Gerhard van Swieten: Unterschied zwischen den Versionen

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Swieten Gerhard van (Gerard; 1753 Freiherr, 1758 Reichsfreiherr), * 7. Mai 1700 Leiden, Niederlande, † 18. Juni 1772 Schönbrunn (Kaiserstöckel; Augustinerkirche, Georgskapelle), Arzt. Einem alten holländischen Geschlecht entstammend, studierte Swieten in Löwen und Leiden unter [[Herman Boerhaave]] (Dr. med. 1725), habilitierte sich 1736 und wurde im Sommer 1745 von Franz I. als Leibarzt für [[Maria Theresia]] nach Wien berufen und zugleich zum Präfekten der Hofbibliothek bestellt (1745-1772); er wurde vom Wiener Hof als „hollandais plat et ferme ayant plus d'esprit et droiture que de facons et politesse" empfunden und vielfach abgelehnt, und auch Maria Theresia wollte weiterhin von ihrem Leibarzt Dr. Engel betreut werden. Swieten wurde Inspektor des medizinischen Unterrichts in Österreich und reformierte als Direktor der medizinischen Fakultät 1749-1753 den Universitätsbetrieb. Er förderte vor allem die Medizin, gilt als der Begründer der älteren (!) [[Erste Wiener Medizinische Schule|Wiener Medizinischen Schule]], erwirkte den Bau der [[Aula]] für die Universität (heute Österreichische Akademie der Wissenschaften), holte (unterstützt durch Wenzel Graf Kaunitz) bedeutende Persönlichkeiten (beispielsweise [[Anton de Haen]], [[Anton Störck|Anton von Störck]] und [[Maximilian Stoll]]) als Lehrer nach Wien, richtete chemische und physikalische Labors ein und begründete die erste Wiener Schule für Tierärzte (die heutige [[Veterinärmedizinische Universität]]), Hebammenschulen und Findelhäuser. Mit Hilfe des Sanitätsreferenten [[Joseph Quarin|Joseph Freiherr von Quarin]] reorganisierte Swieten die verwahrlosten Spitäler und Heilanstalten. Die Chirurgie machte er zu einem eigenen Lehrfach, lehrte selbst als erster Physiologie und Pathologie (in einem Hörsaal der Hofbibliothek) und führte in Österreich den direkten Unterricht der Studenten am Krankenbett ein. Als Direktor der Hofbibliothek richtete er erstmals einen Lesesaal ein und öffnete die Bibliothek damit für weite Leserkreise, als Leiter der Studien- und Bücherzensur-Hofkommission bewirkte er eine bedeutende Lockerung der Zensurbestimmungen, als Arzt führte er das Sublimat zur Behandlung der Syphilis („Liquor Swieteni") und neue Methoden in der Blatternbekämpfung ein. Seine eigenen Erfahrungen und klinischen Beobachtungen veröffentlichte Swieten als „Kommentare" zu den Aphorismen seines Lehrers Boerhaave. In Wien findet zur allgemeinen ärztlichen Fortbildung alljährlich in der Hofburg ein Van-Swieten-Kongress statt. Ehrenbürger der Stadt Wien (14.Februar 1797). [[Maria-Theresien-Denkmal]] (Standbild Swietens), [[Swietendenkmal]], [[Van-Swieten-Gasse]], [[Van-Swieten-Hof]].  
 
Swieten Gerhard van (Gerard; 1753 Freiherr, 1758 Reichsfreiherr), * 7. Mai 1700 Leiden, Niederlande, † 18. Juni 1772 Schönbrunn (Kaiserstöckel; Augustinerkirche, Georgskapelle), Arzt. Einem alten holländischen Geschlecht entstammend, studierte Swieten in Löwen und Leiden unter [[Herman Boerhaave]] (Dr. med. 1725), habilitierte sich 1736 und wurde im Sommer 1745 von Franz I. als Leibarzt für [[Maria Theresia]] nach Wien berufen und zugleich zum Präfekten der Hofbibliothek bestellt (1745-1772); er wurde vom Wiener Hof als „hollandais plat et ferme ayant plus d'esprit et droiture que de facons et politesse" empfunden und vielfach abgelehnt, und auch Maria Theresia wollte weiterhin von ihrem Leibarzt Dr. Engel betreut werden. Swieten wurde Inspektor des medizinischen Unterrichts in Österreich und reformierte als Direktor der medizinischen Fakultät 1749-1753 den Universitätsbetrieb. Er förderte vor allem die Medizin, gilt als der Begründer der älteren (!) [[Erste Wiener Medizinische Schule|Wiener Medizinischen Schule]], erwirkte den Bau der [[Aula]] für die Universität (heute Österreichische Akademie der Wissenschaften), holte (unterstützt durch Wenzel Graf Kaunitz) bedeutende Persönlichkeiten (beispielsweise [[Anton de Haen]], [[Anton Störck|Anton von Störck]] und [[Maximilian Stoll]]) als Lehrer nach Wien, richtete chemische und physikalische Labors ein und begründete die erste Wiener Schule für Tierärzte (die heutige [[Veterinärmedizinische Universität]]), Hebammenschulen und Findelhäuser. Mit Hilfe des Sanitätsreferenten [[Joseph Quarin|Joseph Freiherr von Quarin]] reorganisierte Swieten die verwahrlosten Spitäler und Heilanstalten. Die Chirurgie machte er zu einem eigenen Lehrfach, lehrte selbst als erster Physiologie und Pathologie (in einem Hörsaal der Hofbibliothek) und führte in Österreich den direkten Unterricht der Studenten am Krankenbett ein. Als Direktor der Hofbibliothek richtete er erstmals einen Lesesaal ein und öffnete die Bibliothek damit für weite Leserkreise, als Leiter der Studien- und Bücherzensur-Hofkommission bewirkte er eine bedeutende Lockerung der Zensurbestimmungen, als Arzt führte er das Sublimat zur Behandlung der Syphilis („Liquor Swieteni") und neue Methoden in der Blatternbekämpfung ein. Seine eigenen Erfahrungen und klinischen Beobachtungen veröffentlichte Swieten als „Kommentare" zu den Aphorismen seines Lehrers Boerhaave. In Wien findet zur allgemeinen ärztlichen Fortbildung alljährlich in der Hofburg ein Van-Swieten-Kongress statt. Ehrenbürger der Stadt Wien (14.Februar 1797). [[Maria-Theresien-Denkmal]] (Standbild Swietens), [[Swietendenkmal]], [[Van-Swieten-Gasse]], [[Van-Swieten-Hof]].  
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==Literatur==
 
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* Christian Blankenstein: Ein Mann des Fortschritts. In: Wiener Zeitung, 13.03.2010, Extra S. 2
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* Sabine Fellner/Katrin Unterreiner: Medizin in Wien. Semmelweis, Billroth & Co. Wien: Metroverl. 2010, S. 21 ff.
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* Franz Hawla: Was wäre Wien ohne ... Von zugewanderten echten Wienerinnen und Wienern. Wien: Verband Wiener Volksbildung 2001, S. 391 ff.
 
*Allgemeine Deutsche Biographie. Hg. von der Historischen Commission bei der königlichen Akademie der Wissenschaften. 56 Bände. Leipzig: Duncker & Humblot 1875-1912, S. 37
 
*Allgemeine Deutsche Biographie. Hg. von der Historischen Commission bei der königlichen Akademie der Wissenschaften. 56 Bände. Leipzig: Duncker & Humblot 1875-1912, S. 37
 
*Biographisches Wörterbuch zur deutschen Geschichte. Begründet von Hellmuth Rössler und Günther Franz, bearbeitet von Karl Bosl [u.a.]. Band 3: S-Z. Register. München: A. Francke 1975  
 
*Biographisches Wörterbuch zur deutschen Geschichte. Begründet von Hellmuth Rössler und Günther Franz, bearbeitet von Karl Bosl [u.a.]. Band 3: S-Z. Register. München: A. Francke 1975  

Version vom 12. Mai 2021, 11:48 Uhr

Daten zur Person
Personenname Swieten, Gerhard van
Abweichende Namensform Swieten, Gerard van
Titel Dr. med., Reichsfreiherr
Geschlecht männlich
PageID 22315
GND 118758055
Wikidata Q711132
Geburtsdatum 7. Mai 1700
Geburtsort Leiden, Niederlande
Sterbedatum 18. Juni 1772
Sterbeort Schönbrunn
Beruf Arzt
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug Maria-Theresien-Denkmal
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage, Gedenktage-GW
Export RDF-Export (Resource Description Framework) RDF
Recherche
Letzte Änderung am 12.05.2021 durch WIEN1.lanm09mer
Begräbnisdatum
Friedhof Kaiserstöckel; Augustinerkirche, Georgskapelle
Grabstelle

Es wurden noch keine Adressen zu dieser Person erfasst!

Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

  • Präsident der medizinischen Fakultät )
  • Direktor der Hofbibliothek )

Swieten Gerhard van (Gerard; 1753 Freiherr, 1758 Reichsfreiherr), * 7. Mai 1700 Leiden, Niederlande, † 18. Juni 1772 Schönbrunn (Kaiserstöckel; Augustinerkirche, Georgskapelle), Arzt. Einem alten holländischen Geschlecht entstammend, studierte Swieten in Löwen und Leiden unter Herman Boerhaave (Dr. med. 1725), habilitierte sich 1736 und wurde im Sommer 1745 von Franz I. als Leibarzt für Maria Theresia nach Wien berufen und zugleich zum Präfekten der Hofbibliothek bestellt (1745-1772); er wurde vom Wiener Hof als „hollandais plat et ferme ayant plus d'esprit et droiture que de facons et politesse" empfunden und vielfach abgelehnt, und auch Maria Theresia wollte weiterhin von ihrem Leibarzt Dr. Engel betreut werden. Swieten wurde Inspektor des medizinischen Unterrichts in Österreich und reformierte als Direktor der medizinischen Fakultät 1749-1753 den Universitätsbetrieb. Er förderte vor allem die Medizin, gilt als der Begründer der älteren (!) Wiener Medizinischen Schule, erwirkte den Bau der Aula für die Universität (heute Österreichische Akademie der Wissenschaften), holte (unterstützt durch Wenzel Graf Kaunitz) bedeutende Persönlichkeiten (beispielsweise Anton de Haen, Anton von Störck und Maximilian Stoll) als Lehrer nach Wien, richtete chemische und physikalische Labors ein und begründete die erste Wiener Schule für Tierärzte (die heutige Veterinärmedizinische Universität), Hebammenschulen und Findelhäuser. Mit Hilfe des Sanitätsreferenten Joseph Freiherr von Quarin reorganisierte Swieten die verwahrlosten Spitäler und Heilanstalten. Die Chirurgie machte er zu einem eigenen Lehrfach, lehrte selbst als erster Physiologie und Pathologie (in einem Hörsaal der Hofbibliothek) und führte in Österreich den direkten Unterricht der Studenten am Krankenbett ein. Als Direktor der Hofbibliothek richtete er erstmals einen Lesesaal ein und öffnete die Bibliothek damit für weite Leserkreise, als Leiter der Studien- und Bücherzensur-Hofkommission bewirkte er eine bedeutende Lockerung der Zensurbestimmungen, als Arzt führte er das Sublimat zur Behandlung der Syphilis („Liquor Swieteni") und neue Methoden in der Blatternbekämpfung ein. Seine eigenen Erfahrungen und klinischen Beobachtungen veröffentlichte Swieten als „Kommentare" zu den Aphorismen seines Lehrers Boerhaave. In Wien findet zur allgemeinen ärztlichen Fortbildung alljährlich in der Hofburg ein Van-Swieten-Kongress statt. Ehrenbürger der Stadt Wien (14.Februar 1797). Maria-Theresien-Denkmal (Standbild Swietens), Swietendenkmal, Van-Swieten-Gasse, Van-Swieten-Hof.

Literatur

  • Christian Blankenstein: Ein Mann des Fortschritts. In: Wiener Zeitung, 13.03.2010, Extra S. 2
  • Sabine Fellner/Katrin Unterreiner: Medizin in Wien. Semmelweis, Billroth & Co. Wien: Metroverl. 2010, S. 21 ff.
  • Franz Hawla: Was wäre Wien ohne ... Von zugewanderten echten Wienerinnen und Wienern. Wien: Verband Wiener Volksbildung 2001, S. 391 ff.
  • Allgemeine Deutsche Biographie. Hg. von der Historischen Commission bei der königlichen Akademie der Wissenschaften. 56 Bände. Leipzig: Duncker & Humblot 1875-1912, S. 37
  • Biographisches Wörterbuch zur deutschen Geschichte. Begründet von Hellmuth Rössler und Günther Franz, bearbeitet von Karl Bosl [u.a.]. Band 3: S-Z. Register. München: A. Francke 1975
  • Agathon Wernich / August Hirsch: Biographisches Lexikon der hervorragenden Aerzte aller Zeiten und Völker. Wien [u.a.]: Urban u. Schwarzenberg 1884-1888
  • Constantin von Wurzbach: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich. Enthaltend die Lebensskizzen der denkwürdigen Personen, welche 1750 bis 1850 im Kaiserstaate und in seinen Kronländern gelebt haben. 60 Bände. Wien: Verlag der typografisch-literarisch-artistischen Anstalt 1856-1891. Register 1923
  • Erna Lesky: Die Wiener medizinische Schule im 19. Jahrhundert. Wien [u.a.]: Böhlau 1965 (Studien zur Geschichte der Universität Wien, 6)
  • Erna Lesky: Österreichisches Gesundheitswesen im Zeitalter des aufgeklärten Absolutismus. In: Archiv für Österreichische Geschichte 122 (1959), Heft 1
  • Erna Lesky / Adam Wandruszka [Hg.]: Gerhard van Swieten und seine Zeit. Internationales Symposium, veranstaltet von der Universität Wien im Institut für Geschichte der Medizin, 8. - 10. Mai 1972. Wien: Böhlau 1973
  • Henry E. Sigerist: Große Ärzte. Eine Geschichte der Heilkunde in Lebensbildern. München: Lehmann 1970, S. 183 ff.
  • Hugo Glaser: Wiens große Ärzte. Wien: Wiener Volksbuchverlag 1947, S. 27 ff.
  • Willibald Müller: Gerhard van Swieten. Biographischer Beitrag zur Geschichte der Aufklärung in Österreich. Wien: Braumüller 1883
  • August Fournier: Gerhard van Swieten als Censor. Wien: Gerold 1877
  • Otto Bergmeister: Gerhard van Swieten. In: Wiener klinische Wochenschrift 21 (1908), Heft 10
  • Jaromir Mundy: Gerhard van Swieten und seine Zeit. In Österreichische ärztliche Vereinszeitung 1883
  • Helmut Wyklicky: Schenkung von drei handschriftlichen Noten Gerhard van Swietens an die Wiener Medizinische Fakultät. In: Wiener klinische Wochenschrift. Wien / New York: Springer 101 (1989), S. 515 f.
  • Maria Pötzl-Malikova: Das Grabmal Gerhard van Swietens in der Augustinerkirche in Wien. In: Alte und moderne Kunst. Österreichische Zeitschrift für Kunst, Kunsthandwerk und Wohnkultur. Innsbruck / Salzburg: AMK-Verlag / Wien: Österreichischer Bundesverlag 29 (1984), Heft 196 / 197, S. 25 ff.
  • Gerrit Arie Lindeboom: Zur Genealogie von Gerhard van Swieten. In: Clio medica 9 (1974), S. 45 ff.
  • Egydius Freiherr von Swieten: Die Reform der Universitätsstudiums in Österreich durch Gerhard van Swieten. In: Österreich-Ungarische Revue Neue Folge 6 (1888), S. 197 ff.; Neue Folge 7 (1888/1989), S. 21 ff.
  • Alexander Gigl: Gerhard van Swietens Berufung als Leibarzt der kaiserlichen Familie und dessen persönlichen Beziehungen zur Kaiserin Maria Theresia. In: Österreich-Ungarische Revue Neue Folge 6 (1888), S. 113 ff.
  • Ernst van Leyden: Van Swieten und die moderne Klinik. In: Münchner medizinische Wochenschrift 41 (1894), S. 786 f., und Deutsche Medizinische Woche 20 (1894), S. 750 ff.
  • Hanns Jäger-Sunstenau: Die Ehrenbürger und Bürger ehrenhalber der Stadt Wien. Wien: Deuticke 1992 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 23), S. 21