Egon Friedell: Unterschied zwischen den Versionen

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Sohn des Wiener Tuchfabrikanten Tuchfabrikanten Moriz Friedmann und seiner Ehefrau Karoline; konvertierte noch als Schüler vom jüdischen zum evangelischen Glauben. Studierte an der Universität Wien (Dr. phil. 1904) und lebte anschließend als freier Schriftsteller, Kritiker und Schauspieler hauptsächlich in Wien, in dessen geistigem Leben von der Jahrhundertwende bis zur nationalsozialistischen Machtübernahme er eine weitgespannte Tätigkeit entwickelt, das kulturelle und literarische Leben maßgeblich beeinflußt und ihm eine besonders charakteristische Note verleiht; zu nationalen und jüdischen Fragen hatte er eine sehr individuelle Einstellung. Nachdem er gelegentlich das Pseudonym "Friedländer" benutzt hatte, ließ er 1916 seinen Familiennamen von Friedmann in Friedell offiziell ändern.  
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Sohn des Wiener Tuchfabrikanten Tuchfabrikanten Moriz Friedmann und seiner Ehefrau Karoline; konvertierte noch als Schüler vom jüdischen zum evangelischen Glauben. Studierte an der Universität Wien (Dr. phil. 1904) und lebte anschließend als freier Schriftsteller, Kritiker und Schauspieler hauptsächlich in Wien, in dessen geistigem Leben von der Jahrhundertwende bis zur nationalsozialistischen Machtübernahme er eine weitgespannte Tätigkeit entwickelt, das kulturelle und literarische Leben maßgeblich beeinflußt und ihm eine besonders charakteristische Note verleiht; zu nationalen und jüdischen Fragen hatte er eine sehr individuelle Einstellung. Nachdem er gelegentlich das Pseudonym "Friedländer" benutzt hatte, ließ er 1916 offiziell seinen Familiennamen von Friedmann in Friedell ändern.  
  
 
Im Mittelpunkt von Friedells Lebenswerk steht die kulturhistorische Arbeit, vor allem seine dreibändige „Kulturgeschichte der Neuzeit" (1927-1932, Neuauflage 1947-1950), die zu einer Fundgrube interessanten Materials geworden ist; Friedell verstand es, die Geschichte mit Humor ernst darzustellen. Auch seine zweibändige „Kulturgeschichte des Altertums" (1936) enthält einen Schatz historischen Wissens. Das dichterische Ergebnis von Friedells Beschäftigung mit dem Christusproblem ist die am Burgtheater zur Aufführung gelangte „Judastragödie" (1920). Enger Freund von [[Peter Altenberg]] (dem er in seinem „Altenbergbuch" [1922] ein literarisches Denkmal setzte) und [[Alfred Polgar]] (dem er 1912 die Abhandlung „Ecce poeta" widmete). Friedells gedankenreiche Essays und kulturkritischen Aufsätze sind in Auswahlbänden herausgegeben worden (so die Aphorismensammmlung „Steinbruch" [1922] oder „Das Altertum war nicht antik" [1950]). Friedells schauspielerisches Wirken verdient ebenfalls Beachtung; er begann im Cabaret „[[Fledermaus]]" (dessen künstlerischer Leiter er 1908-1910 war), betätigte sich 1919-1922 als Theaterkritiker und wurde dann von [[Max Reinhardt]] an seine Bühnen in Wien und Berlin geholt (hier spielte Friedell auch größere Rollen mit großem Erfolg). Überdies ist Friedell als Übersetzer aus dem Französischen und Englischen bekannt geworden. Friedell prägte von der Jahrhundertwende bis zur Annexion Österreichs (1938) das literarische und kulturelle Leben Wiens. [[Egon-Friedell-Gasse]].
 
Im Mittelpunkt von Friedells Lebenswerk steht die kulturhistorische Arbeit, vor allem seine dreibändige „Kulturgeschichte der Neuzeit" (1927-1932, Neuauflage 1947-1950), die zu einer Fundgrube interessanten Materials geworden ist; Friedell verstand es, die Geschichte mit Humor ernst darzustellen. Auch seine zweibändige „Kulturgeschichte des Altertums" (1936) enthält einen Schatz historischen Wissens. Das dichterische Ergebnis von Friedells Beschäftigung mit dem Christusproblem ist die am Burgtheater zur Aufführung gelangte „Judastragödie" (1920). Enger Freund von [[Peter Altenberg]] (dem er in seinem „Altenbergbuch" [1922] ein literarisches Denkmal setzte) und [[Alfred Polgar]] (dem er 1912 die Abhandlung „Ecce poeta" widmete). Friedells gedankenreiche Essays und kulturkritischen Aufsätze sind in Auswahlbänden herausgegeben worden (so die Aphorismensammmlung „Steinbruch" [1922] oder „Das Altertum war nicht antik" [1950]). Friedells schauspielerisches Wirken verdient ebenfalls Beachtung; er begann im Cabaret „[[Fledermaus]]" (dessen künstlerischer Leiter er 1908-1910 war), betätigte sich 1919-1922 als Theaterkritiker und wurde dann von [[Max Reinhardt]] an seine Bühnen in Wien und Berlin geholt (hier spielte Friedell auch größere Rollen mit großem Erfolg). Überdies ist Friedell als Übersetzer aus dem Französischen und Englischen bekannt geworden. Friedell prägte von der Jahrhundertwende bis zur Annexion Österreichs (1938) das literarische und kulturelle Leben Wiens. [[Egon-Friedell-Gasse]].

Version vom 28. März 2017, 12:17 Uhr

Daten zur Person
Personenname Friedell, Egon
Abweichende Namensform Friedmann, Egon; Friedländer, Egon
Titel Dr. phil.
Geschlecht männlich
PageID 26883
GND
Wikidata
Geburtsdatum 21. Jänner 1878
Geburtsort Wien
Sterbedatum 16. März 1938
Sterbeort Wien
Beruf Schriftsteller, Kulturhistoriker, Schauspieler
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage
Export RDF-Export (Resource Description Framework) RDF
Recherche
Letzte Änderung am 28.03.2017 durch WIEN1.lanm09was
Begräbnisdatum
Friedhof Evangelischer Pfarrfriedhof Simmering
Grabstelle Gruppe 9, Reihe 1, Nummer 29
  • Gentzgasse 7 (Sterbeadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

Egon Friedell, * 21. Jänner 1878 Wien, † (Freitod) 16. März 1938 Wien 18, Gentzgasse 7 (Gedenktafel; Zentralfriedhof, Evangelische Abteilung, Gruppe 9/29), Schriftsteller, Kulturhistoriker, Schauspieler.

Biographie

Sohn des Wiener Tuchfabrikanten Tuchfabrikanten Moriz Friedmann und seiner Ehefrau Karoline; konvertierte noch als Schüler vom jüdischen zum evangelischen Glauben. Studierte an der Universität Wien (Dr. phil. 1904) und lebte anschließend als freier Schriftsteller, Kritiker und Schauspieler hauptsächlich in Wien, in dessen geistigem Leben von der Jahrhundertwende bis zur nationalsozialistischen Machtübernahme er eine weitgespannte Tätigkeit entwickelt, das kulturelle und literarische Leben maßgeblich beeinflußt und ihm eine besonders charakteristische Note verleiht; zu nationalen und jüdischen Fragen hatte er eine sehr individuelle Einstellung. Nachdem er gelegentlich das Pseudonym "Friedländer" benutzt hatte, ließ er 1916 offiziell seinen Familiennamen von Friedmann in Friedell ändern.

Im Mittelpunkt von Friedells Lebenswerk steht die kulturhistorische Arbeit, vor allem seine dreibändige „Kulturgeschichte der Neuzeit" (1927-1932, Neuauflage 1947-1950), die zu einer Fundgrube interessanten Materials geworden ist; Friedell verstand es, die Geschichte mit Humor ernst darzustellen. Auch seine zweibändige „Kulturgeschichte des Altertums" (1936) enthält einen Schatz historischen Wissens. Das dichterische Ergebnis von Friedells Beschäftigung mit dem Christusproblem ist die am Burgtheater zur Aufführung gelangte „Judastragödie" (1920). Enger Freund von Peter Altenberg (dem er in seinem „Altenbergbuch" [1922] ein literarisches Denkmal setzte) und Alfred Polgar (dem er 1912 die Abhandlung „Ecce poeta" widmete). Friedells gedankenreiche Essays und kulturkritischen Aufsätze sind in Auswahlbänden herausgegeben worden (so die Aphorismensammmlung „Steinbruch" [1922] oder „Das Altertum war nicht antik" [1950]). Friedells schauspielerisches Wirken verdient ebenfalls Beachtung; er begann im Cabaret „Fledermaus" (dessen künstlerischer Leiter er 1908-1910 war), betätigte sich 1919-1922 als Theaterkritiker und wurde dann von Max Reinhardt an seine Bühnen in Wien und Berlin geholt (hier spielte Friedell auch größere Rollen mit großem Erfolg). Überdies ist Friedell als Übersetzer aus dem Französischen und Englischen bekannt geworden. Friedell prägte von der Jahrhundertwende bis zur Annexion Österreichs (1938) das literarische und kulturelle Leben Wiens. Egon-Friedell-Gasse.

Literatur

  • Hans Giebisch / Gustav Gugitz: Bio-Bibliographisches Literaturlexikon Österreichs von den Anfängen bis zur Gegenwart. Wien: Hollinek 1963
  • Walter Kleindel: Das große Buch der Österreicher. 4500 Personendarstellungen in Wort und Bild, Namen, Daten, Fakten. Unter Mitarbeit von Hans Veigl. Wien: Kremayr & Scheriau 1987
  • Das Jahrbuch der Wiener Gesellschaft. Biographische Beiträge zur Wiener Zeitgeschichte. Hg. von Franz Planer. Wien: F. Planer 1929
  • Wilhelm Kosch: Deutsches Literatur-Lexikon. Biographisches und bibliographisches Handbuch. 4 Bände. Bern: Francke 1949-1958
  • Wilhelm Kosch: Deutsches Theaterlexikon. Biographisches und bibliographisches Handbuch. Wien: F. Kleinmayr. 1953
  • Murray G. Hall / Gerhard Renner: Handbuch der Nachlässe und Sammlungen österreichischer Autoren. Wien [ u.a.]: Böhlau 1992 (Literatur in der Geschichte, Geschichte in der Literatur, 23)
  • Gerhard Renner: Die Nachlässe in der Wiener Stadt- und Landesbibliothek. Wien 1993, (Splitternachlaß)
  • Neue österreichische Biographie. 1815 – 1918. Wien [u.a.]: Amalthea-Verlag 1923ff. (fehlerhaft)
  • Österreichisches biographisches Lexikon 1815–1950. Hg. von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften / Wien/Graz: Böhlau 1954-lfd.
  • Isabella Ackerl / Friedrich Weissensteiner: Österreichisches Personenlexikon der Ersten und Zweiten Republik, Wien: Ueberreuter 1992
  • Harry Zohn: Österreichische Juden in der Literatur. Ein bio-bibliographisches Lexikon. Tel Aviv: Olamenu 1969
  • Roland Innerhofer: Egon Friedell. Kulturgeschichte zwischen den beiden Weltkriegen. Wien [u.a.]: Böhlau 1990 (Literatur in der Geschichte, Geschichte in der Literatur, 20); darin: Charakteristische Mängel und Probleme der Friedell-Literatur, S. 12 ff.
  • Klaus Peter Dencker: Der junge Friedell. Dokumente der Ausbildung zum genialen Dilettanten. München: Beck 1977
  • Heribert Illig: Schriftspieler Schausteller. Die künstlerische Aktivitäten Egon Friedells. Wien: Löcker 1987; darin: Friedell-Literatur, S. 220 ff.
  • Heribert Illig [Hg.]: Das Friedell-Lesebuch. München: Beck 1988
  • Raymond Wisemann: Egon Friedell. Die Welt als Bühne. München: Fink 1987
  • Walther Schneider [Hg.]: Friedell-Brevier. Aus Schriften und Nachlaß. Wien: Müller 1947
  • Peter Haage: Egon Friedell und der Journalismus. Dissertation Universität Wien. Wien 1964
  • Gerd Stein: Peter Altenberg und Egon Friedell. Zum Wiener Impressionismus der Jahrhundertwende. Dissertation Universität Salzburg. Salzburg 1973
  • Gordon Patterson: The Misunderstood Clown. Egon Friedell and his Vienna. Philosophy Dissertation. University of California. Los Angeles 1979
  • Milan Dubrovic: Veruntreute Geschichte. Die Wiener Salons und Literatencafés. Wien [u.a.]: Zsolnay 1985, Register
  • Helmut Kretschmer: XVIII. Währing. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1982 (Wiener Bezirkskulturführer, 18), S. 8
  • Christine Klusacek / Kurt Stimmer: Währing. Vom Ganserlberg zum Schafberg. Wien: Mohl 1989, S. 112 f., S. 209
  • Sylvia Mattl-Wurm [Red.]: Interieurs. Wiener Künstlerwohnungen 1830 - 1930. Wien: Eigenverlag 1990 (Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, 138), S. 121 (1900-1938 Gentzgasse 7)
  • Hans Markl: Kennst du die berühmten letzten Ruhestätten auf den Wiener Friedhöfen? Band 1: Zentralfriedhof und Krematorium (Urnenhain). Wien: Pechan 1961, S. 154