Hofnamen (Herkunft)

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Quelle Wolfgang Wirsig: Wiener Hofnamen
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Letzte Änderung am 22.01.2015 durch WIEN1.lanm08son

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Zu Beginn der städtischen Entwicklung dienten die Hofbezeichnungen – ähnlich wie die Hauszeichen – zur Orientierung in einer ziemlich unstrukturierten, aber doch überschaubaren Umgebung. Die Namen wurden von der Stadtbevölkerung benutzt und ergaben sich aus den wohl stadtbekannten Grundherren beziehungsweise Grundbesitzern (Herrschaftshöfe, Stifts- und Bischofshöfe), die im Zentrum der Macht präsent sein wollten und mussten. Im Vordergrund stand der räumliche Aspekt.

Durch das Wachstum der Stadt, der Vororte und Vorstädte und verstärkten administrativen Aufgabenstellungen (Hofquartierspflicht der Hausbesitzer, Rekrutierung des Militärs) ab dem 16. bis ins 18. Jahrhundert ergab sich die Notwendigkeit der Systematisierung der Häuser. Seit 1782 mussten die Straßennamen an den Häusern angebracht werden und es erfolgte die Nummerierung der Häuser. Damit trat die Notwendigkeit, sich über Gebäudebezeichnungen räumlich zu orientieren, in den Hintergrund. Dennoch hielt sich die Tradition der Benennung von besonderen Gebäuden lebendig.

Dies änderte sich grundlegend mit Beginn der starken Bautätigkeit aufgrund der Schleifung der Stadtmauern. Im Zeitraum von nicht einmal 50 Jahren (1871 – 1918) war es vor allem das gehobene und vermögende Bürgertum, das sich in den Gebäuden selbst darstellen wollte und die Gebäude – im Anklang an die früheren Herrschafts- und Adelshöfe – nach sich selbst oder ihren Frauen benannten. Daneben erfolgte die Benennung aber auch nach der Straße oder generell der Lage in Vorort- und Vorstadtgemeinden. Das Ausmaß dieser Bautätigkeit erkennt man unter anderem auch daran, dass im gesamten Zeitraum vom Mittelalter an bis 1870 weniger Hofbenennungen (254) erfolgten – praktisch ident mit der Errichtung der Gebäude - wie in dem kurzen Zeitraum 1871 bis 1918 (274).

Im Zeitraum nach 1918 bis in die Gegenwart erfolgt die Bezeichnung von Gebäuden als "Hof" fast ausschließlich durch die Gemeinde Wien und durch Genossenschaften, die meist politischen Parteien nahe stehen. Damit ändert sich das Motiv der Namensgebung in Richtung Ehrung und Würdigung von Personen, die meist dem jeweiligen Bauträger nahe stehen und/oder programmatischen Charakter haben. So dominieren mit fast 80% der Namensgebungen nach Personen bei Gemeindebauten Politiker, Parteiaktivisten und Gewerkschafter, bei den Genossenschaften sind es immer noch 65%.


Hofnamentypen in Zeiträumen

Für die Analyse der Herkunft der Hofnamen wurden neben einer Gesamtsicht die Höfe auch in Gruppen unterteilt, die die Charakteristik der Hofnamentypen in den Zeiträumen abbilden sollen:

  • Mittelalter: Es dominiert die Bezeichnung nach der Herrschaft bzw. nach den Stiften und Klöstern. Es handelt sich um Orientierungsbezeichnungen.
  • Frühneuzeit: Die Bezeichnung nach den Familien der bedeutenden Adels- und Bürgergeschlechtern ist stark vertreten. Im Wesentlichen handelt es sich immer noch um Orientierungsbezeichnungen.
  • Zeit von 1700 bis 1870: Dominant sind die Bezeichnungen für Wohnhäuser nach den Namen ihrer Besitzer vertreten. Im Gegensatz zur Frühneuzeit sind hier vor allem bürgerliche Kreise vertreten. Neben dem Orientierungsmotiv handelt es sich bereits um Repräsentation und Selbstdarstellungen.
  • Gründerzeit, Vorkriegszeit und Erster Weltkrieg (1870 bis 1918): Die Wohn- und Wirtschaftsbauten finanzstarker Bürger, die ihren Familiennamen beziehungsweise oft auch den Vornamen ihrer Frauen verewigen wollten, prägen das Bild. Repräsentation und Selbstdarstellung sind die Beweggründe für die Namensgebungen.
  • Zwischenkriegszeit, Zweiter Weltkrieg (1919 bis 1945): Das Selbstbewusstsein der Arbeiterschaft (Margaretengürtel, Matzleinsdorfer Gürtel = "Ringstraße des Proletariats“) und ihre Repräsentanz in der Stadtverwaltung bringen es mit sich, dass Pioniere der Sozialdemokratie, Kommunalpolitiker und Opfer der Auseinandersetzungen während des Austrofaschismus in den Benennungen dominieren. Hier geht es um die Repräsentation von Gesellschaftsschichten in Form von Würdigung und Ehrung namhafter Vertreter.
  • Nachkriegszeit bis heute (1946 bis heute): Nach dem Zweiten Weltkrieg dominieren praktisch zur Gänze (92%) Gemeindebauten und – gegenwärtig stark zunehmend – Bauten von Bauträgern. Das Motiv der Würdigung und Ehrung namhafter Vertreter von dem Bauträger nahestehenden Personenkreisen und Ereignissen (zum Beispiel Nachkriegshilfen) wird ergänzt um allgemein bekannte Personen aus Wissenschaft und Kunst.


Siehe auch: