Frühe Neuzeit

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Datum von 1519 JL
Datum bis 1790
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Wien in der Frühen Neuzeit (1519-1790)

1. Politische Geschichte 2. Stadtverwaltung 3. Bevölkerungsentwicklung und soziale Schichtung 4. Religiöses Leben 5. Wirtschaftsgeschichte 6. Bildung und kulturelles Leben 7. Architektur, Kunstgeschichte, Stadtplanung 8. Elementarereignisse

Die frühneuzeitliche Geschichte Wiens ist durch die Zäsuren die mit dem Tod Kaiser Maximilians I. und jenem Kaiser Josephs II. verbunden sind zeitlich einzugrenzen. Um 1520 kam es in mehrfacher Hinsicht zu gravierenden Veränderungen im Stadtregiment, in konfessioneller Hinsicht und was die außenpolitische Lage anlangt. Mit Erzherzog Ferdinand, den späteren König und Kaiser Ferdinand I. verlor das bürgerliche Element in der Stadtregierung massiv an Einfluss und machte einer frühabsolutistischen Herrschaftsstruktur Platz die alle wesentlichen personellen und inhaltlichen Entscheidungen an den Landesfürsten und die vom ihn delegierten Vertreter band und die spätmittelalterliche städtische Autonomie auf ein Minimum reduzierte. Mit der festen Verortung von Zentralverwaltungsbehörden in Wien gewann zudem die Stadt für den habsburgischen Territorialkomplex überregionale Bedeutung. Diese wurde in militärischer Beziehung durch den Schock der Ersten Osmanischen Belagerung und die daran anschließende grundlegende Umgestaltung der Festungsanlagen bis 1566 verstärkt. Gleichzeitig kam es zur raschen Ausbreitung des Protestantismus die mit einer Krise der Universität in Verbindung zu bringen ist. Die Gegenreformation setzte erst in den 1550er Jahren mit der Ansiedlung des Jesuitenordens ein und erlangte ab 1620 ihre volle Entfaltung. Mit der Zäsur von 1620 wurde Wien katholisch, eine breite Klosteroffensive setzte ein und das konfessionelle Zeitalter fand seinen Abschluss. Das barocke Wien bezeichnet den Zeitraum 1620-1740. Architektonisch verdrängte der barocke Palastbau, befördert durch das Wachstum des Hofes und Hofstaates und die mehr oder minder ständige Verlagerung des Wohnsitzes des Herrschers in die Residenzstadt, seine erste horizontale Blüte, während nach der glücklichen Überwindung der Zweiten Osmanischen Belagerung und dem Bau des Linienwalls als zweite Verteidigungslinie das Wachstum der Vorstädte bestimmend wurde. Die Ära von Maria Theresia und Joseph II. kennzeichneten schließlich grundlegende Reformen im Sinn der Staatswerdung, Wirtschaftspolitik und Gesellschaftspolitik im Geist der Aufklärung. Sie gipfelte ihn die Magistratsreform von 1783 und in eine Teilliberalisierung der Konfessionspolitik (Toleranzpatent). Mit dem Tod Joseph II. wurde das Reformtempo zurückgefahren und ab 1792 mit Franz II. (I.) siegte vorerst die Reaktion.

Politische Geschichte Die politische Geschichte Wiens in der Frühen Neuzeit ist wesentlich durch die bedeutende Erweiterung des habsburgischen Länderkonglomerats mit ihren militärischen Implikationen und die Verdichtung bürokratischer Herrschaft in Richtung moderner Staatswerdung bestimmt. Am Beginn des 16. Jahrhunderts war Wien zwar bereits der Hauptort im habsburgischen Länderkomplex doch keineswegs ständige Residenz des Landesfürsten. Erst Kaiser Ferdinand I. hielt sich vor allem in der Spätphase seiner Herrschaft überwiegend in seiner Wiener Residenz auf. Kaiser Ferdinand II. erklärte Wien zu seiner Hauptstadt und ab der Regierungszeit Leopold I. (1657-1705) kann von einer Haupt- und Residenzstadt im eigentlichen Sinn gesprochen werden. Deren Bedeutung stieg mit der Gründung von Zentralverwaltungsbehörden im 16. und dem Ausbau des Länderkomplexes zu einem Gesamtstaat im 18. Jahrhundert. Durch den Erwerb der böhmischen und ungarischen Krone im Jahr 1526 rückte Wien an die Grenze des vordringenden Osmanischen Reiches. Nach der mit einigem Glück überstandenen Ersten Osmanischen Belagerung von 1529 ließen die habsburgischen Herrscher, besonders Ferdinand I., Wien mit Hilfe italienischer Festungsbaumeister zur modernsten Festung nördlich der Alpen ausbauen. Durch Basteien, Ravelins und Kontraeskapen und einer entsprechenden Schussfeldzone rückten die 1529 zerstörten Vorstädte von der Festung ab. Während des Dreißigjährigen Krieges wurde Wien zwar 1619 und 1645 zweimal militärisch vom Norden her blockiert und beschossen, jedoch nie erobert. Nach der Zweiten Osmanischen Belagerung 1683 sorgte der Bau des Linienwalls 1704 für einen zweiten Befestigungsgürtel der die Vorstädte umgab. Sein Schutz und die Siege der kaiserlichen Armeen in den folgenden Kriegen bis zum Frieden von Passarowitz 1718 erlaubten den großzügigen Ausbau der Vorstadtzone mit barocken Adelspalais. Aus der militärischen Bedrohung und dem Sicherheitsbedürfnis des Hofes resultierte die Aufstellung der Stadtguardia, die 1596/97 auf rund 500 Mann aufgestockt wurde und um 1700 1000 Mann umfasste. Sie ging in den 1740er Jahren gemeinsam mit der Rumorwache in der Sicherheitswache, dem Vorläufer der Polizei, auf.

Stadtverwaltung Die bereits unter Kaiser Maximilian I. eingeleitete Verwaltungsreform nach burgundisch-französischem Muster setzte Ferdinand I. fort. In Wien wurden mit dem Hofrat 1528, der Hofkanzlei (1528), dem Hofkriegsrat 1556 und dem Reichshofrat 1558 wichtige Zentralverwaltungsbehörden angesiedelt die auch bei Abwesenheit des Hofes in Wien verblieben. Auch die innere Stadtherrschaft erfuhr einen grundlegenden Wandel. Auf Grund seiner Sozialisation am spanischen Hof installierte Ferdinand I. ein frühabsolutistisches Herrschafts- und Verwaltungssystem, welches im Erlass der Stadtordnung von 1526 gipfelte. In der Folge wurde die im Spätmittelalter bestehenden autonom von „denen von Wien“ verwaltete Bereiche immer mehr eingeschränkt. Der vom Landesfürsten bestellte Stadtanwalt hatte die Oberaufsicht über die Gewerbe-, Sicherheits-, Armen-, Gesundheits-, Fremden-, Markt- und Religionspolicey und ab 1656 die Überwachung der städtischen Finanzen. Im Lauf des 17. Jahrhunderts nahmen die Einflussnahmen des Hofes auf die Stadtregierung in dem Maß zu, in dem Wien zur dauerhaften Haupt- und Residenzstadt des habsburgischen Länderkonglomerates wurde und Kaiser und Hofstaat sich den überwiegenden Teil ihrer Regierungszeit in der Stadt aufhielten. Nun verfestigte sich das Interesse an Eingriffen in die städtische Administration allein wenn es darum ging, die Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, Aufruhr und Tumult zu verhindern, die städtischen Finanzen in Ordnung zu bringen und zu halten, Investitionen in die städtische Infrastruktur zu tätigen und nicht zuletzt die Seuchenabwehr zu verbessern. Im Jahr 1703 wurde eine „Wohlfeilheitskommission“ eingerichtet, die sich aus Räten der niederösterreichischen Regierung und Mitgliedern des inneren Rates der Stadt zusammensetzte. Um die städtischen Finanzen in Ordnung zu bringen wurde im Jahr 1727 von der Hofkommission die Gründung einer „städtischen Wirtschaftskommission“ angeregt, die jedoch erst 1737 tatsächlich eingerichtet wurde und erst 1748 im Zug der Haugwitschen Reformen ihre volle Wirkung entfaltete. Zu einem endgültigen Bruch mit der städtischen Autonomie kam es jedoch erst mit der josephinischen Magistratsreform von 1783. Der neugeschaffene Magistrat wurde im Weg der niederösterreichischen Regierung zum bloßen Ausführungsorgan landesfürstlicher Beschlüsse

Bevölkerungsentwicklung und soziale Schichtung Um 1500 hatte Wien mit den Vorstädten rund 25.000 Einwohner und zählte lediglich zu den größeren Städten im Reich, um 1700 wurde die Grenze von 100.000 überschritten und um 1800 hatte die Stadt mit etwa einer Viertelmillion Einwohnern. Sie war damit die mit Abstand größte Stadt im deutschsprachigen Raum. Das demographische Wachstum beruhte fast ausschließlich auf die Zuwanderung und den damit verbundenen positiven Wanderungssaldo. Bis zu Beginn des 18. Jahrhunderts sorgten wiederkehrende schwere Pestepidemien für jeweils sehr hohe Opferzahlen. Deren größte war die Pestepidemie von 1679 der zumindest 20% der Einwohner zum Opfer gefallen sein dürften. Nach der Epidemie von 1713 gelang es durch den Bau eines Pestkordons an den östlichen und südöstlichen Grenzen des habsburgischen Herrschaftsbereichs die Pestgefahr zu bannen. Das Bevölkerungswachstum erfuhr durch das Wachstum des Hofstaates wichtige Impulse. In den 1550er Jahren umfasste der Hofstaat Kaiser Ferdinands I., der seines Sohnes Maximilian und dessen Frau Maria gemeinsam bereits fast 1.000 Personen, unter Karl VI. erreichte der Hofstaat um 1735 sogar eine Größe von etwa 2.100. Insgesamt dürften zu diesem Zeitpunkt mit den Angehörigen der Mitglieder des Hofstaates rund 10.000 Personen zur „Hofstaatsbevölkerung“ gezählt haben, rund ein Viertel der Einwohnerzahl innerhalb der ummauerten Stadt. Bis Ende des 18. Jahrhunderts nahm der Hofstaat zwar auf 3.600 weiter zu, doch sank der Anteil an der Gesamtbevölkerung erheblich. Der Konsumbedarf des Hofes förderte die Zuwanderung von (Luxus-)Handwerkern und Dienstboten in großer Zahl. Ab dem späten 16. Jahrhundert gewannen dabei Migrantinnen und Migranten aus katholischen Territorien des süddeutschen Raumes immer mehr an Bedeutung, während die zuvor dominierende Zuwanderung aus Niederösterreich abnahm. Erst nachdem die Gegenreformation Mitte des 17. Jahrhunderts zu einer Rekatholisierung geführt hatte nahm die Nahwanderung wieder zu. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts steigerte sich auch langsam im Zuge des staatlichen Integrationsprozesses die Zuwanderung aus den böhmischen Ländern. Schon in der spätmittelalterlichen „Bürgerstadt“ zählten namhafte Teile der städtischen Bevölkerung nicht zum Bürgertum. Adelige, Geistliche, Universitätsangehörige und unterbürgerliche Schichten dürften etwa die Hälfte der Einwohner gestellt haben. Im Lauf des 16. Jahrhunderts gewann der Dienstleistungssektor, vertreten durch Beamte, Schreiber, Einzelhändler (Greißler und Kramer) und Angehörige des Gastgewerbes an Bedeutung, während die weinproduzierenden Hauer fast völlig aus der Stadt verschwanden. Der Platzbedarf des Hofes und ab dem 17. Jahrhundert auch des Hofadels zwang auch immer mehr Handwerker und Gewerbetreibende in die billigeren Vorstädte auszuweichen. Abseits des Hochadels bildeten die bürgerliche Oberschicht reiche (Besitz-)Bürger. Aus ihrem Kreis wurden der je aus 12 Personen bestehende Innere Rat und die Stadtgerichtsbeisitzer gewählt. Die als Rentiers lebenden Bürger besaßen die großen Miethäuser und die Weinpressen. Manche Kaufleute wie Lazarus Henckel von Donnersmarck unterhielten weitreichende Geschäftsbeziehungen. Während das zünftisch organisierte Handwerk und Gewerbe und die zahlreichen Lakaien, Schreiber, Kammerdiener die Mittelschicht bildeten wuchs die aus Taglöhnern, Dienstboten bestehende Unterschicht einschließlich der wachsenden Zahl von Bettlern. Die Versuche diese „auszutreiben“, in Arbeitshäuser zu stecken (ab 1671) oder im 1693 gegründeten Großarmenhaus zu konzentrieren blieben vergeblich, da sie die strukturelle Armut und krasse ökonomische Ungleichheit der frühneuzeitlichen Gesellschaft nicht beseitigten. Immerhin wurde unter Joseph II. mit der Gründung des Allgemeinen Krankenhauses und der Auslagerung der „Stadtarmen“ in Versorgungshäuser eine Trennung zwischen medizinischer Versorgung und Armenpflege durchgesetzt.

Religiöses Leben Konfessionell wandelte sich Wien ab den 1520er Jahren zu einer überwiegend protestantischen Stadt mit einem katholischen Stadtherren. Erst 1551 setzte mit der Ansiedlung der Jesuiten die vom Landesfürsten geförderte Gegenreformation ein. 1554 bezogen die Jesuiten das Karmelitenkloster Am Hof. Vorerst gelang es den protestantischen Adel in Hernals, einer Grundherrschaft der Freiherrn von Jörger ein protestantisches Zentrum zu etablieren. Kaiser Maximilian II. neigte zum Protestantismus und erließ 1571 eine Assekuration für Österreich unter der Enns in dem er den Protestanten Glaubensfreiheit zusicherte. Nach seinem Tod setzten sich jedoch die Kräfte der Gegenreformation im Herrscherhaus durch. Unter Statthalter Erzherzog Ernst wurde die protestantische Landhausschule geschlossen, 1579 das „Auslaufen“ der Wiener Protestanten nach Hernals und Inzersdorf verboten. Daraufhin versuchten die Stände niederösterreichischen Stände in einer Sturmpetition und Bürgerlibell die Glaubensfreiheit zu erzwingen. Erst unter Ferdinand II. gewannen die Kräfte der Gegenreformation die Oberhand. Das „Einstandsprivileg“ zwang 1623 protestantische Bürger zur Konversion oder Auswanderung. Die Zwangskatholisierung machte Wien innerhalb weniger Jahrzehnte einer rein katholischen Stadt. Ausnahmen bestanden nur für Großhändler (Niederleger) und Gesandte. Erst im Zeitalter Kaiser Joseph II. bot das Toleranzpatent Protestanten die Möglichkeit ihr Bekenntnis öffentlich zu leben. Die jüdische Zuwanderung hatte ab den 1620er Jahren an Bedeutung zugenommen. Sie wurden im Unteren Werd angesiedelt, jedoch 1669/70 unter Kaiser Leopold I. vertrieben. Lediglich einige sehr bedeutende jüdische Hoffaktoren wie Samuel Oppenheimer und Samson Wertheimer konnten mit ihren Haushalten in Wien verbleiben. Erst unter Joseph II. nahm dank des Toleranzpatentes der Zustrom jüdischer Migranten wieder etwas größere Dimensionen an, blieb aber zunächst auf eine dünne Schicht von Großkaufleuten und Bankiers beschränkt. Bereits unter Maria Theresia gewann die Aufklärung in Wien im größere Anhänger. Vollends sorgte die Lockerung der Zensur unter Joseph II. in den 1780er Jahren für ein literarisches Tauwetter in dem Schriften aller Art in großer Zahl veröffentlicht und vertrieben wurden. Eine wichtige Rolle für den Aufschwung des Verlagswesen spielte Johann Thomas Trattner der unter anderem auch wegen seiner von Maria Theresia und Joseph II. gedeckten Praxis des hemmungslosen Raubdrucks Berühmtheit erlangte.

Wirtschaftsgeschichte Die Bedeutung Wiens als Drehscheibe im Donau- und Venedighandel nahm im 16. Jahrhundert durch das Vordringen der Osmanen in Südosteuropa und durch Veränderungen globaler Handelsströme ab. Besonders infolge des Dreißigjährigen Krieges ging auch der Weinexport besonders in den süddeutschen Raum zurück, verlagerte sich zum Teil auch Richtung Norden. Die agrarische Produktion im Umland diente zunehmend der Versorgung der wachsenden Großstadt. Vor allem ab der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts erlebte der Wirtschaftsstandort Wien jedoch wieder eine beträchtliche Aufwertung, da sich Wien zu einer Konsumptionsstadt ersten Ranges entwickelte. Hof-, Hofadel und Großbürgertum förderten durch ihre Nachfrage nach Luxusgütern eine breite Auffächerung des städtischen Gewerbes in spezialisierter Produktion und Dienstleistungen. Im 18. Jahrhundert trat dazu immer mehr die Ansiedlung protoindustrieller Manufakturen die durch die Ansiedlung ausländischer Spezialisten befördert wurde. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts erlebten Textil- und Bekleidungsgewerbe ihren Durchbruch. Einen besonderen Aufschwung nahm seit dem frühen 18. Jahrhundert die Seidenweberei. Über die gesamte frühe Neuzeit traten Hofhandwerker, Stadtguardisten, „Dekretisten“ und „Störer“ in Konkurrenz zum zünftischen Handwerk, welches seine dominante Position nur im Bereich der Nahversorgungsgewerbe einigermaßen halten konnte. Im städtischen Gewerbe sorgte eine unter Maria Theresia durchgeführte Reform für die Trennung von „Polizey-Gewerben“ und „Kommerzialgewerben“. Letztere unterlagen keinen zünftischen Beschränkungen und produzierten für den überregionalen Bedarf (Export). Stadträumlich wurden auch aus seuchenhygienischen Gründen die innerstädtischen Marktstandorte mehr und mehr vor die Stadt verlagert. Dies wurde auch durch die Abwanderung von Handwerkern in die kostengünstigen Vorstädte begünstigt. In der Stadt verblieben vor allem Textil- und Lebensmittelhändler. Im Gastgewerbe erlebte das Wiener Kaffeehaus nach Anfängen um 1685 im späten 18. Jahrhundert seine erste Blüte. Was den Konsum in den Gasthäusern anlangt verdrängte mehr und mehr das Bier den Wein, der freilich mit dem 1784 erlaubten steuerbegünstigten Ausschank durch die Produzenten in Heurigen eine neue Verortung besonders in einigen westlichen Vororten erfuhr. Der Finanzplatz Wien wurde bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts vor allem durch die Finanzkraft einiger Wiener Großhändlerkonsortien dominiert. Der enorme Finanzbedarf der Kriege des ausgehenden Jahrhunderts förderte aber den Aufstieg von jüdischen Hoffaktoren wie Samuel Oppenheimer und Samson Wertheimer. Erst Bankgründungen setzten um 1703 ein wobei die 1706 gegründete Wiener Stadtbank überlebte und zu einem bedeutenden Faktor der Staatsfinanzierung wurde. Ab 1762 gab sie auch erstmals Banco-Zettel, also Papiergeld, aus. Zudem stiegen in dieser Zeit einzelne Wiener Privatbankiers wie Johann Fries die ihren Schwerpunkt auf Staatsanleihen verlegten und Bank- und Handelsgeschäft zunehmend trennten. Langfristige Investitionskredite für die Wirtschaft blieben die Ausnahme von der Regel.

Bildung und kulturelles Leben Im Zeichen des Vordringens des Humanismus erlebte die Universität Wien in der Folge in den ersten beiden Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts mit etwa 3.000 Studenten eine ausgesprochene Blüte. Nach 1520 kam es jedoch zu einem abrupten Rückgang der Studentenzahlen, der auf das Vordringen des zunächst universitätsfeindlichen Luthertums, aber auch die latente Bedrohung durch das Osmanische Reich zurückzuführen war. Zudem studierten Protestanten an Universitäten im Reich. In der Folge geriet die Wiener Universität unter jesuitischen Einfluss, endgültig ab 1623 als das Jesuitenkolleg in die Universität inkorporiert wurde. Erst unter dem Einfluss Gerard van Swietens unter Maria Theresias wurde dieser zurückgedrängt. Van Swieten war es auch der die Entstehung der ersten Wiener Medizinische Schule beförderte. Im Grundschulwesen kam es durch die Reformation zunächst zu einer Krise der Pfarrschulen. Der ab 1697 in Wien tätige Piaristenorden entwickelte im Elementurunterricht und im Sekundarschulwesen eine breite Reformtätigkeit die auch ärmere Bevölkerungsschichten miteinbezog. Versuchen protestantische Landschaftsschulen zu etablieren war hingegen kein langer Erfolg beschieden. Ab 1553 betrieben die Jesuiten Sekundarschulen mit immer größeren Erfolg. Mit der Einführung der Allgemeinen Schulordnung 1774 gelang es auch das allgemeine Bildungsniveau zumindest mit auf grundlegende Kulturtechniken zu beleben. Den Alltag belebte ein aus Prozessionen, Schützenfesten und Theateraufführungen bestehender Festkalender. Außerordentliche Ereignisse wie Kaiserwahlen und fürstliche Hochzeiten boten den Anlass für prächtige Einzüge, an denen die staunende Menge im Sinn einer repräsentativen Öffentlichkeit partizipierte. So feierte der Wiener Hof ab Dezember 1666 die Hochzeit Kaiser Leopold I. mit der spanischen Infantin Margarita Maria. Die Hochzeit wurde von wochenlangen Feierlichkeiten begleitet in deren Rahmen die Barockoper „Il pomo d’oro“ uraufgeführt wurde. Schon zu Beginn des 18. Jahrhundert erlebte auch das Wiener Volkstheater einen großen Aufschwung der mit Georg Franz Stranitzky und seiner „Schaubühne“ in Verbindung zu bringen ist. Das musikalische Wien war schon durch die musikbegabten Kaiser des 17. und frühen 18. Jahrhunderts sehr gefördert worden. Mit Christoph Willibald Gluck erreichte die ursprünglich von Kaiserinnen italienischer Herkunft geförderte Wiener Oper eine eigenständige Entwicklung die in erste Wiener Klassik die in Wolfgang Amadeus Mozart und Joseph Haydn ihre prominentesten Vertreter hatte. Das literarische Leben erlebte erst im aufklärerischen Tauwetter der 1780er Jahre einen großen Aufschwung. Autoren wie Alxinger, Blumauer und Sonnenfels vertraten Positionen der Reform wurden aber bereits unter Joseph II. in der Spätphase seiner Regentschaft einer schärferen Zensur unterworfen wenn sie sich regierungskritisch äußerten.

Architektur, Kunstgeschichte, Stadtplanung Abgesehen von dem Großbrand von 1525 dem rund ein Drittel der Häuser in der ummauerten Stadt zum Opfer fielen waren die Veränderungen des Stadtbilds im 16. Jahrhundert fast ausschließlich von militärischen Erfordernissen geprägt. Die dafür berufenen süddeutschen und italienischen Baumeister prägten die architektonische Umgestaltung der Stadt. Innerhalb der Stadtmauern dominierte jedoch noch bis etwa 1600 der spätgotische Hausbau. Ab 1558 erfuhr freilich auch die Hofburg mit der Stallburg ihre erste moderne Erweiterung. Der Arkadenhof verwies auf die südländische Sozialisation Kaiser Ferdinands I. Schon zuvor hatten die niederösterreichischen Stände mit dem mehrfachen erweiterten Landhaus einen mehrfach erweiterten Konkurrenzbau errichten lassen. Das 1568 begonnene und nie vollendete Schloss Neugebäude setzte hingegen außerhalb der Stadtmauern einen markanten Akzent. Mit der Verlagerung der Residenz nach Prag ab 1576 wurde dieser Prozess vorerst gestoppt. Erst um 1620 barockisierte die Stadt nach und nach, wobei dem Klosterbau und dem Bau adeliger Palais große Bedeutung zukam. Die zahlreichen Kirchenbauten dienten der Betonung der Frömmigkeit des Herrscherhauses. Mit der Pestsäule und der Karlskirche entstanden zudem bedeutende Monumente deren Errichtung mit der überwundenen Seuchengefahr in Verbindung stand. Außerhalb der Stadtmauern entwickelte sich die dichteste Verbauung in den Gewerbevorstädten entlang des Wientales. Ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts griff sie zum Teil über den Linienwall hinaus, besonders herausragend mit dem Bau von Schloss Schönbrunn. Infrastrukturell war die Kanalisation der Altstadt im 18. Jahrhundert weitgehend abgeschlossen. Die Trinkwasserversorgung besorgten neben den Hausbrunnen einige Quellwasserleitungen von denen die ältere Hernalser und Hofwasserleitung und vor allem die Anfang des 18. Jahrhunderts errichtete Albertinische Wasserleitung die größte Bedeutung hatten. Die Vorstädte waren noch äußerst ungenügend kanalisiert. Die Donau und ihre Arme veränderten sich im Lauf der frühen Neuzeit häufig was zu zahlreichen Überschwemmungen und topographischen Veränderungen (Verschwinden des Oberen Werds) beitrug. Versuche, den Lauf durch Bau des Nussdorfer Wehrs, grundlegend zu verändern, war kein dauerhafter Erfolg beschieden.

Elementarereignisse Ein besonders verheerendes Elementarereignis war der Stadtbrand von 1525 dem rund ein Drittel des Häuserbestandes der ummauerten Stadt zum Opfer fielen. Er brach am 18/ 19. Juli 1525 im Cillierhof aus. Ein weiterer schwerer Brand ereignete sich am 21. April 1627. Flächenbrände in den Vorstädten gab es zahlreich, so 1759 auf der Wieden und 1786 in Lichtental. Äußerst zahlreich waren die Hochwässer an der Donau die phasenweise jährlich die flussnahen Vorstädte gefährdeten.

Literatur

  • Peter Csendes/Ferdinand Opll (Hg.): Wien. Geschichte einer Stadt, Bd. 2, Wien/Köln/Weimar: Böhlau 2003
  • Günter Düriegl: Wien 1683. Die Zweite Türkenbelagerung, Wien/Köln/Graz: Böhlau 1983
  • Rudolf Leeb/Walter Öhlinger/Karl Vocelka (Hg.): Brennen für den Glauben. Wien nach Luther. 413. Sonderausstellung des Wien Museums. Salzburg/Wien: Residenz 2017
  • Severin Hohensinner: Historische Hochwässer der Wiener Donau und ihrer Zubringer (Materialien zur Umweltgeschichte Österreichs 1), Wien: Zentrum für Umweltgeschichte 2015
  • Friedrich Polleroß: Kunst und Kultur. Renaissance und Barock. In: Peter Csendes/Ferdinand Opll (Hg.): Wien. Geschichte einer Stadt, Bd. 2, Wien/Köln/Weimar: Böhlau 2003, 453-505.
  • Martin Scheutz: Goldener Apfel, höfische Residenz und eine der Hauptstädte des Heiligen Römischen Reiches – die Metropole Wien der Frühen Neuzeit, in: Stephan Sander-Faes, Clemens Zimmermann (Hrsg.), Weltstädte, Metropolen, Megastädte – Dynamiken von Stadt und Raum von der Antike bis in die Gegenwart (Stadt in der Geschichte 43), Ostfildern 2018, S. 111–144
  • Andreas Weigl (Hg.): Wien im Dreißigjährigen Krieg. Bevölkerung – Gesellschaft – Kultur – Konfession. Kulturstudien. Bibliothek der Kulturgeschichte 32, Wien/Köln/Weimar 2001
  • Zentrum für Umweltgeschichte, Universität für Bodenkultur Wien (Hg.): Wasser Stadt Wien. Eine Umweltgeschichte, Wien 2019