Pest: Unterschied zwischen den Versionen

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==Pest-Epidemien==
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Die ursprünglich auf dem indischen Subkontinent endemisch verbreitete Krankheit Pest (bakteriologisch: Yersinia pestis) trat auf dem europäischen Kontinient erstmals 541 (justinianische Pest) auf. Sie raffte vermutlich ein Drittel bis die Hälfte der Bevölkerung in betroffenen Landstrichen im Mittelmeerraum, aber auch in anderen Teilen Europas, dahin. In mehreren Wellen kehrte die Pest bis etwa Mitte des 8. Jahrhunderts wieder ehe sie in Vergessenheit geriet.
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*1381
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Bei ihrer Wiederkehr, eingeschleppt aus der genuesischen Kolonie Kaffa im Schwermeerraum, sorgte sie neuerlich für verheerende Bevölkerungsverluste. Sie wurde nun auf Grund der von der Krankheit verursachten schwarzen Beulen der "schwarze Tod" genannt. Im Jahr 1349 erreichte der Seuchenzug Wien und dürfte etwa die Hälfte der Einwohner in kurzer Zeit hinweggerafft haben. Für das Erreichen des Erregers in Wien sind mehrere Daten belegt: 12. April, 31. Mai, 24. Juni. Als Enddatum gilt der 20. September. Da die Friedhöfe überfüllt waren, gingen die Menschen dazu über, Tote in Gruben vor der Stadt zu begraben. Zum Verlauf der Pesterkrankung ist überliefert, dass die meisten Erkrankten innerhalb von drei Tagen, nachdem die Symptome gezeigt hatten, verstarben. Allerdings konnten jene, die den dritten Tag überlebten, auch noch mit einer Genesung rechnen. Die wirtschaftlichen Folgen der Epidemie waren enorm, da im ganzen Land Arbeitskräfte fehlten. Dies führte etwa dazu, dass die Arbeiter in den Weingärten höher entlohnt wurden. Es kam auch zu umfangreichen Imbolientransaktionen. Weitere schwere Pestepidemien sind in mittelalterlichen Quellen für die Jahre 1381, 1410/11 und 1436 dokumentiert. 1381 wurden in St. Stephan angeblich etwa 15.000 verstorbene gezählt, abermals hatte der Pestausbruch durch Arbeitskräftemangel starke wirtschaftliche Auswirkungen. 1436 musste aufgrund der Erkrankungen die Universität temporär geschlossen werden.
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*1521
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Nach einer Phase längeren Ausbleibens von Epidemien ereigneten sich im 16. und 17. Jahrhundert solche nachweisbar 1506, 1521, 1541, 1563, 1570, 1586, 1654/55 und 1679. Eine Nachepidemie sorgte 1588 für das Aussterben der Nonnen im [[Himmelpfortkloster]]. Die schwerste Pestepidemie der frühen Neuzeit fand 1679 statt (siehe: [[Pestepidemie 1679]]). Sie fand im kollektiven Gedächtnis durch die Predigten [[Abraham a Sancta Clara|Abraham a Sancta Claras]] und die populäre Figur eines die Pest überlebenden populären Sackpfeifers, den [[Lieber Augustin|"Lieben Augustin"]] ihren festen Platz.
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*1563-1566
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==Erinnerungsorte:==
*1588 (Aussterben der Nonnen im Himmelpfortkloster)
 
 
*1605 ([[Pestkreuz (18, Währinger Straße 109–111)|Pestkreuz]] [18])
 
*1605 ([[Pestkreuz (18, Währinger Straße 109–111)|Pestkreuz]] [18])
*1644/1645
 
*1653-1656
 
 
*1679/1680 ([[Dreifaltigkeitssäule (1)|Dreifaltigkeitssäule]] [1; Pestsäule] [[Peterskirche]]; Pestspital 7, Neustiftgasse 60; [[Lieber Augustin]]); siehe: [[Pestepidemie 1679]]
 
*1679/1680 ([[Dreifaltigkeitssäule (1)|Dreifaltigkeitssäule]] [1; Pestsäule] [[Peterskirche]]; Pestspital 7, Neustiftgasse 60; [[Lieber Augustin]]); siehe: [[Pestepidemie 1679]]
 
*1713/1714 ([[Karlskirche]]); siehe: [[Pestepidemie 1713]]
 
*1713/1714 ([[Karlskirche]]); siehe: [[Pestepidemie 1713]]
 
Vor dem Haus [[11]], [[Simmeringer Hauptstraße]] 109, [[Krausegasse]] 1) wurde 1713 an der Poststraße eine Pestgrube angelegt (Gedenktafel; Skelettfunde 12. August 1943). Der letzte Laboratoriums-Pestfall ereignete sich 1898 im Kaiser-Franz-Joseph-Spital ([[Hermann Franz Müller]]). Pestheilige waren Sebastian, Rochus und Rosalia (ab 1646 Patronin in der Diözese Wien) sowie die Heilige Dreifaltigkeit.
 
 
==Erinnerungsstätten==
 
 
*Pestmarterl ([[21]], [[Rußbergstraße]] 29)
 
*Pestmarterl ([[21]], [[Rußbergstraße]] 29)
 
*[[Pestkreuz (3, Landstraßer Hauptstraße, Baumgasse)]]
 
*[[Pestkreuz (3, Landstraßer Hauptstraße, Baumgasse)]]
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Vor dem Haus [[11]], [[Simmeringer Hauptstraße]] 109, [[Krausegasse]] 1) wurde 1713 an der Poststraße eine Pestgrube angelegt (Gedenktafel; Skelettfunde 12. August 1943). Der letzte Laboratoriums-Pestfall ereignete sich 1898 im Kaiser-Franz-Joseph-Spital ([[Hermann Franz Müller]]). Pestheilige waren Sebastian, Rochus und Rosalia (ab 1646 Patronin in der Diözese Wien) sowie die Heilige Dreifaltigkeit.
 
Pestsäulen (teilweise Mariensäulen) entstanden auch in der von der Pest betroffenen niederösterreichischen Umgebung Wiens (beispielsweise Baden, Ebreichsdorf, Heiligenkreuz, Klosterneuburg-Kierling, Mödling, Perchtoldsdorf).  
 
Pestsäulen (teilweise Mariensäulen) entstanden auch in der von der Pest betroffenen niederösterreichischen Umgebung Wiens (beispielsweise Baden, Ebreichsdorf, Heiligenkreuz, Klosterneuburg-Kierling, Mödling, Perchtoldsdorf).  
 
==Pest im Mittelalter==
 
Die Pestepidemie von 1349 gilt heute alt die schwerste während des Mittelalters. Für das Erreichen des Erregers in Wien sind mehrere Daten belegt: 12. April, 31. Mai, 24. Juni. Als Enddatum gilt der 20. September. Fast ein Drittel der Bevölkerung kam ums Leben, in Wien starben jeden Tag etwa 480 bis 720 Personen, unter ihnen auch zahlreiche schwangere Frauen und Geistliche. Da die Friedhöfe überfüllt waren, gingen die Menschen dazu über, Tote in Gruben vor der Stadt zu begraben.
 
 
Zum Verlauf der Pesterkrankung ist überliefert, dass die meisten Erkrankten innerhalb von drei Tagen, nachdem die Symptome gezeigt hatten, verstarben. Allerdings konnten jene, die den dritten Tag überlebten, auch noch mit einer Genesung rechnen. Die wirtschaftlichen Folgen der Epidemie waren enorm, da im ganzen Land Arbeitskräfte fehlten. So mussten die Arbeiter in den Weingärten höher entlohnt werden.
 
 
1381 und 1436 sind ebenfalls große Erkrankungswellen überliefert. 1381 wurden in St. Stephan etwa 15.000 verstorbene gezählt, abermals hatte der Pestausbruch durch Arbeitskräftemangel starke wirtschaftliche Auswirkungen. 1436 musste aufgrund der Erkrankungen die Universität temporär geschlossen werden.
 
 
Von den frühneuzeitlichen Epidemien dürften neben der [[Pestepidemie 1679]] und der [[Pestepidemie 1713]] jene von 1541 und 1653-1656 besonders schwer gewesen sein.
 
  
 
==Literatur==  
 
==Literatur==  

Version vom 2. April 2020, 13:59 Uhr

Die große Pest in Wien im Jahre 1349.
Daten zum Ereignis
Art des Ereignisses Epidemie
Datum von
Datum bis
Thema
Veranstalter
Teilnehmerzahl
Gewalt
PageID 7158
GND
WikidataID
Objektbezug Mittelalter, Frühe Neuzeit
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 2.04.2020 durch WIEN1.lanm08wei
Bildname Pest 1349.jpg
Bildunterschrift Die große Pest in Wien im Jahre 1349.

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Es wurden keine Bezeichnungen erfasst!


Die ursprünglich auf dem indischen Subkontinent endemisch verbreitete Krankheit Pest (bakteriologisch: Yersinia pestis) trat auf dem europäischen Kontinient erstmals 541 (justinianische Pest) auf. Sie raffte vermutlich ein Drittel bis die Hälfte der Bevölkerung in betroffenen Landstrichen im Mittelmeerraum, aber auch in anderen Teilen Europas, dahin. In mehreren Wellen kehrte die Pest bis etwa Mitte des 8. Jahrhunderts wieder ehe sie in Vergessenheit geriet.

Bei ihrer Wiederkehr, eingeschleppt aus der genuesischen Kolonie Kaffa im Schwermeerraum, sorgte sie neuerlich für verheerende Bevölkerungsverluste. Sie wurde nun auf Grund der von der Krankheit verursachten schwarzen Beulen der "schwarze Tod" genannt. Im Jahr 1349 erreichte der Seuchenzug Wien und dürfte etwa die Hälfte der Einwohner in kurzer Zeit hinweggerafft haben. Für das Erreichen des Erregers in Wien sind mehrere Daten belegt: 12. April, 31. Mai, 24. Juni. Als Enddatum gilt der 20. September. Da die Friedhöfe überfüllt waren, gingen die Menschen dazu über, Tote in Gruben vor der Stadt zu begraben. Zum Verlauf der Pesterkrankung ist überliefert, dass die meisten Erkrankten innerhalb von drei Tagen, nachdem die Symptome gezeigt hatten, verstarben. Allerdings konnten jene, die den dritten Tag überlebten, auch noch mit einer Genesung rechnen. Die wirtschaftlichen Folgen der Epidemie waren enorm, da im ganzen Land Arbeitskräfte fehlten. Dies führte etwa dazu, dass die Arbeiter in den Weingärten höher entlohnt wurden. Es kam auch zu umfangreichen Imbolientransaktionen. Weitere schwere Pestepidemien sind in mittelalterlichen Quellen für die Jahre 1381, 1410/11 und 1436 dokumentiert. 1381 wurden in St. Stephan angeblich etwa 15.000 verstorbene gezählt, abermals hatte der Pestausbruch durch Arbeitskräftemangel starke wirtschaftliche Auswirkungen. 1436 musste aufgrund der Erkrankungen die Universität temporär geschlossen werden.

Nach einer Phase längeren Ausbleibens von Epidemien ereigneten sich im 16. und 17. Jahrhundert solche nachweisbar 1506, 1521, 1541, 1563, 1570, 1586, 1654/55 und 1679. Eine Nachepidemie sorgte 1588 für das Aussterben der Nonnen im Himmelpfortkloster. Die schwerste Pestepidemie der frühen Neuzeit fand 1679 statt (siehe: Pestepidemie 1679). Sie fand im kollektiven Gedächtnis durch die Predigten Abraham a Sancta Claras und die populäre Figur eines die Pest überlebenden populären Sackpfeifers, den "Lieben Augustin" ihren festen Platz.

Erinnerungsorte:

Vor dem Haus 11, Simmeringer Hauptstraße 109, Krausegasse 1) wurde 1713 an der Poststraße eine Pestgrube angelegt (Gedenktafel; Skelettfunde 12. August 1943). Der letzte Laboratoriums-Pestfall ereignete sich 1898 im Kaiser-Franz-Joseph-Spital (Hermann Franz Müller). Pestheilige waren Sebastian, Rochus und Rosalia (ab 1646 Patronin in der Diözese Wien) sowie die Heilige Dreifaltigkeit. Pestsäulen (teilweise Mariensäulen) entstanden auch in der von der Pest betroffenen niederösterreichischen Umgebung Wiens (beispielsweise Baden, Ebreichsdorf, Heiligenkreuz, Klosterneuburg-Kierling, Mödling, Perchtoldsdorf).

Literatur

  • Christian Brandstätter: Stadtchronik Wien. 2000 Jahre in Daten, Dokumenten und Bildern. Wien [u.a.]: Brandstätter 1986, S. 129 und S. 145
  • Gustav Gugitz: Die Wiener Pestepidemie von 1713 und ihr Ausmaß. Ein statistischer Versuch einer Richtigstellung. In: Wiener Geschichtsblätter 14 (1959), S. 87 ff. (es ist zu bedenken, dass sicherlich viele Tote ohne Beschau begraben wurden, sodass die Totenbeschauprotokolle keine verlässliche Quelle darstellen);
  • Richard von Krafft-Ebing: Zur Geschichte der Pest in Wien 1349-1898. Leipzig/Wien: Franz Deuticke 1899
  • Ferdinand Olbort: „Vergessene" Pestjahre. Die Seuche von 1653 bis 1656 in Wien. In: Wiener Geschichtsblätter 28 (1973), S. 10 ff.
  • Franz Patzer (Hg.): Die Pest in Wien. 300 Jahre lieber Augustin. Wien 1979 (= 188. Wechselausstellung der Wiener Stadt- und Landesbibliothek)
  • Hans Rotter: Neubau. Ein Heimatbuch des 7. Wiener Gemeindebezirkes. Wien: Deutscher Verlag für Jugend und Volk 1925, S. 113
  • Boris und Helga Velimirovic: Plague in Vienna. In: Reviews of Infectious Diseases 2 (1989), Nr. 5 (Sept.-Oct.), S. 808 ff.
  • Adolf Wolf: Alsergrund-Chronik. Von der Römerzeit bis zum Ende der Monarchie. Wien: Selbstverlag 1981, S. 42 ff.