Mairevolution

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Die Barrikade auf dem Michaelerplatz in der Nacht vom 26. auf den 27. Mai 1848
Daten zum Ereignis
Art des Ereignisses Revolution
Datum von 14. Mai 1848
Datum bis 28. Mai 1848
Thema
Veranstalter
Teilnehmerzahl
Gewalt Ja
PageID 365877
GND
WikidataID
Objektbezug Revolution 1848
Quelle
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Letzte Änderung am 3.11.2023 durch WIEN1.lanm09fri
Bildname Michaelerplatz Barrikade.jpg
Bildunterschrift Die Barrikade auf dem Michaelerplatz in der Nacht vom 26. auf den 27. Mai 1848

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Die Mairevolution war ein Teilereignis der über das ganze Jahr 1848 in drei Etappen stattfindenden Revolution. Den Anstoß bildete die so genannte Sturmpetition vom 15. Mai 1848. In Folge der Mairevolution wurde die Rücknahme der Ende April vorgelegten „oktroyierten Verfassung" erzwungen: ein zu wählender Reichstag sollte eine neue Verfassung ausarbeiten.

Kampf um das Wahlrecht

Nach der Märzrevolution war es zu einer weitgehenden Machtübernahme des Bürgertums im revolutionären Wien gekommen. Weiterhin war jedoch auch eine kaiserliche Regierung im Amt. Am 25. April 1848 legte Innenminister Franz Xaver Pillersdorf seine Pillersdorfsche Verfassung vor. Diese sah ein eingeschränktes Männerwahlrecht ab dem 24. Lebensjahr und ein Zwei-Kammern-System bestehend aus einem vom Hochadel dominierten Senat und einem bürgerlich dominierten Abgeordnetenhaus vor. Die Pillersdorfsche Verfassung versuchte, eine staatliche Neuordnung zu etablieren, die de facto die alten Machtverhältnisse nur wenig verändert hätte.

In den ersten Maitagen versuchten vor allem die Studenten dies insofern zu verhindern, indem sie zwar die Verfassung grundsätzlich anerkannten, aber über eine Veränderung des Wahlrechts eine tiefgreifende Demokratisierung herbeizuführen trachteten. In diesem Sinn überreichte am 5. Mai ein Studentenkomitee eine Petition an das Ministerium. Nach dieser Petition sollten Arbeiter, Dienstleute und Personen die aus Wohltätigkeitsanstalten Unterstützung erhielten nicht von der Wahl ausgeschlossen sein und der Kaiser für diese Kammer auch kein Ernennungsrecht besitzen.

Nachdem innerhalb der Nationalgarde Unzufriedenheit mit dem vom Bürgertum dominierten Verwaltungsrat herrschte, konstituierte sich am 7. Mai ein „Politisches Zentralkomitee der gesamten Nationalgarde Wiens“ welches die kleinbürgerlichen Schichten vertrat und von Vertretern aus den Kompanien der Garde und der akademischen Legion beschickte wurde. Den studentischen Forderungen schlossen sich nun Nationalgarde und Bürgerkorps an, weil unter den Gardisten kleinbürgerliche Kräfte aus den Vorstädten bestimmend wurden. Daraufhin reagierte die Regierung mit dem Erlass einer Wahlordnung, welche die indirekte Wahl für das Abgeordnetenhaus vorsah und Arbeiter, Dienstboten und Taglöhner weiterhin von der Wahl ausschloss. Das Politische Zentralkomitee akzeptierte diese Einschränkung zunächst und schien dem Druck der Regierung auf Auflösung nachgeben zu wollen.

Mairevolution

Sturmpetition

Als der reaktionäre Kommandant der Nationalgarde Johann Ernst Hoyos-Sprinzenstein am 13. Mai dem Zentralkomitee dem Auflösungsbefehl zustellte und Militär mobilsierte, kam es zu einer Protestversammlung der Studenten. Die akademische Legion und große Teil der Nationalgarde marschierten am 15. Mai unterstützt von Bauarbeitern zur Hofburg und übergaben eine (Sturmpetition) in der die Weiterexistenz des Zentralkomitees gefordert wurde. Die Regierung bzw. Kaiser Ferdinand I. erklärte auf Druck der radikalen Demokraten (Arbeiter, Studenten, Nationalgarde) die oktroyierte Verfassung für "vorläufig" und stellte die Errichtung eines konstituierenden Reichstags mit nur einer Kammer in Aussicht. Unter dem Druck der Demonstranten nahm die Regierung die Wahlordnung vom 8. Mai zurück und gestand das Prinzip der Volkssouveränität („demokratische Monarchie“) zu. Der Reichstag sollte nach dem allgemeinen Männerwahlrecht ab dem 24. Lebensjahr gewählt werden.

In den Vororten und Umland entlud sich die revolutionäre Spannung auch in der erneuten Zerstörung von Stoffdruckmaschinen in Meidling, St. Veit, Hacking, Penzing, Atzgersdorf, Siebenhirten, Perchtoldsdorf, Mödling und Schwechat.

Konstituierung des Gemeindeausschusses

Der Bürgerausschuss hatte währenddessen ein Statut und eine Wahlordnung für den neuen Gemeindeausschuss entworfen. Zur Wahl zugelassen waren Bildungsbürger und Einwohner mit Bürgerrecht mit einer Steuerleistung von mindesten 20 Gulden, ausgeschlossen waren Arbeiter und Kleinbürger. Die Wahlen wurden am 20. Mai abgehalten, am 25. Mai bildete sich der aus 100 Mitgliedern bestehende Gemeindeausschuss zur ersten konstituierenden Sitzung. Dr. Dierl wurde zum Präsidenten und damit de facto zum Bürgermeister gewählt. Dieser neue Gemeindeausschuss hatte aber nur provisorischen Charakter, insofern ihm die Ausarbeitung einer Wahlordnung und Gemeindeordnung für einen künftigen Gemeinderat zukam. Dieses Gremium bestand bis zum 5. Oktober. Durch die eigentlich der Regierung zukommenden Aufgaben (Lebensmittelverteilung, Errichtung von Notunterkünften für Arbeitslose) wurde offensichtlich, dass das Gesetz des Handelns vom Staat auf die Gemeinde übergegangen war.

"Barrikadentage"

Als der Ministerrat am 26. Mai die Auflösung der Akademischen Legion kundmachte, solidarisierten sich kleinbürgerliche Nationalgardisten und Arbeiter mit den Studenten. An zahlreichen Stellen der Innenstadt wurden 160 Barrikaden gegen Polizei und Militär errichtet, als die Nachricht über die beabsichtigte Schließung der Universität und die Auflösung der Akademischen Legion die Öffentlichkeit erreichte. Die Akademische Legion konnte sich in Straßenkämpfen (26.-28. Mai) gegen die konservativen Kräfte behaupten. Die Auflösung der Akademischen Legion und die Schließung der Universität konnte verhindert werden. Ein zur Niederschlagung des Protests herangeführtes Infanterieregiment zog sich vor der Übermacht der Revolutionäre wieder zurück. In einem Handgemenge beim Rotenturmtor starb ein Gerbergeselle. Er blieb das einzige Todesopfer der Mairevolution.

Plan von Wien mit seinen 160 Barrikaden, Mai 1848

Ergebnisse

Die politische Macht ging nach der Mairevolution auf den von der Nationalgarde kontrollierten revolutionären „Sicherheitsausschuss" über, der am 28. Mai gegründet worden war. Den Vorsitz führte Adolf Fischhof. Die Gründung des Sicherheitsausschusses wurde durch den gemäßigt-liberalen Gemeindeausschuss initiiert, bald aber bildete sich ein Konkurrenzverhalten aus, denn der Sicherheitsausschuss verstand sich als Verteidiger der bisherigen Errungenschaften der Revolution und Vertretung der Gesamtbevölkerung. Am 8. Juli konnte dieser sogar die Regierung Pillersdorf stürzen. Die Organisation von Notstandsarbeiten wurde vorangetrieben, wofür sich dank der guten Entlohnung bis Ende Mai bereits 20.000 Arbeitslose aus Wien und Umgebung angemeldet hatten.

Am 26. Mai wurde durch den Studenten Willmer ein erstes "Arbeiterkomitee" sowie am 24. Juni auf Initiative Friedrich Sanders der "Erste Allgemeine Arbeiterverein" gegründet – soziale Forderungen der Arbeiterschaft wurden damit Bestandteil der revolutionären Bewegung. Die Wiener Bevölkerung blieb vorerst mehrheitlich kaisertreu und gab dem Hofadel die Schuld an den Missständen.

Ende Mai und im Juni wurden die Wahlen zum konstituierenden Reichstag abgehalten, der am 22. Juli durch Erzherzog Johann von Österreich in der Winterreitschule eröffnet wurde.

Literatur

  • Peter Csendes, Ferdinand Opll [Hg.]: Wien. Geschichte einer Stadt. Band 3: Von 1790 bis zur Gegenwart. Wien/Köln/Weimar: Böhlau 2006, S. 111-114
  • Wolfgang Häusler: Ideen können nicht erschossen werden. Revolution und Demokratie in Österreich 1789-1848-1918. Wien/Graz/Klagenfurt: Molden 2017
  • Wolfgang Häusler: Von der Massenarmut zur Arbeiterbewegung. Demokratie und soziale Frage in der Wiener Revolution von 1848. Wien [u.a.]: Jugend und Volk 1979
  • Josef Alexander von Helfert: Geschichte der österreichischen Revolution im Zusammenhang mit der mitteleuropäischen Bewegung der Jahre 1848-1849. 2 Bände. Freiburg im Breisgau / Wien [u.a.]: Herder 1907-1908
  • Heinrich Reschauer / Moritz Smets: Das Jahr 1848. Geschichte der Wiener Revolution. 2 Bände. Wien: R. v. Waldheim 1872
  • Maren Seliger / Karl Ucakar: Wien. Politische Geschichte 1740-1895. Wien: Jugend & Volk 1985 (Geschichte der Stadt Wien, 1), S. 215-218

Weblinks