Bundesverfassung: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Wien Geschichte Wiki
Wechseln zu:Navigation, Suche
Zeile 3: Zeile 3:
 
|Objektbezug=Zwischenkriegszeit
 
|Objektbezug=Zwischenkriegszeit
 
}}
 
}}
Die österreichische Bundesverfassung wurde von der Konstituierenden Nationalversammlung in Wien am 1. Oktober 1920 in deren letzter Sitzung vor der ersten Nationalratswahl beschlossen. Sie enthielt unter anderem Bestimmungen darüber, dass die Stadt Wien nunmehr auch als eigenes, aus Niederösterreich herausgelöstes Bundesland definiert werde.  
+
Die österreichische Bundesverfassung wurde von der Konstituierenden Nationalversammlung in Wien am 1. Oktober 1920 in deren letzter Sitzung vor der ersten Nationalratswahl beschlossen. Fast alle im Lauf der Jahre 1919 und 1920 vorgelegten Entwürfe definierten Wien als eigenständiges Bundesland oder als den Ländern gleichgestellte Stadt. Nach zähen Verhandlungen umfasste die Bundesverfassung einen in sechs Artikel gegliederten Verfassungsabschnitt zur Stellung Wiens (Artikel 108-114) vor, den [[Hans Kelsen]] gemeinsam mit dem Wiener Magistratsdirektor [[Karl Hartl (Jurist)|Karl Hartl]] ausgearbeitet hatte. Er sah einen gemeinsamen Landtag für Niederösterreich, verantwortlich für die gemeinsamen Angelegenheiten, vor. In den nicht gemeinsamen Angelegenheiten - zu denen jedenfalls die Wahl der Mitglieder des [[Bundesrat]]es und die Gesetzgebung hinsichtlich der [[Steuerwesen|Abgaben]] gehörte - genoss jeder Teilesteil die Stellung eines eigenständigen Landes. Artikel 114 verankerte außerdem die Möglichkeit eines völlig selbständigen Bundeslandes Wien durch übereinstimmende Gesetze beider Landesteile, was mit dem [[Trennungsgesetz]] per 1. Jänner 1922 vollzogen wurde.
  
Die bis heute grundlegenden Bestimmungen zur Verfassungsordnung Österreichs beziehungsweise Wiens traten am 10. November 1920 in Kraft. Seit damals fungierte Wien (ausgenommen die beiden Diktaturzeiten 1934-1938 und 1938-1945) auch als Land Wien. Am 10. November 1920 trat daher der Wiener Gemeinderat erstmals als [[Wiener Landtag]] zusammen und beschloss die Landesverfassung des neuen Bundeslandes, die am 18. November 1920 als Nr. 1 im neuen Landesgesetzblatt für Wien kundgemacht wurde und sofort in Kraft trat.
+
Die Bundesverfassung trat am 10. November 1920 in Kraft. Seit damals fungierte Wien (ausgenommen die beiden Diktaturzeiten 1934-1938 und 1938-1945) auch als Land Wien. Am 10. November 1920 trat daher der Wiener Gemeinderat erstmals - personenident - als [[Wiener Landtag]] zusammen und beschloss die Landesverfassung des neuen Bundeslandes ("[[Stadtverfassung]]"), die am 18. November 1920 als Nr. 1 im neuen Landesgesetzblatt für Wien kundgemacht wurde und sofort in Kraft trat.
  
Wien war dann eines von acht Bundesländern, bis das Burgenland im Laufe des Jahres 1921 als neuntes Bundesland dazukam.
+
Seit 1994 wirken sich die in der Bundesverfassung vorgenommenen Anpassungen an den am 1. Jänner 1995 in Kraft getretretenen Beitritt Österreichs zur [[EU|Europäischen Union]] auch direkt auf Wien aus. Wien ist seit damals z. B. durch Abgeordnete im Europäischen Parlament vertreten.
  
1946 beschlossen und 1954 kundgemacht, wurden die Grenzen zwischen Wien und Niederösterreich neu gezogen: Man kehrte weder zu den bis 1938 gültigen Stadtgrenzen zurück - noch blieb es bei [[Groß-Wien]], wie es das nationalsozialistische Regime 1938 eingerichtet hatte. Die 1954 verfassungsmäßig in Kraft getretenen Stadtgrenzen beließen 17 bis 1938 niederösterreichische Ortschaften bei Wien (darunter alle heute den [[Liesing|23. Bezirk]] bildenden Siedlungen).  
+
==Literatur==
 +
* Thomas Olechowski: Das Ringen um die Stellung Wiens in der Diskussion um die Bundesverfassung. In: Bernard Hachleitner/Christian Mertens [Hg.]: Wien wird Bundesland. Die Wiener Stadtverfassung und die Trennung von Niederösterreich. Salzburg/Wien: Residenz 2020, S. 47-57
  
Seit 1994 wirken sich die in der Bundesverfassung vorgenommenen Anpassungen an den am 1. Jänner 1995 in Kraft getretretenen Beitritt Österreichs zur [[EU|Europäischen Union]] auch direkt auf Wien aus. Wien ist seit damals z. B. durch Abgeordnete im Europäischen Parlament vertreten.
 
  
''Siehe auch:'' [https://de.wikipedia.org/wiki/Bundesverfassung_%28%C3%96sterreich%29 Wikipedia: Bundesverfassung (Österreich)]
+
==Links==
 +
* [https://de.wikipedia.org/wiki/Bundesverfassung_%28%C3%96sterreich%29 Wikipedia: Bundesverfassung (Österreich)]

Version vom 14. Dezember 2020, 11:02 Uhr

Daten zum Eintrag
Datum von
Datum bis
Objektbezug Zwischenkriegszeit
Quelle
Export RDF-Export (Resource Description Framework) RDF
Recherche
Letzte Änderung am 14.12.2020 durch WIEN1.lanm09mer

Es wurden noch keine Bezeichnungen erfasst!


Die österreichische Bundesverfassung wurde von der Konstituierenden Nationalversammlung in Wien am 1. Oktober 1920 in deren letzter Sitzung vor der ersten Nationalratswahl beschlossen. Fast alle im Lauf der Jahre 1919 und 1920 vorgelegten Entwürfe definierten Wien als eigenständiges Bundesland oder als den Ländern gleichgestellte Stadt. Nach zähen Verhandlungen umfasste die Bundesverfassung einen in sechs Artikel gegliederten Verfassungsabschnitt zur Stellung Wiens (Artikel 108-114) vor, den Hans Kelsen gemeinsam mit dem Wiener Magistratsdirektor Karl Hartl ausgearbeitet hatte. Er sah einen gemeinsamen Landtag für Niederösterreich, verantwortlich für die gemeinsamen Angelegenheiten, vor. In den nicht gemeinsamen Angelegenheiten - zu denen jedenfalls die Wahl der Mitglieder des Bundesrates und die Gesetzgebung hinsichtlich der Abgaben gehörte - genoss jeder Teilesteil die Stellung eines eigenständigen Landes. Artikel 114 verankerte außerdem die Möglichkeit eines völlig selbständigen Bundeslandes Wien durch übereinstimmende Gesetze beider Landesteile, was mit dem Trennungsgesetz per 1. Jänner 1922 vollzogen wurde.

Die Bundesverfassung trat am 10. November 1920 in Kraft. Seit damals fungierte Wien (ausgenommen die beiden Diktaturzeiten 1934-1938 und 1938-1945) auch als Land Wien. Am 10. November 1920 trat daher der Wiener Gemeinderat erstmals - personenident - als Wiener Landtag zusammen und beschloss die Landesverfassung des neuen Bundeslandes ("Stadtverfassung"), die am 18. November 1920 als Nr. 1 im neuen Landesgesetzblatt für Wien kundgemacht wurde und sofort in Kraft trat.

Seit 1994 wirken sich die in der Bundesverfassung vorgenommenen Anpassungen an den am 1. Jänner 1995 in Kraft getretretenen Beitritt Österreichs zur Europäischen Union auch direkt auf Wien aus. Wien ist seit damals z. B. durch Abgeordnete im Europäischen Parlament vertreten.

Literatur

  • Thomas Olechowski: Das Ringen um die Stellung Wiens in der Diskussion um die Bundesverfassung. In: Bernard Hachleitner/Christian Mertens [Hg.]: Wien wird Bundesland. Die Wiener Stadtverfassung und die Trennung von Niederösterreich. Salzburg/Wien: Residenz 2020, S. 47-57


Links