Zwangsarbeiterlager Wifo-Lobau

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Daten zur Organisation
Art der OrganisationArt der Organisation NS-Institution Zwangsarbeiterlager
Datum vonDatum (oder Jahr) von 1941
Datum bisDatum (oder Jahr) bis 1945
Benannt nach
Prominente Personen
Wien Geschichte WikiIdentifier/Persistenter URL zur Seite  59862
GNDGemeindsame Normdatei
WikidataIDID von Wikidata
Siehe auchVerweist auf andere Objekte im Wiki  Zwangsarbeit, Zwangsarbeiterlager, Lager in Wien, Juden
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48° 10' 45.66" N, 16° 29' 45.16" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Im 22. Bezirk befand sich in der nationalsozialistischen Zeit das Gemeinschaftslager Wifo-Lobau bei der Erdöl-"Umschlaganlage Wien-Lobau". Es umfasste zumindest auch den Bereich Ecke Lobgrundstraße / Raffineriestraße und war von 1941 bis 1945 ein Lager für Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter sowie ab Sommer 1944 als Lager für ungarisch-jüdische Deportierte.

Der Stempel "Wirtschaftliche Forschungsgesellschaft / m.b.H. / Gemeinschaftslager Wien – Lobau / Lagerführung", mit dem Namensstempel "Reischinger" darüber, ist auf mehreren undatierten "Lagerauweis[en] für Gemeinschaftslager Wifo – Lobau" zu finden. Ungeachtet der "jüdischen" Herkunft der Betroffenen sind die Namen ohne die Namenszusätze "Sara" oder "Israel" eingetragen, die Lagerausweise jedoch links oben mit der Stempelung "J" versehen. Die ungarisch-jüdischen Zwangsabeiterinnen und Zwangsarbeiter waren großteils "Besch[äftigt] b[ei] Firma Schmitt u. Junk".

Die Wiener Zweigniederlassung der Münchener "Bauunternehmung Schmitt & Junk" hatte laut Industrie-Compass Ostmark 1943/1944 ihr Büro in 1., Singerstraße 27. Im Wiener Fernsprechbuch mit Stand Juni 1941 ist neben dem Niederlassungssitz Bösendorferstraße 1 bereits ein Telefonanschluss für eine "Baustelle Lobau" genannt. Im selben Telefonbuch scheint (also auch bereits für 1941) beim Eintrag "Wirtschaftliche Forschungsges. m. b. H." als einzige Adresse "Umschlaganlage Wien-Lobau" auf. Diese "Wifo" war nämlich zuständig für die Erdöltanklager der nationalsozialistischen Kriegswirtschaft, deshalb auch für das Lobauer Zentrallager und den Lobauer Ölhafen, wo rumänisches Erdöl gespeichert und verteilt wurde.

Für das Lager Wifo-Lobau sind in Meldevermerken auch Versionen wie "DAF-Lager Lobau, bei Wifo" zu finden, so bereits für die Zeit von Oktober 1941 bis Kriegsende. Somit war das Lager bereits ein länger bestehendes Arbeitslager bevor im Sommer 1944 (ab Juni 1944) über das Durchgangslager Strasshof auch ungarisch-jüdische Deportierte hierher gebracht wurden. Dabei ist bei der Internierung im Lager Wifo-Lobau häufig der Kontext mit der Firma Schmitt & Junk feststellbar ("Wien-Lobau [Abstand] I. Arbeitslager Schmitt und Junk").

Ungarisch-jüdische Internierte des Lagers Wifo-Lobau arbeiteten aber nicht nur für Schmitt & Junk. Von dort bezog vielmehr auch zumindest Waagner-Biró Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter. Laut Industrie-Compass Ostmark 1943/1944 war die Firma Waagner-Biró mit Sitz in 5., Margaretenstraße 70 damals unter anderem für Stahlkonstruktionen für Hochbauten aller Art zuständig. Weiters wurden Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter offenbar auch beim Donau-Oder-Kanal-Bau eingesetzt.

Die sonst üblichen dortigen Zwangsarbeiten waren zudem Räum- beziehungsweise "Enttrümmerungsarbeiten" nach Bombenangriffen, offenbar im Tanklager-Kontext. Nach Schilderungen mussten die dortigen jüdischen Ungarinnen und Ungarn (anders als etwa die kroatischen Arbeitskräfte) auch während Luftangriffen unter freiem Himmel weiterarbeiten. Manche nennen für dort auch etwa Ziegeltransporte als Tätigkeit.

In einer wohl aus dem Sommer 1944 stammenden Auflistung ist zwar nicht vom Lager Wifo-Lobau die Rede, aber offenbar stattdessen von einem Lager "Schmitt & Junk I": Dort seien (ausschließlich mit Bezug auf die ungarisch-jüdischen Personen) damals 306 Menschen interniert gewesen, darunter 173 Frauen, 69 Männer und 64 Kinder. Von den 306 wurden 218 anfangs als "arbeitsfähig" eingestuft, also 71 Prozent.

Im Lager Schmitt & Junk II (momentan unklare Lokalisierung) waren laut jener Liste nur 35 Menschen, darunter 20 Frauen, 8 Männer und 7 Kinder interniert. Von den 35 wurden anfangs 20, also 57 Prozent, als "arbeitsfähig" eingestuft.

Weiters nennt auch eine Liste des Wilhelminenspitals[1] das Lager "Wifo, Lager der D.A.F" (Deutsche Arbeitsfront) als Werklager, "Baustelle 33" in 22., Lobau für russische, italienische, tschechische und jugoslawische Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter.

Diese Liste des Wilhelminenspitals verzeichnet die dort zwischen 1942 und 1945 behandelten Ausländerinnen und Ausländer. Die Liste enthält Aufnahmezahl, Vor- und Zuname, Geburtsdatum, Geburtsort (Land), Eintritt, Austritt, "Bestimmungsort" mit Firma und Wohnadresse (mit den zeitgenössischen Straßennamen).[2]

Auch im Volksgerichtsakt von Dr. Siegfried Seidl befindet sich eine Liste eines jüdischen Arztes, der diese 1946 als Zeuge im Prozess gegen Seidl vorgelegt hat.[3] Es handelt sich dabei um Lager ungarisch-jüdischer Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter in den Bezirken 10 bis 25 und außerhalb Wiens sowie die Firmen, denen die Lager zugeordnet waren. Demnach befand sich hier ein Lager für ungarisch-jüdische Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter der Firma "Schmitt und Junk, Singerstr. 27.I."

Laut Volksgerichtsakt umfasste das "Schmitt & Junk Lager 1" (Wifo-Lobau) zum Zeitpunkt einer Inspektion durch den jüdischen Lagerarzt 306 Personen (69 Männer, 173 Frauen und 64 Kinder), von denen anfangs 218 als "arbeitsfähig" eingestuft waren. Im "Schmitt & Junk Lager 2" (Münchendorf) befanden sich dagegen 35 Personen (8 Männer, 20 Frauen und 7 Kinder), von denen anfangs 20 als "arbeitsfähig" eingestuft waren.

Siehe auch: Zwangsarbeit, Zwangsarbeiterlager, Lager in Wien, Juden

Quellen

Weblinks

Literatur

  • Stefan August Lütgenau: Zwangsarbeit im "Reichsgau" Wien 1938-1945. In: Studien zur Wiener Geschichte. Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 59 (2003), S. 167-186
  • Hermann Rafetseder: Lager und lagerartige Unterkünfte der NS-Zeit in Wien für das Online-Lexikon "Wien Geschichte Wiki", auf Basis von Material des Österreichischen Versöhnungsfonds. 108 Lager-Artikel und vier "Bonus-Tracks", erstellt im Auftrag des Wiener Stadt- und Landesarchivs. Linz: Eigenverlag 2017
  • Hermann Rafetseder: NS-Zwangsarbeits-Schicksale. Erkenntnisse zu Erscheinungsformen der Oppression und zum NS-Lagersystem aus der Arbeit des Österreichischen Versöhnungsfonds. Bremen: Wiener Verlag für Sozialforschung in EHV Academicpress GmbH 2014, S. 606-607 (sowie 25, 306, 327, 408, 546)

Einzelnachweise

  1. Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt.209 - Wilhelminenspital, A1 – Direktionsakten: Mappe 47: "Suchaktion Ausländer".
  2. Irrtümer bei den Bezirken und Hausnummern sind nicht ausgeschlossen. In die Bearbeitung aufgenommen wurden nur jene Adressen, bei denen "Lager" angegeben war, beziehungsweise nur jene Firmenlager, die als solche bezeichnet wurden.
  3. Wiener Stadt- und Landesarchiv, Volksgericht, A1 - Vg Vr-Strafakten: Vr 770/1946: Dr. Siegfried Seidl & Mittäter.