Annie Kalmar

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Annie Kalmar
Daten zur Person
Personenname Kalmar, Annie
Abweichende Namensform Kalmar, Anna; Kaldwasser, Anna; Kaldwasser, Elisabeth
Titel
Geschlecht weiblich
PageID 367814
GND 121421678
Wikidata
Geburtsdatum 14. September 1877
Geburtsort Frankfurt am Main 4018118-2
Sterbedatum 2. Mai 1901
Sterbeort Hamburg 4023118-5
Beruf Schauspielerin
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug Karl Kraus (Portal)
Quelle
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Recherche
Letzte Änderung am 12.04.2024 durch WIEN1.lanm09ua1
Begräbnisdatum
Friedhof
Grabstelle
Bildname AnnieKalmar.jpg
Bildunterschrift Annie Kalmar

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Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

Annie Kalmar, * 14. September 1877 Frankfurt am Main, † 2. Mai 1901 Hamburg, Schauspielerin.

Biografie

Annie Kalmar, gebürtige Elisabeth Kaldwasser, erwarb zunächst an kleineren Theatern Bühnenroutine, bevor sie nach Wien ging und dort bei Rosa Keller-Frauenthal ihre weitere Ausbildung absolvierte. 1895 wechselte sie an das Deutsche Volkstheater in Wien und spielte dort bis 1900. Karl Kraus verfasste im April 1899 eine positive Kritik über Kalmar in der Fackel, die Kalmar beantwortete und sich bedankte. In diesem ersten Brief verlieh Kalmar zudem ihrer Unzufriedenheit über den 5-jährigen Vertrag, den sie als 17-Jährige abgeschlossen hatte, Ausdruck. Im Sommer 1900 lernten sich Karl Kraus und Annie Kalmar vermutlich über Peter Altenberg persönlich kennen und es entwickelte sich eine intime Beziehung zwischen den beiden, die Karl Kraus sein Leben lang beeinflusste. Kalmars Kündigung im selben Jahr stand vermutlich zum einen in Verbindung mit der von Karl Kraus in Aussicht gestellten Verpflichtung am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg, das im September 1900 durch Alfred von Berger eröffnet werden sollte. Zum anderen hatte Kalmars Unzufriedenheit mit ihrem Engagement bereits im November 1898 in einem Skandal gegipfelt: In der "Affäre Kalmar" wurde ihr vorgeworfen, einen Regisseur geschlagen zu haben und in Folge ihren Auftritt verweigert zu haben. Die Zeugenaussagen waren auf Seiten des Regisseurs und Kalmar wurde vom Disziplinarrat zu einer Entschuldigung aufgefordert.

Ihr neues Engagement in Hamburg konnte sie zunächst aufgrund ihrer angegriffenen Lunge nicht antreten und zog sich vorerst zur Kur ins Sanatorium Purkersdorf zurück. Am 21. Oktober 1900 traf sie schließlich in Hamburg ein, allerdings fieberkrank und geschwächt. Karl Kraus besuchte sie mehrmals in Hamburg und ließ ihr jede ärztliche Hilfe zukommen. Er engagierte zudem Marie Rehbock als ihre Pflegerin und Haushälterin, die zeitweise ihre Korrespondenz übernehmen musste. Kalmars behandelnder Arzt Professor Hermann Lenhartz ließ sie schließlich ins allgemeine Krankenhaus Hamburg überweisen, um ihre Alkoholkrankheit zu heilen. Dort wurde ihr jeder Kontakt mit Außenstehenden untersagt, doch Fritz Schik – Dramaturg und Berater Alfred von Bergers am Deutschen Schauspielhaus -kümmerte sich ebenfalls um die Kranke und hielt auch Kraus brieflich über ihren Zustand am Laufenden.

Im November 1900 wohnte sie nach einer kurzzeitigen Besserung ihrer Symptome erstmals wieder Proben bei, konnte aber aufgrund einer Erkältung und später diagnostizierten Rippenfellentzündung nicht mehr an der Aufführung teilnehmen. Lenhartz erstattete Kraus weiterhin von ihrem schwankenden Zustand Bericht. Zu ihrem Alkoholismus und den damit auftretenden Problemen wie einer Leberschwellung kam ein tuberkulöser Lungenflügel sowie ein Gebärmuttergeschwulst, was ihre Lage aussichtslos machte. Am 2. Mai 1901 verständige ihr Arzt Max Hirsch Karl Kraus telegrafisch, dass sie verstorben war.

Posthume Skandale

Mit ihrem Tod hinterließ Kalmar zahlreiche Schulden, um deren Begleichung sich Baron Alfred Berger und Karl Kraus kümmerten. Kalmars Besitz wurde zur Abdeckung der Schulden verauktioniert.

Eine Falschmeldung zum Wert ihres Besitzes führte - gemeinsam mit einem älteren Bericht - zu einem Medienskandal mit weitreichenden Konsequenzen. Zunächst behauptete die Zeitschrift "Wiener Caricaturen" dass Kalmars versteigerter Schmuck eine halbe Million Mark wert gewesen sein soll. Kalmars Mutter klagte auf Richtigstellung, er sei um nur 15.000 Mark versteigert worden. Des Weiteren verklagte Dorothea Kaldwasser den Redakteur des "Neuen Wiener Journals" wegen Ehrenbeleidigung in einem Artikel vom April 1901, in dem er Kalmar Trunk-und Verschwendungssucht vorgeworfen hatte. Der Artikel erschien 19 Tage vor Kalmars Tod, während sie im Sterben lag und nahm ihren Tod vorweg. Auch Karl Kraus erörterte die Beiträge in der Zeitschrift "Wiener Caricaturen" und dem "Neuen Wiener Journal" und regte an, die Fragestellung über die Pressereform grundsätzlich auszuweiten. In mehreren Beiträgen in der Fackel erörterte er Vorschläge zu einer Novellierung des Pressegesetzes von 1803 und wandte sich gegen Journalisten, die unter dem Deckmantel der Anonymität Kalmars Andenken auf empfindliche und ungerechtfertigte Weise nahegetreten waren. Der Skandal führte 1902 zur Entschuldigung des Redakteurs des "Neuen Wiener Journal" Bernhard Buchbinder und einer Strafzahlung sowie einer Gegenklage gegen Kraus, weil dieser in der Fackel den Vorwurf erhoben hatte, die Zeitschrift würde ein "Schandgewerbe" betreiben.

Es entstand zudem ein Streit um den Grabstein, den Karl Kraus setzen lassen wollte, was die Mutter Kalmars zunächst erlaubt und dann wieder zurückgenommen hatte. Kraus konnte sich jedoch durchsetzen, indem er die Kostenübernahme zusicherte und Kalmars Mutter die Inschrift vorab genehmigen ließ. Bereits im Januar 1901, vor Kalmars Tod, hatte Kraus den Wiener Bildhauer Richard Tautenhayn beauftragt, das Porträt von Kalmar in einem Reliefbild festzuhalten, das später auf ihrem Grab angebracht wurde. Ein weiterer Abguss befand sich zeitlebens in Karl Kraus' Wohnung. Kraus gab schließlich in Wien den Auftrag zu einem Grabmal, das er 1902 am Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg aufstellen ließ. Der Stein, eine Stele mit dem besagten Reliefbildnis von Annie Kalmar und zwei Rosenornamenten, war eine gemeinsame Arbeit des Bildhauers Richard Tautenhayn und des Architekten Robert Örley.

Im Dezember 1903 ließ Karl Kraus Kalmars Überreste in ein Grab umbetten, das auf Friedhofsdauer angelegt war, weil sie zunächst in einem Grab mit 29 Jahren Ruhezeit gelegen hatte. Zudem verfügte Kraus in seinem Testament, dass Helene Kann die Bilder und die Büste der Annie Kalmar erhalten und auch für ihr Grab in Ohlsdorf sorgen sollte.


Quellen

Literatur

  • Amália Kerekes / Alexandra Millner / Magdolna Orosz / Katalin Teller [Hg.]: Mehr oder Weininger. Eine Textoffensive aus Österreich/Ungarn. Wien: Wilhelm Braumüller 2005
  • Friedrich Pfäfflin / Eva Dambacher in Zusammenarbeit mit Volker Kahmen [Hg.]: "Wie Genies sterben" Karl Kraus und Annie Kalmar Briefe und Dokumente 1899-1999. Göttingen: Wallstein Verlag 2001
  • Wikipedia: Annie Kalmar [Stand: 14.11.2023]


Annie Kalmar im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.