Urkunde
Urkunden gehören zu den ältesten schriftlichen Quellen und entstanden aus dem Bedürfnis, Rechtshandlungen durch Verschriftlichung eine größere Dauer und Sicherheit zu verleihen. Sie sind damit auch eine der frühesten Entwicklungsstufen schriftlicher Verwaltung.[1] Die Urkunde ist die abschließende Aufzeichnung einer Rechtshandlung nach vorangegangener Verhandlung. Sie dient damit als Beweis für ein Rechtsgeschäft.
Wichtig für die Rechtskraft einer Urkunde ist, dass sie unter Beachtung bestimmter Formen ausgefertigt und beglaubigt werden muss. Abhängig von der Entstehungszeit und den Gepflogenheiten der jeweiligen Verfasser können Urkunden vielfältige Formen annehmen. Es wird nach äußerer und innerer Form unterschieden. Zur äußeren Form gehören Beschreibstoff, Schreibstoff, Format, Layout, Schrift und Schriftzeichen oder etwa die Besiegelung, zur inneren Form etwa Sprache, Stil, Formular und Inhalt.
Als Beglaubigungsmittel stehen vor allem die Unterschrift, das Siegel, die Eintragung in öffentlichen Büchern oder die Verwahrung an öffentlicher Stelle zur Verfügung.
Die wesentlichen Merkmale der Urkunde sind zusammengefasst daher die Rechtserheblichkeit, die Schriftlichkeit, die Formgebundenheit und die Beglaubigung.[2]
Herrscher-, Papst- und Privaturkunden
In der Urkundenlehre wird je nach Aussteller zwischen Herrscher- und Papsturkunden unterschieden, die jeweils charakteristische Eigenheiten in äußerer und innerer Form aufweisen. Als dritte Kategorie ist die Privaturkunde zu nennen, in der alle Urkunden zusammengefasst sind, die nicht von Herrschern oder Päpsten ausgestellt wurden. Der Begriff wird dem breiten Spektrum an Ausstellern vom Kurfürsten über den Stadtrat bis hin zur Privatperson kaum gerecht, ist aber dennoch gebräuchlich.[3]
Die mittelalterliche Königsurkunde ist vor allem in der Form des Diploms überliefert und geht auf das römische Urkundenwesen zurück. Auch die Papsturkunde geht auf römische Traditionen zurück, wobei im Mittelalter Privilegien und Litterae die Hauptarten der Papsturkunde bilden. Auch die Privaturkunde hat römische Vorbilder, wobei die subjektiv gefasste Carta wesentlich beliebter war als die objektiv gefasste Notitia.
Urkundenformular
Die Glaubwürdigkeit der Urkunde ist an feste Formen gebunden, da erst die Verwendung bestimmter Formeln die Rechtskraft begründet.
Eingangsprotokoll
- Invocatio: Anrufung Gottes, entweder als Text oder als Symbol
- Intitulatio: Angabe von Name und Titel des Ausstellers
- Devotio: Devotionsformel, meist „von Gottes Gnaden“
- Inscriptio: Angabe von Name und Titel des Empfängers
- Salutatio: Grußformel
- Arenga: allgemeine Einleitung zum Text ohne Rechtserheblichkeit, erklärt häufig die Motivation für die Ausstellung
Text
- Publicatio oder Promulgatio: öffentliche Willensbekundung des Ausstellers
- Narratio: Darstellung der Umstände, die das Rechtsgeschäft erforderlich machen
- Petitio: Angabe der Intervenienten beim Urkundenaussteller
- Dispositio: verbindlicher Rechts- und Sachinhalt nach dem Willen des Ausstellers
- Pertinenzformel: Aufzählung einzelner Bestandteile (etwa bei einer Schenkung)
- Sanctio: Strafandrohung bei Zuwiderhandeln
- Corroboratio: Beglaubigungsmittel und Nennung von Zeugen
Schlussprotokoll
- Unterschriften durch Angabe der Namen
- Monogramm
- Datierung
- Apprecatio: formelhafter Segenswunsch
Links
- Bürgerspital – Urkunden (1264 bis 1843)
- Hauptarchiv – Urkunden (1177 bis 1526)
- Hauptarchiv – Urkunden: Abschriften (1298 bis 1524)
- Innungsurkunden (1612 bis 1832)
Literatur
- Friedrich Beck, Eckart Henning (Hg.), Die archivalischen Quellen. Mit einer Einführung in die Historischen Hilfswissenschaften. 5. Auflage. Wien-Köln-Weimar: Böhlau Verlag 2012
- Peter Csendes, Kanzlei, Kanzler, in: Lexikon des Mittelalters. 5. Band, Stuttgart - Weimar 1999, S. 910-912.
- Heinrich Fichtenau, Das Urkundenwesen in Österreich vom 8. bis zum frühen 13. Jahrhundert (Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung. Ergänzungsband 23), Wien 1971
- *Klaus Lohrmann / Ferdinand Opll: Regesten zur Frühgeschichte von Wien. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien [u.a.] 1981 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 10)
Einzelnachweise
- ↑ Friedrich Beck, Eckart Henning (Hg.), Die archivalischen Quellen. Mit einer Einführung in die Historischen Hilfswissenschaften. 5. Auflage. Wien-Köln-Weimar: Böhlau Verlag 2012, S. 25
- ↑ Friedrich Beck, Eckart Henning (Hg.), Die archivalischen Quellen. Mit einer Einführung in die Historischen Hilfswissenschaften. 5. Auflage. Wien-Köln-Weimar: Böhlau Verlag 2012, S. 26
- ↑ Friedrich Beck, Eckart Henning (Hg.), Die archivalischen Quellen. Mit einer Einführung in die Historischen Hilfswissenschaften. 5. Auflage. Wien-Köln-Weimar: Böhlau Verlag 2012, S. 27