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Erziehungsanstalt Am Spiegelgrund (14, Baumgartner Höhe 1).  
 
Erziehungsanstalt Am Spiegelgrund (14, Baumgartner Höhe 1).  
  
Im Bereich der im Zuge der Nationalsozialistischen-Euthanasie 1940/1941 von Patienten weitgehend entleerten Psychiatrischen Anstalt „Am Steinhof" (ab 1941 Wagner-von-Jauregg-Heil-und Pflegeanstalt der Stadt Wien) wurde am 24. Juli 1940 die "Städtische Jugendfürsorgeanstalt Am Spiegelgrund" eröffnet. Diese umfasste einen zentralen Block von neun Pavillons (mit den ungeraden Nummern von 1-17) zwischen der Heil- und Pflegeanstalt auf der rechten Seite und der städtischen Lungenheilstätte Baumgartner Höhe (14. Sanatoriumsstraße 2) auf der linken Seite. Ab 5. März 1942 änderte sie ihre Bezeichnung in "Heilpädagogische Klinik der Stadt Wien Am Spiegelgrund" und ab 11. November 1942 führte sie die Bezeichnung "Wiener Städtische Erziehungsanstalt Am Spiegelgrund".  
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In der Kinderfachabteilung der städtischen Jugendfürsorgeanstalt "Am Spiegelgrund" auf der Baumgartner Höhe wurden in der Zeit des Nationalsozialismus an die 800 Kinder im Alter von null bis 18 Jahren mit angeblicher körperlicher oder geistiger Behinderung umgebracht. Der nationalsozialistische Rassenwahn verlangte die "Ausmerzung" von "lebensunwertem Leben".
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Unter dem nach 1945 verwendeten, verharmlosenden Begriff der "Euthanasie" (griechisch für "schöner Tod") töteten Ärztinnen und Ärzte all jene Kinder, die von ihnen als "bildungsunfähig" und "Dauerkosten" verursachend eingestuft wurden oder interessantes medizinisches Material für die Gehirnforschung abgaben.
  
Erster ärztlicher Leiter bis Ende 1941 war Dr. Erwin Jekelius. Ihm folgte Dr. Margarethe Hübsch als  ärztliche Leiterin der Kinderabteilung beziehungsweise Dr. Hans Bertha als Leiter der Heil- und Pflegeanstalt bis zur Führung der "Kinderfachabteilung" 1942 als eigener Anstalt. Die pädagogische Leitung oblag Dr. Hans Krenek. Ab 16. Juni 1942 standen sieben der neun Pavillons (1, 3, 5, 7, 9, 11 und 13) der Fürsorgeabteilung des Magistrats als Dauerheim und Beobachtungsstation mit 680 Betten zur Verfügung.  
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Im Bereich der im Zuge der [[Nationalsozialismus|Nationalsozialistischen]]-Euthanasie 1940/1941 von Patienten weitgehend entleerten Psychiatrischen Anstalt „Am Steinhof" (ab 1941 Wagner-von-Jauregg-Heil-und Pflegeanstalt der Stadt [[Wien]]) wurde am 24. Juli 1940 die "Städtische Jugendfürsorgeanstalt Am Spiegelgrund" eröffnet. Diese umfasste einen zentralen Block von neun Pavillons (mit den ungeraden Nummern von 1-17) zwischen der Heil- und Pflegeanstalt auf der rechten Seite und der städtischen Lungenheilstätte Baumgartner Höhe (14. [[Sanatoriumsstraße]] 2) auf der linken Seite. Ab 5. März 1942 änderte sie ihre Bezeichnung in "Heilpädagogische Klinik der Stadt Wien Am Spiegelgrund" und ab 11. November 1942 führte sie die Bezeichnung "[[Wiener Städtische]] Erziehungsanstalt Am Spiegelgrund".
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Die ursprünglich von der Frauenabteilung genutzten Pavillons der Heil- und Pflegeanstalt standen seit Juli 1940 zur Verfügung, nachdem die "Erwachseneneuthanasie" angelaufen war. Ein großer Teil der Patientinnen und Patienten wurde in eine "ungenannte Anstalt" des Reichs gebracht und ermordet. Diese konnte später als Schloss Hartheim in Alkoven bei Linz identifiziert werden. Aus dem Protokoll einer Besprechung vom 26. Juni 1940 geht die geplante "Verlagerung" von ungefähr 2.000 Patientinnen und Patienten hervor.
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Erster ärztlicher Leiter bis Ende 1941 war Dr. Erwin Jekelius. Ihm folgte Dr. Margarethe Hübsch als  ärztliche Leiterin der Kinderabteilung beziehungsweise Dr. Hans Bertha als Leiter der Heil- und Pflegeanstalt bis zur Führung der "Kinderfachabteilung" 1942 als eigener Anstalt. Die pädagogische Leitung oblag Dr. Hans Krenek. Ab 16. Juni 1942 standen sieben der neun Pavillons (1, 3, 5, 7, 9, 11 und 13) der Fürsorgeabteilung des Magistrats als Dauerheim und Beobachtungsstation mit 680 Betten zur Verfügung. Erster Leiter der Säuglings- und Kinderfachabteilung "Am Spiegelgrund" wurde Dr. Heinrich Gross. Ihm zur Seite standen die Ärztinnen Dr.in Marianne Türk und Dr.in Helene Jockl. Sowohl der später offiziell eingerückte Heinrich Gross als auch Marianne Türk blieben der Anstalt nach Juli 1942 unter ihrem neuen Leiter Dr. Ernst Illing treu. Sie "betreuten" die Kinder der benachbarten städtischen Erziehungsanstalt im Bedarfsfall mit. Das benötigte Pflege- und Verwaltungspersonal wurde von der Heil- und Pflegeanstalt übernommen.
 
In den Pavillons  15 und 17 war seit 1940 die Wiener "Kinderfachabteilung" des "Reichsausschusses zur wissenschaftlichen Erfassung von erb- und anlagebedingten schweren Leiden" (angesiedelt in der "Kanzlei des Führers" in Berlin) untergebracht, in der die vom Nationalsozialistischen Regime 1939 angeordnete und als "Kindereuthanasie" bezeichnete Tötung von "bildungsunfähigen" Kleinkindern bis zum Alter von drei Jahren (später bis zu 16 Jahren) mittels Medikamenten und Injektionen durchgeführt wurde. Ab 11. November 1942 führte diese - dann seit 1. Juli 1942 unter der kommissarischen Leitung Dr. Ernst Illing stehende selbständige Anstalt - die Bezeichnung "[[Wiener städtische Nervenklinik für Kinder (14, Baumgartner Höhe 1)]]". Auch die in den Pavillons 17 und 18 untergebrachten „schwererziehbaren" Kinder und Jugendlichen sowie die Mädchen der in Pavillon 23 befindlichen „Arbeitsanstalt für asoziale Frauen" waren ständig von Euthanasie, Zwangssterilisierung oder medizinischen Experimenten bedroht.
 
In den Pavillons  15 und 17 war seit 1940 die Wiener "Kinderfachabteilung" des "Reichsausschusses zur wissenschaftlichen Erfassung von erb- und anlagebedingten schweren Leiden" (angesiedelt in der "Kanzlei des Führers" in Berlin) untergebracht, in der die vom Nationalsozialistischen Regime 1939 angeordnete und als "Kindereuthanasie" bezeichnete Tötung von "bildungsunfähigen" Kleinkindern bis zum Alter von drei Jahren (später bis zu 16 Jahren) mittels Medikamenten und Injektionen durchgeführt wurde. Ab 11. November 1942 führte diese - dann seit 1. Juli 1942 unter der kommissarischen Leitung Dr. Ernst Illing stehende selbständige Anstalt - die Bezeichnung "[[Wiener städtische Nervenklinik für Kinder (14, Baumgartner Höhe 1)]]". Auch die in den Pavillons 17 und 18 untergebrachten „schwererziehbaren" Kinder und Jugendlichen sowie die Mädchen der in Pavillon 23 befindlichen „Arbeitsanstalt für asoziale Frauen" waren ständig von Euthanasie, Zwangssterilisierung oder medizinischen Experimenten bedroht.
  
Als erstes übersiedelte im Juli 1940 die Schulkinderbeobachtungsstation (gegründet 1925 in der Kinderherberge am Tivoli) aus dem Zentralkinderheim (9. Lustkandlgasse) in die Pavillons 3, 5 und 9 der Fürsorgeanstalt. Die Inbetriebnahme weiterer Pavillons sollte etappenweise "nach Maßgabe der Freimachung" folgen. Von den anfangs 640 genehmigten Betten waren 40 Betten für Säuglinge bis zu einem Jahr, 60 Betten für Kleinkinder bis zu sechs Jahren, 300 Betten für Schulkinder bis zu vierzehn Jahren und 240 Betten für Jugendliche bis zu achtzehn Jahren vorgesehen. Spätestens ab Juli 1941 verfügte die Kinderabteilung auch über einen Sonderkindergarten.
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Als erstes übersiedelte im Juli 1940 die Schulkinderbeobachtungsstation (gegründet 1925 in der Kinderherberge am Tivoli) aus dem Zentralkinderheim ([[9]]. [[Lustkandlgasse]]) in die Pavillons 3, 5 und 9 der Fürsorgeanstalt. Die Inbetriebnahme weiterer Pavillons sollte etappenweise "nach Maßgabe der Freimachung" folgen. Von den anfangs 640 genehmigten Betten waren 40 Betten für Säuglinge bis zu einem Jahr, 60 Betten für Kleinkinder bis zu sechs Jahren, 300 Betten für Schulkinder bis zu vierzehn Jahren und 240 Betten für Jugendliche bis zu achtzehn Jahren vorgesehen. Spätestens ab Juli 1941 verfügte die Kinderabteilung auch über einen Sonderkindergarten.
 
Die Pavillons der Erziehungsanstalt und der Nervenklinik wurden mit Genehmigung des Stadtsenates vom 18. September 1945 für ein Epidemiespital zur Verfügung gestellt. Für die Jugendfürsorge Am Spiegelgrund wurden die Pavillons 4 und 12 eingerichtet und die Anstalt unter der Bezeichnung "Erziehungsheim Am Spiegelgrund" wieder eingerichtet.  Am 10. Oktober 1945 eröffnete die Knabenabteilung im Pavillon 4, Ende Jänner 1946 der Pavillon 12 für Mädchen. Bereits 1950 wurde das Heim endgültig geschlossen.
 
Die Pavillons der Erziehungsanstalt und der Nervenklinik wurden mit Genehmigung des Stadtsenates vom 18. September 1945 für ein Epidemiespital zur Verfügung gestellt. Für die Jugendfürsorge Am Spiegelgrund wurden die Pavillons 4 und 12 eingerichtet und die Anstalt unter der Bezeichnung "Erziehungsheim Am Spiegelgrund" wieder eingerichtet.  Am 10. Oktober 1945 eröffnete die Knabenabteilung im Pavillon 4, Ende Jänner 1946 der Pavillon 12 für Mädchen. Bereits 1950 wurde das Heim endgültig geschlossen.
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==Systematische Ermordung - Kindermord am Spiegelgrund==
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Die meisten Kinder wurden von der Kinderübernahmestelle und anderen Heimen oder Krankenanstalten, unter anderem der Wiener Universitätskinderklinik, in die Anstalt eingewiesen. Größere Transporte kamen auch aus Gugging, dem Kinderheim Pressbaum und dem Kinderheim St. Josef in Frischau bei Znaim. Ärztinnen und Ärzte vom Spiegelgrund unternahmen aber auch eigene Selektionsreisen. Dabei suchten sie städtische und private Kinderheime und Anstalten auf, um Fälle für die Kinderfachabteilung zu suchen. Den Eltern wurde die Transferierung von einer Anstalt in die andere mit der luftgefährdeten Lage der Heilanstalt erklärt.
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==Einweisungsgründe==
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Konkrete Einweisungsgründe werden selten genannt. Nicht alle ermordeten Kinder litten unter "unheilbaren Krankheiten" oder Missbildungen. Langsames Lernen oder „Verhaltensauffälligkeit“ genügten manchmal schon. Beschrieben werden in der Familienanamnese meist nur die ungünstigen Verhältnisse.
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Zu kleine und nicht behindertengerechte Wohnungen, die alleinige Belastung der Mutter mit der Pflege, der Kriegsdienst des Vaters und der gesellschaftliche Druck sind die häufigsten Angaben. Oft waren die Mütter, die für den Lebensunterhalt aufkommen mussten, einfach überfordert. Vor allem in Wien erfolgte die Transferierung in die Kinderfachabteilung zum Zwecke der Verschleierung über den Weg der Ersteinweisung in andere Heime.
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==Diagnose entscheidet über Leben und Tod==
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Ein in der Kinderfachabteilung erstelltes Gutachten entschied über das weitere Leben des Kindes. 1941 hieß dieses noch ärztlicher Befund und enthielt eine psychologische Beurteilung. "Der Idiot kommt in eine Bewahranstalt und der Antisoziale in ein Konzentrationslager für Minderjährige. Beide sind für den Heilpädagogen nur bis zur Stellung der Diagnose interessant" meinte Dr. Erwin Jekelius anlässlich seines Antrittsvortrages bei der Gesellschaft für Heilpädagogik.
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Um der Beurteilung wissenschaftliche Seriosität zu verleihen, wurde sie in mehrere Kategorien von "nicht bildungsfähig und nicht arbeitsverwendungsfähig" bis zu "erziehbar" eingeteilt. Die "Gewissenhaftigkeit" bei der Diagnose war für die "Rassenhygieniker" die Legitimation des medizinischen Urteils, das über Leben und Tod entschied.
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==Meldung nach Berlin==
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Die Diagnose war gemäß Runderlass des Reichsministeriums des Innern vom 18. August 1939 bei Fällen von "Idiotie sowie Mongolismus", Fehlbildungen des Kopfes oder Missbildungen von Gliedmaßen oder bei Lähmungen nach Berlin zu melden. Während Säuglinge und Kleinkinder schon wenige Tage nach der Einlieferung gemeldet wurden, wurden Jugendliche länger beobachtet. Bei einer "positiven" Diagnose wurden sie in Jugend- oder Lehrlingsheime eingewiesen oder den Eltern zurückgegeben.
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Entscheidend für den ständigen und endgültigen Verbleib in der Nervenklinik waren in den meisten Fällen die Diagnosen "bildungsunfähig oder arbeitsunfähig", auch wenn sich dahinter ehrgeiziges Interesse an medizinischer Forschung verbarg. Getroffen wurde diese Entscheidung von den Ärztinnen und Ärzten Dr. Ernst Illing, Dr.in Marianne Türk, Dr.in Margarethe Hübsch und Dr. Heinrich Gross. Von den gemeldeten Kindern überlebten jene, die als "arbeitsverwendungsfähig" beurteilt waren, jene, die von den Eltern abgeholt wurden und jene, die im Urlaub geflohen waren. Die Ermordung der "lebensunwerten" Kinder erfolgte oft, bevor eine Antwort aus Berlin eingetroffen war.
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==Tötung nach gleichem Muster==
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Die Tötungen verliefen meistens nach dem gleichen Muster. Nach Erstellung des ärztlichen Gutachtens und einer eventuellen Meldung begann eine Verschlechterung des allgemeinen Gesundheitszustandes mit schlechter Nahrungsaufnahme, Gewichtsverlust, Schnupfen, Katarrh, Lungenentzündung und hohem Fieber, bis schließlich der Tod eintrat. Viele Kinder verloren im Laufe ihres Aufenthaltes an Gewicht, wodurch die Anfälligkeit für Infektionen stieg. Kinder, die lachen und spielen konnten, wurden zu apathischen Pflegefällen gemacht und dann getötet. Unterernährung und Unterkühlungen waren qualvoll. Herbeigeführt wurde der Tod meist durch Verabreichung einer Überdosis von Veronal oder Luminal.
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Frau Dr.in Türk meinte dazu: "Ich will noch bemerken, dass sich in keiner Krankengeschichte etwas von Euthanasie befindet, nirgends ein Hinweis in dieser Richtung aufscheint, da wir aus leicht begreiflichen Gründen dies gar nicht tun durften. Insofern erscheint dort, wo tatsächlich Euthanasie vorgekommen ist, die Krankengeschichte als verfälscht auf. In sehr vielen Fällen war die unmittelbare Todesursache eine Lungenentzündung, die im Zuge der Schlafmittelvergiftung aufgetreten ist. In der Krankengeschichte scheint natürlich nur Lungenentzündung auf." Die Todesmeldungen an die Eltern enthielten die "offizielle" Todesursache und den Hinweis, dass das Kind durch einen "sanften Tod erlöst" worden wäre. Diese Legende zerschlug eine Mutter 1946, die von einem von Schmerzen verzerrten und entstellten Gesicht ihres Sohnes sprach.
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==Krankengeschichte von Felix Janauschek (1927 bis 1943)==
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In der Jugendfürsorgeanstalt "Am Spiegelgrund" wurden in der Zeit des Nationalsozialismus an die 800 Kinder mit geistiger Behinderung umgebracht. Um die Ermordung zu verschleiern, wurden den Kindern so lange überdosierte Medikamente verabreicht, bis sie an den Folgen starben. Unter den Opfern war auch Felix Janauschek, geboren am 4. März 1927 in Wien.
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===Meldung eines "Falls von Idiotie"===
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Felix Janauschek bekam mit acht Jahren Kinderlähmung. Am 4. August 1941 wurde er in die Jugendfürsorgeanstalt "Am Spiegelgrund" eingeliefert. Den Vorschriften entsprechend meldete der behandelnde Arzt, Dr. Erwin Jekelius, den Fall noch im Oktober 1941 nach Berlin. Seine Diagnose im Meldebogen lautete auf "Körperlich dem Alter entsprechend entwickelt, geistige Entwicklung Idiotie". Des Weiteren hielt er fest, dass "keinerlei Arbeitseinsatzfähigkeit zu erwarten" sei.
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===Brief der verzweifelten Mutter===
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Schon im September 1941 schrieb die Mutter von Felix Janauschek einen Brief an die Anstaltsleitung, um ihr Kind wiederzubekommen. "Ich kann im Amt schon keinen klaren Gedanken mehr fassen seit mir die Fürsorgerin in der Lustkandlgasse gesagt hat ich bekomme mein Kind nicht weil es 14 Jahre ist. Das Kind hat Kinderlähmung gehabt, ich hatte mir den rechten Arm gebrochen, kein Mädchen, niemand zum helfen, so gab ich ihn weg aber ich hätte ihn ja auf die Dauer auch nicht in Preßbaum lassen können, da er so abmagerte. Nun macht man mir solche Schwierigkeiten und ich weiß nicht warum. Wir sind schon so fertig mit unseren Nerven. (...) Ich bitte unbedingt Vorsorge zu treffen, daß unser Kind Felix Janauschek geb. 4. März 1927, derzeit Pav. 17 nicht wegkommt. Man hat der Frau, die ich schickte, gesagt, man weiß noch gar nichts, daß ich ihn verlangt habe. Ja um Himmels Willen, wem soll ich denn da glauben. Die Fürsorgerin vom Jugendamt sagt wieder draußen dauert es so lange. Ich laß mich jetzt nicht mehr hin- und herschicken wie einen Bettler. Ich will mein Kind. Mein lebendes Kind..."
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===Ausfolgeverbot===
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Ständige Anfragen der Mutter, die ihr Kind nach Hause nehmen möchte, wechseln sich mit ablehnenden und hinauszögernden Antworten von der Abteilungsärztin Dr. Helene Jokl und vom Anstaltsleiter Dr. Ernst Illing ab, der ein "Ausfolgeverbot" verhängte. Die mütterliche Sorge wurde im zusammenfassenden Gutachten als "hysterisch" bezeichnet. Der Gesundheitszustand des Sohnes beunruhigte die Mutter: "Aber wir können uns nicht denken, warum er so ruhig ist. Er hat gerne auf der Stange und den Ringen geturnt, er war so kräftig, konnte heben und tragen, jetzt macht er einen so schlappen Eindruck."
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Exitus letalis
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Am 4. März 1943 erkrankte Felix Janauschek an Grippe. Am Tag darauf wurde er in das Parterre des Sterbepavillons 15 verlegt. Dort registrierte man "Schlechte Nahrungsaufnahme. Starkes Nasenbluten" und bald darauf eine beginnende Lungenentzündung. Am 13. März erfolgte eine amtliche "Schlechtmeldung" an die Angehörigen, um sie über den schlechten Gesundheitszustand des Kindes zu informieren. Drei Tage später war Felix Janauschek tot. Die letzte Angabe in der Krankengeschichte stammt vom 16. März 1943: "Um 15 Uhr Exitus letalis. Todesursache: Lungenentzündung. Diagnose: Höchstgradige Demenz nach cerebraler Kinderlähmung."
  
 
==Literatur==
 
==Literatur==

Version vom 25. August 2016, 15:45 Uhr

Daten zum Bauwerk
Art des Bauwerks Gebäude
Datum von
Datum bis
Andere Bezeichnung Erziehungsanstalt Am Spiegelgrund
Frühere Bezeichnung Städtische Jugendfürsorgeanstalt Am Spiegelgrund
Benannt nach
Einlagezahl
Architekt Otto Wagner
Prominente Bewohner
PageID 6121
GND
WikidataID
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 25.08.2016 durch WIEN1.lanm08w19
  • 14., Baumgartner Höhe 1

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48° 12' 26.74" N, 16° 16' 42.85" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Kartenausschnitt aus Wien Kulturgut

Erziehungsanstalt Am Spiegelgrund (14, Baumgartner Höhe 1).

In der Kinderfachabteilung der städtischen Jugendfürsorgeanstalt "Am Spiegelgrund" auf der Baumgartner Höhe wurden in der Zeit des Nationalsozialismus an die 800 Kinder im Alter von null bis 18 Jahren mit angeblicher körperlicher oder geistiger Behinderung umgebracht. Der nationalsozialistische Rassenwahn verlangte die "Ausmerzung" von "lebensunwertem Leben". Unter dem nach 1945 verwendeten, verharmlosenden Begriff der "Euthanasie" (griechisch für "schöner Tod") töteten Ärztinnen und Ärzte all jene Kinder, die von ihnen als "bildungsunfähig" und "Dauerkosten" verursachend eingestuft wurden oder interessantes medizinisches Material für die Gehirnforschung abgaben.

Im Bereich der im Zuge der Nationalsozialistischen-Euthanasie 1940/1941 von Patienten weitgehend entleerten Psychiatrischen Anstalt „Am Steinhof" (ab 1941 Wagner-von-Jauregg-Heil-und Pflegeanstalt der Stadt Wien) wurde am 24. Juli 1940 die "Städtische Jugendfürsorgeanstalt Am Spiegelgrund" eröffnet. Diese umfasste einen zentralen Block von neun Pavillons (mit den ungeraden Nummern von 1-17) zwischen der Heil- und Pflegeanstalt auf der rechten Seite und der städtischen Lungenheilstätte Baumgartner Höhe (14. Sanatoriumsstraße 2) auf der linken Seite. Ab 5. März 1942 änderte sie ihre Bezeichnung in "Heilpädagogische Klinik der Stadt Wien Am Spiegelgrund" und ab 11. November 1942 führte sie die Bezeichnung "Wiener Städtische Erziehungsanstalt Am Spiegelgrund". Die ursprünglich von der Frauenabteilung genutzten Pavillons der Heil- und Pflegeanstalt standen seit Juli 1940 zur Verfügung, nachdem die "Erwachseneneuthanasie" angelaufen war. Ein großer Teil der Patientinnen und Patienten wurde in eine "ungenannte Anstalt" des Reichs gebracht und ermordet. Diese konnte später als Schloss Hartheim in Alkoven bei Linz identifiziert werden. Aus dem Protokoll einer Besprechung vom 26. Juni 1940 geht die geplante "Verlagerung" von ungefähr 2.000 Patientinnen und Patienten hervor.

Erster ärztlicher Leiter bis Ende 1941 war Dr. Erwin Jekelius. Ihm folgte Dr. Margarethe Hübsch als ärztliche Leiterin der Kinderabteilung beziehungsweise Dr. Hans Bertha als Leiter der Heil- und Pflegeanstalt bis zur Führung der "Kinderfachabteilung" 1942 als eigener Anstalt. Die pädagogische Leitung oblag Dr. Hans Krenek. Ab 16. Juni 1942 standen sieben der neun Pavillons (1, 3, 5, 7, 9, 11 und 13) der Fürsorgeabteilung des Magistrats als Dauerheim und Beobachtungsstation mit 680 Betten zur Verfügung. Erster Leiter der Säuglings- und Kinderfachabteilung "Am Spiegelgrund" wurde Dr. Heinrich Gross. Ihm zur Seite standen die Ärztinnen Dr.in Marianne Türk und Dr.in Helene Jockl. Sowohl der später offiziell eingerückte Heinrich Gross als auch Marianne Türk blieben der Anstalt nach Juli 1942 unter ihrem neuen Leiter Dr. Ernst Illing treu. Sie "betreuten" die Kinder der benachbarten städtischen Erziehungsanstalt im Bedarfsfall mit. Das benötigte Pflege- und Verwaltungspersonal wurde von der Heil- und Pflegeanstalt übernommen. In den Pavillons 15 und 17 war seit 1940 die Wiener "Kinderfachabteilung" des "Reichsausschusses zur wissenschaftlichen Erfassung von erb- und anlagebedingten schweren Leiden" (angesiedelt in der "Kanzlei des Führers" in Berlin) untergebracht, in der die vom Nationalsozialistischen Regime 1939 angeordnete und als "Kindereuthanasie" bezeichnete Tötung von "bildungsunfähigen" Kleinkindern bis zum Alter von drei Jahren (später bis zu 16 Jahren) mittels Medikamenten und Injektionen durchgeführt wurde. Ab 11. November 1942 führte diese - dann seit 1. Juli 1942 unter der kommissarischen Leitung Dr. Ernst Illing stehende selbständige Anstalt - die Bezeichnung "Wiener städtische Nervenklinik für Kinder (14, Baumgartner Höhe 1)". Auch die in den Pavillons 17 und 18 untergebrachten „schwererziehbaren" Kinder und Jugendlichen sowie die Mädchen der in Pavillon 23 befindlichen „Arbeitsanstalt für asoziale Frauen" waren ständig von Euthanasie, Zwangssterilisierung oder medizinischen Experimenten bedroht.

Als erstes übersiedelte im Juli 1940 die Schulkinderbeobachtungsstation (gegründet 1925 in der Kinderherberge am Tivoli) aus dem Zentralkinderheim (9. Lustkandlgasse) in die Pavillons 3, 5 und 9 der Fürsorgeanstalt. Die Inbetriebnahme weiterer Pavillons sollte etappenweise "nach Maßgabe der Freimachung" folgen. Von den anfangs 640 genehmigten Betten waren 40 Betten für Säuglinge bis zu einem Jahr, 60 Betten für Kleinkinder bis zu sechs Jahren, 300 Betten für Schulkinder bis zu vierzehn Jahren und 240 Betten für Jugendliche bis zu achtzehn Jahren vorgesehen. Spätestens ab Juli 1941 verfügte die Kinderabteilung auch über einen Sonderkindergarten. Die Pavillons der Erziehungsanstalt und der Nervenklinik wurden mit Genehmigung des Stadtsenates vom 18. September 1945 für ein Epidemiespital zur Verfügung gestellt. Für die Jugendfürsorge Am Spiegelgrund wurden die Pavillons 4 und 12 eingerichtet und die Anstalt unter der Bezeichnung "Erziehungsheim Am Spiegelgrund" wieder eingerichtet. Am 10. Oktober 1945 eröffnete die Knabenabteilung im Pavillon 4, Ende Jänner 1946 der Pavillon 12 für Mädchen. Bereits 1950 wurde das Heim endgültig geschlossen.

Systematische Ermordung - Kindermord am Spiegelgrund

Die meisten Kinder wurden von der Kinderübernahmestelle und anderen Heimen oder Krankenanstalten, unter anderem der Wiener Universitätskinderklinik, in die Anstalt eingewiesen. Größere Transporte kamen auch aus Gugging, dem Kinderheim Pressbaum und dem Kinderheim St. Josef in Frischau bei Znaim. Ärztinnen und Ärzte vom Spiegelgrund unternahmen aber auch eigene Selektionsreisen. Dabei suchten sie städtische und private Kinderheime und Anstalten auf, um Fälle für die Kinderfachabteilung zu suchen. Den Eltern wurde die Transferierung von einer Anstalt in die andere mit der luftgefährdeten Lage der Heilanstalt erklärt.

Einweisungsgründe

Konkrete Einweisungsgründe werden selten genannt. Nicht alle ermordeten Kinder litten unter "unheilbaren Krankheiten" oder Missbildungen. Langsames Lernen oder „Verhaltensauffälligkeit“ genügten manchmal schon. Beschrieben werden in der Familienanamnese meist nur die ungünstigen Verhältnisse. Zu kleine und nicht behindertengerechte Wohnungen, die alleinige Belastung der Mutter mit der Pflege, der Kriegsdienst des Vaters und der gesellschaftliche Druck sind die häufigsten Angaben. Oft waren die Mütter, die für den Lebensunterhalt aufkommen mussten, einfach überfordert. Vor allem in Wien erfolgte die Transferierung in die Kinderfachabteilung zum Zwecke der Verschleierung über den Weg der Ersteinweisung in andere Heime.

Diagnose entscheidet über Leben und Tod

Ein in der Kinderfachabteilung erstelltes Gutachten entschied über das weitere Leben des Kindes. 1941 hieß dieses noch ärztlicher Befund und enthielt eine psychologische Beurteilung. "Der Idiot kommt in eine Bewahranstalt und der Antisoziale in ein Konzentrationslager für Minderjährige. Beide sind für den Heilpädagogen nur bis zur Stellung der Diagnose interessant" meinte Dr. Erwin Jekelius anlässlich seines Antrittsvortrages bei der Gesellschaft für Heilpädagogik. Um der Beurteilung wissenschaftliche Seriosität zu verleihen, wurde sie in mehrere Kategorien von "nicht bildungsfähig und nicht arbeitsverwendungsfähig" bis zu "erziehbar" eingeteilt. Die "Gewissenhaftigkeit" bei der Diagnose war für die "Rassenhygieniker" die Legitimation des medizinischen Urteils, das über Leben und Tod entschied.

Meldung nach Berlin

Die Diagnose war gemäß Runderlass des Reichsministeriums des Innern vom 18. August 1939 bei Fällen von "Idiotie sowie Mongolismus", Fehlbildungen des Kopfes oder Missbildungen von Gliedmaßen oder bei Lähmungen nach Berlin zu melden. Während Säuglinge und Kleinkinder schon wenige Tage nach der Einlieferung gemeldet wurden, wurden Jugendliche länger beobachtet. Bei einer "positiven" Diagnose wurden sie in Jugend- oder Lehrlingsheime eingewiesen oder den Eltern zurückgegeben. Entscheidend für den ständigen und endgültigen Verbleib in der Nervenklinik waren in den meisten Fällen die Diagnosen "bildungsunfähig oder arbeitsunfähig", auch wenn sich dahinter ehrgeiziges Interesse an medizinischer Forschung verbarg. Getroffen wurde diese Entscheidung von den Ärztinnen und Ärzten Dr. Ernst Illing, Dr.in Marianne Türk, Dr.in Margarethe Hübsch und Dr. Heinrich Gross. Von den gemeldeten Kindern überlebten jene, die als "arbeitsverwendungsfähig" beurteilt waren, jene, die von den Eltern abgeholt wurden und jene, die im Urlaub geflohen waren. Die Ermordung der "lebensunwerten" Kinder erfolgte oft, bevor eine Antwort aus Berlin eingetroffen war.

Tötung nach gleichem Muster

Die Tötungen verliefen meistens nach dem gleichen Muster. Nach Erstellung des ärztlichen Gutachtens und einer eventuellen Meldung begann eine Verschlechterung des allgemeinen Gesundheitszustandes mit schlechter Nahrungsaufnahme, Gewichtsverlust, Schnupfen, Katarrh, Lungenentzündung und hohem Fieber, bis schließlich der Tod eintrat. Viele Kinder verloren im Laufe ihres Aufenthaltes an Gewicht, wodurch die Anfälligkeit für Infektionen stieg. Kinder, die lachen und spielen konnten, wurden zu apathischen Pflegefällen gemacht und dann getötet. Unterernährung und Unterkühlungen waren qualvoll. Herbeigeführt wurde der Tod meist durch Verabreichung einer Überdosis von Veronal oder Luminal. Frau Dr.in Türk meinte dazu: "Ich will noch bemerken, dass sich in keiner Krankengeschichte etwas von Euthanasie befindet, nirgends ein Hinweis in dieser Richtung aufscheint, da wir aus leicht begreiflichen Gründen dies gar nicht tun durften. Insofern erscheint dort, wo tatsächlich Euthanasie vorgekommen ist, die Krankengeschichte als verfälscht auf. In sehr vielen Fällen war die unmittelbare Todesursache eine Lungenentzündung, die im Zuge der Schlafmittelvergiftung aufgetreten ist. In der Krankengeschichte scheint natürlich nur Lungenentzündung auf." Die Todesmeldungen an die Eltern enthielten die "offizielle" Todesursache und den Hinweis, dass das Kind durch einen "sanften Tod erlöst" worden wäre. Diese Legende zerschlug eine Mutter 1946, die von einem von Schmerzen verzerrten und entstellten Gesicht ihres Sohnes sprach.

Krankengeschichte von Felix Janauschek (1927 bis 1943)

In der Jugendfürsorgeanstalt "Am Spiegelgrund" wurden in der Zeit des Nationalsozialismus an die 800 Kinder mit geistiger Behinderung umgebracht. Um die Ermordung zu verschleiern, wurden den Kindern so lange überdosierte Medikamente verabreicht, bis sie an den Folgen starben. Unter den Opfern war auch Felix Janauschek, geboren am 4. März 1927 in Wien.

Meldung eines "Falls von Idiotie"

Felix Janauschek bekam mit acht Jahren Kinderlähmung. Am 4. August 1941 wurde er in die Jugendfürsorgeanstalt "Am Spiegelgrund" eingeliefert. Den Vorschriften entsprechend meldete der behandelnde Arzt, Dr. Erwin Jekelius, den Fall noch im Oktober 1941 nach Berlin. Seine Diagnose im Meldebogen lautete auf "Körperlich dem Alter entsprechend entwickelt, geistige Entwicklung Idiotie". Des Weiteren hielt er fest, dass "keinerlei Arbeitseinsatzfähigkeit zu erwarten" sei.

Brief der verzweifelten Mutter

Schon im September 1941 schrieb die Mutter von Felix Janauschek einen Brief an die Anstaltsleitung, um ihr Kind wiederzubekommen. "Ich kann im Amt schon keinen klaren Gedanken mehr fassen seit mir die Fürsorgerin in der Lustkandlgasse gesagt hat ich bekomme mein Kind nicht weil es 14 Jahre ist. Das Kind hat Kinderlähmung gehabt, ich hatte mir den rechten Arm gebrochen, kein Mädchen, niemand zum helfen, so gab ich ihn weg aber ich hätte ihn ja auf die Dauer auch nicht in Preßbaum lassen können, da er so abmagerte. Nun macht man mir solche Schwierigkeiten und ich weiß nicht warum. Wir sind schon so fertig mit unseren Nerven. (...) Ich bitte unbedingt Vorsorge zu treffen, daß unser Kind Felix Janauschek geb. 4. März 1927, derzeit Pav. 17 nicht wegkommt. Man hat der Frau, die ich schickte, gesagt, man weiß noch gar nichts, daß ich ihn verlangt habe. Ja um Himmels Willen, wem soll ich denn da glauben. Die Fürsorgerin vom Jugendamt sagt wieder draußen dauert es so lange. Ich laß mich jetzt nicht mehr hin- und herschicken wie einen Bettler. Ich will mein Kind. Mein lebendes Kind..."

Ausfolgeverbot

Ständige Anfragen der Mutter, die ihr Kind nach Hause nehmen möchte, wechseln sich mit ablehnenden und hinauszögernden Antworten von der Abteilungsärztin Dr. Helene Jokl und vom Anstaltsleiter Dr. Ernst Illing ab, der ein "Ausfolgeverbot" verhängte. Die mütterliche Sorge wurde im zusammenfassenden Gutachten als "hysterisch" bezeichnet. Der Gesundheitszustand des Sohnes beunruhigte die Mutter: "Aber wir können uns nicht denken, warum er so ruhig ist. Er hat gerne auf der Stange und den Ringen geturnt, er war so kräftig, konnte heben und tragen, jetzt macht er einen so schlappen Eindruck." Exitus letalis Am 4. März 1943 erkrankte Felix Janauschek an Grippe. Am Tag darauf wurde er in das Parterre des Sterbepavillons 15 verlegt. Dort registrierte man "Schlechte Nahrungsaufnahme. Starkes Nasenbluten" und bald darauf eine beginnende Lungenentzündung. Am 13. März erfolgte eine amtliche "Schlechtmeldung" an die Angehörigen, um sie über den schlechten Gesundheitszustand des Kindes zu informieren. Drei Tage später war Felix Janauschek tot. Die letzte Angabe in der Krankengeschichte stammt vom 16. März 1943: "Um 15 Uhr Exitus letalis. Todesursache: Lungenentzündung. Diagnose: Höchstgradige Demenz nach cerebraler Kinderlähmung."

Literatur

  • Alois Kaufmann: Spiegelgrund Pavillon 18. Ein Kind im NS-Erziehungsheim. Wien 1993
  • Maren Seliger: Die Verfolgung normabweichenden Verhaltens im NS-System. Am Beispiel der Politik gegenüber „Asozialen" in Wien. In: Österreichische Zeitschrift für Politikwissenschaftler 1991
  • Jugendamt der Stadt Wien: 70 Jahre Wiener Jugendamt. Wien 1987
  • Brigitte Rigele: Kindereuthanasie in Wien 1940 - 1945. Krankengeschichten als Zeugen. Veröffentlichungen des Wiener Stadt- und Landesarchivs Reihe B: Ausstellungskataloge Heft 71. Wien 2005
  • Herwig Czech: Erfassung, Selektion und Ausmerze. Das Wiener Gesundheitsamt und die Umsetzung der nationalsozialistischen "Erbgesundheitspolitik" 1938 bis 1945. Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte 41. Wien 2004
  • Eberhard Gabriel, Wolfgang Neugebauer [HG.]: NS-Euthanasie in Wien. Wien / Köln / Weimar 2000 und 2002
  • Waltraud Häupl: Die ermordeten Kinder vom Spiegelgrund: Gedenkdokumentation für die Opfer der NS-Kindereuthanasie in Wien. Wien 2006