Buch- und Kunsthandlung, Antiquariat Halm & Goldmann

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Daten zur Organisation
Art der Organisation Verlag
Datum von 1867
Datum bis 4. März 1969
Benannt nach Paul Halm, Sigmund Goldmann
Prominente Personen
PageID 71745
GND 10122530-1
WikidataID
Objektbezug Verlagsgeschichte
Quelle Murray G. Hall: Österr. Verlagsgeschichte
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Letzte Änderung am 13.04.2021 durch DYN.krabina
  • 1., Opernring 19

Frühere Adressierung
  • Edhoffer & Kasimir (20 Januar 1939)

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48° 12' 11.00" N, 16° 21' 54.15" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Halm & Goldmann. Die Ursprünge des Unternehmens liegen in einem 1848 in Würzburg eröffneten Sortiments- und Verlagsgeschäfts mit Schwerpunkt auf medizinische Literatur. Gründer war der 26-jährige Paul Halm, der – um seinem Unternehmen mehr Raum zur Entwicklung zu geben – 1867 sein Geschäft nach Wien verlegte. Drei Jahre später trat ein junger Gehilfe namens Sigmund Goldmann (13.11.1833, Wien – 01.03.1916, Wien) in das Geschäft ein. Mittlerweile hatte Halm in der Babenbergerstraße eine Antiquariatsbuchhandlung etabliert und begonnen, alljährlich mehrere Kataloge unter dem Titel "Österreichische Bücherzeitung" zu versenden. Als er 1873 eine Filiale in Triest eröffnete, ereilte ihn im 51. Lebensjahr während einer Choleraepidemie der Tod. Als Geschäftsführer fungierte nunmehr Sigmund Goldmann.

Schon in den 1870er Jahren verlegte das Unternehmen Halm & Goldmann seinen Produktionsschwerpunkt auf das aufstrebende Gebiet des Kunstgewerbes. So entstanden mehrere mit Farbtafeln geschmückte Prachtbände, wie beispielsweise "Ornamente südslawischer Haus- und Kunstindustrie". Anfang der 1880er Jahre importierte die Firma die damals in Europa noch wenig bekannten japanischen Originalbilderbücher und Illustrationswerke, deren Absatz ins Enorme ging. Kurz nach der Jahrhundertwende im Jahre 1902 traten zwei jüngere Kräfte in die Firma ein, und zwar der Schwiegersohn Goldmanns, Hermann Gall, als Mitbesitzer und Josef Kende als Geschäftsführer des Antiquariats. So erfuhr das Unternehmen nicht nur eine räumliche Erweiterung, sondern auch der Verlag wurde durch die Aufnahme verschiedener Werke, wie des umfangreichen Alfred von Wurzbach’schen Künstlerlexikons, neu belebt. Aber auch Werke wie das "Niederländische Künstlerlexikon" und die "Poetischen Werke" in sechs Bänden von Alexander Petöfi zierten das Verlagsangebot.

1907 übersiedelte Halm & Goldmann nach 40 Jahren in der Babenbergerstraße an den Opernring 19, wo die sei 1875 bestehende Kunsthandlung Max Tintner erworben wurde.

Obwohl Halm & Goldmann eher auf dem Gebiet der Kunst beheimatet war und der seit Mai 1917 alleinige Inhaber Hermann Gall nach dem Tode Sigmund Goldmanns diese Richtung besonders pflegte, ging man ab 1910 mit dem Schriftsteller und Kabarettisten Fritz Grünbaum ein Vertragsverhältnis ein. So erschienen beispielsweise die nächsten zwei Jahrzehnte hindurch die Bände von "Verlogene Wahrheiten. Neue Dichtungen und Monologe" bei Halm & Goldmann.

Als Hermann Gall 1932 im 60. Lebensjahr plötzlich starb, ging die Firma am 17. Jänner 1933 in den Besitz der Witwe Elsa Gall (* 27.07.1882–?) über, die den Betrieb zunächst als Kunsthandlung, einige Jahre später auch wieder als Kunstverlag führte.

Im März 1938 kam es zu einer überaus raschen Arisierung bzw. Neuübernahme der Firma Halm & Goldmann. Sie galt bereits seit 31. März 1938 als "arisiert" und wurde ab 1. April 1938 als "Offene Handelsgesellschaft" geführt. Schon am 13. März 1938 kam es zu ersten Einschüchterungen, als "nicht berechtigte Personen" eine "Beschlagnahme" versuchten und Sparkassabücher sowie Bargeld im Wert von etwa 2.500 Reichsmark entwendeten. Die Eindringlinge wurden zwar von der Polizei gestellt, die Beute sah die Inhaberin von Halm & Goldmann allerdings nicht mehr. Der "jüdische" Firmenname verschwand fast über Nacht, und die neue Firma, die erst am 20. Jänner 1939 ins Handelsregister eingetragen wurde, lautete: "Edhoffer & Kasimir" nach den Ariseuren, dem 57-jährigen Maler Luigi Kasimir und dem 52-jährigen Kunstverleger Ernst Edhoffer (08.09.1886–12.06.1960). Im November 1938 hatte die Firma Halm & Goldmann am Opernring einen Wert von ungefähr 150.000 Reichsmark und einen Schätzwert von 83.333,32 Reichsmark. Der verlangte Preis betrug 50.000 Reichsmark, wovon Kasimir 30.000 und Edhoffer 20.000 zahlen sollten. Aber so viel Barvermögen hatten die Ariseure nicht bzw. gaben vor, es nicht zu haben, weshalb die Zahlung in Raten erfolgen und bis längstens 2. September 1940 getilgt sein sollte.

Spätestens im Mai 1939 war die rechtmäßige (also trotz "Verkaufs") Inhaberin Elsa Gall nach Kalifornien, USA, ausgereist. Die sehr wohlhabende Dame, die sich 1904 ihre Wohnung in der Gumpendorfer Straße 21 von Adolf Loos einrichten hat lassen, verlor eine wertvolle Liegenschaft im 3. Bezirk sowie unzählige Wertpapiere und dergleichen. Nach Zahlung der Ausreisespesen, der Reichsfluchtsteuer und der Einkommensteuer verblieb ihr im November 1938 ein Barvermögen von rund 5.000 Reichsmark. Für die tatsächliche Zahlung der "Kaufsumme" für den Verlag bzw. die Kunsthandlung Halm & Goldmann gibt es keinen Beleg. Lediglich der Arisierungsbetrag von 3.300 Reichsmark ist ausgewiesen. Am 4. März 1969 wurde die Firma aus dem Wiener Handelsregister gelöscht.


Literatur