Christine Nöstlinger: Unterschied zwischen den Versionen

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Christine Nöstlinger, 13. Oktober 1936 Wien, Schriftstellerin
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Christine Nöstlinger, * 13. Oktober 1936 Wien, Schriftstellerin.
  
 
==Biographie==
 
==Biographie==
Christine Nöstlinger wuchs als Tochter eines Uhrmachers und einer Kindergärtnerin in Wien-Hernals in ziemlich ärmlichen Verhältnissen auf. Politisch sozialisiert in einem sozialdemokratischen Elternhaus, erlebte sie in ihrer Kindheit im Nationalsozialismus Rassismus, Antisemitismus, Vertreibung und Verfolgung auch im engeren Herkunftsmilieu. Ihre schwerhörige Großmutter schimpfte ständig und laut gegen Hitler. Nach der Matura studierte Nöstlinger an der Akademie für Angewandte Kunst Gebrauchsgraphik.  Danach arbeitete sie einige Jahre, heiratete den Journalisten Heinz Nöstlinger, bekam zwei Töchter, versuchte sich als Journalistin in Tageszeitungen und Magazinen.  
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Christine Nöstlinger wurde am 13. Oktober 1936 in Wien geboren und wuchs als Tochter eines Uhrmachers und einer Kindergärtnerin in Wien-Hernals in ziemlich ärmlichen Verhältnissen auf. Politisch sozialisiert in einem sozialdemokratischen Elternhaus, erlebte sie in ihrer Kindheit im Nationalsozialismus Rassismus, Antisemitismus, Vertreibung und Verfolgung auch im engeren Herkunftsmilieu. Ihre schwerhörige Großmutter schimpfte ständig und laut gegen Hitler. Nach der Matura am Hernalser Gymnasium studierte Nöstlinger an der Akademie für Angewandte Kunst Gebrauchsgraphik.  Danach arbeitete sie einige Jahre, heiratete den Journalisten Heinz Nöstlinger, bekam zwei Töchter, versuchte sich als Journalistin in Tageszeitungen und Magazinen.  
Ihre Karriere als Schriftstellerin begann mit Illustrationen für „Die feuerrote Friederike“ (1970); als diese fertig gezeichnet waren, schrieb sie auch den Text. „Die feuerrote Friederike“ wurde sogleich zum großen Erfolg, entsprach im witzig-aufmüpfigen Ton ganz dem Zeitgeist der 1968er Jahre. Ihre Neuerscheinungen in den nächsten Jahren knüpften an den Erfolg des schriftstellerischen Debüts nahtlos an, für „Wir pfeifen auf den Gurkenkönig“ (1973) bekam sie den Deutschen Jugendbuch-Preis. „Konrad oder das Kind aus der Konservenbüchse“ (1875) oder die Serie um „Gretchen Sackmeier“ (ab 1983) wurden zu Publikumsrennern. Zu ihrer Bekanntheit trug sicherlich auch bei, dass Nöstlinger als Rundfunk- und Fernsehmoderatorin arbeitete. Die „Dschi-Dschei-Wischer“-Reihe lief 1979 im österreichischen Rundfunk fast täglich ein ganzes Jahr lang. Den Büchern folgten Verfilmungen und Adaptierungen für das Theater.  
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Dass Nöstlinger auch international reüssierte und zu einer der wichtigsten literarischen Botschafterin Österreichs wurde, zeigte sich auch an der Verleihung des hochdotierten Astrid-Lindgren-Preises im Jahr 2003. Christine Nöstlingers Werke standen auch für eine intensive Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus in der Kinder- und Jugendbuchliteratur. Sie war eine der ersten Schriftstellerinnen, die dieses Thema aufgriff. „Maikäfer flieg“ (1973), das deutlich autobiographische Erfahrungen aufgreift, schilderte aus der Perspektive eines achtjährigen Mädchen den Wahnsinn der NS-Zeit und des Krieges und verortete genau die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen; „Zwei Wochen im Mai“ (1981) setzte die Erinnerungen an die Kriegs- und Nachkriegszeit fort. Gemeinsam all ihren mehr als 150 Büchern waren Zuneigung gegenüber Außenseitern, ihr Aufruf zu Freiheit und Widerständigkeit und ihr Misstrauen gegenüber Autoritäten, immer getragen vom nonchalanten Witz einer oft sehr Wienerischen Sprachmelodie. Nöstlinger hielt immer am Prinzip fest, dass Kinder gerne lachen. Ihre Erzählungen verarbeiteten Alltagsgeschehen, sprachen auch ganz ungeniert Sexualität und andere Tabuthemen an. Christine Nöstlinger produzierte nicht nur - auch von Erwachsenen gern gelesenen - Kinder- und Jugendbüchern, sondern wandte sich auch direkt an ein älteres Publikum. In den Gedichtbänden „Iba de gaunz oaman Kinda“ (1974) oder „Iba de ganz oaman Fraun“ (1982) erwies sie der Ausdrucksstärke des Wiener Dialekts und den Abgründen und Humoresken des Wiener Alltags ihre Reverenz. Entsprechend ihrem zivilgesellschaftlichen Engagement war sie von 1997 bis 1999 Vorsitzende von SOS Mitmensch. Als freie Schriftstellerin lebt sie in Wien und im Waldviertel.   
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Ihre Karriere als Schriftstellerin begann mit Illustrationen für "Die feuerrote Friederike" (1970); als diese fertig gezeichnet waren, schrieb sie auch den Text. "Die feuerrote Friederike" wurde sogleich zum großen Erfolg, entsprach im witzig-aufmüpfigen Ton ganz dem Zeitgeist der 1968er Jahre. Ihre Neuerscheinungen in den nächsten Jahren knüpften an den Erfolg des schriftstellerischen Debüts nahtlos an, für "Wir pfeifen auf den Gurkenkönig" (1973) bekam sie den Deutschen Jugendbuch-Preis. "Konrad oder das Kind aus der Konservenbüchse" (1875) oder die Serie um "Gretchen Sackmeier" (ab 1983) wurden zu Publikumsrennern. Zu ihrer Bekanntheit trug sicherlich auch bei, dass Nöstlinger als Rundfunk- und Fernsehmoderatorin arbeitete. Die "Dschi-Dschei-Wischer"-Reihe lief 1979 im österreichischen Rundfunk fast täglich ein ganzes Jahr lang. Den Büchern folgten Verfilmungen und Adaptierungen für das Theater. Für die Tageszeitungen "[[Kurier]]" und "[[Täglich Alles]]" und die Wochenzeitung "[[Die ganze Woche]]" schrieb sie Kolumnen und Glossen.
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Dass Nöstlinger auch international reüssierte und zu einer der wichtigsten literarischen Botschafterin Österreichs wurde, zeigte sich auch an der Verleihung des hochdotierten Astrid-Lindgren-Preises im Jahr 2003. Christine Nöstlingers Werke standen auch für eine intensive Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus in der Kinder- und Jugendbuchliteratur. Sie war eine der ersten Schriftstellerinnen, die dieses Thema aufgriff. "Maikäfer flieg" (1973), das deutlich autobiographische Erfahrungen aufgreift, schilderte aus der Perspektive eines achtjährigen Mädchen den Wahnsinn der NS-Zeit und des Krieges und verortete genau die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen; "Zwei Wochen im Mai" (1981) setzte die Erinnerungen an die Kriegs- und Nachkriegszeit fort. Gemeinsam all ihren mehr als 150 Büchern waren Zuneigung gegenüber Außenseitern, ihr Aufruf zu Freiheit und Widerständigkeit und ihr Misstrauen gegenüber Autoritäten, immer getragen vom nonchalanten Witz einer oft sehr Wienerischen Sprachmelodie. Nöstlinger hielt immer am Prinzip fest, dass Kinder gerne lachen. Ihre Erzählungen verarbeiteten Alltagsgeschehen, sprachen auch ganz ungeniert Sexualität und andere Tabuthemen an. Christine Nöstlinger produzierte nicht nur - auch von Erwachsenen gern gelesene - Kinder- und Jugendbücher, sondern wandte sich auch direkt an ein älteres Publikum. In den Gedichtbänden "Iba de gaunz oaman Kinda" (1974) oder "Iba de ganz oaman Fraun" (1982) erwies sie der Ausdrucksstärke des Wiener Dialekts und den Abgründen und Humoresken des Wiener Alltags ihre Reverenz. Entsprechend ihrem zivilgesellschaftlichen Engagement war sie von 1997 bis 1999 Vorsitzende von SOS Mitmensch. Als freie Schriftstellerin lebt sie in Wien und im Waldviertel.   
  
 
==Literatur==
 
==Literatur==
 
*Kritisches Lexikon zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur.
 
*Kritisches Lexikon zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur.
 
*Christine Nöstlinger: Geplant habe ich gar nichts. Aufsätze. Reden. Interviews. Wien: Dachs Verlag 1996.
 
*Christine Nöstlinger: Geplant habe ich gar nichts. Aufsätze. Reden. Interviews. Wien: Dachs Verlag 1996.
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* Klaus Jürgen Dilewsky: Christine Nöstlinger als Kinder- und Jugendbuchautorin. Genres, Stoffe, Sozialcharaktere, Intentionen. Frankfurt am Main: Haag & Herchen 1993
 
*Sabine Fuchs: Christine Nöstlinger. Werkmonographie. Wien. Dachs-Verlag 2001.
 
*Sabine Fuchs: Christine Nöstlinger. Werkmonographie. Wien. Dachs-Verlag 2001.
 
*Sabine Fuchs (Hg.): … weil Kinder nicht ernst genommen werden.  Zum Werk von Christine Nöstlinger. Wien: Edition Praesens 2003.
 
*Sabine Fuchs (Hg.): … weil Kinder nicht ernst genommen werden.  Zum Werk von Christine Nöstlinger. Wien: Edition Praesens 2003.
 
*Christine Pirker: Christine Nöstlinger. Die Buchstabenfabrikantin. Wien: Molden 2007.
 
*Christine Pirker: Christine Nöstlinger. Die Buchstabenfabrikantin. Wien: Molden 2007.
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* Wienbibliothek im Rathaus, Tagblattarchiv
  
== Links ==
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== Links==
 
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* [http://de.wikipedia.org/wiki/Christine_N%C3%B6stlinger Wikipedia: Christine Nöstlinger]
*[http://de.wikipedia.org/wiki/Christine_N%C3%B6stlinger Wikipedia: Christine Nöstlinger]
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* [http://www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/christine-noestlinger/ FemBio: Christine Nöstlinger]

Version vom 15. Oktober 2015, 15:26 Uhr

Daten zur Person
Personenname Nöstlinger, Christine
Abweichende Namensform
Titel
Geschlecht weiblich
PageID 34522
GND 118811738
Wikidata
Geburtsdatum 13. Oktober 1936
Geburtsort Wien
Sterbedatum 28. Juni 2018
Sterbeort
Beruf Schriftstellerin
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug
Quelle Gedenktage, Gedenktage-GW
Export RDF-Export (Resource Description Framework) RDF
Recherche
Letzte Änderung am 15.10.2015 durch WIEN1.lanm09bar


  • 20., Stromstraße 34 (Geburtsadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft
  • Erster Preis der Stiftung Buchkunst (Verleihung: 1993)
  • Österreichisches Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse (Verleihung: 15. Oktober 2003)
  • Großes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich (Verleihung: 2011)
  • Buchpreis der Wiener Wirtschaft (Verleihung: 2010)
  • Willy und Helga Verkauf-Verlon Preis (Verleihung: 2009)
  • Astrid-Lindgren-Gedächtnis-Preis (Verleihung: 2003)
  • Wildweibchenpreis (Verleihung: 2002)
  • Ehrenpreis des österreichischen Buchhandels für Toleranz in Denken und Handeln (Verleihung: 1998)
  • Steirische Leseeule (Verleihung: 1997)
  • Friedrich-Bödecker-Preis (Verleihung: 1972)
  • La vache qui lit (Verleihung: 1990)
  • Nestroy-Ring (Verleihung: 1986)
  • Hans Christian Andersen-Preis (Verleihung: 1984)
  • Österreichischer Staatspreis für Kinder- und Jugendliteratur (Verleihung: 1979)
  • Mildred L. Batchelder Award (Verleihung: 1979)
  • Österreichischer Staatspreis für Kinder- und Jugendliteratur (Verleihung: 1974)
  • Deutscher Jugendliteraturpreis (Verleihung: 1973)

Christine Nöstlinger, * 13. Oktober 1936 Wien, Schriftstellerin.

Biographie

Christine Nöstlinger wurde am 13. Oktober 1936 in Wien geboren und wuchs als Tochter eines Uhrmachers und einer Kindergärtnerin in Wien-Hernals in ziemlich ärmlichen Verhältnissen auf. Politisch sozialisiert in einem sozialdemokratischen Elternhaus, erlebte sie in ihrer Kindheit im Nationalsozialismus Rassismus, Antisemitismus, Vertreibung und Verfolgung auch im engeren Herkunftsmilieu. Ihre schwerhörige Großmutter schimpfte ständig und laut gegen Hitler. Nach der Matura am Hernalser Gymnasium studierte Nöstlinger an der Akademie für Angewandte Kunst Gebrauchsgraphik. Danach arbeitete sie einige Jahre, heiratete den Journalisten Heinz Nöstlinger, bekam zwei Töchter, versuchte sich als Journalistin in Tageszeitungen und Magazinen.

Ihre Karriere als Schriftstellerin begann mit Illustrationen für "Die feuerrote Friederike" (1970); als diese fertig gezeichnet waren, schrieb sie auch den Text. "Die feuerrote Friederike" wurde sogleich zum großen Erfolg, entsprach im witzig-aufmüpfigen Ton ganz dem Zeitgeist der 1968er Jahre. Ihre Neuerscheinungen in den nächsten Jahren knüpften an den Erfolg des schriftstellerischen Debüts nahtlos an, für "Wir pfeifen auf den Gurkenkönig" (1973) bekam sie den Deutschen Jugendbuch-Preis. "Konrad oder das Kind aus der Konservenbüchse" (1875) oder die Serie um "Gretchen Sackmeier" (ab 1983) wurden zu Publikumsrennern. Zu ihrer Bekanntheit trug sicherlich auch bei, dass Nöstlinger als Rundfunk- und Fernsehmoderatorin arbeitete. Die "Dschi-Dschei-Wischer"-Reihe lief 1979 im österreichischen Rundfunk fast täglich ein ganzes Jahr lang. Den Büchern folgten Verfilmungen und Adaptierungen für das Theater. Für die Tageszeitungen "Kurier" und "Täglich Alles" und die Wochenzeitung "Die ganze Woche" schrieb sie Kolumnen und Glossen.

Dass Nöstlinger auch international reüssierte und zu einer der wichtigsten literarischen Botschafterin Österreichs wurde, zeigte sich auch an der Verleihung des hochdotierten Astrid-Lindgren-Preises im Jahr 2003. Christine Nöstlingers Werke standen auch für eine intensive Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus in der Kinder- und Jugendbuchliteratur. Sie war eine der ersten Schriftstellerinnen, die dieses Thema aufgriff. "Maikäfer flieg" (1973), das deutlich autobiographische Erfahrungen aufgreift, schilderte aus der Perspektive eines achtjährigen Mädchen den Wahnsinn der NS-Zeit und des Krieges und verortete genau die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen; "Zwei Wochen im Mai" (1981) setzte die Erinnerungen an die Kriegs- und Nachkriegszeit fort. Gemeinsam all ihren mehr als 150 Büchern waren Zuneigung gegenüber Außenseitern, ihr Aufruf zu Freiheit und Widerständigkeit und ihr Misstrauen gegenüber Autoritäten, immer getragen vom nonchalanten Witz einer oft sehr Wienerischen Sprachmelodie. Nöstlinger hielt immer am Prinzip fest, dass Kinder gerne lachen. Ihre Erzählungen verarbeiteten Alltagsgeschehen, sprachen auch ganz ungeniert Sexualität und andere Tabuthemen an. Christine Nöstlinger produzierte nicht nur - auch von Erwachsenen gern gelesene - Kinder- und Jugendbücher, sondern wandte sich auch direkt an ein älteres Publikum. In den Gedichtbänden "Iba de gaunz oaman Kinda" (1974) oder "Iba de ganz oaman Fraun" (1982) erwies sie der Ausdrucksstärke des Wiener Dialekts und den Abgründen und Humoresken des Wiener Alltags ihre Reverenz. Entsprechend ihrem zivilgesellschaftlichen Engagement war sie von 1997 bis 1999 Vorsitzende von SOS Mitmensch. Als freie Schriftstellerin lebt sie in Wien und im Waldviertel.

Literatur

  • Kritisches Lexikon zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur.
  • Christine Nöstlinger: Geplant habe ich gar nichts. Aufsätze. Reden. Interviews. Wien: Dachs Verlag 1996.
  • Klaus Jürgen Dilewsky: Christine Nöstlinger als Kinder- und Jugendbuchautorin. Genres, Stoffe, Sozialcharaktere, Intentionen. Frankfurt am Main: Haag & Herchen 1993
  • Sabine Fuchs: Christine Nöstlinger. Werkmonographie. Wien. Dachs-Verlag 2001.
  • Sabine Fuchs (Hg.): … weil Kinder nicht ernst genommen werden. Zum Werk von Christine Nöstlinger. Wien: Edition Praesens 2003.
  • Christine Pirker: Christine Nöstlinger. Die Buchstabenfabrikantin. Wien: Molden 2007.
  • Wienbibliothek im Rathaus, Tagblattarchiv

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