latour]] angeklagt. Nach neun Monaten wurde er dank Zeugenaussagen zu seinen Gunsten und aus Mangel an Beweisen ab instantia freigesprochen und entlassen, aber erhielt erst im Jänner 1867 durch politische Amnestie seine vollen Bürgerrechte zurück und damit die Möglichkeit der politischen Mitgestaltung. Das 1870 folgende Angebot eines Ministerpostens von Alfred Potocki lehnte er jedoch ab.
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In seinen politischen Schriften (anonym, gemeinsam mit Joseph Unger "Zur Lösung der ungarischen Frage" (1861), "Ein Blick auf Österreichs Lage" (1866), "Österreich und die Bürgschaften seines Bestandes" (1869), "Der österreichische Sprachzwist" (1888)) widmete sich Fischhof der innenpolitischen Lage und der Nationalitätenfrage in der Habsburgermonarchie. Er spricht sich unter anderem für ein föderalistisches Modell nach Schweizer Vorbild aus, will durch Dezentralisierung lokalen Verwaltungen größere Autonomie einräumen, ein Kuriensystem zum Schutz von Minderheiten etablieren, beschreibt das Zusammenspiel von nationaler und sozialer Frage und sieht in sprachlichen und kulturellen Freiheiten der verschiedenen Volksgruppen ein großes Lösungspotential.
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Neben den politischen Aktivitäten war Fischhof nach der Revolution 1848 auch weiterhin als Arzt in Wien tätig. 1873 verlor er aufgrund des Wiener [[Börsenkrach|Börsenkrachs]] einen Großteil seines Vermögens. Finanzielle Schwierigkeiten und anhaltende gesundheitliche Probleme veranlassten ihn 1875 von Wien nach Emmersdorf bei Klagenfurt zu übersiedeln.
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Über die dort stattfindende Emmersdorfer Konferenz versuchte Fischhof gemeinsam mit [[Michael Etienne]], Herausgeber und Chefredakteur der [[Neue Freie Presse|Neuen Freien Presse]], František Ladislav Rieger und [[Alexander Scharf]], Begründer der [[Wiener Sonn- und Montagszeitung]], einen deutsch-tschechischen Ausgleich zu erwirken. Dies scheiterte ebenso wie das Vorhaben, 1882 eine deutsche Volkspartei als eine zur [[Deutschliberale Partei|Deutschliberalen Partei]] in der Nationalitätenpolitik kompromissbereite und zwischen slawischen und deutschen Interessen vermittelnde Partei zu gründen.
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Adolf Fischhof starb am 23. März 1893 in Emmersdorf. Begraben ist er am Wiener [[Zentralfriedhof]], Israelitische Abteilung, erstes Tor, Gruppe 5b/1/3. Die [[Fischhofgasse]] wurde 1979 nach ihm benannt.
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==Literatur==
 
==Literatur==

Version vom 29. Juni 2017, 12:23 Uhr

Daten zur Person
Personenname Fischhof, Adolf (Ephraim)
Abweichende Namensform
Titel Dr. med., Dr. phil.
Geschlecht männlich
PageID 19925
GND
Wikidata
Geburtsdatum 18. Dezember 1816
Geburtsort Ofen, Ungarn
Sterbedatum 23. März 1893
Sterbeort Emmersdorf bei Klagenfurt
Beruf Politiker, Arzt, Schriftsteller
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage
Export RDF-Export (Resource Description Framework) RDF
Recherche
Letzte Änderung am 29.06.2017 durch WIEN1.lanm09buc
Begräbnisdatum
Friedhof Wiener Zentralfriedhof, Israelitische Abteilung
Grabstelle Gruppe 5b/1/3

Es wurden noch keine Adressen zu dieser Person erfasst!

Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

  • Abgeordneter zum Österreichischen Reichstag (1848 bis 1849)

Adolf (Ephraim) Fischhof, * 18. (nach NDB: 8.) Dezember 1816 Ofen, Ungarn, † 23. März 1893 Emmersdorf bei Klagenfurt (Wiener Zentralfriedhof, Israelitische Abteilung, erstes Tor, Gruppe 5b/1/3; Grabmal mit obeliskartigem Aufbau auf hohem Sockel [von Max Fleischer]), Politiker, Arzt, Schriftsteller.


Biographie

Adolf Fischhof wurde als Sohn jüdischer Eltern 1816 in Ofen geboren. Sein Vater Joseph stammte aus der mährischen Judengemeinde Eibenschitz, seine Mutter Rosalie, Mädchenname Löwy, aus Budapest. Von 1829 bis 1834 besuchte Adolf Fischhof das Piaristengymnasium in Pest, ab 1836 studierte er an der Universität Wien Medizin, promovierte 1845 und wurde 1846 Magister der Geburtshilfe. 1848 erhielt er eine Anstellung als Sekundararzt im Allgemeinen Krankenhaus in Wien. Politisch trat er erstmals am 13. März 1848 durch seine berühmt gewordenen Rede im Hof des Landhauses der niederösterreichischen Stände in Erscheinung, in der er liberale Forderungen wie Volksvertretung, Gewissens-, Lehr- und vor allem Pressefreiheit stellte, aber auch schon das später seine politischen Schriften bestimmende Thema der Nationalitätenfrage in der Habsburgermonarchie umriss. Während des Revolutionsjahres 1848/49 übernahm Fischhof mehrere wichtige politische Funktionen und stand damit an der Spitze der Revolution: Kommandant im Medizinerbataillon der Studentenlegion, bis 17. Juli 1848 Präsident des Sicherheitsausschusses, ab dann Abgeordneter des Bezirks Wieden-Matzleinsdorf im Wiener und in der Folge im Kremsierer Reichstag sowie als k. k. Ministerialrat mit der Leitung des Sanitätsreferats des Ministeriums des Innern vom 2. Juli bis 20. Dezember 1848 beauftragt. Nach der Aufhebung des Reichstages im März 1849 wurde Fischhof verhaftet, des Hochverrats und der Beteiligung an der Ermordung des Außenministers Theodor Baillet von Latour angeklagt. Nach neun Monaten wurde er dank Zeugenaussagen zu seinen Gunsten und aus Mangel an Beweisen ab instantia freigesprochen und entlassen, aber erhielt erst im Jänner 1867 durch politische Amnestie seine vollen Bürgerrechte zurück und damit die Möglichkeit der politischen Mitgestaltung. Das 1870 folgende Angebot eines Ministerpostens von Alfred Potocki lehnte er jedoch ab. In seinen politischen Schriften (anonym, gemeinsam mit Joseph Unger "Zur Lösung der ungarischen Frage" (1861), "Ein Blick auf Österreichs Lage" (1866), "Österreich und die Bürgschaften seines Bestandes" (1869), "Der österreichische Sprachzwist" (1888)) widmete sich Fischhof der innenpolitischen Lage und der Nationalitätenfrage in der Habsburgermonarchie. Er spricht sich unter anderem für ein föderalistisches Modell nach Schweizer Vorbild aus, will durch Dezentralisierung lokalen Verwaltungen größere Autonomie einräumen, ein Kuriensystem zum Schutz von Minderheiten etablieren, beschreibt das Zusammenspiel von nationaler und sozialer Frage und sieht in sprachlichen und kulturellen Freiheiten der verschiedenen Volksgruppen ein großes Lösungspotential. Neben den politischen Aktivitäten war Fischhof nach der Revolution 1848 auch weiterhin als Arzt in Wien tätig. 1873 verlor er aufgrund des Wiener Börsenkrachs einen Großteil seines Vermögens. Finanzielle Schwierigkeiten und anhaltende gesundheitliche Probleme veranlassten ihn 1875 von Wien nach Emmersdorf bei Klagenfurt zu übersiedeln. Über die dort stattfindende Emmersdorfer Konferenz versuchte Fischhof gemeinsam mit Michael Etienne, Herausgeber und Chefredakteur der Neuen Freien Presse, František Ladislav Rieger und Alexander Scharf, Begründer der Wiener Sonn- und Montagszeitung, einen deutsch-tschechischen Ausgleich zu erwirken. Dies scheiterte ebenso wie das Vorhaben, 1882 eine deutsche Volkspartei als eine zur Deutschliberalen Partei in der Nationalitätenpolitik kompromissbereite und zwischen slawischen und deutschen Interessen vermittelnde Partei zu gründen. Adolf Fischhof starb am 23. März 1893 in Emmersdorf. Begraben ist er am Wiener Zentralfriedhof, Israelitische Abteilung, erstes Tor, Gruppe 5b/1/3. Die Fischhofgasse wurde 1979 nach ihm benannt.



Literatur

  • Biographisches Wörterbuch zur deutschen Geschichte. Begründet von Hellmuth Rössler und Günther Franz, bearbeitet von Karl Bosl [u.a.]. München: A. Francke 1973-1975
  • Walter Kleindel: Das große Buch der Österreicher. 4500 Personendarstellungen in Wort und Bild, Namen, Daten, Fakten. Unter Mitarbeit von Hans Veigl. Wien: Kremayr & Scheriau 1987
  • Gerhard Renner: Die Nachlässe in der Wiener Stadt- und Landesbibliothek. Wien 1993
  • Neue deutsche Biographie. Hg. von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Berlin: Duncker & Humblot 1953 - lfd.
  • Österreichisches biographisches Lexikon 1815–1950. Hg. von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften / Wien/Graz: Böhlau 1954-lfd.
  • Patricia Steines: Hunderttausend Steine. Grabstellen großer Österreicher jüdischer Konfession auf dem Wiener Zentralfriedhof, Tor I und Tor IV. Wien: Falter-Verlag 1993, S. 84
  • Constantin von Wurzbach: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich. Enthaltend die Lebensskizzen der denkwürdigen Personen, welche 1750 bis 1850 im Kaiserstaate und in seinen Kronländern gelebt haben. 60 Bände. Wien: Verlag der typografisch-literarisch-artistischen Anstalt 1856-1891. Register 1923
  • Richard Charmatz: Adolf Fischhof. Das Lebensbild eines österreichischen Politikers. Stuttgart-Berlin: 1910
  • Klaus Lohrmann [Hg.]: 1000 Jahre österreichisches Judentum. Ausstellungskatalog. Eisenstadt: Edition Roetzer 1982 (Studia Judaica Austriaca, 9), S. 139
  • W. J. Cahnmann: Adolf Fischhof and his Jewish Followers. In: Year Book of the Leo Baeck Institute of Jews from Germany 4 (1959), S. 111 ff.
  • Julius Stern / Sigmund Ehrlich: Journalisten- und Schriftstellerverein Concordia 1859-1909. Eine Festschrift. Wien: Concordia 1909, S. 166
  • Das Wiener Heimatbuch – Mariahilf. Hg. von der Arbeitsgemeinschaft des Mariahilfer Heimatmuseums. Wien: Austria Press 1963, S. 252
  • Hans Havelka: Der Wiener Zentralfriedhof. Wien: Jugend und Volk 1989, S. 116