Stadtsenat: Unterschied zwischen den Versionen

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Im Zuge der Neugestaltung von Verfassung und Verwaltung der Stadt Wien (1920) wurde der [[Stadtrat]] durch den Stadtsenat ersetzt. Durch die Sonderstellung Wiens als eigenes Bundesland (ab 1. Jänner 1922) übernahm der Stadtsenat zugleich die Aufgaben der Landesregierung.
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Im Zuge der Neugestaltung der Verwaltung der Stadt Wien wurde per 1. Juni 1920 auf Grund des vom Niederösterreichischen Landtag (noch mit Wiener Abgeordneten) geänderten Wiener Gemeindestatuts der [[Stadtrat]] durch den Stadtsenat (mit amtsführenden und oppositionellen Stadträten) ersetzt. Seit 18. November 1920, dem Tag des Inkrafttretens der Stadtverfassung des neuen Bundeslandes Wien, tagte der Stadtsenat in getrennten Sitzungen auch als Wiener Landesregierung.
  
 
Dem Stadtsenat gehören der Bürgermeister und die (mindestens neun) Stadträte an, die vom [[Gemeinderat]] (nicht unbedingt aus seiner Mitte) gewählt werden; zwei dieser Stadträte werden jeweils gesondert zu Vizebürgermeistern gewählt. Neu war die Einrichtung der [[amtsführender Stadtrat|amtsführenden Stadträte]], die vom [[Gemeinderat]] als Leiter der einzelnen [[Geschäftsgruppen]] eingesetzt werden. Sie führen die Gemeinderats-Beschlüsse durch. Die vom Bürgermeister einberufenen Sitzungen des Stadtsenats, in denen neben den Verwaltungsangelegenheiten besondere Personalfragen erledigt werden, sind nicht öffentlich. Der Stadtsenat bereitet die Tagesordnung der Gemeinderats-Sitzungen vor, berät im Verein mit dem Finanzausschuss den Budgetvoranschlag und überprüft den Rechnungsabschluss (die Abstimmung darüber erfolgt jedoch getrennt voneinander).  
 
Dem Stadtsenat gehören der Bürgermeister und die (mindestens neun) Stadträte an, die vom [[Gemeinderat]] (nicht unbedingt aus seiner Mitte) gewählt werden; zwei dieser Stadträte werden jeweils gesondert zu Vizebürgermeistern gewählt. Neu war die Einrichtung der [[amtsführender Stadtrat|amtsführenden Stadträte]], die vom [[Gemeinderat]] als Leiter der einzelnen [[Geschäftsgruppen]] eingesetzt werden. Sie führen die Gemeinderats-Beschlüsse durch. Die vom Bürgermeister einberufenen Sitzungen des Stadtsenats, in denen neben den Verwaltungsangelegenheiten besondere Personalfragen erledigt werden, sind nicht öffentlich. Der Stadtsenat bereitet die Tagesordnung der Gemeinderats-Sitzungen vor, berät im Verein mit dem Finanzausschuss den Budgetvoranschlag und überprüft den Rechnungsabschluss (die Abstimmung darüber erfolgt jedoch getrennt voneinander).  
  
Der Stadtsenat geht zudem Beschwerden der Gemeindebürger gegen Verfügungen des Magistrats oder der [[Magistratische Bezirksämter|Bezirksämter]] nach und ist somit Berufungsinstanz für alle Angelegenheiten des selbständigen Wirkungskreises. Zu den Sitzungen des Stadtsenats werden gegebenenfalls Gemeinderäte, Bezirksvorsteher oder Referenten der Magistratsateilungen mit beratender Stimme zugezogen. Der [[Magistratsdirektor]] ist berechtigt, den Sitzungen mit beratender Stimme beizuwohnen und Anträge zu stellen.  
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Der Stadtsenat geht zudem Beschwerden der Gemeindebürger gegen Verfügungen des Magistrats oder der [[Magistratische Bezirksämter|Bezirksämter]] nach und ist somit Berufungsinstanz für alle Angelegenheiten des selbstständigen Wirkungskreises. Zu den Sitzungen des Stadtsenats werden gegebenenfalls Gemeinderäte, Bezirksvorsteher oder Referenten der Magistratsateilungen mit beratender Stimme zugezogen. Der [[Magistratsdirektor]] ist berechtigt, den Sitzungen mit beratender Stimme beizuwohnen und Anträge zu stellen.  
  
Der Verlauf der Sitzungen wird in Protokollen festgehalten (vertrauliche Sitzungen werden gesondert protokolliert, Einsicht wird nur Gemeinderäten unter besonderen Umständen gewährt). Mit der Aufhebung der demokratischen Stadtverfassung trat 1934 an dessen Stelle ein "Stadtrecht", das als „Gemeindevertretung" das Gremium der "[[Wiener Bürgerschaft]]" vorsah. 1938 wurde diese Institution aufgehoben und 1939 durch die [[Ratsherren]] ersetzt. Unmittelbar nach dem Ende der Kampfhandlungen wurde im April 1945 ein provisorischer Stadtsenat eingerichtet; am 25. November 1945 fanden während der Zeit der [[Alliierte Besatzung|Alliierten Besatzung]] (1945-1955) die ersten demokratischen Wahlen zum [[|Gemeinderat|Wiener Gemeinderat und Landtag in Besatzungszeit]] nach dem [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] statt, am 13. Dezember konstituierte sich der neugewählte Gemeinderrat.
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Der Verlauf der Sitzungen wird in Protokollen festgehalten (vertrauliche Sitzungen werden gesondert protokolliert, Einsicht wird nur Gemeinderäten unter besonderen Umständen gewährt), deren Ergebnisse im Amtsblatt publiziert werden.  
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Mit der Aufhebung der demokratischen Stadtverfassung trat 1934 an dessen Stelle ein "Stadtrecht", das als „Gemeindevertretung" das Gremium der "[[Wiener Bürgerschaft]]" vorsah. 1938 wurde diese Institution aufgehoben und 1939 durch die [[Ratsherren]] ersetzt. Unmittelbar nach dem Ende der Kampfhandlungen wurde im April 1945 unter Bürgermeister Theodor Körner ein provisorischer Stadtsenat eingerichtet; am 25. November 1945 fanden während der Zeit der [[Alliierte Besatzung|Alliierten Besatzung]] (1945-1955) die ersten demokratischen Wahlen zum [[|Gemeinderat|Wiener Gemeinderat und Landtag in Besatzungszeit]] nach dem [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] statt, am 13. Dezember konstituierte sich der neugewählte Gemeinderat.
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Der Stadtsenat wird neuerdings von Rathausinsidern auch als Stadtregierung bzw. als Regierung bezeichnet. Regierung ist er allerdings nur, wenn er als Landesregierung zusammentritt. Städte haben in Österreich keine Regierungen.
  
 
==Literatur==
 
==Literatur==

Version vom 17. April 2015, 17:01 Uhr

Daten zur Organisation
Art der Organisation Behörde
Datum von 1920
Datum bis
Benannt nach
Prominente Personen
PageID 15969
GND
WikidataID
Objektbezug
Quelle
Export RDF-Export (Resource Description Framework) RDF
Recherche
Letzte Änderung am 17.04.2015 durch DYN.wolfgang j kraus

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Im Zuge der Neugestaltung der Verwaltung der Stadt Wien wurde per 1. Juni 1920 auf Grund des vom Niederösterreichischen Landtag (noch mit Wiener Abgeordneten) geänderten Wiener Gemeindestatuts der Stadtrat durch den Stadtsenat (mit amtsführenden und oppositionellen Stadträten) ersetzt. Seit 18. November 1920, dem Tag des Inkrafttretens der Stadtverfassung des neuen Bundeslandes Wien, tagte der Stadtsenat in getrennten Sitzungen auch als Wiener Landesregierung.

Dem Stadtsenat gehören der Bürgermeister und die (mindestens neun) Stadträte an, die vom Gemeinderat (nicht unbedingt aus seiner Mitte) gewählt werden; zwei dieser Stadträte werden jeweils gesondert zu Vizebürgermeistern gewählt. Neu war die Einrichtung der amtsführenden Stadträte, die vom Gemeinderat als Leiter der einzelnen Geschäftsgruppen eingesetzt werden. Sie führen die Gemeinderats-Beschlüsse durch. Die vom Bürgermeister einberufenen Sitzungen des Stadtsenats, in denen neben den Verwaltungsangelegenheiten besondere Personalfragen erledigt werden, sind nicht öffentlich. Der Stadtsenat bereitet die Tagesordnung der Gemeinderats-Sitzungen vor, berät im Verein mit dem Finanzausschuss den Budgetvoranschlag und überprüft den Rechnungsabschluss (die Abstimmung darüber erfolgt jedoch getrennt voneinander).

Der Stadtsenat geht zudem Beschwerden der Gemeindebürger gegen Verfügungen des Magistrats oder der Bezirksämter nach und ist somit Berufungsinstanz für alle Angelegenheiten des selbstständigen Wirkungskreises. Zu den Sitzungen des Stadtsenats werden gegebenenfalls Gemeinderäte, Bezirksvorsteher oder Referenten der Magistratsateilungen mit beratender Stimme zugezogen. Der Magistratsdirektor ist berechtigt, den Sitzungen mit beratender Stimme beizuwohnen und Anträge zu stellen.

Der Verlauf der Sitzungen wird in Protokollen festgehalten (vertrauliche Sitzungen werden gesondert protokolliert, Einsicht wird nur Gemeinderäten unter besonderen Umständen gewährt), deren Ergebnisse im Amtsblatt publiziert werden.

Mit der Aufhebung der demokratischen Stadtverfassung trat 1934 an dessen Stelle ein "Stadtrecht", das als „Gemeindevertretung" das Gremium der "Wiener Bürgerschaft" vorsah. 1938 wurde diese Institution aufgehoben und 1939 durch die Ratsherren ersetzt. Unmittelbar nach dem Ende der Kampfhandlungen wurde im April 1945 unter Bürgermeister Theodor Körner ein provisorischer Stadtsenat eingerichtet; am 25. November 1945 fanden während der Zeit der Alliierten Besatzung (1945-1955) die ersten demokratischen Wahlen zum [[|Gemeinderat|Wiener Gemeinderat und Landtag in Besatzungszeit]] nach dem Zweiten Weltkrieg statt, am 13. Dezember konstituierte sich der neugewählte Gemeinderat.

Der Stadtsenat wird neuerdings von Rathausinsidern auch als Stadtregierung bzw. als Regierung bezeichnet. Regierung ist er allerdings nur, wenn er als Landesregierung zusammentritt. Städte haben in Österreich keine Regierungen.

Literatur

  • Friedrich Brunner: Bezirksvertretungen in Wien. Historische Entwicklung, Rechtsgrundlagen, Aufgaben, Dezentralisierung, Wahlergebnisse, Personenindex, Rückblick und Zukunft. Hg. von Josef Rauchenberger. Wien: PR-Verlag 1990.
  • Peter Csendes: Vertretungskörper. In: Veröffentlichungen des Winer Stadt-und Landesarchivs. Reihe A: Archivinventar. Serie 1 Heft 3, S. 27.
  • Ferdinand Lettmayer [Hg.]: Wien um die Mitte des XX. Jahrhunderts - ein Querschnitt durch Landschaft, Geschichte, soziale und technische Einrichtungen, wirtschaftliche und politische Stellung und durch das kulturelle Leben. Wien: 1958, S. 440 f.