Grundobrigkeit

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Datum bis 1848
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Letzte Änderung am 31.01.2023 durch WIEN1.lanm08trj

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Allgemeines

Die Verfügungsgewalt eines Grundherrn über seinen ihm untertänigen Besitz wird als Grundobrigkeit bezeichnet. Diese schließt sowohl persönliche Abhängigkeiten der Untertanen oder "Grundholden" als auch die Verpflichtung, Abgaben in Form von Geld und Naturalien sowie (unentgeltliche) Arbeitsleistungen (Robot) für den Grundherren ein. Sie ist die unterste Ebene der grundherrschaftlichen Gewalt. Sie schließt umfassende Kontrollmechanismen gegenüber der zumeist armen Untertanen-Bevölkerung ein. Dazu zählt insbesondere die Ausübung der grundherrlichen Gerichtsbarkeit in Zivilsachen (Ehe-, Schulden-Angelegenheiten u.a.m.), die das Leben im untertänigen ‚Haus‘ umfassend bestimmt (sogenannte "Zaungerichtsbarkeit"). Sie bestimmt auch wesentlich den Aufenthaltsort und die Mobilität der Untertanen, da sich diese nicht ohne Erlaubnis des Grundherrn verheiraten oder den Hof wechseln, also umziehen, dürfen. Wie die Grundherrschaft allgemein liegen die Wurzeln dieser Praxis bereits im Mittelalter.

Konsequenzen für die Untertanen

Das sogenannte adelige Richteramt berechtigt den Grundherren ebenfalls für seine Untertanen als beglaubigende Instanz in Rechtsgeschäften aufzutreten, in dem er solche beurkundet, etwa bei der Ausstellung von Geburtsbriefen oder Heiratsverträgen. Besonders die Inanspruchnahme der unentgeltlichen Arbeitsdienste der Grundholden auf den Eigengütern des Grundherrn bot bis zum Robotpatent von 1772, das die Zahl der Arbeitsstunden beschränkte, faktisch aber auch darüber hinaus, vielfache Möglichkeiten zur umfassenden Ausbeutung von Arbeitskraft durch die Herrschaft. Ein Mittel dazu stellte ebenso die Praxis der Waisenversorgung dar, sodass unter bestimmten Umständen Waisen gegen Entlohnung für drei Jahre von den Grundherren zu Hofdiensten übernommen werden konnten, was diesen regulierenden Einfluss auf den lokalen Arbeitsmarkt verschaffte.

Wirtschaftlicher Einfluss der Grundherrschaft

Die Grundherren hatten ebenfalls das Recht, Gewerbe zu vergeben und dieses zu besteuern. Für Niederösterreich und damit auch Wien galt seit dem 16. Jahrhundert, dass die Grundherrschaften anstelle von direkten Steuern über das sogenannte Jus Collectandi verfügten, das heißt, dass sie vom Landesfürsten mit der Eintreibung der Steuern auf ihrem Rustikalland betraut waren. Dieses in der Praxis sehr komplizierte Verfahren, in das auch die Landtage als Orte der Festsetzung von Steuersummen sowie ständische und herrschaftliche Beamte involviert waren, benachteiligte die Untertanen in mehrfacher Hinsicht, da ein Großteil der Steuerlast von den Grundherrschaften auf sie umgelegt werden konnte und wurde. Darüber hinaus hatten sie den Grundherren diverse Abgaben und Taxen zu leisten, wobei diesen daran gelegen sein musste, zumindest ein gewisses Maß an Wirtschaftskraft bei den Untertanen zu erhalten.

Obwohl in Niederösterreich offiziell keine Leibeigenschaft bestand, verfügten die Herrschaften dennoch über Möglichkeiten, "Treue" und "Gehorsam" der Untertanen einzufordern und deren Nichteinhaltung, in bestimmten Fällen mit Unterstützung des Militärs, zu sanktionieren.

Literatur

  • Walter Sauer: Grund-Herrschaft in Wien 1700-1848. Wien: Jugend und Volk 1993 (Kommentare zum Historischen Atlas von Wien, 5)