Zum Klagbaum

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Zum Klagbaum auf der Wieden. Ausschnitt aus dem 1778 erschienenen Huber-Plan
Daten zur Organisation
Art der Organisation Spital
Datum von 1267 JL
Datum bis 1787
Benannt nach
Prominente Personen
PageID 7156
GND
WikidataID
Objektbezug Mittelalter, Frühe Neuzeit, Spital, Siechenhaus
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 24.10.2023 durch WIEN1.lanm08swa
Bildname Huber_Klagbaum.jpg
Bildunterschrift Zum Klagbaum auf der Wieden. Ausschnitt aus dem 1778 erschienenen Huber-Plan
  • 4., Wiedner Hauptstraße 64-66
  • 4., Klagbaumgasse 1-4

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48° 11' 25.79" N, 16° 21' 58.50" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Siechenhaus St. Hiob (Job) zum Klagbaum (4., Wiedner Hauptstraße 64–66, Klagbaumgasse 1–4).

Das Siechenhaus wurde vom Magister Gerhard von Siebenbürgen, Pfarrer von Wien und Gars sowie päpstlicher Kaplan, für Leprose (Aussätzige) gestiftet. Die Gründungsumstände der anderen beiden Siechenhäuser (Spital zu St. Marx, Johannes in der Siechenals), die ebenfalls an einer Ausfallsstraße an der Burgfriedensgrenze lagen, sind hingegen unbekannt. Der Stiftbrief für Klagbaum stammt aus dem Jahr 1267, im selben Jahr wurde die Kirche vom Passauer Bischof geweiht. Bereits für das Jahr 1266 ist im Eisenbuch eine Ordnung für das "siechhaws dacz dem Clagpawm" überliefert. Ordnung und Stiftbrief sind teilweise widersprüchlich: Der Ordnung nach war das Siechenhaus etwa nur für Frauen bestimmt. Die Bezeichnung "Klagbaum" geht der Sage nach auf einen Klagelaute von sich gebenden Baum zurück. Wahrscheinlich ist sie jedoch auf einen Kreuzigungsbild(stock) zurückzuführen.

Mittelalterliches Siegel des Spitals zum Klagbaum (Nachzeichnung 1875)

Der Bau des Siechenhauses samt der dem Heiligen Hiob, dem Schutzpatron der Aussätzigen, geweihten Kirche soll 1273 vollendet gewesen sein. Das Haus wurde von einem Meister und einer Meisterin geleitet. 1482, als die Befestigungsanlagen beim Heranrücken von Matthias Corvinus verstärkt wurden, soll das Siechenhaus teilweise demoliert worden sein, um Baumaterial zu gewinnen. Im Zug der Ersten Osmanischen Belagerung von 1529 wurde die (wiederhergestellte?) Einrichtung wiederum in Mitleidenschaft gezogen. In der Folge dürfte Klagbaum mit St. Marx vereinigt worden und somit auch in städtische Hände gekommen sein.

Das Spitalsareal um 1750. Der Garten links stand dem Leiter (Vater) zur Verfügung, der große Garten rechts und die umliegenden Felder der Versorgung der Insassinen und Insassen. Diese waren in den zwei großen Stuben im rechten Gebäudetrakt untergebracht.
Das Spital in der historischen Stadtbeschreibung von Matthias Fuhrmann 1765.

Aufgrund eines großzügigen testamentarischen Vermächtnisses konnten um 1580 bauliche Veränderungen durchgeführt werden. Inwieweit die Anlage bereits nach 1529 wieder hergestellt worden war, lässt sich nicht sagen. Das Kirchenpatrozinium änderte sich damals in "Maria Heimsuchung". Die Zweite Osmanische Belagerung von 1683, während der die Türken das Siechenhaus als Pferdestall benutzt hatten, überstand die Einrichtung mit Ausnahme des Daches einigermaßen unbeschadet. Die Reparaturkosten übernahm zum Großteil das Bürgerspital, dem Klagbaum schließlich 1706 gemeinsam mit St. Marx inkorporiert wurde.

Da die Lepra weitgehend verschwunden war, fanden dort in der Frühen Neuzeit vor allem alte Menschen mit diversen Hautkrankheiten Aufnahme. Im 18. Jahrhundert versorgte Klagbaum zwölf Frauen und Männer, bei Freiwerden eines Platzes wurden von St. Marx dorthin "inkurable" Personen überstellt. Die Einrichtung stand unter der Leitung eines sogenannten (Haus-)Vaters, der dem Bürgerspitalmeister und den Superintendenten des Bürgerspitals unterstand. Da Klagbaum über kaum Einnahmenquellen verfügte, waren die Insassinnen und Insassen hauptsächlich auf Almosen angewiesen. In einem in die Straße hinausreichenden "Sammlerzimmer" bat daher etwa ein "Sammler" die Vorbeikommenden um eine Spende.

Im Zug der Reformen Josephs II. wurde das Siechenhaus aufgehoben und die Insassinnen und Insassen 1785 größtenteils in St. Marx untergebracht, das zum Bürgerversorgungshaus umfunktioniert worden war. Kurz darauf erfolgten der Abriss des Hauses und der Kapelle sowie die Parzellierung des Areals, durch das heute die Klagbaumgasse führt.

Pfarrzugehörigkeit

Eigene Hauspfarre, siehe: St. Marx (Pfarre).

Literatur

  • Michael Altmann: Das Wiener Bürgerspital. Zur Erinnerung an die Eröffnung des neuen Bürger-Versorgungshauses in der Alservorstadt. Wien: Selbstverlage des Bürgerspitalamtes 1860, S. 30, 65 f.
  • Elfriede Drexler: Studien zur Verfassungs-, Verwaltungs- und Rechtsgeschichte der mittelalterlichen Spitäler Wiens. Hausarb. Univ. Wien. Wien 1950, S. 106 ff.
  • Gustav Gugitz: Die Sagen und Legenden der Stadt Wien. Wien: Hollinek 1952 (Österreichische Heimat, 17), S. 73
  • Gustav Gugitz: Österreichs Gnadenstätten in Kult und Brauch. Band 1: Wien. Wien: Hollinek 1955, S. 58 f.
  • Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 4: Profane Topographie nach den 21 Bezirken (2.–21. Bezirk). Wien: Jugend & Volk 1958, S. 110
  • Carl Hofbauer: Die Wieden mit den Edelsitzen Conradswerd, Mühlfeld, Schaumburgerhof und dem Freigrunde Hungerbrunn. Historisch-topographische Skizzen zur Schilderung der Vorstädte Wiens. Wien: Gorischek 1864, S. 179 ff.
  • Johann Wilhelm Holczabek / Adalbert Winter: Sagen und geschichtliche Erzählungen der Stadt Wien. Wien: Graeser 61914, S. 20 ff.
  • Joseph Holzinger: Hausgeschichte des Bürgerspitals zu Wien. Unveröffentlichtes Manuskript 1857–1860 [WStLA, Handschriften: A 240], Teil 2/2
  • Wilhelm Kisch: Die alten Straßen und Plätze von Wiens Vorstädten und ihre historisch interessanten Häuser. (Photomechan. Wiedergabe [d. Ausg. v. 1895]). Cosenza: Brenner 1967, Band 3 , S. 199 ff.
  • Karl Lind: Beiträge zur Kunde der älteren Gemeinde-Siegel und Wappen in Nieder-Oesterreich. In: Mitteilungen und Beiträge des Alterthums-Vereins zu Wien XV , 1875, S. 41
  • Ferdinand Opll: Erstnennung von Siedlungsnamen im Wiener Raum. Wien [u. a.]: Jugend & Volk 1981 (Kommentare zum Historischen Atlas von Wien, 2), S. 38
  • Richard Perger / Walther Brauneis: Die mittelalterlichen Kirchen und Klöster Wiens. Wien [u.a.]: Zsolnay 1977 (Wiener Geschichtsbücher, 19/20), S. 264 ff.
  • Sarah Pichlkastner: Insassen, Personal und Organisationsform des Wiener Bürgerspitals in der Frühen Neuzeit. Eine Projektskizze. In: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 123 (2015), S. 117–132
  • Sarah Pichlkastner: Eine Stadt in der Stadt. InsassInnen und Personal des frühneuzeitlichen Wiener Bürgerspitals – eine Studie anhand exemplarischer Untersuchungszeiträume. Wien 2020
  • Sarah Pichlkastner / Manuel Swatek: Fürsorge und Ökonomie. Das Wiener Bürgerspital um 1775. Veröffentlichungen des Wiener Stadt- und Landesarchivs, Reihe B: Ausstellungskataloge, Heft 97, Wien 2017
  • Martin Scheutz / Alfred Stefan Weiß: Spital als Lebensform. Österreichische Spitalordnungen und Spitalsinstruktionen der Neuzeit. Band 2: Editionsteil. Wien [u. a.]: Böhlau Verlag 2015 (Quellenedition des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, 15/2), S. 982 ff. (Instruktion für den Vater von 1717)
  • Elisabeth Schuster: Die Etymologie der niederösterreichischen Ortsnamen. Wien: Verein für Landeskunde von Niederösterreich 1989–1994 (Historisches Ortsnamenbuch von Niederösterreich, Reihe B), S. 382
  • Herwig Weigl / Thomas Just: Quellen zur mittelalterlichen Spitalgeschichte aus dem bayerisch-österreichischen Raum. In: Martin Scheutz [u. a.] [Hg.], Quellen zur europäischen Spitalgeschichte in Mittelalter und Früher Neuzeit / Sources for the History of Hospitals in Medieval and Early Modern Europa. Wien [u. a.]: Böhlau Verlag / Oldenbourg Verlag 2010 (Quelleneditionen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, 5), S. 243–297 (zu Klagbaum S. 278 ff.)
  • Karl Weiß: Geschichte der öffentlichen Anstalten, Fonde und Stiftungen für die Armenversorgung in Wien. Wien: Selbstverlage des Gemeinderathes 1867, S. 13 ff., 93, 248 f.