Harfenisten

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Daten zum Begriff
Art des Begriffs Berufsbezeichnung
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Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 15.11.2018 durch WIEN1.lanm08su4


Harfenisten (auch Harfner). Sie folgten auf die im 17. Jahrhundert beliebt gewesenen Dudelsackbläser und wurden schließlich von den Volkssängern abgelöst. Es handelte sich bei ihnen um mit einer Harfe herumziehende (vielfach blinde) Musikanten, die in Wirtshäusern mit ihren (oft äußerst derben) Liedern die Gäste unterhielten, meist jedoch als Musikanten getarnte Bettler waren. Die gehobene Gruppe der Harfenisten sang unter Harfenbegleitung Lieder (sie hatten oft eigene Textdichter) oder begleitete in Gasthäusern die Bänkelsänger, die sozial tieferstehende Gruppe spielte und sang in Haushöfen; einige wenige boten ein gewähltes musikalisches Programm (wie etwa 1794 der auf dem Wasserglacis spielende „Mozart-Harfenist"). Philipp Hacksfellner († 15. Jänner 1783) soll vor Maria Theresia gespielt haben und auch von Mozart geschätzt worden sein. Die bekanntesten Harfenisten an der Wende zum 19. Jahrhundert waren die Blinden Leopold Bürger und Anton Schwarz sowie Sebastian Frohnhofer und Ludwig Bleibtreun.

Die volksmusikalische Blütezeit erlebte die Harfe im Biedermeier; damals taucht die Figur des Harfenisten auch auf dem Theater häufig auf (Nestroy und Raimund ließen Harfenisten auftreten). Ihre Blüte erreichte die Zunft der Harfenisten in Neulerchenfeld und Gaudenzdorf, besonders jedoch, wie viele Besucher Wiens in ihren Erinnerungen festhalten, im Prater; die Praterharfenisten nahmen ein Eintrittsgeld von 10-20 Kronen Conventionsmünze. 1835 wurde von den Harfenisten die Einholung einer Produktionslizenz verlangt. 1838 wird von einer Harfenistinnen-Soiree berichtet. Im selben Jahr berichtet der „Hans-Jörgel" von 45 Harfenisten mit einer Gesellschaft von jeweils vier bis sechs Personen, von 200 Harfenisten mit einer Gesellschaft von zwei bis drei Personen und an die 2.000 einzelnen Musikanten, die neben den rund 800 Werkelmännern auftraten. 1840 klagte deshalb die Allgemeine Theater-Zeitung über zuviel Musikbetrieb in den Gasthäusern, in denen sich neben Harfenisten auch Zitherspieler und Sänger produzierten.

Besonders bekannt waren auch die Harfenisten Anton Hölzel, Anton Schwarz († 1818), Karl Perfetta (* 1811, † 23. April 1870) und Paul Oprawil (* 1817, † 9. September 1900; er spielte im Metkeller „Zum süßen Löchel"). Eine beliebte Harfenistenfirma war Jonas und Stöckl (bei denen auch ein Bruder des Volkssängers Kwapil, der „blinde Kwapil", als Harfenist beschäftigt war). Die Harfe hat sich als Instrument der umherziehenden Musikanten und Straßensänger bis in die 80er Jahre des 19. Jahrhunderts erhalten. Als Reformator des Harfenistenwesens trat ab 1838 der Volkssänger Johann Baptist Moser in Erscheinung, der die Darbietungen der Harfenisten und Volkssänger auf ein höheres Niveau brachte.


Literatur

  • Hans Pemmer: Wiener Harfenisten. In: Wiener Geschichtsblätter. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien, 11,1956, S. 49 ff.; Nachdruck In: Hans Pemmer: Schriften zur Heimatkunde Wiens. Festgabe zum 80. Geburtstag. Hg. von Hubert Kaut. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1969 (Wiener Schriften, 29), S. 133 ff. (zahlreiche weitere namentliche Nennungen von Harfenisten), S. 150 ff.
  • Hans Pemmer / Ninni Lackner: Der Prater. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1974 (Wiener Heimatkunde), S. 33 f.
  • Der Harfenistendichter Ludwig Bleibtreun. In: Emil Carl Blümml / Gustav Gugitz: Von Leuten und Zeiten im alten Wien. Wien [u.a.]: Gerlach & Wiedling 1922, S. 257-322
  • Hubert Kaut [Bearb.]: Lied und Volksmusik in Wien. [Katalog zur] 25. Sonderausstellung, 8. Oktober - 29. Dezember 1968, anläßlich des 4. Seminars für Volksliedforschung der Akademie für Musik und Darstellende Kunst in Wien. Wien: Eigenverlg. d. Museen d. Stadt Wien 1968 (Historischen Museum der Stadt Wien: Sonderausstellung, 25)