Richard Neutra

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Daten zur Person
Personenname Neutra, Richard
Abweichende Namensform
Titel Dr. h.c., Prof.
Geschlecht männlich
PageID 18568
GND 118734679
Wikidata Q84312
Geburtsdatum 8. April 1892
Geburtsort Wien 4066009-6
Sterbedatum 16. April 1970
Sterbeort Wuppertal 4067084-3
Beruf Architekt
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug Adolf Loos (Portal)
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage, Gedenktage-GW
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Letzte Änderung am 5.03.2024 durch WIEN1.lanm09kka
Begräbnisdatum
Friedhof Urnenbestattung in Los Angeles
Grabstelle
  • 2., Josefinengasse 7 (Geburtsadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

  • Ehrenring der Stadt Wien (Verleihung: 14. April 1967, Übernahme: 28. September 1967)
  • Preis der Stadt Wien für Architektur (Übernahme: 13. Mai 1958)
  • Ehrendoktor der Universität Graz (Übernahme: 1950)
  • Großes Bundesverdienstkreuz der deutschen Bundesrepublik (Übernahme: 1959)
  • Wilhelm Exner-Medaille des Österreichischen Gewerbevereins (Übernahme: 1960)
  • Klimt-Ehrung der Wiener Secession (Übernahme: 1961)
  • Ehrendoktorat der University of California at Los Angeles (Übernahme: 1969)

Richard Neutra, * 8. April 1892 Wien, † 16. April 1970 Wuppertal (Deutschland), Architekt.

Biografie

Richard Neutra kam als Sohn des Messing- und Bronzegießers Samuel Neutra und dessen Gattin Elisabeth, geborene Glazer, in der Leopoldstadt auf die Welt. Er besuchte das Sophiengymnasium in der Zirkusgasse 46. Nicht zuletzt durch seinen Schwager Arpad Weixlgärtner fand er Zugang zur Wiener Kunstszene und studierte ab 1911 Architektur an der Technischen Hochschule Wien, unter anderem bei Rudolf Sauger, Karl Mayreder und Max Fabiani, sowie 1912 an der von Adolf Loos gegründeten Bauschule, wo er mit Rudolph M. Schindler und Felix Augenfeld zusammentraf.

Während des Ersten Weltkriegs diente Neutra als Reserveoffizier und erkrankte schwer an Malaria und Tuberkulose. Kriegsbedingt verzögert, schloss er sein Architekturstudium am 26. Juli 1918 ab. 1919/1920 lebte er in der Schweiz, um sich gesundheitlich zu erholen. Gleichzeitig besuchte er ein Entwurfsseminar an der ETH Zürich und perfektionierte sich bei Gustav Ammann als Gartengestalter. Während seiner Zeit in der Schweiz lernte Richard Neutra auch seine spätere Ehefrau Dione Niedermann kennen. Das Paar heiratete am 23. Dezember 1922 und hatte drei gemeinsame Kinder, die Söhne Frank Lloyd (* 1924), Dion (* 1926) und Raymond (* 1939).

Die Jahre von 1921 bis 1923 verbrachte Richard Neutra in Berlin, wo er in verschiedenen Architekturbüros, im Stadtbauamt Luckenwalde und schließlich als Assistent von Erich Mendelsohn arbeitete. Die beiden entwarfen 1923 ein Geschäftszentrum in Haifa, das zwar mit dem ersten Preis ausgezeichnet, jedoch nicht realisiert wurde. Inspiriert von den Amerikaeindrücken Adolf Loos' und beeindruckt vom amerikanischen Stararchitekten Frank Lloyd Wright ging Neutra 1923 in die USA und kam über New York nach Chicago. Dort arbeitete er 1924 im berühmten Büro William Holabird & Martin Röche und lernte die Bauweise mit vorfabrizierten Einzelteilen kennen. Im selben Jahr traf er auf Frank Lloyd Wright, der die Familie Neutra für einige Monate zu sich auf sein Anwesen Taliesin in Wisconsin einlud, wo Richard Neutra in dessen Atelier arbeitete. Im Februar 1925 zog die Familie zu Rudolph Schindler nach Los Angeles. Hier führte Richard Neutra nach dem Erwerb der Architektenlizenz (1926) ein eigenes Atelier. 1926 erhielt Neutra den ersten großen Auftrag für Apartmenthäuser.

Der internationale Durchbruch gelang ihm kurz darauf mit dem für den Reformarzt Philipp Lovell in Hollywood Hills errichteten "Health House" (1927–1929), das 1932 im Museum of Modern Art in New York im Rahmen der Ausstellung "Modern Architecture – International Exhibition" vorgestellt wurde. Richard Neutra entwarf zahlreiche Villen (insbesondere für die exzentrische Filmwelt Hollywoods), aber auch Kirchen, Schulen, Hotels, Bäder, Museen, Bibliotheken, Archive, Krankenhäuser und Sozialsiedlungen. Die meisten seiner Werke wurden in den USA (vor allem in Kalifornien) errichtet, er baute aber auch in Indien, Südafrika, Südamerika, im Pazifik (Guam), in der Karibik und in Europa.

Für Wien entwickelte er 1924 ihm Rahmen eines Wettbewerbs einen Entwurf für die Synagoge in Hietzing, der zwar eine Anerkennung erhielt, allerdings nicht zur Umsetzung gelangte. Nachdem Neutra durch das "Lovell Health House" internationale Bekanntheit erlangt hatte, lud ihn Josef Frank ein, an der Wiener Werkbundsiedlung mitzuwirken. Nach seinen Plänen wurde das Haus 47 in der Woinovichgasse 9 realisiert. Obwohl Neutra Österreich bereits 1919 verlassen hatte, brach der Kontakt zu seiner Heimat nicht vollkommen ab. Unter anderem besuchte er 1930 Sigmund Freud, mit dessen Sohn Ernst ihn eine lebenslange Freundschaft verband, in Wien. 1963 nahm er am sechsten Europagespräch teil, das in Wien abgehalten stattfand. Von 1966 bis 1969 lebte Richard Neutra gemeinsam mit seiner Frau überwiegend in seiner Geburtsstadt.

Neutra trat (ebenso wie Victor Gruen), lebenslang gegen die Überschichtung und Zerstörung amerikanischer (und europäischer) Städte durch Stadtautobahnen und sonstige Verkehrsträger ein. Er war ein engagierter Verfechter des "Biorealismus", der sich nachdrücklich vom dogmatischen Funktionalismus abgrenzte, und verstand sich selbst als "planenden Sozialarbeiter".

Richard Neutra erhielt zahlreiche Auszeichnungen. Er starb im Frühling 1970 auf einer seiner zahlreichen Vortragsreisen in Wuppertal in einem von ihm geplanten Haus.

Werke (Auswahl)

  • Richard Neutra: Wie baut Amerika? Stuttgart: Hoffmann 1927
  • Richard Neutra: Survival Through Design. New York: Oxford University Press 1954
  • Richard Neutra: Auftrag für morgen. Hamburg: Claassen 1962 (Autobiografie)

Quellen

Literatur

  • Harriet Roth: Richard Neutra. Architekt in Berlin. Berlin / Leipzig: Hentrich & Hentrich Verlag 2019 (Jüdische Miniaturen Bd. 233)
  • Barbara Lamprecht: Richard Neutra 1892–1970. Gestaltung für ein besseres Leben. Köln u. a.: Taschen 2009
  • Matthias Boeckl [Hg.]: Visionäre & Vertriebene. Österreichische Spuren in der modernen amerikanischen Architektur. Berlin [u. a.]: Ernst 1995, Register
  • The Drawings of Richard Neutra. A Centennial Exhibition. Los Angeles: University of California 1992
  • Manfred Sack: Richard Neutra. Zürich: Artemis-Verlag 1992
  • Günther Berger: Der Humanist Richard J. Neutra. Österreichs Beitrag zur modernen Architektur Amerikas. In: Wiener Kunsthefte 1/1987, S. 11 ff.
  • Astrid Gmeiner / Gottfried Pirhofer: Der österreichische Werkbund. Alternative zur klassischen Moderne in Architektur, Raum- und Produktgestaltung. Salzburg / Wien: Residenz-Verlag 1985, S. 238
  • Thomas S. Hines: Richard Neutra and the Search for Modern Architecture. New York / Oxford: Oxford University Press 1982
  • Arthur Drexler / Thomas S. Hines: The architecture of Richard Neutra. From international style to California modern. New York: The Museum of Modern Art 1982
  • Neue österreichische Biographie. 1815–1918. Band 20. Wien [u. a.]: Amalthea-Verlag 1979
  • Mate Pal: Richard Neutra. Budapest: Akad. Klado 1970
  • Hans Vollmer [Hg.]: Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler des 20. Jahrhunderts. 6 Bände. München: Deutscher Taschenbuch-Verlag 1953–1962
  • Willy Boesiger: Richard Neutra. Buildings and projects − réalisations et projets − Bauten und Projekte. Zürich: Girsberger 1950
  • Architektenlexikon. Wien 1770–1945: Richard Neutra [Stand: 08.07.2019]


Richard Neutra im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.

Weblinks