Atlantischer Verlag

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Daten zur Organisation
Art der Organisation Verlag
Datum von 29. Februar 1924
Datum bis 30. April 1929
Benannt nach
Prominente Personen
PageID 70852
GND
WikidataID
Objektbezug Verlagsgeschichte
Quelle Murray G. Hall: Österr. Verlagsgeschichte
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Letzte Änderung am 13.04.2021 durch DYN.krabina
  • 3., Kollergasse 9

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48° 12' 29.01" N, 16° 23' 24.79" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Atlantischer Verlag. Im August 1923 gab der Schriftsteller und Journalist Robert Müller bekannt, dass er sich einem neuen Verlagsunternehmen widmen wolle. Gemeinsam mit seinem Bruder Erwin hatte er wenige Jahre zuvor die "Literarische Vertriebs- und Propaganda-Gesellschaft m.b.H." gegründet, die sich später unter dem Namen "Literaria A.-G." zu einer der größten Buchhändlerfirmen Wiens entwickeln sollte. Nun aber plante er, selbst verlegerisch tätig zu werden und schied daher aus dem Literaria-Unternehmen aus.

Am 9. Jänner 1924 wurde ein Gesellschaftsvertrag aufgestellt, die Eintragung der Firma ins Wiener Handelsregister erfolgte am 29. Februar 1924 unter dem Namen "Atlantischer Verlag Ges.m.b.H.". Gegenstand des Unternehmens sollten die Erzeugung und der Handel mit literarischen und artistischen Werken, insbesondere aber die Herstellung, der Verlag und Vertrieb von Büchern, Zeitschriften und allen sonstigen Erzeugnissen der grafischen Künste sein. Zum Stammkapital in Höhe von 200 Millionen Kronen steuerte Robert Müller 85 Prozent der Summe bei, sein Rechtsanwalt und Freund Eugen Bochner finanzierte die übrigen 15 Prozent.

Das ehrgeizige Ziel, jungen und begabten Schriftstellern eine neue Heimat geben, setzte sich Müller zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt. Nach dem Ersten Weltkrieg befand sich Österreich mitten in einer Wirtschaftskrise. Die Inflation war hoch und Spekulationen an der Wiener Börse sorgten ebenso für Unsicherheit wie die angespannte Lage auf dem Buchmarkt. Auch hatte Robert Müller die Verlagsgründung über einen Kredit des deutschen Industriellen Max Pinkus mitfinanziert und sich damit in eine weitere Abhängigkeit gebracht. Hohe Ausgaben in den ersten Monaten nach der Verlagsgründung trugen außerdem dazu bei, dass das eingebrachte Kapital bald aufgebraucht war.

Bereits nach kurzer Zeit geriet der Atlantische Verlag in eine aussichtslose finanzielle Situation. Das Unternehmen, das neben dem Hauptsitz in Wien weitere Niederlassungen in Berlin und New York angab, konnte infolgedessen nur den geringsten Teil seiner Vorhaben realisieren. Von insgesamt 30 im März 1924 angekündigten Neuerscheinungen wurden am Ende nur fünf Titel in einer Auflage von 3.000 Stück gedruckt, darunter drei nicht angezeigte Bücher. Sein wirtschaftliches Scheitern wird wohl mit dazu beigetragen haben, dass sich Robert Müller am August 1924 in Wien erschoss.

Nach dem Tod des Verlegers fand am 14. November 1924 im Beisein eines Notars eine außerordentliche Generalversammlung statt. Anstelle des verstorbenen Robert Müller wählte man den Wiener Verlagsbeamten Hans Baedeker sowie Rechtsanwalt Paul Kris zu kollektivzeichnungsberechtigten Geschäftsführern des Atlantischen Verlags. Vertreter der Verlassenschaft war Rechtsanwalt Franz Kobler.

Über den Vorschlag von Robert Müllers Witwe Olga, entweder einen neuen Geschäftsführer zu bestellen oder die Auflösung der Gesellschaft zu beschließen, gab es zunächst keine Entscheidung. Nachdem sich Hans Baedeker 1925 ins Ausland abgesetzt hatte, wurde am 2. Juni 1926 in einer außerordentlichen Generalversammlung dann doch der Beschluss für die Liquidation gestellt. Noch im selben Monat langte der Antrag beim Handelsgericht Wien ein und am 30. April 1929 erfolgte die Löschung der Firma "Atlantischer Verlag Ges.m.b.H." aus dem Handelsregister.

Produktion

Robert Müller plante, die Werke des Atlantischen Verlags in drei Reihen erscheinen zu lassen. In der "Atlantis-Edition" hätten Romane von Béla Balázs, Otto Flake, Albert Paris Gütersloh oder Andreas Thom veröffentlicht werden sollen. Gedruckt wurden letztendlich "Kokotte Mann" von Franz Dirsztay, "Blitz" von Hal G. Evarts sowie "Und wieder wandert Behemoth" von Egmont Colerus.

Im Rahmen der "Literarischen und kunstkritischen Neuerscheinungen" wiederum hatte der Verleger Werke von Clemens Brentano, Peter Behrens oder Oskar Maurus Fontana im Blick, zu einer Veröffentlichung kam es nicht.

Mit Wladimir von Hartliebs "Fortschritt ins Nichts. Kulturkritische Streifzüge durchs Dickicht der Zeit" brachte Müller zudem nur ein einziges Werk in der "Aktivistischen Bücherreihe" heraus. Geplant waren ferner Titel von Walt Withman oder Eugen Ehrlich, außerdem ein Almanach des Altantischen Verlags unter dem Titel "Umwertung" und das pazifistische Sammelwerk "Los von der Gewalt".

Als fünftes Werk publizierte der Verleger "Die Revolution der Parasiten" von Franz Dirsztay. Von den nicht erschienenen Büchern kamen einige, teils unter neuem Titel, später auch in anderen Verlagen heraus, so etwa Werke von Franz Kobler, Fritz Karpfen oder Albert Paris Gütersloh.

Literatur