Elektrizität

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Verschiedene elektrische Schalter und Steckkontakte, 1935
Daten zum Eintrag
Datum von
Datum bis
Objektbezug Langes 19. Jahrhundert
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Bildname Elektizitaet Schaltkontakte.jpg
Bildunterschrift Verschiedene elektrische Schalter und Steckkontakte, 1935

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Elektrizität. Die ersten brauchbaren elektrischen Maschinen hatten nur geringe Leistungsfähigkeit. Der Büchsenmacher Johann Kravogl (Kravoglgasse) erfand 1867 das "elektrische Kraftrad", den ersten Elektromotor der Welt, von dem die praktische Anwendung der Elektrizität ihren Ausgang nahm. Die Entwicklung des dynamisch-elektrischen Prinzips durch Werner Siemens (* 1816, † 1892) ließ diesen praktischen Einsatz von elektrischer Energie erstmals als wahrscheinlich erscheinen; 1869 wurde der Dynamo erfunden, 1881 brachte Edison seine 1879 erfundenen Kohlenfadenglühlampen auf den Markt und kuppelte auf der Pariser Weltausstellung eine Dampfmaschine mit einem Dynamo, ebenfalls 1881 fuhr in Berlin eine Straßenbahn, 1882 wurde in New York die erste nach diesem Prinzip arbeitende Kraftzentrale in Betrieb genommen, 1889 führte Siemens auf der Berliner Gewerbeausstellung eine kleine elektrische Eisenbahn vor, und 1891 demonstrierte Oskar von Miller auf der Internationalen Elektrizitätsausstellung in Frankfurt eine von ihm konstruierte Fernleitung zur Übertragung elektrischer Energie.

Bei der Weltausstellung 1873 in Wien wurden unter anderem bereits Gleichstrombogenlampen, Gleichstrommotoren und Dynamomaschinen gezeigt. 1876 wurde die erste Bogenlichtlampe erzeugt ("Jablochkoffsche Kerze"). 1878-1880 kam es zu ersten Versuchen mit Kleinbogenlampen. 1878 wurde der Wiener Eislaufvereinsplatz elektrisch beleuchtet und am 12. Juli 1880 probeweise die Halle des Südbahnhofs. 1880 wurden auch 40 Lampen im Volksgarten installiert (Johann Kremenetzky), 1882 weitere auf dem Graben und einem Teil des Stephansplatzes (Probebeleuchtung, System Brush) sowie am Opernring und in einem Teil der Kärntner Straße (System Bray und Sugg, "Intensivbrenner"). 1882 entwarf Ludwig Lobmeyr den ersten elektrifizierten Kristallluster (Ausführung J. & L. Lobmeyr); im selben Jahr wurde die Hermesvilla elektrisch beleuchtet. Am 1. Jänner 1882 gründete der Industrielle Béla Egger mit seinen Brüdern die "Erste österreichisch-ungarische Fabrik für elektrische Beleuchtung und Kraftübertragung" (ursprünglich Egger, Kremenetzky & Co., ab 1881 9, Severingasse 9, ab 1882 9, Grünentorgasse 19, ab 1885: 5, Spengergasse 33-35). 1883 bot die in der Rotunde abgehaltene und von den meisten europäischen Staaten beschickte "Internationale Elektrische Ausstellung" einen Überblick über die Möglichkeiten der Verwendung elektrischer Energie; bei dieser Gelegenheit wurde dort eine etwa 300 Meter lange Schmalspurbahnstrecke in Betrieb genommen, die Egger angelegt hatte (von der Jaroschauer-Bierhalle über die Feuerwerkswiese zum Nordportal der Rotunde); außerdem kam es zur Einsetzung einer Städtischen Studienkommission für Elektrizitätsverwendung. Am 2. Oktober 1883 nahm Egger die Fabrikation von Kohlenfadenlampen auf und gründete in der Folge mehrere Fabriken. Am 21. August 1885 installierte er im (Neuen) Rathaus eine elektrische Anlage, mit deren Hilfe der Gemeinderatssitzungssaal (großer Luster) und das Sektionszimmer beleuchtet wurden; auch die Bodencreditanstalt und das Varieté Ronacher erhielten elektrische Beleuchtung, 1887 folgte die Hofoper und 1906 der Stephansdom; 1893 wurde auch der Kohlmarkt elektrisch beleuchtet. Egger gründete in der Folge mehrere Fabriken, die 1897 unter Mitwirkung der Niederösterreichischen Eskompte-Gesellschaft in der "Vereinigten Elektrizitäts-AG" (VEAG) zusammengeschlossen wurden. 1895-1897 wurde im Prater der "Elektrische Mann" gezeigt, 1898 beim Lokal "Zum Walfisch" eine elektrisch betriebene Grottenbahn installiert (die erste Europas), und 1902 gab es auch bereits das erste Karussell mit elektrischem Antrieb. Die Anregung der Studienkommission, aus städtischen Mitteln eine kommunale Elektrizitätszentrale zu finanzieren (Aufwand eine Million Gulden), lehnte der Gemeinderat 1887 ab, weil ihm das finanzielle Risiko zu hoch erschien; man wollte die Erfahrungen privater Investoren abwarten.

Private Elektrizitätsgesellschaften

In den 1880er Jahren erhielten drei private Gesellschaften Konzessionen: 1885 die "Allgemeine Österreichische Elektrizitätsgesellschaft" (AÖEG; Dampfzentralen 1, Neubadgasse 6, und 2, Obere Donaustraße 23; Einlösung 1914), 1887 die "Wiener Elektrizitätsgesellschaft" (WEG; Konzession 27. März, Dampfzentrale 6, Kaunitzgasse 4; Einlösung 1907) und 1990 die "Internationale Elektrizitätsgesellschaft" (IEG; Dampfzentrale 2, Engerthstraße 199; Einlösung 1908). Am 14. September 1889 wurde von der Allgemeinen Österreichischen Elektrizitätsgesellschaft die erste Elektrizitätszentrale (Leistung 400 Pferdestärken) in der Stadt in Betrieb genommen (an der Stelle des Herzogs- oder Neubads, 1, Neubadgasse 6), 1895 standen vier Verbundmaschinen (Compound Engines) zur Verfügung. Am 10. Dezember 1892 wurde ein zweites Kraftwerk errichtet ("Leopoldstadt", 2, Obere Donaustraße 23); mit diesen beiden Dampfzentralen versorgte die Allgemeine Österreichische Elektrizitätsgesellschaft zwölf Bezirke mit Strom. Unterstationen befanden sich 17, Helbinggasse 7, und 19, Billrothstraße 7. Die Dampfzentrale der Wiener Elektrizitätsgesellschaft befand sich 6, Kaunitzgasse 4; die Gesellschaft versorgte den sechsten und siebten Bezirk sowie Teile des ersten, vierten und fünften Bezirks. Die Internationale Elektrizitätsgesellschaft (Ganz & Co. Budapest [Wien 9, Wasagasse 31] sowie Union-Bank Budapest) nahm am 14. November 1890 das Dampfkraftwerk 2, Engerthstraße 199, in Betrieb. Anlass zum Engagement der Gemeinde Wien im Hinblick auf Kommunalisierungen waren (auf Initiative von Bürgermeister Karl Lueger) vor allem die unhaltbaren sozialen Zustände bei der Straßenbahn sowie die Tarifgestaltung der privaten "Imperial-Continental-Gas-Association" (Private Gaswerke; Städtische Gaswerke); aber auch bei den privaten Elektrizitätswerken gab es Probleme (Tarif, keine einheitliche Spannung, Netzschwankungen). Am 5. Mai 1899 beschloss der Gemeinderat die Aufnahme einer Anleihe zum Bau eines städtischen Elektrizitätswerks (Elektrizitätsanleihe), am 11. Mai 1900 die Erbauung eines Kraftwerks in Simmering zur Erzeugung von Strom für den Betrieb der Straßenbahn und für die öffentliche Beleuchtung (Elektrizitätswerk Simmering). Städtische Elektrizitätswerke.

Literatur

  • Hannelore Hatzl-Bandion: 40 Jahre Wiener Stadtwerke. Wien: Compress 1989
  • Paul Kortz: Wien am Anfang des 20. Jahrhunderts. Ein Führer in technischer und künstlerischer Richtung. Hg. vom Oesterreichischen Ingenieur und Architekten-Verein. Band 1. Wien: Gerlach & Wiedling 1905, S. 259 ff.
  • Technischer Führer durch Wien. Hg. vom Österreichischen Ingenieur- und Architekten-Verein. Red. von Martin Paul. Wien: Gerlach & Wiedling 1910, S. 165 ff., 174 ff.
  • Ferdinand Lettmayer [Hg.]: Wien um die Mitte des XX. Jahrhunderts - ein Querschnitt durch Landschaft, Geschichte, soziale und technische Einrichtungen, wirtschaftliche und politische Stellung und durch das kulturelle Leben. Wien: Jugend und Volk 1958, S. 639 ff., 646 ff., 653 ff. (öffentliche Beleuchtung), 651 ff. (Kraft- und Umspannwerke)
  • Maren Seliger / Karl Ucakar: Wien. Politische Geschichte 1896 - 1934. Wien: Jugend & Volk 1985 (Geschichte der Stadt Wien, 2), S. 894 ff. und Register
  • Felix Czeike: Wirtschafts- und Sozialpolitik der Gemeinde Wien in der ersten Republik (1919 - 1934). Band 2. Wien: Verlag für Jugend und Volk 1959 (Wiener Schriften, 11), S. 127 ff.
  • Illustrirter Führer durch die internationale Elektrische Ausstellung in Wien 1883 ... Wien: A. Hartleben 1883
  • Ernest Blaschek [Hg.]: Mariahilf einst und jetzt. Wien [u.a.]: Gerlach & Wiedling 1926 (Wiener Heimatbücher), S. 194 ff.
  • Hans Pemmer / Ninni Lackner: Der Prater einst und jetzt. Leipzig / Wien: Deutscher Verlag für Jugend und Volk 1935, S. 132