Paul Weidmann

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Daten zur Person
Personenname Weidmann, Paul
Abweichende Namensform Weidmann, Paulus Nicolaus
Titel
Geschlecht männlich
PageID 366553
GND 119497921
Wikidata Q114260
Geburtsdatum 10. September 1744
Geburtsort Wien 4066009-6
Sterbedatum 9. April 1801
Sterbeort Wien 4066009-6
Beruf Beamter, Schriftsteller
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug
Quelle
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Letzte Änderung am 7.11.2023 durch WIEN1.lanm09fri
Begräbnisdatum
Friedhof
Grabstelle
  • Stoß im Himmel 394 (Letzte Wohnadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

Paul Weidmann, * 10. September 1744 Wien, † 9. April 1801 Wien, Beamter und Schriftsteller.

Biografie

Der jüngere Bruder von Joseph Weidmann besuchte das Akademische Gymnasium und hörte vermutlich 1761 oder 1762 Vorlesungen an der Universität Wien. Nach seinem Abschluß arbeitete er vermutlich als Hauslehrer oder Privatsekretär. 1767 trat er als Registraturpraktikant in den Staatsdienst der "Böhmisch-Österreichischen Hofkanzlei". Da er mehrere Sprachen beherrschte, wurde er in das geheime Kabinett des Kaisers berufen und beschäftigte sich bis 1786 mit der Chiffrierung und Dechiffrierung diplomatischer Korrespondenz. Infolge eines Zerwürfnisses mit Kollegen und Vorgesetzten wurde er im Juli 1786 als Hofkonzipist wieder in die "Böhmisch-Österreichisch Hofkanzlei" zurückversetzt. 1792 wurde er als Hofsekretär (seit 1790) pensioniert, 1796 jedoch wieder aktiviert und der Buchhaltung zugeteilt, 1798 erneut versetzt. Weidmann protestierte erfolglos gegen seine jeweiligen Versetzungen, da er der Ansicht war, seine Stellungen entsprächen nicht seinen Fähigkeiten. Weidmanns schriftstellerische Tätigkeit wurde neben seiner Beamtenlaufbahn nicht gerne gesehen, viele seiner Werke sind daher anonym erschienen, was auch die eindeutige Zuordnung erschwert. Seine Stücke erfreuten sich gewisser Beliebtheit, sie spielten meist in Wien und bezogen sich oft auf lokale Verhältnisse und Ereignisse. In Wien wurden sie meist am Kärntnertortheater und Burgtheater aufgeführt. Weidmann, der als Vielschreiber bezeichnet wurde und in Vergessenheit geriet, wird seit einigen Jahren zunehmend von Literaturhistorikerinnen und Literaturhistorikern neu entdeckt.

Werke (aufgeführt; Auswahl)

  • Der Gefühlvolle oder Der glückliche Maler. Lustspiel, 11. 12. 1773 Kärtnertortheater
  • Der Schwätzer oder Die bösartige Mutter. Lustspiel, 20. 8. 1773 Kärtnertortheater
  • Der Stolze. Lustspiel, 1. 5. 1774 Kärtnertortheater
  • Der Ehrgeizige, der es nicht sein will. Lustspiel, 11. 6. 1774 Kärtnertortheater
  • Johann Faust. Ein allegorisches Drama, 1775 Königliche Schaubühne Prag (durch die Brunianische Gesellschaft) -- 1792 Roßauer Theater (in der Porzellangasse) Wien
  • Das befreyte Wien. Originaldrama, 13. 5. 1775 Kärtnertortheater
  • Der Kühehirt. Lustspiel, 5. 6. 1776 Burgtheater
  • Die schöne Wienerin. Lustspiel, 29. 6. 1776 Burgtheater
  • Der Bettelstudent oder Das Donnerwetter. Lustspiel (Musik: Peter von Winter]], 6. 10. 1776 Burgtheater
  • Der Fuchs in der Falle oder Die zwey Freunde. Ein altdeutsches Lustspiel, 23. 11. 1776 Burgtheater
  • Der Mißbrauch der Gewalt. Originallustspiel, 26. 12. 1778 Burgtheater
  • Der glückliche Schatzgräber. Ein komisches Singspiel, 24. 4. 1779 Bauernfeindscher Saal in der Josefstadt (aufgeführt durch die Truppe von Franz Scherzer; mit/von seinem Bruder Franz W.?)
  • Der Sonderling oder Besser schielend als blind. Lustspiel, 11. 6. 1785 Burgtheater
  • Der Dorfbarbier. Lustspiel, 18. 6. 1785 Burgtheater -- als Komisches Singspiel (Musik: Johann Baptist Schenk), 30. 10. 1796 Kärntnertortheater (vermutlich zusammen mit seinem Bruder Josef W.)
  • Drei Zwillingsschwestern. Originallustspiel, 3. 12. 1785 Burgtheater
  • Der Ring der Liebe oder Zemirens und Azors Ehestand. Singspiel (Musik: Ignaz Umlauff]), 3. 12. 1786 Kärntnertortheater
  • Der Schreiner. Originallustspiel, 19. 5. 1787 Burgtheater
  • Der Landphilosoph oder Die natürliche Weltweisheit. Originallustspiel, 19. 5. 1787 Burgtheater
  • Der (Die?) Neider oder So rächt man sich an seinen Feinden. Originallustspiel, 30. 9 1786 Burgtheater
  • Die weibliche Eroberungssucht oder Mit der Liebe ist nicht gut scherzen. Originallustspiel, 10. 11. 1787 Burgtheater
  • Die Rückfälle oder Die Stärke der Gewohnheit. Originallustspiel, 6. 3. 1788
  • Die Erziehung. Lustspiel, 5. 1. 1789 Leopoldstädter Theater
  • Der Fabrikant oder Das war ein fürstlicher Zeitvertreib, 17. 1. 1789 Burgtheater
  • Der Mädchentausch oder Die Liebe macht sinnreich, 17. 1. 1789 Burgtheater
  • Der Diener aus Liebe. Lustspiel, 24. 4. 1792 Roßauer Theater
  • Der Listige, 5. 12. 1796 Freihaustheater
  • Die Leichtgläubigkeit, 20. 12. 1796 Freihaustheater
  • Der Unverträgliche oder Die Prüfung der Herzen. Singspiel, 24. 2. (11. 5.?) 1797 Freihaustheater
  • Stephan Fadinger. Schauspiel mit Gesang (Musik: Franz Joseph Volkert), 22. 6. 1816 Leopoldstädter Theater

Werke (gedruckt; Auswahl)

  • Die schöne Wienerinn. Die Mütter (herausgegeben von Lucjan Puchalski). Wien: Praesens 2004
  • Johann Faust. Ein allegorisches Drama von fünf Aufzügen (Mit einem Nachwort herausgegeben von Günther Mahal, Neudruck nach der 1775 anonym bei Joseph Emanuel Diesbach in Prag erschienen. Erstausgabe). Hannover: Wehrhahn 2000
  • Der Eroberer. Eine Parodie der Macht (herausgegeben und erläutert von Leslie Bodi und Friedrich Voit; Nachdruck der Ausgabe von 1786). Heidelberg: Winter 1997
  • Karlssieg. Ein Heldengedicht von 10 Gesängen. Mit einer Abhandlung von der Epopee. 2 Bände. Wien : Joseph Kurzböck 1774
  • Charakteristische Satyren nach den Temperamenten gesammelt. Dessau und Leipzig: Buchhandlung der Gelehrten 1784
  • Die Folter oder Der menschliche Richter. Ein deutsches Originaldrama. Wien: von Trattnern, 1773 (1776 aufgeführt von der Moserischen Schauspielergesellschaft)
  • Paul Weidmann sämmtliche theatralische Werke. 8 Bände. Wien: Johann Baptist Wallishauser 1772–1794

Inhalt der einzelnen Bände:

    • 1. Band: Peter der Große – Die Mütter – Adelheit oder die Deutschen
    • 2. Band: Der Mißbrauch der Gewalt – Der adeliche Taglöhner (mit/von seinem Bruder Josef Weidmann?)– Der glückliche Schatzgräber (mit/von seinem Bruder Josef Weidmann?) – Der Kontrast
    • 3. Band: Anna Boulen – Dido – Merope – Hababah
    • 4. Band: Usanqui oder Die Patrioten – Pizzarro – Mostadhem – Pedro und Ines
    • 5. Band: Soliman vor Wien – Der Phönix – Der Mißtrauische – Die Erziehung
    • 6. Band: Die schöne Wienerin – Abdalah – Die dankbare Tochter – Der Ungeduldige
    • 7. Band: Stephan Fädinger – Der Jugendfehler – Der Selbstmord – Die Überraschung – Die Räuber
    • 8. Band: Der Eulenspiegel – Die Schule der Freygeister – Die Folter – Der Kühehirt – Der Podagrist

Quellen

Literatur

  • Christoph Deupmann: Römische Helden aus der chinesischen Fremde: Paul Weidmanns "Originaltrauerspiel" Usanquei, oder die Patrioten in Sina (in: Fremde Helden auf europäischen Bühnen (1600-1900), Herausgeber Achim Aurnhammer) Würzburg: Ergon 2017, Seite 181–190
  • Alexandra Oswald: Paul Weidmanns Johann Faust. Das erste deutsche Originaldrama zum Fauststoff (Masterarbeit Universität Graz) 2015
  • Joanna Giel: Zwischen Stadtbegeisterung und Stadtkritik: Auseinandersetzung mit dem Großstadt-Phänomen im österreichischen Drama der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts am Beispiel von Paul Weidmann (in: Sprachkunst 42/2) Wien 2014
  • Joanna Giel: Das literarische Werk Paul Weidmanns zwischen Josephinismus und deutscher Aufklärung. Wien: Praesens 2013 (zugleich Dissertation Breslau (Wrocław) 2010)
  • Rudolf Angermüller: Wenzel Müller und "sein" Leopoldstädter Theater. Mit besonderer Berücksichtigung der Tagebücher Wenzel Müllers. Wien, Köln, Weimar: Böhlau 2009
  • Lucjan Puchalski: Paul Weidmanns Literarisches Grenzgängertum (in: Grenzgänge und Grenzgänger in der österreichischen Literatur [...], Herausgeberin Maria Kłańska u. a.) Krakau (Krakòw): Wydawn Uniw. Jagiellońskiego 2004
  • Lucia Kühschelm: "Der Eroberer" von Paul Weidmann. Struktur und parodistische Elemente (Diplom-Arbeit) Wien 2002
  • Leslie Bodi: Parodie der Macht und Macht der Parodie. Paul Weidmanns "Der Eroberer" (1786) und die österreichische Literaturtradition (in: Komik in der österreichischen Literatur [...], Herausgeber Wendelin Schmidt-Dengler) Berlin: E. Schmidt, 1996, Seite 104--125 (wieder in: L. Bodi: Literatur, Politik, Identität [...], St. Ingbert: Röhrig 2002)
  • FrantišekČerný: Die erste deutsche Bearbeitung des Faust-Stoffes in der Form des "regelmässigen" Schauspiels. Paul Weidmann, Kotzen-Theater, Prag 1775 (in: Europäische Mythen der Neuzeit: Faust und Don Juan. Gesammelte Vorträge des Salzburger Symposions 1992, herausgegeben von Peter Csobádi) Anif, Salzburg: Müller-Speiser 1993, Seite 397–404
  • Marcel Ayo Ibikunle: Paul Weidmann: sein Werk und die historische Situation (Dissertation Salzburg) 1993
  • Karl-Heinz Hucke: Die Magie der Gnade. Paul Weidmanns Schauspiel "Johann Faust" (1775) (in: K.-H. Hucke, Figuren der Unruhe. Faustdichtungen) Tübingen: Niemeyer 1992, Seite 117--125 (= Untersuchungen zur deutschen Literaturgeschichte 64)
  • Werner M. Bauer: Antikisierende Gattung und politische Funktion. Die komischen Kleinepen Paul Weidmanns und Joseph Friedrich von Kepplers im Rahmen der Literatur der frühjosephinischen Zeit (in: Österreich im Europa der Aufklärung [...] Redaktions-Komitee: Richard Georg Plaschka, Band 2) Wien: Österreichische Akademie der Wissenschaften 1985, Seite 743–766
  • Klaus Siblewski: Der antiabsolutistische Rezeptionstyp. Modelle büergerlichen Widerstandes: c) Paul Weidmann: Stephan Fädinger, der vaterländische Reformer (in: K. Siblewski: Ritterlicher Patriotismus und romantischer Nationalismus in der deutschen Literatur [...]) München: Fink 1981, Seite 102--110 (= Dissertation Essen 1978)
  • Burgtheater 1776--1976. Aufführungen und Besetzungen von zweihundert Jahren, 2 Bände (herausgegeben vom Österreichischen Bundestheaterverband. Sammlung und Bearbeitung des Materials Minna von Alth) Wien: Ueberreuter 1979
  • Gustav Zechmeister: Die Wiener Theater nächst der Burg und nächst dem Kärntnerthor von 1747 bis 1776. Im Anhang: Chronologisches Verzeichnis aller Ur- und Erstaufführungen. Wien [u.a.]: Böhlau 1971
  • Otto Michtner: Das Alte Burgtheater als Opernbühne. Von der Einführung des deutschen Singspiels (1778) bis zum Tod Kaiser Leopolds II (1792). Im Anhang: Spielplan, Ensembleverzeichnis und Dokumentation. Wien [u.a.]: Böhlau 1970
  • Kurt Adel: Paul Weidmann, 1744–1801 (in: Jahrbuch der Gesellschaft für Wiener Theaterforschung 15/16) Wien: Notring 1966, Seite 127–178
  • Kurt Adel: Faust, der verlorene Sohn des Barockzeitalters (in: Jahrbuch des Wiener Goethe-Vereins 68) Wien: Überreuter 1964, Seite 40–66 (auch in: K. Adel: Von Sprache und Dichtung. Frankfurt am Main (u. a.): Lang 2004, Seite 108–140)
  • Leonore Schram: Das Bühnenwerk Paul Weidmanns. Ein Beitrag zur Wiener Theatergeschichte des späteren 18. Jahrhunderts (Dissertation Wien) 1943
  • Raimund Schäfer: Die Brüder Paul und Josef Weidmann (Dissertation Wien) 1936
  • Josef Herbert Sussmann: Anna Boleyn im deutschen Drama. Wien: Beyer 1916 (= Dissertation Wien 1911)
  • Das Burgtheater. Statistischer Rückblick auf die Tätigkeit und die Personalverhältnisse während der Zeit vom 8. April 1776 bis 1. Januar 1913 [...]. Ein theaterhistorisches Nachschlagebuch (zusammengestellt von Otto Rub. Mit einem Geleitwort von Hugo Thimig) Wien: Knepler 1913
  • Rudolph Payer von Thurn: Paul Weidmann, der Wiener Faust-Dichter des 18. Jahrhundert., Wien: Konegen, 1903 (= Sonderdruck aus: Jahrbuch der Grillparzergesellschaft 13)
  • Rudolph Payer von Thurn: Paul Weidmanns Merope, Berlin: Duncker 1903 (= Aus Studien zur vergleichenden Literaturgeschichte 3,1, Seite 54–65)


Paul Weidmann im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.

Weblinks