Krankenunterstützungsverein Liwias Chen

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Erste Seite des XLIII. Jahresberichtes des Krankenunterstützungsvereins Liwias Chen, 30. April 1930
Daten zur Organisation
Art der Organisation Verein
Datum von 1887
Datum bis 1938
Benannt nach
Prominente Personen
PageID 66839
GND
WikidataID
Objektbezug Jüdisches Bethaus, Jüdische Geschichte
Quelle
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Letzte Änderung am 13.04.2021 durch DYN.krabina
Bildname Krankenunterstützungsverein Liwias Chen.jpg
Bildunterschrift Erste Seite des XLIII. Jahresberichtes des Krankenunterstützungsvereins Liwias Chen, 30. April 1930
  • 2., Hollandstraße 2
  • 2., Im Werd 11

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48° 13' 4.82" N, 16° 22' 34.96" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Vereinsgeschichte

Der Krankenunterstützungsverein Liwias Chen in Wien wurde 1887 gegründet und unterhielt zuletzt 1938 in 2., Hollandstraße 2 (Stefaniehof) ein jüdisches Bethaus. Dieser Verein hatte einen „Vorgänger“, den "Verein zur Unterstützung jüdischer Kleingewerbetreibender in Wien", der 1884 gegründet wurde. Dieser kümmerte sich um die Versorgung erkrankter Mitglieder, deren Bestattung und um deren Witwen und Waisen (Statut 1884, § 2). Die Proponenten Leopold Klausner (Obmann) und Moritz Weihs (Schriftführer) des Vereins Liwias Chen legten der Vereinsbehörde die Statuten im April 1887 vor. Vereinszweck war „seinen Mitgliedern 1. im Falle ihrer Erkrankung a) ein tägliches Krankengeld zuzuwenden, b) unentgeltliche ärztliche Behandlung durch den Vereinsarzt zu gewähren, 2. im Falle ihres Ablebens a) ihren Witwen eine einmalige Geldunterstützung zu gewähren, b) die kostenfreie Aufstellung eines Grabdenkmals zu bestimmen, c) Unterstützungen in Trauerfällen (Statut 1915, § 2)“. Mitglieder konnten alle männlichen Einwohner Wiens „und dessen Polizei-Rayons“ werden, die das 24. Lebensjahr überschritten und das 50. Lebensjahr noch nicht überschritten haben (Statut 1915, § 4). Im Jahr 1915 hatte der Verein 230 Mitglieder. Die Tätigkeiten des Vereins sind anhand des im Vereinsakt einliegendenBerichtes über die „XLIII Generalversammlung“ für das Jahr 1930 zu ersehen. Sie bestanden aus den täglichen Gebeten, der rituellen Abhaltung der jüdischen Feiertage und der Verteilung von Geldunterstützung an kranke Mitglieder und den nach dem Tod eines Mitgliedes zurückbleibenden Witwen und Waisen. Einnahmen kamen aus Spenden und Subventionen seitens der Israelitischen Kultusgemeinde. Die Generalversammlungen des Vereins fanden im nahegelegenen Hotel Barschak in 2., Große Schiffgasse 3 statt.[1] Der Verein wurde 1920 Eigentümer eines Hauses in 2., Im Werd 11.[2] Der Verein wurde nach 1945 nicht wieder begründet.

"Oktoberpogrom", Brandanschlag 16. Oktober 1938

Am 16. Oktober 1938 kam es laut Bericht des Reichsführers SS , Außenstelle Wien 2 an den Sicherheitsdienst, Unterabschnitt Wien zu einem Brandanschlag auf das Bethaus in 2., Hollandstraße 2, das in diesem Haus ebenerdig im Hof gewesen war. "2 Burschen" erhielten von der Hausbesorgerin anstandslos die Schlüssel, stiegen durch ein ausgehobenes Fenster ein "rafften Fetzen und Papier zusammen und setzten dies in Brand". Erst dann "hielt" die Hausbesorgerin "Nachschau nach den Burschen", die flüchteten. Das Feuer wurde von den Hausparteien gelöscht, die Täter konnten nicht ausgeforscht werden.[3]

Arisierung des Vereinsvermögens und Vereinsauflösung 1938/1939

Die Auflösung des Vereins sowie dessen Löschung aus dem Vereinsregister durch den Stillhaltekommissar für Vereine, Organisationen und Verbände erfolgte im Verlauf des Jahres 1939. Das Vereinsvermögen wurde der Israelitischen Kultusgemeinde für Fürsorgewecke eingewiesen. 28.317,76 Reichsmark ergingen für Fürsorgezwecke an die Israelitische Kultusgemeinde. Aus der Vermögensbilanz geht auch hervor, dass der Verein einen „Jakob März Fond“, 1938 in der Höhe von 706.38, Schilling unterhielt. Die Liegenschaft im Wert von 30.001 Reichsmark, welche aber pfandrechtlich mit 2.398 Reichsmark belastet war, wurde zugunsten der Aufbaufondsvermögensverwaltungs Ges.m.b.H eingezogen. [4]

Eigentumsverhältnisse: Arisierung und Restitution der Liegenschaft

Eigentümer der Liegenschaft 2., Im Werd 11, KG Leopoldstadt, EZ 5658, eines Wohnhauses von 414m2, wurde der Verein Liwias Chen zur Gänze aufgrund eines Kaufvertrages vom 26. Februar 1920.[5] Die Liegenschaft wurde 1938 vom Stillhaltekommissar als „einmalige Aufbauumlage für Österreich“ eingezogen. Am 21. August 1939 kam es zum Kaufvertrag zwischen dem Stillhaltekommissar und Josef und Rosa Paradeiser, „Lebensmittelhändlerehegatten“. Die Einverleibung des Eigentumsrechts an die neuen Eigentümer erfolgte am 21. Dezember 1939. [6]. Am 20. Februar 1953 kam es nach langwierigen Gerichtsverhandlungen bei der Rückstellungskommission beim Landesgericht für Zivilrechtssachen zum Vergleich zwischen der Antragstellerin Israelitische Kultusgemeinde Wien und den Arisieuren, dem Ehepaar Paradeiser. Es wurde ein Vergleich über die Rückstellung und eine von der Israelitischen Kultusgemeinde zu leistende Rückkaufsumme in der Höhe von 45.096 Schilling geschlossen. [7] Das Haus befand sich im Jahr 2000 noch im Besitz der Israelitischen Kultusgemeinde. [8]

Bedeutende Rabbiner

Rabbiner des Vereins Liwias Chen waren Salomon Triger (1888) und zuletzt 1938 Naftali Hersch Schmerler. [9]

Vereinsvorstand des Vereins jüdischer Kleingewerbetreibender 1884

Präsident: Sal. Blodek

  • Vizepräsident: Elias Siegelmann
  • Schriftführer: Arnold Grauberg
  • Kassier: Josef Kornhäuser
  • Kontroller: Hillel Rober

Vereinsvorstand und Proponenten 1887

  • Leopold Klausner, Hauseigentümer
  • Sal Blodek, Juwelier
  • Ch. Kirschbaum, Hutfabrikant

Vereinsvorstand des Krankenunterstützungsverein Liwias Chen 1915

  • Obmann: Leopold Gold, *1849 in Papa, Ungarn, „Oberrevident der K.k. priv. Südbahngesellschaft“, 1915 wohnhaft 4., Goldeggasse 33
  • Obmannstellvertreter: Samuel Moses, *1849 Brzesko, Galizien, „Südfrüchten-Großhändler“ Unger, 1915 wohnhaft 2., Karmelitergasse 6.

Vereinsvorstand des Krankenunterstützungsverein Liwias Chen 1930

  • Obmann: Aron Barschak, Restaurant- und Hotelbesitzer
  • Schriftführer: Abraham Hammersfeld[10]

Vereinsvorstand des Krankenunterstützungsverein Liwias Chen 1938

Der letzte Obmann war der Restaurantbesitzer Aron Barschak *5. Mai 1878 Tarnopol, 9. April 1942 deportiert nach Izbica, , † ermordet im Holocaust, zuletzt wohnhaft 2., Große Schiffgasse 3/Altersheim.[11]

Zwangsarbeiterlager

In dem Haus 2., Hollandstraße 2 befand sich in den Jahren 1942-1945 das Zwangsarbeiterlager Hollandstraße 2.

Quellen

  • Archiv der Israelitischen Kultusgemeinde Wien nach 1945, Hausstammliste (Signatur im Jahr 2000)
  • "Archiv der Israelitischen Kultusgemeinde Wien nach 1945" B 3, B AD XXVI B, d, AD-GV Rückstellungen Wien II, Mappe: Im Werd 11 (Signatur im Jahr 2000).
  • DÖW Shoah-Opfer
  • Österreichisches Staatsarchiv, Stillhaltekommissar Wien, Referat König, Mappe 52, Schachtel 976.
  • Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Republik, Stillhaltekommissar Wien: IV Ac 31 H 18, Schachtel 561.
  • Wiener Stadt- und Landesarchiv, M. Abt. 119, A 32: Zl.4291/1930
  • Yad Vashem Archives, 05/118 (Signatur im Jahr 2000).

Literatur

  • David Jüdische Kulturzeitschrift
  • Hugo Gold: Geschichte der Juden in Wien. Ein Gedenkbuch. Tel-Aviv: Publishing House Olamenu 1966.
  • Elisheva Shirion: Gedenkbuch der Synagogen und Jüdischen Gemeinden Österreichs. Hg. Vom Synagogen Memorial, Jerusalem. Wien: Berger-Horn 2012 (Synagogen Gedenkbücher Deutschland und Deutschsprachige Gebiete, 5 Österreich).

Einzelnachweise

  1. Wiener Stadt- und Landesarchiv, M. Abt. 119, A 32: Zl.4291/1930.
  2. Österreichisches Staatsarchiv, Stillhaltekommissar Wien, Referat König, Mappe 52, Schachtel 976
  3. Yad Vashem Archives, 05/118 (Signatur im Jahr 2000).
  4. Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Republik, Stillhaltekommissar Wien: IV Ac 31 H 18, Schachtel 561
  5. "Archiv der Israelitischen Kultusgemeinde Wien nach 1945" B 3, B AD XXVI B, d, AD-GV Rückstellungen Wien II, Mappe: Im Werd 11 (Signatur im Jahr 2000).
  6. Österreichisches Staatsarchiv, Stillhaltekommissar Wien, Referat König, Mappe 52, Karton 976
  7. "Archiv der Israelitischen Kultusgemeinde Wien nach 1945" B 3, B AD XXVI B, d, AD-GV Rückstellungen Wien II, Mappe: Im Werd 11 (Signatur im Jahr 2000.
  8. Archiv der Israelitischen Kultusgemeinde Wien nach 1945, Hausstammliste.
  9. Elisheva Shirion: Gedenkbuch der Synagogen und Jüdischen Gemeinden Österreichs. Hg. vom Synagogen Memorial, Jerusalem. Wien: Berger-Horn 2012 (Synagogen Gedenkbücher Deutschland und Deutschsprachige Gebiete, 5: Österreich), S. 96.
  10. Wiener Stadt- und Landesarchiv, M. Abt. 119, A 32: Zl.4291/1930.
  11. DÖW Shoah-Opfer.