Angelo Soliman: Unterschied zwischen den Versionen

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Soliman Angelo, * um 1721 Afrika,  † 21. November 1796 Stadt 165 (1, Freyung 9, Tiefer Graben 1), schwarzer Kammerdiener, Gattin Magdalena, geborene Kellermann, verwitwete Christiani (eine Wienerin). Er kam um 1732 in Neapel zu Johann Georg Fürst Lobkowitz, um 1755 zu Wenzel Fürst Liechtenstein (den er nach Parma und Frankfurt begleitete); 1783 wurde er Freimaurer. Soliman besaß mit seiner Gattin das ehemalige Haus 3. Radetzkystraße 19. Nach seinem Tod wurde sein Leichnam auf Anordnung Franz II. präpariert und bis 1806 im k.k. Naturalienkabinett zur Schau gestellt. Die Mumie verbrannte am 31. Oktober 1848 bei der Beschießung von Wien. Die Tochter Josephine war ab 1797 mit dem Vater des Dichters Ernst Freiherr von Feuchtersleben verheiratet. Dieser entstammte allerdings nicht der Ehe mit Josephine, sondern der zweiten Ehe seines Vaters.
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Soliman Angelo, * um 1721 Afrika,  † 21. November 1796 Stadt 165 (1, Freyung 9, Tiefer Graben 1), Kammerdiener
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== Biographie==
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Angelo Soliman wurde um das Jahr 1721 vermutlich im Königreich Kanem-Bornu (heute in der Grenzregion zwischen Niger, Nigeria und Tschad) als Mmadi Make geboren. Nach der Vernichtung seines Stammes bei kriegerischen Auseinandersetzungen wurde er von den Siegern versklavt, nach Nordafrika verschleppt und schließlich an Europäer weiterverkauft. Um das Jahr 1729 kam er nach Messina, wo er im Hause einer reichen Dame europäische Erziehung genoss und vermutlich auf den Namen Angelo Sollima getauft wurde. 1734/35 wurde er dem Fürsten Johann Georg Christian von Lobkowitz geschenkt, dem er als Kam-merdiener auf dessen böhmischen Landsitz diente und als Soldat sogar das Leben rettete. Nach Lobkowitz‘ Tod gelangte Soliman 1753/54 nach Wien an den Hof Fürst Wenzels von Liechtenstein, wo er zum Chef der Dienerschaft avancierte; aufgrund seiner  heimlichen Ehe kurzzeitig in Ungnade gefallen, diente er später wieder unter dessen Nachfolger, Franz Joseph von Liechtenstein bis zu seiner Pensionierung 1783.
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In diese Zeit fällt auch der soziale Aufstieg Angelo Solimans. 1764 gewann er beim Karten-spielen eine Summe von 20.000 Gulden, 1768 heiratete er heimlich die Witwe Magdalena Christiano, geb. Kellermann. Der Ehe entstammte die Tochter [[Josephine Soliman]] (1772-1801), die 1797 den Militäringenieur Ernst von Feuchtersleben heiratete und im Jahr darauf einem Sohn, dem späteren Bergbauingenieur und Reiseschriftsteller Eduard von Feuchtersleben, das Leben schenkte. Angelo Soliman war mit zahlreichen Persönlichkeiten der höheren Gesellschaft befreundet, darunter der Feldherr [[Franz Moritz Lacy|Franz Moritz Graf von Lacy]], der ungarische Nationaldichter Ferenc Kazinczy und der Mineraloge und Aufklärer [[Ignaz Born|Ignaz von Born]]. Auch in der Gesellschaft Kaiser [[Joseph II.|Josephs II.]] soll Soliman gern gesehener Gast gewesen sein.  
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1781 trat er der Freimaurerloge „Zur wahren Eintracht“ bei, in der auch [[Wolfgang Amadeus Mozart]] verkehrte. Unter dem Meister Ignaz von Born, den Soliman in die Loge gebracht hatte, avancierte er sogar zum Vizezeremonienmeister der Loge.
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Mit seinem Tod durch Schlaganfall am 21. November 1796 wurde Angelo Soliman wieder auf das Kuriose seines Äußeren, die schwarze Haut reduziert: sein Körper wurde beschlagnahmt, ein Gipsabdruck seines Kopfes abgenommen (erst 1996 wurde dieser im Rollettmuseum Baden wieder aufgefunden) und die Eingeweide bestattet; Solimans Haut aber wurde – vermutlich gegen seinen Willen und vor allem gegen mehrmaligen, scharfen Protest seiner Tochter Josephine – ausgestopft und im Kaiserlichen Naturalienkabinett als halbnackter Wilder mit Federn und Muschelkette zur Schau gestellt. 1806 aus der Schausammlung entfernt, verbrannte das Präparat letztlich im Verlauf der Niederschlagung der Revolution 1848.  
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Angelo Soliman gehört unbestritten zur „hall of fame der Wiener Stadtmythologie (Unterabteilung: Schattenreich)“ (Wolfgang Kos, 2011), zahlreiche Publikationen - von der ersten Biographie durch [[Karoline Pichler]] (1808) bis hin zur großen Sonderausstellung im Wien Museum (2011) – befassten sich mit seinem Leben. 2006 würdigte die österreichische Post Angelo Soliman im Rahmen der Freimaurer-Serie mit einer Briefmarke.  
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[[Angelo-Soliman-Weg]]
 
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==Literatur==
 
==Literatur==
*Richard Bamberger [Hg.]: Österreich-Lexikon in zwei Bänden. Wien: Verlags-Gemeinschaft Österreich-Lexikon 1995
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* Richard Bamberger [Hg.]: Österreich-Lexikon in zwei Bänden. Wien: Verlags-Gemeinschaft Österreich-Lexikon 1995
*Wilhelm A. Bauer: Angelo Soliman, der hochfürstliche Mohr. Ein exotisches Kapitel Alt-Wien. Wien: Gerlach & Wiedling 1922
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* Wilhelm A. Bauer: Angelo Soliman, der hochfürstliche Mohr. Ein exotisches Kapitel Alt-Wien. Wien: Gerlach & Wiedling 1922
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* Firla, Monika: Angelo Soliman – Ein Wiener Afrikaner im 18. Jahrhundert. Baden: Rollett-Museum 2004. (Katalogblätter des Rollettmuseums Baden Nr. 48)
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* Blom, Philipp ; Kos, Wolfgang (Hrsg.): Angelo Soliman. Ein Afrikaner in Wien. Wien: Brandstätter 2011. (= 376. Sonderausstellung des Wien Museums)
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==Links==
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* [http://de.wikipedia.org/wiki/Angelo_Soliman Wikipedia: Angelo Soliman]

Version vom 23. Januar 2015, 15:12 Uhr

Daten zur Person
Personenname Soliman, Angelo
Abweichende Namensform
Titel
Geschlecht männlich
PageID 3482
GND
Wikidata
Geburtsdatum 1721
Geburtsort Afrika
Sterbedatum 21. November 1796
Sterbeort Wien
Beruf Kammerdiener
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Recherche
Letzte Änderung am 23.01.2015 durch WIEN1.lanm09was
Begräbnisdatum
Friedhof
Grabstelle
  • 3., Radetzkystraße 19
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

Soliman Angelo, * um 1721 Afrika, † 21. November 1796 Stadt 165 (1, Freyung 9, Tiefer Graben 1), Kammerdiener

Biographie

Angelo Soliman wurde um das Jahr 1721 vermutlich im Königreich Kanem-Bornu (heute in der Grenzregion zwischen Niger, Nigeria und Tschad) als Mmadi Make geboren. Nach der Vernichtung seines Stammes bei kriegerischen Auseinandersetzungen wurde er von den Siegern versklavt, nach Nordafrika verschleppt und schließlich an Europäer weiterverkauft. Um das Jahr 1729 kam er nach Messina, wo er im Hause einer reichen Dame europäische Erziehung genoss und vermutlich auf den Namen Angelo Sollima getauft wurde. 1734/35 wurde er dem Fürsten Johann Georg Christian von Lobkowitz geschenkt, dem er als Kam-merdiener auf dessen böhmischen Landsitz diente und als Soldat sogar das Leben rettete. Nach Lobkowitz‘ Tod gelangte Soliman 1753/54 nach Wien an den Hof Fürst Wenzels von Liechtenstein, wo er zum Chef der Dienerschaft avancierte; aufgrund seiner heimlichen Ehe kurzzeitig in Ungnade gefallen, diente er später wieder unter dessen Nachfolger, Franz Joseph von Liechtenstein bis zu seiner Pensionierung 1783.

In diese Zeit fällt auch der soziale Aufstieg Angelo Solimans. 1764 gewann er beim Karten-spielen eine Summe von 20.000 Gulden, 1768 heiratete er heimlich die Witwe Magdalena Christiano, geb. Kellermann. Der Ehe entstammte die Tochter Josephine Soliman (1772-1801), die 1797 den Militäringenieur Ernst von Feuchtersleben heiratete und im Jahr darauf einem Sohn, dem späteren Bergbauingenieur und Reiseschriftsteller Eduard von Feuchtersleben, das Leben schenkte. Angelo Soliman war mit zahlreichen Persönlichkeiten der höheren Gesellschaft befreundet, darunter der Feldherr Franz Moritz Graf von Lacy, der ungarische Nationaldichter Ferenc Kazinczy und der Mineraloge und Aufklärer Ignaz von Born. Auch in der Gesellschaft Kaiser Josephs II. soll Soliman gern gesehener Gast gewesen sein.

1781 trat er der Freimaurerloge „Zur wahren Eintracht“ bei, in der auch Wolfgang Amadeus Mozart verkehrte. Unter dem Meister Ignaz von Born, den Soliman in die Loge gebracht hatte, avancierte er sogar zum Vizezeremonienmeister der Loge.

Mit seinem Tod durch Schlaganfall am 21. November 1796 wurde Angelo Soliman wieder auf das Kuriose seines Äußeren, die schwarze Haut reduziert: sein Körper wurde beschlagnahmt, ein Gipsabdruck seines Kopfes abgenommen (erst 1996 wurde dieser im Rollettmuseum Baden wieder aufgefunden) und die Eingeweide bestattet; Solimans Haut aber wurde – vermutlich gegen seinen Willen und vor allem gegen mehrmaligen, scharfen Protest seiner Tochter Josephine – ausgestopft und im Kaiserlichen Naturalienkabinett als halbnackter Wilder mit Federn und Muschelkette zur Schau gestellt. 1806 aus der Schausammlung entfernt, verbrannte das Präparat letztlich im Verlauf der Niederschlagung der Revolution 1848.

Angelo Soliman gehört unbestritten zur „hall of fame der Wiener Stadtmythologie (Unterabteilung: Schattenreich)“ (Wolfgang Kos, 2011), zahlreiche Publikationen - von der ersten Biographie durch Karoline Pichler (1808) bis hin zur großen Sonderausstellung im Wien Museum (2011) – befassten sich mit seinem Leben. 2006 würdigte die österreichische Post Angelo Soliman im Rahmen der Freimaurer-Serie mit einer Briefmarke.


Angelo-Soliman-Weg

Literatur

  • Richard Bamberger [Hg.]: Österreich-Lexikon in zwei Bänden. Wien: Verlags-Gemeinschaft Österreich-Lexikon 1995
  • Wilhelm A. Bauer: Angelo Soliman, der hochfürstliche Mohr. Ein exotisches Kapitel Alt-Wien. Wien: Gerlach & Wiedling 1922
  • Firla, Monika: Angelo Soliman – Ein Wiener Afrikaner im 18. Jahrhundert. Baden: Rollett-Museum 2004. (Katalogblätter des Rollettmuseums Baden Nr. 48)
  • Blom, Philipp ; Kos, Wolfgang (Hrsg.): Angelo Soliman. Ein Afrikaner in Wien. Wien: Brandstätter 2011. (= 376. Sonderausstellung des Wien Museums)

Links