Roter Turm

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Rotenturmtor, Vogelschau von Jakob Hoefnagel, Ausschnitt, 1609.
Daten zum Bauwerk
Art des Bauwerks Sonstiges Bauwerk
Datum von 1288
Datum bis 1776
Andere Bezeichnung
Frühere Bezeichnung
Benannt nach Rout (Recht)
Einlagezahl
Architekt
Prominente Bewohner
PageID 29016
GND
WikidataID
Objektbezug Wiener Wappen, Mittelalter, Frühe Neuzeit, Stadtbefestigung
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Paul Harrer: Wien, seine Häuser
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Letzte Änderung am 8.11.2023 durch WIEN1.lanm08uns
Bildname Rotenturmtor.jpg
Bildunterschrift Rotenturmtor, Vogelschau von Jakob Hoefnagel, Ausschnitt, 1609.
  • 1., Rotenturmstraße 26-31

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48° 12' 42.45" N, 16° 22' 34.35" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Der Rote Turm am Steinhausen-Plan

Roter Turm (1).

Das Rotenturmtor, das von der Schlagbrücke in die Stadt führte, hatte seinen Namen nach einem Turm der Stadtbefestigung, der schon 1288 als "rother Turm" belegbar ist. Er wurde bis ins 15. Jahrhundert als ein schlankes Gebäude auf viereckigem Grundriss mit spitzem, rotem Ziegeldach dargestellt, an der Außenseite in Gevierten rot und weiß bemalt (älteste Darstellung im Babenbergerstammbaum, um 1490). Maximilian I. ließ den durch die Belagerung des Matthias Corvinus beschädigten Turm 1511 umgestalten (Darstellung auf Hoefnagels Vogelschau 1609; einstöckiger Torturm mit spitzem Dach, vier zugespitzten Ecktürmchen und einer spitzbogenüberdeckten Durchfahrt).

Bei diesem Umbau wurde das Rotenturmtor innen mit fünf Wappenschilden (drei in der oberen, zwei in der unteren Reihe) ausgestattet. Um das Wappen Maximilians I. (auf goldenem Grund den schwarzen Doppeladler) sind jene von Österreich und Burgund gruppiert, darunter die beiden Stadtwappen, nämlich das Doppeladlerwappen und der Kreuzschild. An den beiden Seiten der Schilde standen zwei geharnischte Männer als Schildhalter, wobei einer eine Fahne von Österreich, der zweite eine Fahne der Stadt Wien trug. Außerdem wurden Spruchbänder in lateinischer Sprache angebracht, die die Sicherheit der Stadt und die Tugenden Kaiser Maximilians I. lobten, sowie die Jahreszahl 1511.

Beim Roten Turm wurde die Wassermaut eingehoben. Ab 1662 war die Passage durch das Rotenturmtor erleichtert, da Fahr- und Gehtor voneinander getrennt waren. Der Rote Turm blieb auch nach Errichtung der Großen und der Kleinen Gonzagabastei (1661-1664) bestehen (noch auf den Stadtplänen von 1684 und 1710 verzeichnet). Erst 1776 wurde er zwecks Erweiterung der Passage abgebrochen. Dicht neben dem Turm stand 1418 ein "kleiner Turm zunächst dem Roten Turm", der schon 1547 in ein Haus verbaut war.

Der Name leitet sich nicht von der Farbgebung, sondern vom Wort "rout" (Recht) ab, da hier Recht gesprochen wurde und der Turm auch als Gefängnis diente. Die Namensgebung scheint jedoch willkürlich, da über die Rechtssprechung beim Roten Turm genauere Informationen fehlen und auch andere Türme (vor allem der Kärntnerturm) als Gefängnis verwendet wurden.

Im "Lobspruch" des Wolfgang Schmeltzl (1547) wird ein eigenartiges Wahrzeichen, eine Speckschwarte ("Pachen"), beim Roten Turm erwähnt. Das Anbringen solcher Speckschwarten geht vermutlich auf vorchristliche Gebräuche zurück und war auch außerhalb Wiens üblich (zum Beispiel in Nürnberg im Haus des Deutschordens [bis 1780]). Ursprünglich hing hier eine echte Speckschwarte, die aber später durch eine Nachbildung aus Holz ersetzt wurde. Unter dieser waren Knittelverse angebracht, die mit den folgenden Zeilen schlossen:

"Welcher kommt durch diese Pforten,
Dem rath' ich mit getreuen Worten,
Daß er halt' Fried in dieser Stat,
Oder er macht sich selbst Unrath;
Das ihn zween Knecht zum Richter weisen
Und schlagen ihn in Stock und Eisen."

Erst Mitte des 18. Jahrhunderts wurde die Speckschwarte entfernt.

Der Kaffeesieder Ambros Augustini hatte ab 1814 auf der Bastion beim Rotenturmtor eine Kaffeehütte, die am 23. August 1819 entfernt werden musste. Das Häuschen wurde als Ganzes mittels Walzen auf die Biberbastei übertragen, wo es bis 1825 stehen blieb.

Das alte Rotenturmtor stand etwa zwischen den heutigen Häusern Rotenturmstraße 26 und 31. Als die Stadtbefestigung unter Leopold I. im Jahr 1658 näher an die Donau verlegt wurde, errichtete man das neue Rotenturmtor, das sich auf der heutigen Fahrbahn südlich des westlich der Schwedenbrücke gelegenen Abgangs zur U-Bahn befand. Das Gehtor stand an der Kreuzung Laurenzerberg, Schwedenplatz (in Richtung des Laurenzerbergls). Vor dem Tor war ein Standplatz für Stellwagen, die zum Ferdinands- und Marienbad verkehrten und den Verkehr zur Militärschwimmschule im Prater beziehungsweise zu den Kaisermühlen aufrechterhielten. Am Kanal befand sich der Abfahrtsplatz der Dampfboote, die bis nach Konstantinopel verkehrten. Durch das Rotenturmtor erfolgten oft die prunkvollen Einzüge der von Krönungen oder Kriegen heimgekehrten Herrscher, ebenso die Zufahrt der Pummerin.

Das alte Tor wurde erst im Jahr 1776 abgebrochen, der Rote Turm hingegen war schon früher niedergerissen worden.

Literatur

  • Ferdinand Opll: Alte Grenzen im Wiener Raum. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1986 (Kommentare zum Historischen Atlas von Wien, 4), S. 35
  • Richard Perger: Straßen, Türme und Basteien. Das Straßennetz der Wiener City in seiner Entwicklung und seinen Namen. Wien: Deuticke 1991 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 22), S. 114 (Rotenturmtor)
  • Gustav Gugitz: Die Sagen und Legenden der Stadt Wien. Wien: Hollinek 1952 (Österreichische Heimat, 17), S. 138 f.
  • Der Roten Turm. und die Speckseite. In: Rendezvous Wien. Vierteljahreszeitschrift für Freunde Wiens in aller Welt. Heft 1–2. Wien: Wiener Tourismusverband 1977, S. 30 f.
  • Wilhelm Kisch: Die alten Straßen und Plätze von Wiens Vorstädten und ihre historisch interessanten Häuser. (Photomechan. Wiedergabe [d. Ausg. v. 1883]). Cosenza: Brenner 1967, Band 1, S. 323 ff.
  • Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, S. 117
  • Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Geschichte und Kultur. Band 1, 3. Teil. Wien ²1951 (Manuskript im WStLA), S. 627 ff.