Verfassungsgerichtshof: Unterschied zwischen den Versionen
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Der Verfassungsgerichtshof hat auf Antrag („Beschwerde") festzustellen, ob durch ein von den gesetzgebenden Körperschaften (Nationalrat, Landtag) beschlossenes Gesetz die Bundes- oder Landesverfassung verletzt wurde; weiters obliegt ihm die Entscheidung über Zuständigkeitskonflikte zwischen Bund und Ländern, über Anklagen gegen den Bundespräsidenten und Mitglieder der Bundesregierung beziehungsweise der Landesregierungen sowie über die Anfechtung von Nationalrats- und Landtagswahlen. | Der Verfassungsgerichtshof hat auf Antrag („Beschwerde") festzustellen, ob durch ein von den gesetzgebenden Körperschaften (Nationalrat, Landtag) beschlossenes Gesetz die Bundes- oder Landesverfassung verletzt wurde; weiters obliegt ihm die Entscheidung über Zuständigkeitskonflikte zwischen Bund und Ländern, über Anklagen gegen den Bundespräsidenten und Mitglieder der Bundesregierung beziehungsweise der Landesregierungen sowie über die Anfechtung von Nationalrats- und Landtagswahlen. | ||
− | Der Verfassungsgerichtshof besteht aus dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten, zwölf weiteren | + | Der Verfassungsgerichtshof besteht aus dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten, zwölf weiteren Mitgliedern („Räten") und sechs Ersatzmitgliedern, die alle vom Bundespräsidenten ernannt werden (teils auf Vorschlag der Bundesregierung bzw. des Nationalrats und des Bundesrats) und unabsetzbar sind; sie üben ihr Amt neben ihrem Beruf aus. |
Vorläufer des Verfassungsgerichtshofs waren das am 18. April 1869 geschaffene Reichsgericht und das am 28. Juli 1867 geschaffene Staatsgericht (letzteres nur für Anklagen gegen Minister zuständig); die Kompetenzen beider gingen auf den am 25. Jänner 1919 beziehungsweise 1. Oktober 1920 geschaffenen Verfassungsgerichtshof über. Von 24. April 1935 bis 13. März 1938 übte ein Bundesgerichtshof die Agenden des Verfassungsgerichtshofs und des Verwaltungsgerichtshofs aus. | Vorläufer des Verfassungsgerichtshofs waren das am 18. April 1869 geschaffene Reichsgericht und das am 28. Juli 1867 geschaffene Staatsgericht (letzteres nur für Anklagen gegen Minister zuständig); die Kompetenzen beider gingen auf den am 25. Jänner 1919 beziehungsweise 1. Oktober 1920 geschaffenen Verfassungsgerichtshof über. Von 24. April 1935 bis 13. März 1938 übte ein Bundesgerichtshof die Agenden des Verfassungsgerichtshofs und des Verwaltungsgerichtshofs aus. | ||
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== Literatur == | == Literatur == | ||
* Richard Bamberger [Hg.]: Österreich-Lexikon in zwei Bänden. Wien: Verlags-Gemeinschaft Österreich-Lexikon 1995 | * Richard Bamberger [Hg.]: Österreich-Lexikon in zwei Bänden. Wien: Verlags-Gemeinschaft Österreich-Lexikon 1995 | ||
− | * Ernst C. Hellbling: | + | * Ernst C. Hellbling: Österreichische Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte. Ein Lehrbuch für Studierende. Wien: Springer 1956 (Rechts- und Staatswissenschaften, 13) (Register) |
− | * Erwin Melichar / Walter Rath [ | + | * Nikolaus Schwärzler [red.] / Erwin Melichar / Walter Rath [Hg.]: Die Gerichtsbarkeit des öffentlichen Rechts. Informationsschrift über den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof. Wien: Eigenverlag 1983 (enthält auch: Das Palais der österreichischen und böhmischen Hofkanzlei) |
− | * Felix Ermacora: Der Verfassungsgerichtshof. 1956 | + | * Felix Ermacora: Der Verfassungsgerichtshof. Graz / Wien: Styria 1956 |
− | * | + | * Wilhelm Deutschmann / Herbert Spehar / Peter Wrabetz: 200 Jahre Rechtsleben in Wien. Advokaten, Richter, Rechtsgelehrte. Wien: Eigenverlag 1985 (Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, 96) |
Version vom 30. Januar 2014, 16:00 Uhr
Verfassungsgerichtshof. Im heutigen Österreich einer der beiden „Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts", die in der Bundesverfassung vorgesehen sind (vergleiche Verwaltungsgerichtshof) und in Wien ihren Sitz haben.
Der Verfassungsgerichtshof hat auf Antrag („Beschwerde") festzustellen, ob durch ein von den gesetzgebenden Körperschaften (Nationalrat, Landtag) beschlossenes Gesetz die Bundes- oder Landesverfassung verletzt wurde; weiters obliegt ihm die Entscheidung über Zuständigkeitskonflikte zwischen Bund und Ländern, über Anklagen gegen den Bundespräsidenten und Mitglieder der Bundesregierung beziehungsweise der Landesregierungen sowie über die Anfechtung von Nationalrats- und Landtagswahlen.
Der Verfassungsgerichtshof besteht aus dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten, zwölf weiteren Mitgliedern („Räten") und sechs Ersatzmitgliedern, die alle vom Bundespräsidenten ernannt werden (teils auf Vorschlag der Bundesregierung bzw. des Nationalrats und des Bundesrats) und unabsetzbar sind; sie üben ihr Amt neben ihrem Beruf aus.
Vorläufer des Verfassungsgerichtshofs waren das am 18. April 1869 geschaffene Reichsgericht und das am 28. Juli 1867 geschaffene Staatsgericht (letzteres nur für Anklagen gegen Minister zuständig); die Kompetenzen beider gingen auf den am 25. Jänner 1919 beziehungsweise 1. Oktober 1920 geschaffenen Verfassungsgerichtshof über. Von 24. April 1935 bis 13. März 1938 übte ein Bundesgerichtshof die Agenden des Verfassungsgerichtshofs und des Verwaltungsgerichtshofs aus.
Am 12. Oktober 1945 wurde der Verfassungsgerichtshof in seinem früheren Wirkungskreis wiederhergestellt.
Sitz
Der Verfassungsgerichtshof befand sich 1867-1925 in 1, Schillerplatz 4, 1925-1934 im Parlament; der Bundesgerichtshof amtierte zunächst ebendort, 1936-1938 in der Böhmischen Hofkanzlei (1, Wipplingerstraße 7, Judenplatz 11), wo der Verfassungsgerichtshof auch seit 1946 seinen Sitz hat.
Literatur
- Richard Bamberger [Hg.]: Österreich-Lexikon in zwei Bänden. Wien: Verlags-Gemeinschaft Österreich-Lexikon 1995
- Ernst C. Hellbling: Österreichische Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte. Ein Lehrbuch für Studierende. Wien: Springer 1956 (Rechts- und Staatswissenschaften, 13) (Register)
- Nikolaus Schwärzler [red.] / Erwin Melichar / Walter Rath [Hg.]: Die Gerichtsbarkeit des öffentlichen Rechts. Informationsschrift über den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof. Wien: Eigenverlag 1983 (enthält auch: Das Palais der österreichischen und böhmischen Hofkanzlei)
- Felix Ermacora: Der Verfassungsgerichtshof. Graz / Wien: Styria 1956
- Wilhelm Deutschmann / Herbert Spehar / Peter Wrabetz: 200 Jahre Rechtsleben in Wien. Advokaten, Richter, Rechtsgelehrte. Wien: Eigenverlag 1985 (Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, 96)