Bancozettel

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Daten zum Begriff
Art des Begriffs Quellenkunde
Andere Bezeichnung
Frühere Bezeichnung
Nachweisbar von
Nachweisbar bis
Objektbezug Frühe Neuzeit, Langes 19. Jahrhundert, Österreichische Währung, Münzwesen, Wiener Währung, Quellenkunde
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 10.08.2023 durch WIEN1.lanm08trj

Gegen Ende des Siebenjährigen Kriegs (1756-1763) kam es 1762 erstmals zur Ausgabe von Papiergeld (Banknoten), die „Wiener-Stadt Banco-Zettel" hießen (Wiener Stadt-Banco). 1770 beantragte der Präsident der Hofkammer, Graf Hatzfeld, mit der merkwürdigen Begründung, dass man die Bevölkerung in Friedenszeiten an den Gebrauch von Papiergeld gewöhnen müsse, eine weitere Ausgabe derselben. 1771 erfolgte die zweite Emission (12 Millionen Gulden), 1784 die dritte und 1796 die vierte Emission; ein Annahmezwang bestand allerdings nicht. Als infolge der Napoleonischen Kriege der Geldbedarf rasant anstieg und bedenkenlos weitere Bancozettel gedruckt wurden (1796 waren 46 Millionen, 1797 bereits 74 Millionen Gulden im Umlauf, außerdem wurde der Annahmezwang dekretiert, das Disagio betrug allerdings nur 1/4 %), geriet die Ausgabe der Bancozettel außer Kontrolle; italienisch-französische Fälschungen trugen zur Verschlimmerung der Situation bei. Da vor allem 1800-1806 in ungeheuren Mengen ungedeckt weiter emittiert wurde (1806 Umlauf 450 Millionen, Kurswert des Hartgelds 175 %), waren 1811 Bancozettel im Wert von über 1.061 Millionen Gulden im Umlauf (Kurswert des Hartgelds 833 %), was einem Staatsbankrott gleichkam (1 Silbergulden = 8 1/3 Gulden Bancozettel). Da an eine Einlösung nicht mehr zu denken war, riet Hofkammerpräsident Joseph Graf Wallis zu einer radikalen Abwertung des Papiergelds. Es kam zunächst zu einem 80 % übersteigenden Disagio, bis mit kaiserlichem Patent vom 20. Februar 1811 („Februarpatent" zur Finanzreform) eine Entwertung auf 20 % dekretiert wurde. Die Bancozettel wurden mittels neu emittierter papierener Einlösungsscheine eingelöst und bildeten bis 31. Jänner 1812 gemeinsam mit den abgewerteten Bancozetteln die „Wiener Währung" („W. W."). Die durch die Bancozettel ausgelöste Teuerung und die Verelendung der Bevölkerung konnten damit nicht rückgängig gemacht werden. Bis 1815 wurden 1,043.207.665 Gulden Bancozettel umgetauscht. Da die Einlösungsscheine nicht gedeckt waren, ergab sich neuerlich ein Disagio; als neues Papiergeld wurden 1813 die Antizipationsscheine ausgegeben.

Literatur

  • Günther Probszt: Österreichische Münz- und Geldgeschichte. Von den Anfängen bis 1918. Wien [u.a.]: Böhlau 1973, S. 526 ff.